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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] den Frieden/ weil untüchtige Heerführer nichts
verbündliches hätten schlüssen könten. Hier-
mit sammlete er alle Römische Kräfften zusam-
men/ schickte den andern von ihm selbst erkiese-
ten Bürgermeister Cneus Cornelius mit einem
starcken Heere die Stadt Acerra zu belägern;
er aber fiel ohne einige Kriegs-Ankündigung mit
einem noch stärckern Heere in ihr flaches Land
ein/ und mühte sich diesen fruchtbaren Garten
Jtaliens in eine Wüsteney zu verwandeln.
Die sich dieses Uberfalls am wenigsten versehen-
den Jnsubrier schickten dem Marcellus entge-
gen/ und erboten sich zu aller Billigkeit/ da sie
die Römer in etwas unwissende beleidigt hät-
ten; aber er würdigte die Gesandten nicht anzu-
hören. Wie nun Viridomar von seinen ver-
wandten Fürsten etliche tausend an dem Rhein
und Rhodan angesessene Marckmänner/ Rau-
racher/ und Helvetier/ welche ihrer langen
Spiesse halber in Gallien Gesaten/ in Deutsch-
land Lands-Knechte genennet wurden/ zu Hülffe
bekommen hatte/ er aber gleichwohl wegen al-
lenthalben starck verwahrter Zugänge die Stadt
Acerra nicht entsetzen konte/ rückte er für die
Römische Stadt Clastidium/ umb den Feind von
Acerra abzuziehen. Marcellus folgte ihm mit
seiner gantzen Macht alsofort nach; und ließ
Viridomarn verächtlich zuentbitten: daß er seine
Waffen/ die er ihm abnehmen würde/ schon dem
Feretrischen Jupiter gewiedmet hätte. Viri-
domar antwortete: Er hätte des Marcellus
Harnisch und Schwerdt schon dem Vulcan ge-
lobt/ oder vielmehr zum Feuer verdammt; weil die
Deutschen niemals diesen Abgott verebrt haben.
Da nun Marcellus so behertzt fechten/ als Groß-
sprechen könte/ wolten sie mit einander im An-
gesicht beyder Heere umb diesen Siegs-Preiß
alleine spielen. Weil dem Marcellus seine
Eltern vielleicht würden verschwiegen haben;
wie vielen Römischen Heerführern die Deut-
schen ihre Köpfe abgeschnitten hätten/ wolte er
derer ihm etliche zeigen; befahl auch alsofort et-
liche mit Ceder - Oel eingebalsamte hervor zu
[Spaltenumbruch] bringen. Hierauf sprengte König Virido-
mar/ welcher nach der Deutschen und Gallier
Gewohnheit des Zweykampfs begierig war/ ei-
nen ziemlichen fernen Fleck für seinem Hecre
herfür; gegen welchen Marcellus sich auch zwar
hervor zückte. Wie er aber den so wohl von
seiner Leibes-Gestalt/ als denen Gold-schim-
mernden Waffen ansehlichen Viridomar gegen
sich mit angelegter Lantze in vollen Bügen an-
kommen sahe/ und die Jnsubrer zugleich ein
Feld-Geschrey erhoben; drehte Marcellus sein
Pferd um/ und rennte mit verhangenem Zügel
seinem Heere zu; vorwendende: daß er durch
solche Umbdrehung nur der Sonnen eine an-
dächtige Ehrerbietung erwiesen hätte. Es war
aber unter den Cenomännern/ welche denen Rö-
mern dißmal Beystand leisteten/ Klodomir/ ein
junger Sicambrischer Fürst/ Hertzog Basans
Sohn/ dessen Schwester der Cenomänner Kö-
nige vermählet war/ und diese Hülffs - Völcker
führte. Dieser lag dem Marcellus so lange an:
biß er ihm den Zwey-Kampf gegen Virido-
marn erlaubte; darzu Klodomirn Marcellus
umb seine eigene Scharte auszuwetzen in seinem
Gezelte seine eigene Waffen anziehen ließ. Klo-
domir und Viridomar fielen hierauf einander
wie zwey Löwen an; und nachdem sich beyde biß
auf den äusersten Athem miteinander ohne eini-
gen Vorschein des Sieges oder Verlustes
abgemergelt/ strauchelte Viridomars Pferd/
wei es in ein Gleiß trat; worauf denn Klodo-
mir als ein geschwinder Falcke zufuhr/ und mit
seiner Lantze Viridomarn durch die Fuge
des Harnisches in die Brust verletzte; und eh er
sein Pferd wieder zu Stande bringen konte/ ihm
noch zwey tödtliche Stiche mit dem Degen ver-
setzte; worvon er vollends todt zur Erden fiel.
Die Jnsubrer/ oder vielmehr die Gesaten wolten
den Tod ihres Königes rächen; fielen daher die
Römer zwar behertzt an; aber der Mangel ei-
nes Hauptes/ ohne welches das tapferste Heer
für einen Bien-Schwarm ohne König zu ach-
ten ist; und der Mißverstand unter denen

Krie-

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] den Frieden/ weil untuͤchtige Heerfuͤhrer nichts
verbuͤndliches haͤtten ſchluͤſſen koͤnten. Hier-
mit ſam̃lete er alle Roͤmiſche Kraͤfften zuſam-
men/ ſchickte den andern von ihm ſelbſt erkieſe-
ten Buͤrgermeiſter Cneus Cornelius mit einem
ſtarcken Heere die Stadt Acerra zu belaͤgern;
er abeꝛ fiel ohne einige Kriegs-Ankuͤndigung mit
einem noch ſtaͤrckern Heere in ihr flaches Land
ein/ und muͤhte ſich dieſen fruchtbaren Garten
Jtaliens in eine Wuͤſteney zu verwandeln.
Die ſich dieſes Uberfalls am wenigſten verſehen-
den Jnſubrier ſchickten dem Marcellus entge-
gen/ und erboten ſich zu aller Billigkeit/ da ſie
die Roͤmer in etwas unwiſſende beleidigt haͤt-
ten; aber er wuͤrdigte die Geſandten nicht anzu-
hoͤren. Wie nun Viridomar von ſeinen ver-
wandten Fuͤrſten etliche tauſend an dem Rhein
und Rhodan angeſeſſene Marckmaͤnner/ Rau-
racher/ und Helvetier/ welche ihrer langen
Spieſſe halber in Gallien Geſaten/ in Deutſch-
land Lands-Knechte genennet wurden/ zu Huͤlffe
bekommen hatte/ er aber gleichwohl wegen al-
lenthalben ſtarck verwahrter Zugaͤnge die Stadt
Acerra nicht entſetzen konte/ ruͤckte er fuͤr die
Roͤmiſche Stadt Claſtidium/ umb den Feind von
Acerra abzuziehen. Marcellus folgte ihm mit
ſeiner gantzen Macht alſofort nach; und ließ
Viridomarn veraͤchtlich zuentbittẽ: daß er ſeine
Waffen/ die er ihm abnehmen wuͤrde/ ſchon dem
Feretriſchen Jupiter gewiedmet haͤtte. Viri-
domar antwortete: Er haͤtte des Marcellus
Harniſch und Schwerdt ſchon dem Vulcan ge-
lobt/ oder vielmehr zum Feuer verdam̃t; weil die
Deutſchen niemals dieſen Abgott verebrt haben.
Da nun Marcellus ſo behertzt fechten/ als Groß-
ſprechen koͤnte/ wolten ſie mit einander im An-
geſicht beyder Heere umb dieſen Siegs-Preiß
alleine ſpielen. Weil dem Marcellus ſeine
Eltern vielleicht wuͤrden verſchwiegen haben;
wie vielen Roͤmiſchen Heerfuͤhrern die Deut-
ſchen ihre Koͤpfe abgeſchnitten haͤtten/ wolte er
derer ihm etliche zeigen; befahl auch alſofort et-
liche mit Ceder - Oel eingebalſamte hervor zu
[Spaltenumbruch] bringen. Hierauf ſprengte Koͤnig Virido-
mar/ welcher nach der Deutſchen und Gallier
Gewohnheit des Zweykampfs begierig war/ ei-
nen ziemlichen fernen Fleck fuͤr ſeinem Hecre
herfuͤr; gegen welchen Marcellus ſich auch zwar
hervor zuͤckte. Wie er aber den ſo wohl von
ſeiner Leibes-Geſtalt/ als denen Gold-ſchim-
mernden Waffen anſehlichen Viridomar gegen
ſich mit angelegter Lantze in vollen Buͤgen an-
kommen ſahe/ und die Jnſubrer zugleich ein
Feld-Geſchrey erhoben; drehte Marcellus ſein
Pferd um/ und rennte mit verhangenem Zuͤgel
ſeinem Heere zu; vorwendende: daß er durch
ſolche Umbdrehung nur der Sonnen eine an-
daͤchtige Ehrerbietung erwieſen haͤtte. Es war
aber unter den Cenomaͤnnern/ welche denen Roͤ-
mern dißmal Beyſtand leiſteten/ Klodomir/ ein
junger Sicambriſcher Fuͤrſt/ Hertzog Baſans
Sohn/ deſſen Schweſter der Cenomaͤnner Koͤ-
nige vermaͤhlet war/ und dieſe Huͤlffs - Voͤlcker
fuͤhrte. Dieſer lag dem Marcellus ſo lange an:
biß er ihm den Zwey-Kampf gegen Virido-
marn erlaubte; darzu Klodomirn Marcellus
umb ſeine eigene Scharte auszuwetzen in ſeinem
Gezelte ſeine eigene Waffen anziehen ließ. Klo-
domir und Viridomar fielen hierauf einander
wie zwey Loͤwen an; und nachdem ſich beyde biß
auf den aͤuſerſten Athem miteinander ohne eini-
gen Vorſchein des Sieges oder Verluſtes
abgemergelt/ ſtrauchelte Viridomars Pferd/
wei es in ein Gleiß trat; worauf denn Klodo-
mir als ein geſchwinder Falcke zufuhr/ und mit
ſeiner Lantze Viridomarn durch die Fuge
des Harniſches in die Bruſt verletzte; und eh er
ſein Pferd wieder zu Stande bringen konte/ ihm
noch zwey toͤdtliche Stiche mit dem Degen ver-
ſetzte; worvon er vollends todt zur Erden fiel.
Die Jnſubrer/ oder vielmehr die Geſaten wolten
den Tod ihres Koͤniges raͤchen; fielen daher die
Roͤmer zwar behertzt an; aber der Mangel ei-
nes Hauptes/ ohne welches das tapferſte Heer
fuͤr einen Bien-Schwarm ohne Koͤnig zu ach-
ten iſt; und der Mißverſtand unter denen

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 815[817]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/877>, abgerufen am 22.11.2024.