Lohenstein, Daniel Casper von: Anmerckungen über Herrn Daniel Caspers von Lohenstein Arminius. [Bd. 3]. Leipzig, 1690.Allgemeine [Spaltenumbruch]
Das VI. Capitel/ Vom Bebrauch und Miß- brauch des Arminius. JCh begehre nicht/ denen Romanen ins- Allein nichts ist so gut/ das nicht mißbraucht Vor eins möchte ein und anderer die er- was (a) Pabst Pius der andere; Besiehe des Bischoffs zu Soissons, Petr. Daniel Huet Buch de origine fabularum Roma- nensium p. 118. (b) Andreas Henrich Buchholtz/ ehemahls Professor zu Rinteln/ nachmahls Superintendent zu Braunschweig. Besiehe Memorias Theologorum Henningi a Witten, dec. XIII. p. 1712. 1714. (c) [Spaltenumbruch]
Daß der Bischoff Heliodorus eine Aethiopische Liebes-Ge- schichte geschrieben/ ist aus des Socrates Kirchen-Historien lib. V. c. 22. gewiß genug. Und daß er deßwegen abgesetzt/ [Spaltenumbruch] worden/ sagt Nicephorus aus; welchem aber Valesius in seinen Anmerckungen über den Socrates keinen Glauben bey- messen will. Gewiß ists/ daß der grosse Patriarch Photius, diese Liebes-Geschicht zu lesen in seinem Myriobiblo Cod. 72. einen langen extract daraus zu machen/ auch es sonderbar zu rühmen/ sich kein Gewissen genommen. Dahingegen er den leichtfertigen Romun des Achilles Tatius zwar gelesen/ aber demselben gar ein schlecht Lob ertheilet hat. (d) Sonderlich hat Johann Rist in der Vorrede über einen Theil
seiner Lieder solches überaus weitläufftig gethan. Allgemeine [Spaltenumbruch]
Das VI. Capitel/ Vom Bebrauch und Miß- brauch des Arminius. JCh begehre nicht/ denen Romanen ins- Allein nichts iſt ſo gut/ das nicht mißbraucht Vor eins moͤchte ein und anderer die er- was (a) Pabſt Pius der andere; Beſiehe des Biſchoffs zu Soiſſons, Petr. Daniel Huët Buch de origine fabularum Roma- nenſium p. 118. (b) Andreas Henrich Buchholtz/ ehemahls Profeſſor zu Rinteln/ nachmahls Superintendent zu Braunſchweig. Beſiehe Memorias Theologorum Henningi à Witten, dec. XIII. p. 1712. 1714. (c) [Spaltenumbruch]
Daß der Biſchoff Heliodorus eine Aethiopiſche Liebes-Ge- ſchichte geſchrieben/ iſt aus des Socrates Kirchen-Hiſtorien lib. V. c. 22. gewiß genug. Und daß er deßwegen abgeſetzt/ [Spaltenumbruch] worden/ ſagt Nicephorus aus; welchem aber Valeſius in ſeinen Anmerckungen uͤber den Socrates keinen Glauben bey- meſſen will. Gewiß iſts/ daß der groſſe Patriarch Photius, dieſe Liebes-Geſchicht zu leſen in ſeinem Myriobiblo Cod. 72. einen langen extract daraus zu machen/ auch es ſonderbar zu ruͤhmen/ ſich kein Gewiſſen genommen. Dahingegen er den leichtfertigen Romun des Achilles Tatius zwar geleſen/ aber demſelben gar ein ſchlecht Lob ertheilet hat. (d) Sonderlich hat Johann Riſt in der Vorrede uͤber einen Theil
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Allgemeine
Das VI. Capitel/
Vom Bebrauch und Miß-
brauch des Arminius.
JCh begehre nicht/ denen Romanen ins-
gemein das Wort zu reden/ von denen
manche mit ſo aͤrgerlichen oder doch
gantz unnuͤtzen Geſchwaͤtze angefuͤllet
ſind/ daß Chriſtlich-geſinnete und tugendhaffte
Leute davor billig Abſcheu tragen/ und den Ver-
faſſer und Leſer hoͤchlich betauren/ die umb einer
Handvoll vergaͤnglicher Beluſtigung eine ſo
ſchwere Verantwortung von dem gerechten
GOtt auf ſich laden. Doch giebt es auch ſol-
che/ die dem Leſer eine Luſt/ aber ohne Suͤnde/ ja
nicht ohne mercklichen Nutzen und Beyhuͤlffe
zur Erkennung der Sitten derer Menſchen im
gemeinen Leben/ auch zu Schaͤrffung des Ver-
ſtandes in allerley ſinnreichen Erfindungen/ zu-
wege bringen; welche man dahero/ ohne Hind-
anſetzung ſeiner ordentlichen Verrichtungen/
unter dem Abſehen/ das Gemuͤth durch ſolchen
unſchuldigen/ doch vergnuͤglichen Zeitvertreib
zu ergetzen und zu inſtehender ernſthaffterer Ar-
beit deſto williger zu machen/ mit ja ſo guten
Gewiſſen gebrauchen darf/ als wie etwa z. e.
Jagen/ Muſic und allerhand Spiele lieben/
weltliche warhaffte Hiſtorien leſen/ Verſe ma-
chen/ von allen vergoͤnnet wird/ die von Gewiſ-
ſens-Faͤllen geſchrieben haben. Denn alle ſol-
che Dinge ſind zwar nicht eben ſchlechter dings
noͤthig/ jedoch auch keines Weges ſchlechter Din-
ge verboten. Daher nicht nur ein Haupt der
Druiden (a) von des Eurialus und Lucretia
Liebes-Haͤndeln ein eigen Buch geſchrieben/
ſondern auch (welches hoͤher zu verwundern)
ein wohlbekanter Cheruskiſcher Barde (b)
ſich nicht geſcheuet/ die Helden-Geſchichten des
deutſchen Herkules und Herkuliſcus zu verfer-
tigen/ welches ihn auch nicht gereuet hat/
nachdem andere ſeine Glaubens-Genoſſen je-
nen mit Unverſtand eifernden Biſchoͤffen/ die
den Biſchof zu Triccaͤ in Theſſalien Heliodo-
rus/ weil er ſeine in der Jugend geſchriebene
Liebes-Geſchichte nicht verbrennen wollen/ ſei-
nes Biſthums entſetzet (c) haben/ nachzueifern
und zu folgen fuͤr unnoͤthig erachtet/ vielmehr
(d) den Verfaſſer des Herkules dermaſſen ge-
ruͤhmet haben/ daß er von allen ſeinen ernſthaff-
ten geiſtlichen und weltlichen Schrifften nicht
mehrern Ruhm erwarten duͤrffen.
Allein nichts iſt ſo gut/ das nicht mißbraucht
werden koͤnte; und alſo ſteht vielleicht bey dem
unvergleichlichen Werck des Herrn von Lohen-
ſtein auch zweyerley zu beſorgen.
Vor eins moͤchte ein und anderer die er-
dichteten Umbſtaͤnde von denen warhaff-
ten/ in denen unter die Gedichte eingemiſchten
Geſchichten nicht unterſcheiden koͤnnen. Und
erinnere ich mich hierbey/ daß der kluge Herr
Petrus Bayle in ſeinen Nouvelles de la Repub-
liqve des lettres ſehr uͤbel auf die jenigen zu
ſprechen geweſen/ die warhaffte Geſchichte zum
Jnhalt ihrer Gedichte erwehleten/ weil hier-
durch mit der Zeit verurſachet werden duͤrffte/
daß man in Hiſtorien/ weder was wahr/ noch
was
(a) Pabſt Pius der andere; Beſiehe des Biſchoffs zu Soiſſons,
Petr. Daniel Huët Buch de origine fabularum Roma-
nenſium p. 118.
(b) Andreas Henrich Buchholtz/ ehemahls Profeſſor zu Rinteln/
nachmahls Superintendent zu Braunſchweig. Beſiehe
Memorias Theologorum Henningi à Witten, dec. XIII.
p. 1712. 1714.
(c)
Daß der Biſchoff Heliodorus eine Aethiopiſche Liebes-Ge-
ſchichte geſchrieben/ iſt aus des Socrates Kirchen-Hiſtorien
lib. V. c. 22. gewiß genug. Und daß er deßwegen abgeſetzt/
worden/ ſagt Nicephorus aus; welchem aber Valeſius in
ſeinen Anmerckungen uͤber den Socrates keinen Glauben bey-
meſſen will. Gewiß iſts/ daß der groſſe Patriarch Photius,
dieſe Liebes-Geſchicht zu leſen in ſeinem Myriobiblo Cod.
72. einen langen extract daraus zu machen/ auch es ſonderbar
zu ruͤhmen/ ſich kein Gewiſſen genommen. Dahingegen er den
leichtfertigen Romun des Achilles Tatius zwar geleſen/ aber
demſelben gar ein ſchlecht Lob ertheilet hat.
(d) Sonderlich hat Johann Riſt in der Vorrede uͤber einen Theil
ſeiner Lieder ſolches uͤberaus weitlaͤufftig gethan.
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