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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] Könige Luer sie erzehlten: daß er mehrmahls
übers Feld zu fahren/ und dem Volcke Hauf-
fenweise Gold- und Silberne Müntze ausge-
streut/ ja einen funffzehn hundert Schritte im
Umkreiß habenden Teich mit köstlichem Ge-
träncke erfüllet/ und unzehlbare Gerüchte zum
Genüß der Arverner viel Tage nach einander
auffgesetzt hätte. Dieser Uberfluß und die in-
nerliche Unruh der Gallier war den hungrigen/
oder vielmehr unersättlichen Römern ein heffti-
ger Reitz sich ihrer zu bemächtigen; wiewohl ih-
nen auch nicht wenig bedencklich war: daß die
Arverner alleine über zwey hundert tausend
Männer solten in Krieg ausführen können.
Aber Geitz und Ehrsucht tilgte bald diß Be-
dencken. Also rieben sie sich auffs neue an Teu-
tobaln der Salyer König/ dessen Gebiete an
dem Flusse Druentia und Canus sich in die
Alpen erstreckte/ und zwischen den Maßiliern
und Liguriern gelegen war. Cajus Sextius
und die Maßilier kamen ihm so unvermuthet
mit zwey mächtigen Heeren auff den Hals; daß
er mit Noth zehn tausend Mann zusammen brin-
gen konte. Mit diesen muste er gegen seine
Feinde ehe treffen/ ehe er die Ursache des Krie-
ges erfuhr; welche hernach eine Beleidigung
der Maßilier seyn solte. Wiewohl der Stär-
ckere für eine neue Beleidigung annimmt/
wenn man nach dem Rechte seiner Feind-
seligkeit fragt. Gleich als wenn die Riesen von
der Natur schon das Erlaubniß erhalten hätten
mit den Zwergen ihre Kurtzweil zu haben/ und
Schwächere zu unterdrücken. Wie tapffer
nun zwar die Salyer und Sentier ihren Fein-
den begegneten/ muste doch endlich Teutobal/
welcher noch darzu von seinem Vetter Crantor
verkaufft und verrathen ward/ das Feld und sein
Reich/ in welchem Sextius an dem Flusse Ca-
nus eine neue Stadt baute/ selbte von denen an-
nehmlichen kalten und warmen Brunnen die
Sextischen Wasser hieß/ und mit eitel Römern
besetzte/ räumen/ und zu seinem Schwähersohne
Hulderich der Allobroger Könige fliehen. Daß
[Spaltenumbruch] Huldrich den König Teutobal auffnahm/ war
dem Cneus Domitius dem rothbärtigen/ wel-
chem Cicinius Crassus einen eisernen Mund/
und ein eisernes Hertz zueignete/ eine genug-
same Ursache die Allobroger zu überziehen; diß
aber nur ein Vorwand: daß die Allobroger über
den Fluß Arar gesetzt/ und zwischen der Ligeris
und Arar bey den Heduern einen Raub geholet
hätten. Wie nun aber Hulderich der Römer An-
zug wider sich vernahm; rückte er mit dem Kö-
nige Teutobal biß in die Gräntze Jtaliens/
nehmlich an den Fluß Varus dem Domitius
entgegen. Domitius mühte sich über den Strom
zu setzen/ Hulderich aber solches zu verhindern;
worüber die Römer denn etliche mahl den kür-
tzern zohen. Nachdem aber die von den Römern
zuvor überwältigten Deceaten und Nerusier
dem Domitius allen Vorschub thäten/ kam er
endlich bey Glanate über/ und also es beyder-
seits zu einer so hefftigen Schlacht: daß der
Fluß von dem Blute der Erschlagenen ange-
röthet ward. Und weil weder ein noch an-
der Theil weichen wolte/ die finstere Nacht bey-
de trennen muste. Jedes rühmte sich des Sie-
ges. Weil aber Domitius in Ligurien/ Hulde-
rich in sein Reich zurücke wich/ war die Rech-
nung leicht zu machen: daß weder einer noch
der ander Seide gesponnen hatte. Der Ar-
verner König Bituit Luers Sohn schickte zwar
eine Gesandschafft an den Domitius; welcher
sich zwischen den Römern/ Allobrogen und
Salyern zu einem Mitler anbot. Diese war
theils wegen ihrer an Huneen bestehenden Leib-
Wache/ theils wegen eines bey sich habenden
weisen Bardens zwar mit Verwunderung an-
genommen/ aber mit schlechter Verrichtung
abgefertigt. Denn Rom hielt es nunmehr
nicht nur ihres Ortes für Schande/ sondern
andern theils für die höchste Beleidigung/ wenn
ein angetastetes Volck nicht alsbald die Waf-
fen niederlegte. Daher setzte der Bürger-
meister Qvintus Fabius Maximus zu Egitna
im Hafen ein mächtiges Heer aus/ und zohe

durch

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] Koͤnige Luer ſie erzehlten: daß er mehrmahls
uͤbers Feld zu fahren/ und dem Volcke Hauf-
fenweiſe Gold- und Silberne Muͤntze ausge-
ſtreut/ ja einen funffzehn hundert Schritte im
Umkreiß habenden Teich mit koͤſtlichem Ge-
traͤncke erfuͤllet/ und unzehlbare Geruͤchte zum
Genuͤß der Arverner viel Tage nach einander
auffgeſetzt haͤtte. Dieſer Uberfluß und die in-
nerliche Unruh der Gallier war den hungrigen/
oder vielmehr unerſaͤttlichen Roͤmern ein heffti-
ger Reitz ſich ihrer zu bemaͤchtigen; wiewohl ih-
nen auch nicht wenig bedencklich war: daß die
Arverner alleine uͤber zwey hundert tauſend
Maͤnner ſolten in Krieg ausfuͤhren koͤnnen.
Aber Geitz und Ehrſucht tilgte bald diß Be-
dencken. Alſo rieben ſie ſich auffs neue an Teu-
tobaln der Salyer Koͤnig/ deſſen Gebiete an
dem Fluſſe Druentia und Canus ſich in die
Alpen erſtreckte/ und zwiſchen den Maßiliern
und Liguriern gelegen war. Cajus Sextius
und die Maßilier kamen ihm ſo unvermuthet
mit zwey maͤchtigen Heeren auff den Hals; daß
er mit Noth zehn tauſend Mann zuſam̃en brin-
gen konte. Mit dieſen muſte er gegen ſeine
Feinde ehe treffen/ ehe er die Urſache des Krie-
ges erfuhr; welche hernach eine Beleidigung
der Maßilier ſeyn ſolte. Wiewohl der Staͤr-
ckere fuͤr eine neue Beleidigung annimmt/
wenn man nach dem Rechte ſeiner Feind-
ſeligkeit fragt. Gleich als wenn die Rieſen von
der Natur ſchon das Erlaubniß erhalten haͤtten
mit den Zwergen ihre Kurtzweil zu haben/ und
Schwaͤchere zu unterdruͤcken. Wie tapffer
nun zwar die Salyer und Sentier ihren Fein-
den begegneten/ muſte doch endlich Teutobal/
welcher noch darzu von ſeinem Vetter Crantor
verkaufft und verrathen ward/ das Feld und ſein
Reich/ in welchem Sextius an dem Fluſſe Ca-
nus eine neue Stadt baute/ ſelbte von denen an-
nehmlichen kalten und warmen Brunnen die
Sextiſchen Waſſer hieß/ und mit eitel Roͤmern
beſetzte/ raͤumen/ und zu ſeinem Schwaͤherſohne
Hulderich der Allobroger Koͤnige fliehen. Daß
[Spaltenumbruch] Huldrich den Koͤnig Teutobal auffnahm/ war
dem Cneus Domitius dem rothbaͤrtigen/ wel-
chem Cicinius Craſſus einen eiſernen Mund/
und ein eiſernes Hertz zueignete/ eine genug-
ſame Urſache die Allobroger zu uͤberziehen; diß
aber nur ein Vorwand: daß die Allobroger uͤber
den Fluß Arar geſetzt/ und zwiſchen der Ligeris
und Arar bey den Heduern einen Raub geholet
haͤtten. Wie nun aber Hulderich der Roͤmer An-
zug wider ſich vernahm; ruͤckte er mit dem Koͤ-
nige Teutobal biß in die Graͤntze Jtaliens/
nehmlich an den Fluß Varus dem Domitius
entgegen. Domitius muͤhte ſich uͤber den Strom
zu ſetzen/ Hulderich aber ſolches zu verhindern;
woruͤber die Roͤmer denn etliche mahl den kuͤr-
tzern zohen. Nachdem aber die von den Roͤmern
zuvor uͤberwaͤltigten Deceaten und Neruſier
dem Domitius allen Vorſchub thaͤten/ kam er
endlich bey Glanate uͤber/ und alſo es beyder-
ſeits zu einer ſo hefftigen Schlacht: daß der
Fluß von dem Blute der Erſchlagenen ange-
roͤthet ward. Und weil weder ein noch an-
der Theil weichen wolte/ die finſtere Nacht bey-
de trennen muſte. Jedes ruͤhmte ſich des Sie-
ges. Weil aber Domitius in Ligurien/ Hulde-
rich in ſein Reich zuruͤcke wich/ war die Rech-
nung leicht zu machen: daß weder einer noch
der ander Seide geſponnen hatte. Der Ar-
verner Koͤnig Bituit Luers Sohn ſchickte zwar
eine Geſandſchafft an den Domitius; welcher
ſich zwiſchen den Roͤmern/ Allobrogen und
Salyern zu einem Mitler anbot. Dieſe war
theils wegen ihrer an Huneen beſtehenden Leib-
Wache/ theils wegen eines bey ſich habenden
weiſen Bardens zwar mit Verwunderung an-
genommen/ aber mit ſchlechter Verrichtung
abgefertigt. Denn Rom hielt es nunmehr
nicht nur ihres Ortes fuͤr Schande/ ſondern
andern theils fuͤr die hoͤchſte Beleidigung/ wenn
ein angetaſtetes Volck nicht alsbald die Waf-
fen niederlegte. Daher ſetzte der Buͤrger-
meiſter Qvintus Fabius Maximus zu Egitna
im Hafen ein maͤchtiges Heer aus/ und zohe

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 896[898]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/958>, abgerufen am 22.11.2024.