Lohenstein, Daniel Casper von: Anmerckungen über Herrn Daniel Caspers von Lohenstein Arminius. [Bd. 3]. Leipzig, 1690.Allgemeine [Spaltenumbruch]
stein (*) Wege und Mittel ausgesonnen/ ihn voreinen Teutschen und zwar des Celtischen Für- sten Olonichs Sohn/ wahrscheinlich auszugeben. Des Arminius Bruder Flavius (l) muß dem König Juba in Numidien mit der Römi- schen Flotte zu Hülffe ziehen/ und derjenige Segimer/ (m) der mit einigen Volck dem Crassus wider die Parthen in Asien beygestan- den/ ein Teutscher Feldherr und der Vater des Arminius seyn; damit Africa und Asia/ nicht weniger als Europa/ den klugen Rath und tapffere Faust der Teutschen zu bewundern An- laß bekäme. Ja unser Verfasser hat denen Römern ihr Kunststück wohl abgelernet/ (n) da sie nemlich ihrer Widersacher Siege und ihre eigene Niederlagen zu verkleinern oder also zu beschreiben gewust/ daß die Uberwundenen mehr Ehre aus der Niederlage/ als die Sieger aus ihrem Triumph haben möchten. Denn eben also ist der Rabe/ so dem Marcus Valerius Cor- vinus (o) den Sieg im Zweykampff zuwege bringt/ lauter Zauberey und macht demnach die Uberwindung des Tentschen Udalrich mehr schimpf-als rühmlich; Und Titus Manlius Torqvatus hat von seinem Obsieg wenig Eh- re/ (p) weil sein Widerpart eine verkleidete un- gewaffnete Weibs-Person ist. Da hingegen des Rühmens von denen Siegen des Corvinus und Torqvatus bey denen Römischen Geschicht- Schreibern kein Ziel noch Ende ist. Dergleichen Freyheit könte man nun zwar Daß nun alles bißher gesagte nicht unge- nichts/ (*) I. Theil p. 888. (l) I. Theil IV. Buch. (m) I. Theil VII. Buch. (n) I. Theil p. 753. b. 754. a. (o) I. Theil p. 758. b. 759. a. (p) I. Theil p. 755.
Allgemeine [Spaltenumbruch]
ſtein (*) Wege und Mittel ausgeſonnen/ ihn voreinen Teutſchen und zwar des Celtiſchen Fuͤr- ſten Olonichs Sohn/ wahꝛſcheinlich auszugeben. Des Arminius Bruder Flavius (l) muß dem Koͤnig Juba in Numidien mit der Roͤmi- ſchen Flotte zu Huͤlffe ziehen/ und derjenige Segimer/ (m) der mit einigen Volck dem Craſſus wider die Parthen in Aſien beygeſtan- den/ ein Teutſcher Feldherr und der Vater des Arminius ſeyn; damit Africa und Aſia/ nicht weniger als Europa/ den klugen Rath und tapffere Fauſt der Teutſchen zu bewundern An- laß bekaͤme. Ja unſer Verfaſſer hat denen Roͤmern ihr Kunſtſtuͤck wohl abgelernet/ (n) da ſie nemlich ihrer Widerſacher Siege und ihre eigene Niederlagen zu verkleinern oder alſo zu beſchꝛeiben gewuſt/ daß die Ubeꝛwundenen mehr Ehre aus der Niederlage/ als die Sieger aus ihrem Triumph haben moͤchten. Deñ eben alſo iſt der Rabe/ ſo dem Marcus Valerius Cor- vinus (o) den Sieg im Zweykampff zuwege bringt/ lauter Zauberey und macht demnach die Uberwindung des Tentſchen Udalrich mehr ſchimpf-als ruͤhmlich; Und Titus Manlius Torqvatus hat von ſeinem Obſieg wenig Eh- re/ (p) weil ſein Widerpart eine verkleidete un- gewaffnete Weibs-Perſon iſt. Da hingegen des Ruͤhmens von denen Siegen des Corvinus und Torqvatus bey denen Roͤmiſchen Geſchicht- Schreibern kein Ziel noch Ende iſt. Dergleichen Freyheit koͤnte man nun zwar Daß nun alles bißher geſagte nicht unge- nichts/ (*) I. Theil p. 888. (l) I. Theil IV. Buch. (m) I. Theil VII. Buch. (n) I. Theil p. 753. b. 754. a. (o) I. Theil p. 758. b. 759. a. (p) I. Theil p. 755.
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Allgemeine
ſtein (*) Wege und Mittel ausgeſonnen/ ihn vor
einen Teutſchen und zwar des Celtiſchen Fuͤr-
ſten Olonichs Sohn/ wahꝛſcheinlich auszugeben.
Des Arminius Bruder Flavius (l) muß dem
Koͤnig Juba in Numidien mit der Roͤmi-
ſchen Flotte zu Huͤlffe ziehen/ und derjenige
Segimer/ (m) der mit einigen Volck dem
Craſſus wider die Parthen in Aſien beygeſtan-
den/ ein Teutſcher Feldherr und der Vater des
Arminius ſeyn; damit Africa und Aſia/ nicht
weniger als Europa/ den klugen Rath und
tapffere Fauſt der Teutſchen zu bewundern An-
laß bekaͤme. Ja unſer Verfaſſer hat denen
Roͤmern ihr Kunſtſtuͤck wohl abgelernet/ (n) da
ſie nemlich ihrer Widerſacher Siege und ihre
eigene Niederlagen zu verkleinern oder alſo zu
beſchꝛeiben gewuſt/ daß die Ubeꝛwundenen mehr
Ehre aus der Niederlage/ als die Sieger aus
ihrem Triumph haben moͤchten. Deñ eben alſo
iſt der Rabe/ ſo dem Marcus Valerius Cor-
vinus (o) den Sieg im Zweykampff zuwege
bringt/ lauter Zauberey und macht demnach
die Uberwindung des Tentſchen Udalrich mehr
ſchimpf-als ruͤhmlich; Und Titus Manlius
Torqvatus hat von ſeinem Obſieg wenig Eh-
re/ (p) weil ſein Widerpart eine verkleidete un-
gewaffnete Weibs-Perſon iſt. Da hingegen des
Ruͤhmens von denen Siegen des Corvinus und
Torqvatus bey denen Roͤmiſchen Geſchicht-
Schreibern kein Ziel noch Ende iſt.
Dergleichen Freyheit koͤnte man nun zwar
einem Hiſtorien Schreiber uͤbel ſprechen/ nicht
aber dem Verfaſſer eines ſo genanten Ro-
mans/ als welcher/ eben ſo wohl als Mahler
und Poeten/ Macht hat/ aus ſchwartz weiß/ und
aus weiß ſchwartz zu machen/ nach dem ein- oder
andere Farbe erfordert wird/ ſeinem Werck
das rechte Liecht und Schatten zu ertheilen.
Man hat daher niemahls gnug ſich wundern
koͤnnen uͤber den unvergleichlichen Verſtand
des Durchlaͤuchtigſten Verfaſſers der Roͤ-
miſchen Octavia/ indem er aus der ehrloſen
Meſſalina die keuſcheſte Dame/ aus der Zau-
berin und Gifftmiſcherin Locuſta die unſchul-
digſte Perſon/ aus der liederlichen Acte eine
gottfuͤrchtige Chriſtin mit uͤberaus-groſſer
Wahrſcheinlichkeit macht; auf welchen Schlag
denn auch der Herr von Lohenſtein bemuͤht ge-
weſen/ denen wahren Geſchichten derer alten
Teutſchen durch ſinnreich erdichtete Umſtaͤnde
eine andere und beſſere Geſtalt und Anſehn zu
geben; ſo daß wenn Arioviſt/ Arminius/
Thußnelda/ Arpus/ Marbod/ Jubil und
andere von ihm beſchriebene/ ihre eigene Ge-
ſchichte in dieſem Buche ſuchen ſolten/ wuͤr-
den ſie ſich vielleicht mit groſſer Muͤhe daſelbſt
finden und in hoͤchliche Verwunderung gera-
then/ daß ihre dicke Barbarey zu einen Muſter
aller nach heutiger Welt-Art eingerichteten
Sitten/ und ſie/ durch den Ovidius unſerer
Zeiten/ nicht aus Menſchen in Vieh/ ſondern
aus halben Vieh in vollkommene Menſchen
verwandelt woꝛden.
Daß nun alles bißher geſagte nicht unge-
reimet ſey/ wird niemand leicht in Zweiffel zie-
hen; doch iſt noch viel in dieſem Buch begrif-
fen/ das weder zur Liebes-Geſchichte vom
Arminius/ noch Lobe der Teutſchen noͤthig
iſt/ und dahero noch ein ander Abſehen haben
muß/ welches denn der ſelige Herr Verfaſſer
die kluͤgliche Anwendung ſeiner ſo weitlaͤuf-
tigen Gelehrſamkeit ſeyn laſſen. Denn
bloß-erdichtete Dinge zu ſchreiben war vor ihn
eine allzu ſchlechte Bemuͤhung. Vielmehr
muſten dieſe Gedichte ein Blendwerck noth-
wendiger und ernſthaffter Wiſſenſchafften ſeyn/
um die jenigen auch wider ihren Vorſatz gelehrt/
klug und tugendhafft zu machen/ welche daſelbſt
nichts/
(*) I. Theil p. 888.
(l) I. Theil IV. Buch.
(m) I. Theil VII. Buch.
(n) I. Theil p. 753. b. 754. a.
(o) I. Theil p. 758. b. 759. a.
(p) I. Theil p. 755.
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