Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Sechstes Buch [Spaltenumbruch]
mitius so sehr verdroß: daß er durch ein knechti-sches Laster/ als der den Tempel der Diane an- zündende Herostratus/ sein Gedächtnüß zu ver- ewigen sich entschloß. Denn er machte mit dem Arverner Könige Bituit einen Frieden; und verleitete selbten unter dem Scheine ver- träulicher Freundschafft: daß er mit seinem Sohne Congentiat ihn zu Valentia besuchte. Nach dem er ihn etliche Tage herrlich unterhal- ten/ mühte er sich den König zu bereden: Er solte nach Rom ziehen. Als aber Bituit diß höflich ent[s]chuldigte/ nahm Domitius ihn und seinen Sohn verrätherisch gefangen/ schickte beyde zu Schiffe nach Ostia/ von dar sie hernach auf ihren silbernen Streit-Wagen mit ihren vielfärbich- ten Rüstungen in die Stadt Rom vom Domiti- us zum Siegs-Gepränge geführt/ und Bituit zu Alba gefänglich gehalten/ der nach Römischen Sitten erzogene Congentiat aber nach guter Zeit wieder aus einer besondern Staats-Klug- heit in sein Königreich eingesätzt ward. Also hatte König Hulderich mit seinen Allo- Leichen
Sechſtes Buch [Spaltenumbruch]
mitius ſo ſehr verdroß: daß er durch ein knechti-ſches Laſter/ als der den Tempel der Diane an- zuͤndende Heroſtratus/ ſein Gedaͤchtnuͤß zu ver- ewigen ſich entſchloß. Denn er machte mit dem Arverner Koͤnige Bituit einen Frieden; und verleitete ſelbten unter dem Scheine ver- traͤulicher Freundſchafft: daß er mit ſeinem Sohne Congentiat ihn zu Valentia beſuchte. Nach dem er ihn etliche Tage herrlich unterhal- ten/ muͤhte er ſich den Koͤnig zu bereden: Er ſolte nach Rom ziehen. Als aber Bituit diß hoͤflich ent[ſ]chuldigte/ nahm Domitius ihn und ſeinen Sohn verraͤtheriſch gefangen/ ſchickte beyde zu Schiffe nach Oſtia/ von dar ſie hernach auf ihren ſilbernen Streit-Wagen mit ihren vielfaͤrbich- ten Ruͤſtungen in die Stadt Rom vom Domiti- us zum Siegs-Gepraͤnge gefuͤhrt/ und Bituit zu Alba gefaͤnglich gehalten/ der nach Roͤmiſchen Sitten erzogene Congentiat aber nach guter Zeit wieder aus einer beſondern Staats-Klug- heit in ſein Koͤnigreich eingeſaͤtzt ward. Alſo hatte Koͤnig Hulderich mit ſeinen Allo- Leichen
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Sechſtes Buch
mitius ſo ſehr verdroß: daß er durch ein knechti-
ſches Laſter/ als der den Tempel der Diane an-
zuͤndende Heroſtratus/ ſein Gedaͤchtnuͤß zu ver-
ewigen ſich entſchloß. Denn er machte mit
dem Arverner Koͤnige Bituit einen Frieden;
und verleitete ſelbten unter dem Scheine ver-
traͤulicher Freundſchafft: daß er mit ſeinem
Sohne Congentiat ihn zu Valentia beſuchte.
Nach dem er ihn etliche Tage herrlich unterhal-
ten/ muͤhte er ſich den Koͤnig zu bereden: Er ſolte
nach Rom ziehen. Als aber Bituit diß hoͤflich
entſchuldigte/ nahm Domitius ihn und ſeinen
Sohn verraͤtheriſch gefangen/ ſchickte beyde zu
Schiffe nach Oſtia/ von dar ſie hernach auf ihren
ſilbernen Streit-Wagen mit ihren vielfaͤrbich-
ten Ruͤſtungen in die Stadt Rom vom Domiti-
us zum Siegs-Gepraͤnge gefuͤhrt/ und Bituit
zu Alba gefaͤnglich gehalten/ der nach Roͤmiſchen
Sitten erzogene Congentiat aber nach guter
Zeit wieder aus einer beſondern Staats-Klug-
heit in ſein Koͤnigreich eingeſaͤtzt ward.
Alſo hatte Koͤnig Hulderich mit ſeinen Allo-
brogern ihren Tod fuͤr ein Gluͤcke zu halten;
nicht nur/ weil von ihnen diß/ was ſie dem Va-
terlande und der Natur ſchuldig waren/ abge-
golten/ ſondern auch weder der Untergang ihres
Reiches/ noch die Schmach der Dienſtbarkeit er-
lebet ward. Wiewohl nun Hertzog Siegfried
in der Allobroger Haupt-Stadt Ebrodun an
dem Rhodan ſich mit ſeinen wenigen Deutſchen
ſetzte/ ward er doch von den Roͤmern/ Maſſiliern
und Heduern derogeſtalt bedraͤnget: daß er noth
hatte ſeine und etlicher edlen Allobroger Uber-
bleibung uͤber den Rhodan zu bringen. Alſo
ward das gantze Gebiete der Allobroger zwiſchen
der Jſer und dem Rhodan ins Roͤmiſche Joch
geſpannet. Die Roͤmer ſelbſt ſchaͤtzten dieſen
Gewinn ſo wichtig: daß/ ob ſie wol zeither auſſer
der zu Rom in den Tempeln geſchehenen Auf-
hengung der eroberten Waffen keinen uͤbeꝛwun-
denen Feind veraͤchtlich gehalten/ und aus ſei-
nem Verluſte Gedaͤchtnuͤß-Maale geſtiftet hat-
ten; ſie auf denen Sieges-Staͤdten aus Mar-
mel und Alabaſter hohe Thuͤrme und praͤchtige
Siegsbogen auf baueten/ und die gewonnenen
Waffen daran heftetẽ; Domitius auch nicht nuꝛ
auf der Wallſtadt ihm ein großſprecheriſch Eh-
ren-Maal aus Marmel/ dem Mars und Her-
cules zwey Tempel aufrichtete/ ſondern zwiſchen
dem ihn als einen Sieger mit groſſem Geſchrey
begleitenden Kriegs-Volcke auf einem Elefan-
ten das gantze Land durchreiſete. Dieſen Sieg
begleitete die Unterdruͤckung der Stoͤner und
Sarnuter; welche unter dem Berge Adula/
aus welchem die vier Haupt-Stꝛoͤme/ der Rhein/
der Rhodan/ der Ticin und Arula entſpringen/
wohnen; von dem unter Antonach in den Rhein
fallenden Saar-Fluſſe dahin gezogen; durch
die Roͤmer aber darumb bekriegt waren: daß ſie
ihnen wider die Allobroger nicht genungſamen
Vorſchub gethan hatten. Weil nun der Roͤ-
miſche Buͤrgermeiſter Qvintus Martius die in
der erſten Schlacht Gefangenen ſo ſtrenge hielt/
richteten ſie ſich ſelbſt durch Entaͤuſerung der
Speiſen dahin; die uͤbꝛigen Sarnuteꝛ abeꝛ ſebel-
ten ſelbſt ihre Weibeꝛ und Kinder darnider/ ſtuͤrtz-
ten ſich hieꝛauf ſelbſt ins Feuer umb der Roͤmiſchẽ
Dienſtbarkeit vorzukommen; welche nunmehr
durch Erbauung einer neuen und mit eitel Roͤ-
miſchem Volcke beſetzten Stadt/ wo der Fluß
Arauraris ins Meer fleuſt/ Gallien ein rechtes
Hals-Eiſen anlegten. Gleicher geſtalt uͤber-
fielen die Roͤmer die an dem Sau-Strom von
einem deutſchen Fuͤrſten Segeſthes gebaute
Stadt Segeſthe ſonder Ankuͤndigung des Krie-
ges; und aus keiner andern Urſache/ als: weil
dieſe Stadt vermoͤgend/ und zu Unterdruckung
der Pannonier fuͤrtrefflich gelegen war. Und
in Dalmatien fing Coͤcilius nur darumb einen
Krieg an; wormit er nicht muͤſſig ſaͤſſe/ und nicht
ohne Siegs-Gepraͤnge ſterben doͤrffte. Mar-
cus Emilius Scaurus noͤthigte ſich gleicher ge-
ſtalt zu denen in den Alpen wohnenden Karnen
und Gantiskern/ und fuhr uͤber ihrer Fuͤrſten
Leichen
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