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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] machen; da er an statt ihrer ihr Bündnüß mit in
ihr Vaterland nahm. Massen denn/ wenn
s[o]lche Auslegungen gültig wären/ unschwer alle
Versprechungen ersitzen bleiben würden/ wie
des Palanthus in Rhodis Schiffe; welche ihm
Jphiclus bey Ubergabe seiner Festung zu seiner
Abreise zwar ihrem getroffenen Vergleiche
nachgab/ aber Seile/ Segel und Steuer-Ru-
der vorher davon nehmen ließ. Adgandester/
welcher inzwischen Athem geschöpft hatte/ brach
hier ein/ und meldete: daß Qvintus Fabius La-
beo es dem Antiochus nicht besser mitgespielt
hätte/ da er wider ihr Abkommen: daß dieser die
Helffte seiner Schiffe behalten solte/ sie sämtlich
mitten entzwey hauen ließ/ darmit er ihn um al-
le brächte. Noch betrüglicher liessen die Rö-
mer den schlaffenden König Perseus/ dem sie
das Leben zugesagt hatten/ erwürgen/ unter
dem thörichten Vorwand: daß der Schlaff des
Todes Bruder/ und ein schlaffender nicht lebend
wäre. Und auf diese Art haben diese arglistige
Leute/ welche nur in kleinen Dingen Treu und
Glauben halten: daß sie ihnen den Weg bäh-
nen/ andere Völcker über den Stock zu stossen/
wenn es ihnen für die Müh lohnet/ die leicht-
gläubigen Deutschen unzehlich mal bevortheilt.
Massen sie sonderlich etliche solche Streiche in
Galatien gegen die Tolostobogier glücklich an-
brachten. Nachdem diese nun derogestalt ziem-
lich den kürtzern gezogen hatten/ traffen etliche
Hauffen der Römer auff die Tockmier mit ab-
wechselndem Glücke; endlich aber erlitten die
Tectosager an dem Berge Magana eine harte
Niederlage; also: daß sie auf bewegliches Weh-
klagen ihrer Weiber mit den Römern einen
wiewol noch erträglichen Frieden zu schlüssen
gezwungen wurden; krafft dessen sie nur ein ge-
gen Capadocien liegendes Theil Galatiens im
Stiche lassen/ und ihre Gräntzen nicht gewaf-
net zu über schreiten Macht hatten.

Diß denen Galatern zugefügte Unrecht/
und die denen zwischen der Donau und der Sau
[Spaltenumbruch] nieder gelassenen Deutschen nach Bedrängung
Griechenlands immer näher kommende Ge-
sahr/ da zumal Acilius den Athamantischen Kö-
nig Aminander verjagte/ seine Deutschen der
Botmäßigkeit des Macedonischen Königs Phi-
lip unterwarf/ Cato die Etolier demüthigte/ ver-
ursachte diese Freyheits-liebende Völcker: daß
sie den König im Pontus Pharnaces den Groß-
vater des grossen Mithridates/ wie auch den
König in Armenien Artaxias/ und der Sarma-
ter König Galatus/ der vom Antiochus aber
flüchtige Annibal den Bithynischen König Pru-
sias/ den von Römern so groß gemachten Eume-
nes auff den Hals hetzten. Des Artaxias Feld-
hauptmann siel in Capadocien/ Galatus in
Griechenland/ Leocritus des Pharnaces Heer-
führer in das verlohrne Galatien/ Pharnaces in
Paphlagonien/ die Deutschen Fürsten Carsi-
gnat und Gözotar theils in Phrygien/ theils in
Capadocien/ Prusias in Mysien ein. Dieser
verlohr zwar zu Lande eine Schlacht; solches a-
ber rächete der aus Creta zum Prusias fliehende
Annibal bald darauff durch einen herrlichen
Sieg zur See. Die Sarmater spielten in
Griechenland den Meister; in Paphlagonien
nahm Pharnaces die Festung Tejum ein/ und
führte grosse Beute und viel tausend Gefangene
heim; Aus Capadocien ward Ariarathes gar
vertrieben und der Königliche Schatz erobert.
Die Lycier lehnten sich auch wider Rom und die
Rhodier auf. Nichts desto weniger ließ sich Pru-
sias das Dräuen der Römischen Gesandten
schrecken: daß er nicht nur von Bundsgenossen
absetzte/ sondern auch Annibaln ausliefern wol-
te/ also ihn sich selbst zu vergifften nöthigte/ und
wie ein Leibeigener in Gestalt eines beschor-
nen Knechtes der Botschafft entgegen zoh.
Dem Prusias folgte der Sarmater König Ga-
talus/ nach dem ihnen die Römer kostbare
Geschencke schickten/ Philippus in Macedo-
nien für Unmuth wegen seines unschuldig ge-
tödteten Sohnes Demetrius starb/ und sein

Nach-

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] machen; da er an ſtatt ihrer ihr Buͤndnuͤß mit in
ihr Vaterland nahm. Maſſen denn/ wenn
ſ[o]lche Auslegungen guͤltig waͤren/ unſchwer alle
Verſprechungen erſitzen bleiben wuͤrden/ wie
des Palanthus in Rhodis Schiffe; welche ihm
Jphiclus bey Ubergabe ſeiner Feſtung zu ſeiner
Abreiſe zwar ihrem getroffenen Vergleiche
nachgab/ aber Seile/ Segel und Steuer-Ru-
der vorher davon nehmen ließ. Adgandeſter/
welcher inzwiſchen Athem geſchoͤpft hatte/ brach
hier ein/ und meldete: daß Qvintus Fabius La-
beo es dem Antiochus nicht beſſer mitgeſpielt
haͤtte/ da er wider ihr Abkommen: daß dieſer die
Helffte ſeiner Schiffe behalten ſolte/ ſie ſaͤmtlich
mitten entzwey hauen ließ/ darmit er ihn um al-
le braͤchte. Noch betruͤglicher lieſſen die Roͤ-
mer den ſchlaffenden Koͤnig Perſeus/ dem ſie
das Leben zugeſagt hatten/ erwuͤrgen/ unter
dem thoͤrichten Vorwand: daß der Schlaff des
Todes Bruder/ und ein ſchlaffender nicht lebend
waͤre. Und auf dieſe Art haben dieſe argliſtige
Leute/ welche nur in kleinen Dingen Treu und
Glauben halten: daß ſie ihnen den Weg baͤh-
nen/ andere Voͤlcker uͤber den Stock zu ſtoſſen/
wenn es ihnen fuͤr die Muͤh lohnet/ die leicht-
glaͤubigen Deutſchen unzehlich mal bevortheilt.
Maſſen ſie ſonderlich etliche ſolche Streiche in
Galatien gegen die Toloſtobogier gluͤcklich an-
brachten. Nachdem dieſe nun derogeſtalt ziem-
lich den kuͤrtzern gezogen hatten/ traffen etliche
Hauffen der Roͤmer auff die Tockmier mit ab-
wechſelndem Gluͤcke; endlich aber erlitten die
Tectoſager an dem Berge Magana eine harte
Niederlage; alſo: daß ſie auf bewegliches Weh-
klagen ihrer Weiber mit den Roͤmern einen
wiewol noch ertraͤglichen Frieden zu ſchluͤſſen
gezwungen wurden; krafft deſſen ſie nur ein ge-
gen Capadocien liegendes Theil Galatiens im
Stiche laſſen/ und ihre Graͤntzen nicht gewaf-
net zu uͤber ſchreiten Macht hatten.

Diß denen Galatern zugefuͤgte Unrecht/
und die denen zwiſchen der Donau und der Sau
[Spaltenumbruch] nieder gelaſſenen Deutſchen nach Bedraͤngung
Griechenlands immer naͤher kommende Ge-
ſahr/ da zumal Acilius den Athamantiſchen Koͤ-
nig Aminander verjagte/ ſeine Deutſchen der
Botmaͤßigkeit des Macedoniſchen Koͤnigs Phi-
lip unterwarf/ Cato die Etolier demuͤthigte/ ver-
urſachte dieſe Freyheits-liebende Voͤlcker: daß
ſie den Koͤnig im Pontus Pharnaces den Groß-
vater des groſſen Mithridates/ wie auch den
Koͤnig in Armenien Artaxias/ und der Sarma-
ter Koͤnig Galatus/ der vom Antiochus aber
fluͤchtige Annibal den Bithyniſchen Koͤnig Pru-
ſias/ den von Roͤmern ſo groß gemachten Eume-
nes auff den Hals hetzten. Des Artaxias Feld-
hauptmann ſiel in Capadocien/ Galatus in
Griechenland/ Leocritus des Pharnaces Heer-
fuͤhrer in das verlohrne Galatien/ Pharnaces in
Paphlagonien/ die Deutſchen Fuͤrſten Carſi-
gnat und Goͤzotar theils in Phrygien/ theils in
Capadocien/ Pruſias in Myſien ein. Dieſer
verlohr zwar zu Lande eine Schlacht; ſolches a-
ber raͤchete der aus Creta zum Pruſias fliehende
Annibal bald darauff durch einen herrlichen
Sieg zur See. Die Sarmater ſpielten in
Griechenland den Meiſter; in Paphlagonien
nahm Pharnaces die Feſtung Tejum ein/ und
fuͤhrte groſſe Beute und viel tauſend Gefangene
heim; Aus Capadocien ward Ariarathes gar
vertrieben und der Koͤnigliche Schatz erobert.
Die Lycier lehnten ſich auch wider Rom und die
Rhodier auf. Nichts deſto weniger ließ ſich Pru-
ſias das Draͤuen der Roͤmiſchen Geſandten
ſchrecken: daß er nicht nur von Bundsgenoſſen
abſetzte/ ſondern auch Annibaln ausliefern wol-
te/ alſo ihn ſich ſelbſt zu vergifften noͤthigte/ und
wie ein Leibeigener in Geſtalt eines beſchor-
nen Knechtes der Botſchafft entgegen zoh.
Dem Pruſias folgte der Sarmater Koͤnig Ga-
talus/ nach dem ihnen die Roͤmer koſtbare
Geſchencke ſchickten/ Philippus in Macedo-
nien fuͤr Unmuth wegen ſeines unſchuldig ge-
toͤdteten Sohnes Demetrius ſtarb/ und ſein

Nach-
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[872[874]/0934] Sechſtes Buch machen; da er an ſtatt ihrer ihr Buͤndnuͤß mit in ihr Vaterland nahm. Maſſen denn/ wenn ſolche Auslegungen guͤltig waͤren/ unſchwer alle Verſprechungen erſitzen bleiben wuͤrden/ wie des Palanthus in Rhodis Schiffe; welche ihm Jphiclus bey Ubergabe ſeiner Feſtung zu ſeiner Abreiſe zwar ihrem getroffenen Vergleiche nachgab/ aber Seile/ Segel und Steuer-Ru- der vorher davon nehmen ließ. Adgandeſter/ welcher inzwiſchen Athem geſchoͤpft hatte/ brach hier ein/ und meldete: daß Qvintus Fabius La- beo es dem Antiochus nicht beſſer mitgeſpielt haͤtte/ da er wider ihr Abkommen: daß dieſer die Helffte ſeiner Schiffe behalten ſolte/ ſie ſaͤmtlich mitten entzwey hauen ließ/ darmit er ihn um al- le braͤchte. Noch betruͤglicher lieſſen die Roͤ- mer den ſchlaffenden Koͤnig Perſeus/ dem ſie das Leben zugeſagt hatten/ erwuͤrgen/ unter dem thoͤrichten Vorwand: daß der Schlaff des Todes Bruder/ und ein ſchlaffender nicht lebend waͤre. Und auf dieſe Art haben dieſe argliſtige Leute/ welche nur in kleinen Dingen Treu und Glauben halten: daß ſie ihnen den Weg baͤh- nen/ andere Voͤlcker uͤber den Stock zu ſtoſſen/ wenn es ihnen fuͤr die Muͤh lohnet/ die leicht- glaͤubigen Deutſchen unzehlich mal bevortheilt. Maſſen ſie ſonderlich etliche ſolche Streiche in Galatien gegen die Toloſtobogier gluͤcklich an- brachten. Nachdem dieſe nun derogeſtalt ziem- lich den kuͤrtzern gezogen hatten/ traffen etliche Hauffen der Roͤmer auff die Tockmier mit ab- wechſelndem Gluͤcke; endlich aber erlitten die Tectoſager an dem Berge Magana eine harte Niederlage; alſo: daß ſie auf bewegliches Weh- klagen ihrer Weiber mit den Roͤmern einen wiewol noch ertraͤglichen Frieden zu ſchluͤſſen gezwungen wurden; krafft deſſen ſie nur ein ge- gen Capadocien liegendes Theil Galatiens im Stiche laſſen/ und ihre Graͤntzen nicht gewaf- net zu uͤber ſchreiten Macht hatten. Diß denen Galatern zugefuͤgte Unrecht/ und die denen zwiſchen der Donau und der Sau nieder gelaſſenen Deutſchen nach Bedraͤngung Griechenlands immer naͤher kommende Ge- ſahr/ da zumal Acilius den Athamantiſchen Koͤ- nig Aminander verjagte/ ſeine Deutſchen der Botmaͤßigkeit des Macedoniſchen Koͤnigs Phi- lip unterwarf/ Cato die Etolier demuͤthigte/ ver- urſachte dieſe Freyheits-liebende Voͤlcker: daß ſie den Koͤnig im Pontus Pharnaces den Groß- vater des groſſen Mithridates/ wie auch den Koͤnig in Armenien Artaxias/ und der Sarma- ter Koͤnig Galatus/ der vom Antiochus aber fluͤchtige Annibal den Bithyniſchen Koͤnig Pru- ſias/ den von Roͤmern ſo groß gemachten Eume- nes auff den Hals hetzten. Des Artaxias Feld- hauptmann ſiel in Capadocien/ Galatus in Griechenland/ Leocritus des Pharnaces Heer- fuͤhrer in das verlohrne Galatien/ Pharnaces in Paphlagonien/ die Deutſchen Fuͤrſten Carſi- gnat und Goͤzotar theils in Phrygien/ theils in Capadocien/ Pruſias in Myſien ein. Dieſer verlohr zwar zu Lande eine Schlacht; ſolches a- ber raͤchete der aus Creta zum Pruſias fliehende Annibal bald darauff durch einen herrlichen Sieg zur See. Die Sarmater ſpielten in Griechenland den Meiſter; in Paphlagonien nahm Pharnaces die Feſtung Tejum ein/ und fuͤhrte groſſe Beute und viel tauſend Gefangene heim; Aus Capadocien ward Ariarathes gar vertrieben und der Koͤnigliche Schatz erobert. Die Lycier lehnten ſich auch wider Rom und die Rhodier auf. Nichts deſto weniger ließ ſich Pru- ſias das Draͤuen der Roͤmiſchen Geſandten ſchrecken: daß er nicht nur von Bundsgenoſſen abſetzte/ ſondern auch Annibaln ausliefern wol- te/ alſo ihn ſich ſelbſt zu vergifften noͤthigte/ und wie ein Leibeigener in Geſtalt eines beſchor- nen Knechtes der Botſchafft entgegen zoh. Dem Pruſias folgte der Sarmater Koͤnig Ga- talus/ nach dem ihnen die Roͤmer koſtbare Geſchencke ſchickten/ Philippus in Macedo- nien fuͤr Unmuth wegen ſeines unſchuldig ge- toͤdteten Sohnes Demetrius ſtarb/ und ſein Nach-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 872[874]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/934>, abgerufen am 24.11.2024.