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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] der Zeit sehen; da er hingegen bey derselben
Verdeckung Annibals Heer in den tieffen Thä-
lern mit schlechter Müh sonder einige Gefahr
durch Abweltzung der Steine hätte ausrotten
können. Hingegen kundschaffte Fürst Hulde-
rich von etlichen Galliern aus: daß sie des
Nachts diese Berg-Engen unbesetzt liessen/ und
sich theils nach Axima/ theils nach Novima-
gum zurück zügen. Annibal brach hierauf in
höchster Eil des Nachts aus seinem Läger auff/
bemächtigte sich dieser felsenen Pforten/ und
führte das gantze Heer Berg auf. Am Mor-
gen fielen die Gallier und Allobroger Annibaln
grimmig an/ thäten ihm aber nicht so viel Scha-
den/ als das abschüßige und enge Gebürge; von
welchem ihrer viel und insonderheit Pferde und
andere Thiere mit grosser Menge abstürtzten.
Endlich aber ward Fürst Berthold vom Hertzo-
ge Magilus von einem Pfeile tödtlich verwun-
det/ und nicht alleine der Feind verjaget/ sondern
auch die Stadt Axima mit grossem Vorrathe
erobert/ allwo er drey Tage sein abgemattetes
Heer erfrischte; die benachbarten Gallier aber
derogestalt erschreckte: daß sie von allen Orten
mit Oelzweigen ihm entgegen kamen/ um seine
Freundschafft baten/ und alles nöthige reichlich
zuführten. Zwey Tage reisete Annibal dero-
gestalt friedlich durch das Centronische biß in das
Veragrische Gebiete/ da ihn denn in einem tief-
fen um und um mit steilen Klippen umgebenen
Thale die mißträulichen Gallier abermals an-
sielen; also: daß es hier um sein gantzes Heer ge-
than gewest wäre/ wenn der schlaue Annibal aus
einem vernünfftigen Mißtrauen nicht die Ele-
fanten und alles Kriegs-Geräthe mit der Reu-
terey allezeit zu voran geschickt/ den Kern des
Fußvolckes/ und insonder heit die der Felsen ge-
wohnte Deutschen aber im Rücken behalten hät-
te. Gleichwol war es ein hartes Treffen/ und
muste nach des gantzen Tages Gefechte An-
nibal auf einem kahlen Berge übernachten; er
erreichte auch allererst folgende Nacht seinen
[Spaltenumbruch] Vortrab. Folgenden Tag machten die Gal-
lier zwar hin und wieder Lermen/ aber ohne
Nachdruck. Denn so bald sie die ihnen gantz
fremden Elefanten ersahen/ trieb sie die Furcht
zurücke. Den neundten Tag erreichte Anni-
bal den längst gewünschten höchsten Pennini-
schen Gipffel/ von welchem man gegen West
Gallien/ gegen Sud-Ost aber das lustige Jta-
lien übersehen kan. Diesen Berg verehren die
Gallier nichts minder/ als die Syrier den Car-
melus; nennen ihn auch die Säule der Sonne.
Auf dem Gipffel stehet der Verager Gott Pen-
nus in Risen-Grösse in Marmel ausgehauen.
Auf selbtem entspringt der Fluß Dranse/ und
noch ein ander/ jener laufft gegen Mitternacht
in den Lemannischen See/ dieser gegen Sud-
Ost in den Strom Duria; welcher Annibaln
gleichsam einen Wegweiser biß an den Fluß Po
abgab. Weil nun Annibaln das Wetter fug-
te/ lag er zwey Tage auf dieser Höhe stille; nicht
so wol: daß sein Heer daselbst ausruhte; als daß
er ihm die Zähne nach denen Herrligkeiten des
im Gesichte liegenden Jtaliens wäßricht mach-
te. Nach dem Andacht und Gottesdienst auch
das festeste Band der Gesetze/ der sicherste Kap-
zaum des Volckes ist/ ver gaß Hannibal nicht
auf diesem alle andere Berge überragenden und
deßhalben so viel heiligern Berge dem Jupiter/
dem alle Gipffel gewiedmet sind/ zu opffern;
setzte auch dem Pennus das Bild des Ammoni-
schen Jupiters gegen über. Auff der Seiten
aber grub er in einen Steinfelß: Annibal der
Carthaginenser Feldherr/ welcher am allerer-
sten mit einem Heere über diese Höhe in Jtalien
gedrungen/ leget dem Jupiter und dem Schutz-
Gotte dieses Gebürges ein heiliges Gelübde
ab: daß/ da sie ihn die beschworne Zerstörung der
Stadt Rom bewerckstelligen lassen/ er auff die
Spitze dieses Berges einen grössern Tempel/
als in Rom keiner ist/ bauen/ und don Capitoli-
nischen Jupiter drein setzen wolle. Ob nun
wol auch Annibal beym Aufbruche seinem Hee-

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Erster Theil. M m m m m

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] der Zeit ſehen; da er hingegen bey derſelben
Verdeckung Annibals Heer in den tieffen Thaͤ-
lern mit ſchlechter Muͤh ſonder einige Gefahr
durch Abweltzung der Steine haͤtte ausrotten
koͤnnen. Hingegen kundſchaffte Fuͤrſt Hulde-
rich von etlichen Galliern aus: daß ſie des
Nachts dieſe Berg-Engen unbeſetzt lieſſen/ und
ſich theils nach Axima/ theils nach Novima-
gum zuruͤck zuͤgen. Annibal brach hierauf in
hoͤchſter Eil des Nachts aus ſeinem Laͤger auff/
bemaͤchtigte ſich dieſer felſenen Pforten/ und
fuͤhrte das gantze Heer Berg auf. Am Mor-
gen fielen die Gallier und Allobroger Annibaln
grimmig an/ thaͤten ihm aber nicht ſo viel Scha-
den/ als das abſchuͤßige und enge Gebuͤrge; von
welchem ihrer viel und inſonderheit Pferde und
andere Thiere mit groſſer Menge abſtuͤrtzten.
Endlich aber ward Fuͤrſt Berthold vom Hertzo-
ge Magilus von einem Pfeile toͤdtlich verwun-
det/ und nicht alleine der Feind verjaget/ ſondern
auch die Stadt Axima mit groſſem Vorrathe
erobert/ allwo er drey Tage ſein abgemattetes
Heer erfriſchte; die benachbarten Gallier aber
derogeſtalt erſchreckte: daß ſie von allen Orten
mit Oelzweigen ihm entgegen kamen/ um ſeine
Freundſchafft baten/ und alles noͤthige reichlich
zufuͤhrten. Zwey Tage reiſete Annibal dero-
geſtalt friedlich durch das Centroniſche biß in das
Veragriſche Gebiete/ da ihn denn in einem tief-
fen um und um mit ſteilen Klippen umgebenen
Thale die mißtraͤulichen Gallier abermals an-
ſielen; alſo: daß es hier um ſein gantzes Heer ge-
than geweſt waͤre/ wenn der ſchlaue Annibal aus
einem vernuͤnfftigen Mißtrauen nicht die Ele-
fanten und alles Kriegs-Geraͤthe mit der Reu-
terey allezeit zu voran geſchickt/ den Kern des
Fußvolckes/ und inſonder heit die der Felſen ge-
wohnte Deutſchen aber im Ruͤcken behalten haͤt-
te. Gleichwol war es ein hartes Treffen/ und
muſte nach des gantzen Tages Gefechte An-
nibal auf einem kahlen Berge uͤbernachten; er
erreichte auch allererſt folgende Nacht ſeinen
[Spaltenumbruch] Vortrab. Folgenden Tag machten die Gal-
lier zwar hin und wieder Lermen/ aber ohne
Nachdruck. Denn ſo bald ſie die ihnen gantz
fremden Elefanten erſahen/ trieb ſie die Furcht
zuruͤcke. Den neundten Tag erreichte Anni-
bal den laͤngſt gewuͤnſchten hoͤchſten Pennini-
ſchen Gipffel/ von welchem man gegen Weſt
Gallien/ gegen Sud-Oſt aber das luſtige Jta-
lien uͤberſehen kan. Dieſen Berg verehren die
Gallier nichts minder/ als die Syrier den Car-
melus; nennen ihn auch die Saͤule der Sonne.
Auf dem Gipffel ſtehet der Verager Gott Pen-
nus in Riſen-Groͤſſe in Marmel ausgehauen.
Auf ſelbtem entſpringt der Fluß Dranſe/ und
noch ein ander/ jener laufft gegen Mitternacht
in den Lemanniſchen See/ dieſer gegen Sud-
Oſt in den Strom Duria; welcher Annibaln
gleichſam einen Wegweiſer biß an den Fluß Po
abgab. Weil nun Annibaln das Wetter fug-
te/ lag er zwey Tage auf dieſer Hoͤhe ſtille; nicht
ſo wol: daß ſein Heer daſelbſt ausruhte; als daß
er ihm die Zaͤhne nach denen Herrligkeiten des
im Geſichte liegenden Jtaliens waͤßricht mach-
te. Nach dem Andacht und Gottesdienſt auch
das feſteſte Band der Geſetze/ der ſicherſte Kap-
zaum des Volckes iſt/ ver gaß Hannibal nicht
auf dieſem alle andere Berge uͤberragenden und
deßhalben ſo viel heiligern Berge dem Jupiter/
dem alle Gipffel gewiedmet ſind/ zu opffern;
ſetzte auch dem Pennus das Bild des Ammoni-
ſchen Jupiters gegen uͤber. Auff der Seiten
aber grub er in einen Steinfelß: Annibal der
Carthaginenſer Feldherr/ welcher am allerer-
ſten mit einem Heere uͤber dieſe Hoͤhe in Jtalien
gedrungen/ leget dem Jupiter und dem Schutz-
Gotte dieſes Gebuͤrges ein heiliges Geluͤbde
ab: daß/ da ſie ihn die beſchworne Zerſtoͤrung der
Stadt Rom bewerckſtelligen laſſen/ er auff die
Spitze dieſes Berges einen groͤſſern Tempel/
als in Rom keiner iſt/ bauen/ und don Capitoli-
niſchen Jupiter drein ſetzen wolle. Ob nun
wol auch Annibal beym Aufbruche ſeinem Hee-

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Erſter Theil. M m m m m
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 825[827]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/887>, abgerufen am 22.11.2024.