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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] gieng. Daher die Deutschen und Bastarnen
auch ihre Schwerdter einsteckten; Und/ weil ih-
nen Mithridates ein grosses Stücke Geldes
auszählte/ wieder nach Hause kehrten. Mi-
thridates aber machte seinen achtjährigen Sohn
zum Könige/ und gab ihm den Nahmen Aria-
rathes/ und den Gordius zum obersten Staats-
Diener zu; Gleich als wenn die Annehmung
eines Cappadocischen Nahmens/ und die Be-
stellung eines eingebohrnen Dieners auch den
Besitz selbiger Krone rechtfertigte. Wie aber
nicht nur Gordius/ sondern Mithridates die
Cappadocier mit Schätzungen zu sehr erschöpf-
te/ und wider sie als überwundene Feinde/ nicht
als Unterthanen verfuhr/ machten sie einen all-
gemeinen Auffstand/ berufften des ermordeten
Ariarathes Bruder aus Asien zu ihrem Könige.
Alleine Mithridates gewann durch eine einige
Schlacht gantz Cappadocien wieder; der ent-
ronnene König aber schöpffte daraus solchen
Unmuth: daß er kurtz darnach so wol den Geist
als die Sehnsucht nach seinem väterlichen Rei-
che ausbließ. Nicomedes ward hierüber Blat-
scheu/ und bekümmert für sein Bithynien;
schickte also einen schönen Knaben mit seiner
Gemahlin Laodice nach Rom/ welche daselbst
dies[e]n ihren dritten mit dem Ariarathes erzeug-
ten Sohn ausgab/ und um Einsetzung in Cap-
padocien anhielt. Mithridates begegnete durch
seinen Gesandten Pelopidas dieser Unwahr-
heit mit einer andern/ und gab seinen in Cap-
padocien zum Könige gemachten Sohn für ein
Kind des Artarathes aus/ der den Römern wi-
der den Aristonicus in Macedonien beygestan-
den hätte. Der Rath zu Rom aber wieß bey-
de mit ihrem Gesuch ab/ und erklärte auff der
Deutschen in Galatien Gutachten so wol die
Paphlagonier/ als Cappado ier für freye Völ-
cker. Welche letztern aber sich für die zwar an
sich selbst unschätzbare/ ihnen aber/ die zum Ge-
horsam gebohren/ und zum Herrschen unfähig
wären/ unanständige Freyheit bedanckten/ und
[Spaltenumbruch] um einen König baten/ ohne dem sie zu leben
nicht getrauten. Hierauff setzten die Römer
einen Cappadocischen Fürsten Ariobarzanes
durch der Deutschen König in Galatien zum
Könige ein. Mithridates muste diß geschehen
lassen; und/ um nicht mir Rom und den Deut-
schen welchen die Römer ein Theil des grössern
zwischen dem Flusse Meander und Hermus
gelegenen Phrygiens/ wie auch den berühmten
Saltz-See Tatta verehrte/ zur Unzeit zu bre-
chen/ ein Auge zuthun. Gleichwol kochte sein
Hertz Rache; und daher vermä[h]lte er seine
Tochter Cleopatra dem Armenischen Könige
Tigranes; welcher durch seine Heerführer Mi-
thra as und Bagoas den friedsamen Ariobarza-
nes über Halß und Kopff aus Cappadocien
trieb; und Mithridatens Sohn Ariarathes
wieder darein einsetzte. Weil nun durch un-
auffhörliches Blutver giessen der Selevkische
Stamm gleichsam gar vertilget war; er wehlten
die Syrier den Tigranes zu ihrem Könige.
Diese zwey Begebnüsse verursachten: daß der
Römische Rath den glücklichen Sylla in Cili-
cien schickte/ so wol den Tigranes/ als Mithri-
dates zu beobachten. Weil aber die über beyder
Könige Verwandniß und Macht sorgfältige
Deutschen dem Sylla mit aller Macht unter
die Armen zu greiffen sich erboten/ und dem Ti-
granes bey Zeite zu steuern in Ohren lagen/ fiel
er mit wenig Römern/ und meist Deutschen in
Cappadocien ein/ schlug den ihm begegnenden
Gordius/ hernach den Bagoas mit seinen Ar-
meniern aus dem Felde/ und machte den nach
Rom geflohenen Ariobarzanes weider zum Kö-
nige; und war der erste Römer/ der mit seinen
Waffen biß an den Fluß Euphrates drang-
Der Parthische König Arsaces schickte dahin
Oro[b]azen in Bothschafft zum Sylla/ machte
mi[t] den Römern Freundschafft; da denn Sylla
das Glücke hatte auff einem erhobenen Stuhle
zwischen dem Könige Ariobarzanes und des
mächtigsten Königs Bothschafftern zu sitzen;

wiewol

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] gieng. Daher die Deutſchen und Baſtarnen
auch ihre Schwerdter einſteckten; Und/ weil ih-
nen Mithridates ein groſſes Stuͤcke Geldes
auszaͤhlte/ wieder nach Hauſe kehrten. Mi-
thridates aber machte ſeinen achtjaͤhꝛigen Sohn
zum Koͤnige/ und gab ihm den Nahmen Aria-
rathes/ und den Gordius zum oberſten Staats-
Diener zu; Gleich als wenn die Annehmung
eines Cappadociſchen Nahmens/ und die Be-
ſtellung eines eingebohrnen Dieners auch den
Beſitz ſelbiger Krone rechtfertigte. Wie aber
nicht nur Gordius/ ſondern Mithridates die
Cappadocier mit Schaͤtzungen zu ſehr erſchoͤpf-
te/ und wider ſie als uͤberwundene Feinde/ nicht
als Unterthanen verfuhr/ machten ſie einen all-
gemeinen Auffſtand/ berufften des ermordeten
Ariarathes Bruder aus Aſien zu ihrem Koͤnige.
Alleine Mithridates gewann durch eine einige
Schlacht gantz Cappadocien wieder; der ent-
ronnene Koͤnig aber ſchoͤpffte daraus ſolchen
Unmuth: daß er kurtz darnach ſo wol den Geiſt
als die Sehnſucht nach ſeinem vaͤterlichen Rei-
che ausbließ. Nicomedes ward hieruͤber Blat-
ſcheu/ und bekuͤmmert fuͤr ſein Bithynien;
ſchickte alſo einen ſchoͤnen Knaben mit ſeiner
Gemahlin Laodice nach Rom/ welche daſelbſt
dieſ[e]n ihren dritten mit dem Ariarathes erzeug-
ten Sohn ausgab/ und um Einſetzung in Cap-
padocien anhielt. Mithridates begegnete durch
ſeinen Geſandten Pelopidas dieſer Unwahr-
heit mit einer andern/ und gab ſeinen in Cap-
padocien zum Koͤnige gemachten Sohn fuͤr ein
Kind des Artarathes aus/ der den Roͤmern wi-
der den Ariſtonicus in Macedonien beygeſtan-
den haͤtte. Der Rath zu Rom aber wieß bey-
de mit ihrem Geſuch ab/ und erklaͤrte auff der
Deutſchen in Galatien Gutachten ſo wol die
Paphlagonier/ als Cappado ier fuͤr freye Voͤl-
cker. Welche letztern aber ſich fuͤr die zwar an
ſich ſelbſt unſchaͤtzbare/ ihnen aber/ die zum Ge-
horſam gebohren/ und zum Herrſchen unfaͤhig
waͤren/ unanſtaͤndige Freyheit bedanckten/ und
[Spaltenumbruch] um einen Koͤnig baten/ ohne dem ſie zu leben
nicht getrauten. Hierauff ſetzten die Roͤmer
einen Cappadociſchen Fuͤrſten Ariobarzanes
durch der Deutſchen Koͤnig in Galatien zum
Koͤnige ein. Mithridates muſte diß geſchehen
laſſen; und/ um nicht mir Rom und den Deut-
ſchen welchen die Roͤmer ein Theil des groͤſſern
zwiſchen dem Fluſſe Meander und Hermus
gelegenen Phrygiens/ wie auch den beruͤhmten
Saltz-See Tatta verehrte/ zur Unzeit zu bre-
chen/ ein Auge zuthun. Gleichwol kochte ſein
Hertz Rache; und daher vermaͤ[h]lte er ſeine
Tochter Cleopatra dem Armeniſchen Koͤnige
Tigranes; welcher durch ſeine Heerfuͤhrer Mi-
thra as und Bagoas den friedſamen Ariobarza-
nes uͤber Halß und Kopff aus Cappadocien
trieb; und Mithridatens Sohn Ariarathes
wieder darein einſetzte. Weil nun durch un-
auffhoͤrliches Blutver gieſſen der Selevkiſche
Stamm gleichſam gar vertilget war; er wehlten
die Syrier den Tigranes zu ihrem Koͤnige.
Dieſe zwey Begebnuͤſſe verurſachten: daß der
Roͤmiſche Rath den gluͤcklichen Sylla in Cili-
cien ſchickte/ ſo wol den Tigranes/ als Mithri-
dates zu beobachten. Weil aber die uͤber beyder
Koͤnige Verwandniß und Macht ſorgfaͤltige
Deutſchen dem Sylla mit aller Macht unter
die Armen zu greiffen ſich erboten/ und dem Ti-
granes bey Zeite zu ſteuern in Ohren lagen/ fiel
er mit wenig Roͤmern/ und meiſt Deutſchen in
Cappadocien ein/ ſchlug den ihm begegnenden
Gordius/ hernach den Bagoas mit ſeinen Ar-
meniern aus dem Felde/ und machte den nach
Rom geflohenen Ariobarzanes weider zum Koͤ-
nige; und war der erſte Roͤmer/ der mit ſeinen
Waffen biß an den Fluß Euphrates drang-
Der Parthiſche Koͤnig Arſaces ſchickte dahin
Oro[b]azen in Bothſchafft zum Sylla/ machte
mi[t] den Roͤmern Freundſchafft; da denn Sylla
das Gluͤcke hatte auff einem erhobenen Stuhle
zwiſchen dem Koͤnige Ariobarzanes und des
maͤchtigſten Koͤnigs Bothſchafftern zu ſitzen;

wiewol
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[930[932]/0992] Sechſtes Buch gieng. Daher die Deutſchen und Baſtarnen auch ihre Schwerdter einſteckten; Und/ weil ih- nen Mithridates ein groſſes Stuͤcke Geldes auszaͤhlte/ wieder nach Hauſe kehrten. Mi- thridates aber machte ſeinen achtjaͤhꝛigen Sohn zum Koͤnige/ und gab ihm den Nahmen Aria- rathes/ und den Gordius zum oberſten Staats- Diener zu; Gleich als wenn die Annehmung eines Cappadociſchen Nahmens/ und die Be- ſtellung eines eingebohrnen Dieners auch den Beſitz ſelbiger Krone rechtfertigte. Wie aber nicht nur Gordius/ ſondern Mithridates die Cappadocier mit Schaͤtzungen zu ſehr erſchoͤpf- te/ und wider ſie als uͤberwundene Feinde/ nicht als Unterthanen verfuhr/ machten ſie einen all- gemeinen Auffſtand/ berufften des ermordeten Ariarathes Bruder aus Aſien zu ihrem Koͤnige. Alleine Mithridates gewann durch eine einige Schlacht gantz Cappadocien wieder; der ent- ronnene Koͤnig aber ſchoͤpffte daraus ſolchen Unmuth: daß er kurtz darnach ſo wol den Geiſt als die Sehnſucht nach ſeinem vaͤterlichen Rei- che ausbließ. Nicomedes ward hieruͤber Blat- ſcheu/ und bekuͤmmert fuͤr ſein Bithynien; ſchickte alſo einen ſchoͤnen Knaben mit ſeiner Gemahlin Laodice nach Rom/ welche daſelbſt dieſ[e]n ihren dritten mit dem Ariarathes erzeug- ten Sohn ausgab/ und um Einſetzung in Cap- padocien anhielt. Mithridates begegnete durch ſeinen Geſandten Pelopidas dieſer Unwahr- heit mit einer andern/ und gab ſeinen in Cap- padocien zum Koͤnige gemachten Sohn fuͤr ein Kind des Artarathes aus/ der den Roͤmern wi- der den Ariſtonicus in Macedonien beygeſtan- den haͤtte. Der Rath zu Rom aber wieß bey- de mit ihrem Geſuch ab/ und erklaͤrte auff der Deutſchen in Galatien Gutachten ſo wol die Paphlagonier/ als Cappado ier fuͤr freye Voͤl- cker. Welche letztern aber ſich fuͤr die zwar an ſich ſelbſt unſchaͤtzbare/ ihnen aber/ die zum Ge- horſam gebohren/ und zum Herrſchen unfaͤhig waͤren/ unanſtaͤndige Freyheit bedanckten/ und um einen Koͤnig baten/ ohne dem ſie zu leben nicht getrauten. Hierauff ſetzten die Roͤmer einen Cappadociſchen Fuͤrſten Ariobarzanes durch der Deutſchen Koͤnig in Galatien zum Koͤnige ein. Mithridates muſte diß geſchehen laſſen; und/ um nicht mir Rom und den Deut- ſchen welchen die Roͤmer ein Theil des groͤſſern zwiſchen dem Fluſſe Meander und Hermus gelegenen Phrygiens/ wie auch den beruͤhmten Saltz-See Tatta verehrte/ zur Unzeit zu bre- chen/ ein Auge zuthun. Gleichwol kochte ſein Hertz Rache; und daher vermaͤhlte er ſeine Tochter Cleopatra dem Armeniſchen Koͤnige Tigranes; welcher durch ſeine Heerfuͤhrer Mi- thra as und Bagoas den friedſamen Ariobarza- nes uͤber Halß und Kopff aus Cappadocien trieb; und Mithridatens Sohn Ariarathes wieder darein einſetzte. Weil nun durch un- auffhoͤrliches Blutver gieſſen der Selevkiſche Stamm gleichſam gar vertilget war; er wehlten die Syrier den Tigranes zu ihrem Koͤnige. Dieſe zwey Begebnuͤſſe verurſachten: daß der Roͤmiſche Rath den gluͤcklichen Sylla in Cili- cien ſchickte/ ſo wol den Tigranes/ als Mithri- dates zu beobachten. Weil aber die uͤber beyder Koͤnige Verwandniß und Macht ſorgfaͤltige Deutſchen dem Sylla mit aller Macht unter die Armen zu greiffen ſich erboten/ und dem Ti- granes bey Zeite zu ſteuern in Ohren lagen/ fiel er mit wenig Roͤmern/ und meiſt Deutſchen in Cappadocien ein/ ſchlug den ihm begegnenden Gordius/ hernach den Bagoas mit ſeinen Ar- meniern aus dem Felde/ und machte den nach Rom geflohenen Ariobarzanes weider zum Koͤ- nige; und war der erſte Roͤmer/ der mit ſeinen Waffen biß an den Fluß Euphrates drang- Der Parthiſche Koͤnig Arſaces ſchickte dahin Orobazen in Bothſchafft zum Sylla/ machte mit den Roͤmern Freundſchafft; da denn Sylla das Gluͤcke hatte auff einem erhobenen Stuhle zwiſchen dem Koͤnige Ariobarzanes und des maͤchtigſten Koͤnigs Bothſchafftern zu ſitzen; wiewol

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 930[932]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/992>, abgerufen am 22.11.2024.