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Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.

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Die Füsse greulich mahlt? So würd' als Helffenpein
Muß reiner/ als schlecht Thon und grober Pöfel seyn;
215Weil Fürsten/ die das Gift der Laster an sich nehmen/
Von ihrem Himmel es auf hundert Völcker sämen.
Jhr bös' Exempel sind die Funcken/ die den Brand
Auf tausend Häuser streun.
Ibrah. Was misst man mit Bestand
Uns für Verbrechen bey/ das deinen Fluch verdienet?

220
Sisig. Er hat sich mit Gewalt mich zu entweyhn erkühnet.
Sechierp. Jst solcher Liebes-trieb bey Fürsten unerhört?
Und zu Stambulden neu? Hartneckigkeit versehrt
Die hohe Majestät/ die stets mit Fug erhebet
Durch Zwang/ was Glimpf verspielt. Ja in den Zimmern klebet
225Durch andre Sultane vorhin verspritztes Blut
Der Weiber/ die verschmäht auß thörchten Ubermuth
Verliebter Herren Gunst. Das Schwerd/ das uns erstritten
Hat Constantinus Reich/ hat ebenfals durchschnitten
Ein so verstocktes Weib.
Kiosem. Wer hat dir Magd erlaubt
230So keck zu brechen loß? flöstu der Erden Haupt
So falsche Lehren ein? Ja solche Kuplerinnen/
Wie hier der Wechselbalg sich zeiget/ sind die Spinnen/
Die auf der Keuschheit-Blüht ihr Sünden-Gift schmiern an/
Die Zirze/ die in Vieh die Menschen wandeln kan/
235Sind Furien/ die sich mit Liebes-Larven schmücken/
Die Tugend in Verderb/ in Schande Fürsten rücken.
Sind Motten/ die mit List und Häucheln unterm Schein
Der Seidenwürmer sich in Purpur nisten ein/
Des Reiches Ancker-Seil/ des Glückes Band zerbeissen.
240Dergleichen Thier bist du. Du wilst ja Zucker heissen/
Doch birgt dein süsser Mund im Hertzen Gall und Gift.
Die Jugend ist weich Wachs/ in die sich leicht die Schrift
Der Wollust pregen lässt. Dir Hur ists zuzuschreiben:
Daß man den Sultan sieht so freche Laster treiben;
245Daß ietzt sein eisicht Hertz und die vor kalte Brust
Ein feuricht Etna scheint/ die minder Brand und Lust/
Als das gefrorne Meer/ ließ anfangs von sich schiessen.
Die Frauen auf der Burg/ die uns vor glauben hiessen:
Daß Jbrahm von Natur kalt und ohnmächtig sey;
250Sehn ietzt sich allzuschwach für seiner Raserey
Der niemals-satten Brunst.
Sechierp. Kriegt für getreue Dienste
Befleißte Redligkeit Verschmähung zu Gewienste?
So laß ich andern Müh und Sorge willig hin.
Kiosem. Was? rühmstu Treu und Dienst/ verfluchte Kuplerin?
255
Sechierp. Es schaffet dem mehr Ruhm/ den Völckern mehr Vergnügen/
Dem Reiche mehr Bestand/ der nicht das Pfund verliegen
Des Landes-Fürsten lässt/ und ihren kalten Geist
Zu reger Liebe reitzt; als/ der sich ihn befleisst
Wie einen Papegoy ins Kesicht einzuschlissen.
260Sie selbst weiß: daß der Fürst den Tartar Chivas müssen
Jn Rhodis reiben auf; weil Jbrahms kalter Sinn/
Der unvererbte Stuhl ihn auf dem Wahn trieb hin:
Für Oßmans Enckel sich und Erben schon zu rühmen.
Wem wird nun/ außer mir/ zu dancken sichs geziehmen?
265Daß sein vor stumpfer Kiel ietzt scharffe Pfeile spitzt/
Daß von fünf Söhnen ist des Oßmans Thron gestützt.
Wormit hab aber ich die Sultanin verletzet:
Weil ihr zu Liebe nicht von mir ward außgeschwetzet?
Daß nach der Sultanin erdichtetem Bericht
270Des Käysers Augentrost die Perl auß Curdi nicht
Sey durch den Schlag erblasst? denn Er/ mein Fürst/ mag wissen:
Die Riesin habe ja wohl freylich sterben müssen/
Weil sie die Sultanin/ zur Tafel laden ließ/
Und sie durch Eyversucht gereitzt/ erwürgen hieß.

275
Ibrah. Verfluchter Meuchel-Mord! unartig's Mutterhertze!
Das sich belustiget an seines Kindes Schmertze/
Ja sein Vergnügen stör't; Schaft Strick und Hencker her!
Sie leide/ was sie that/ weil sie von Liebe leer
Und voll von Rachgier ist! Jnzwischen solstu sehen
280Vor deinen Abgott fall'n/ dein zartes Schoskind schmehen;
Die Rosen mit Gewalt schaun dieser brechen ab/
Die uns für Anmuth Trotz/ für Blumen Disteln gab.

Fleuch/
Die Fuͤſſe greulich mahlt? So wuͤrd’ als Helffenpein
Muß reiner/ als ſchlecht Thon und grober Poͤfel ſeyn;
215Weil Fuͤrſten/ die das Gift der Laſter an ſich nehmen/
Von ihrem Himmel es auf hundert Voͤlcker ſaͤmen.
Jhr boͤſ’ Exempel ſind die Funcken/ die den Brand
Auf tauſend Haͤuſer ſtreun.
Ibrah. Was miſſt man mit Beſtand
Uns fuͤr Verbrechen bey/ das deinen Fluch verdienet?

220
Siſig. Er hat ſich mit Gewalt mich zu entweyhn erkuͤhnet.
Sechierp. Jſt ſolcher Liebes-trieb bey Fuͤrſten unerhoͤrt?
Und zu Stambulden neu? Hartneckigkeit verſehrt
Die hohe Majeſtaͤt/ die ſtets mit Fug erhebet
Durch Zwang/ was Glimpf verſpielt. Ja in den Zimmern klebet
225Durch andre Sultane vorhin verſpritztes Blut
Der Weiber/ die verſchmaͤht auß thoͤrchten Ubermuth
Verliebter Herren Gunſt. Das Schwerd/ das uns erſtritten
Hat Conſtantinus Reich/ hat ebenfals durchſchnitten
Ein ſo verſtocktes Weib.
Kioſem. Wer hat dir Magd erlaubt
230So keck zu brechen loß? floͤſtu der Erden Haupt
So falſche Lehren ein? Ja ſolche Kuplerinnen/
Wie hier der Wechſelbalg ſich zeiget/ ſind die Spinnen/
Die auf der Keuſchheit-Bluͤht ihr Suͤnden-Gift ſchmiern an/
Die Zirze/ die in Vieh die Menſchen wandeln kan/
235Sind Furien/ die ſich mit Liebes-Larven ſchmuͤcken/
Die Tugend in Verderb/ in Schande Fuͤrſten ruͤcken.
Sind Motten/ die mit Liſt und Haͤucheln unterm Schein
Der Seidenwuͤrmer ſich in Purpur niſten ein/
Des Reiches Ancker-Seil/ des Gluͤckes Band zerbeiſſen.
240Dergleichen Thier biſt du. Du wilſt ja Zucker heiſſen/
Doch birgt dein ſuͤſſer Mund im Hertzen Gall und Gift.
Die Jugend iſt weich Wachs/ in die ſich leicht die Schrift
Der Wolluſt pregen laͤſſt. Dir Hur iſts zuzuſchreiben:
Daß man den Sultan ſieht ſo freche Laſter treiben;
245Daß ietzt ſein eiſicht Hertz und die vor kalte Bruſt
Ein feuricht Etna ſcheint/ die minder Brand und Luſt/
Als das gefrorne Meer/ ließ anfangs von ſich ſchieſſen.
Die Frauen auf der Burg/ die uns vor glauben hieſſen:
Daß Jbrahm von Natur kalt und ohnmaͤchtig ſey;
250Sehn ietzt ſich allzuſchwach fuͤr ſeiner Raſerey
Der niemals-ſatten Brunſt.
Sechierp. Kriegt fuͤr getreue Dienſte
Befleißte Redligkeit Verſchmaͤhung zu Gewienſte?
So laß ich andern Muͤh und Sorge willig hin.
Kioſem. Was? ruͤhmſtu Treu und Dienſt/ verfluchte Kuplerin?
255
Sechierp. Es ſchaffet dem mehr Ruhm/ den Voͤlckern mehr Vergnuͤgen/
Dem Reiche mehr Beſtand/ der nicht das Pfund verliegen
Des Landes-Fuͤrſten laͤſſt/ und ihren kalten Geiſt
Zu reger Liebe reitzt; als/ der ſich ihn befleiſſt
Wie einen Papegoy ins Keſicht einzuſchliſſen.
260Sie ſelbſt weiß: daß der Fuͤrſt den Tartar Chivas muͤſſen
Jn Rhodis reiben auf; weil Jbrahms kalter Sinn/
Der unvererbte Stuhl ihn auf dem Wahn trieb hin:
Fuͤr Oßmans Enckel ſich und Erben ſchon zu ruͤhmen.
Wem wird nun/ außer mir/ zu dancken ſichs geziehmen?
265Daß ſein vor ſtumpfer Kiel ietzt ſcharffe Pfeile ſpitzt/
Daß von fuͤnf Soͤhnen iſt des Oßmans Thron geſtuͤtzt.
Wormit hab aber ich die Sultanin verletzet:
Weil ihr zu Liebe nicht von mir ward außgeſchwetzet?
Daß nach der Sultanin erdichtetem Bericht
270Des Kaͤyſers Augentroſt die Perl auß Curdi nicht
Sey durch den Schlag erblaſſt? denn Er/ mein Fuͤrſt/ mag wiſſen:
Die Rieſin habe ja wohl freylich ſterben muͤſſen/
Weil ſie die Sultanin/ zur Tafel laden ließ/
Und ſie durch Eyverſucht gereitzt/ erwuͤrgen hieß.

275
Ibrah. Verfluchter Meuchel-Mord! unartig’s Mutterhertze!
Das ſich beluſtiget an ſeines Kindes Schmertze/
Ja ſein Vergnuͤgen ſtoͤr’t; Schaft Strick und Hencker her!
Sie leide/ was ſie that/ weil ſie von Liebe leer
Und voll von Rachgier iſt! Jnzwiſchen ſolſtu ſehen
280Vor deinen Abgott fall’n/ dein zartes Schoskind ſchmehen;
Die Roſen mit Gewalt ſchaun dieſer brechen ab/
Die uns fuͤr Anmuth Trotz/ fuͤr Blumen Diſteln gab.

Fleuch/
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[6/0024] Die Fuͤſſe greulich mahlt? So wuͤrd’ als Helffenpein Muß reiner/ als ſchlecht Thon und grober Poͤfel ſeyn; Weil Fuͤrſten/ die das Gift der Laſter an ſich nehmen/ Von ihrem Himmel es auf hundert Voͤlcker ſaͤmen. Jhr boͤſ’ Exempel ſind die Funcken/ die den Brand Auf tauſend Haͤuſer ſtreun. Ibrah. Was miſſt man mit Beſtand Uns fuͤr Verbrechen bey/ das deinen Fluch verdienet? Siſig. Er hat ſich mit Gewalt mich zu entweyhn erkuͤhnet. Sechierp. Jſt ſolcher Liebes-trieb bey Fuͤrſten unerhoͤrt? Und zu Stambulden neu? Hartneckigkeit verſehrt Die hohe Majeſtaͤt/ die ſtets mit Fug erhebet Durch Zwang/ was Glimpf verſpielt. Ja in den Zimmern klebet Durch andre Sultane vorhin verſpritztes Blut Der Weiber/ die verſchmaͤht auß thoͤrchten Ubermuth Verliebter Herren Gunſt. Das Schwerd/ das uns erſtritten Hat Conſtantinus Reich/ hat ebenfals durchſchnitten Ein ſo verſtocktes Weib. Kioſem. Wer hat dir Magd erlaubt So keck zu brechen loß? floͤſtu der Erden Haupt So falſche Lehren ein? Ja ſolche Kuplerinnen/ Wie hier der Wechſelbalg ſich zeiget/ ſind die Spinnen/ Die auf der Keuſchheit-Bluͤht ihr Suͤnden-Gift ſchmiern an/ Die Zirze/ die in Vieh die Menſchen wandeln kan/ Sind Furien/ die ſich mit Liebes-Larven ſchmuͤcken/ Die Tugend in Verderb/ in Schande Fuͤrſten ruͤcken. Sind Motten/ die mit Liſt und Haͤucheln unterm Schein Der Seidenwuͤrmer ſich in Purpur niſten ein/ Des Reiches Ancker-Seil/ des Gluͤckes Band zerbeiſſen. Dergleichen Thier biſt du. Du wilſt ja Zucker heiſſen/ Doch birgt dein ſuͤſſer Mund im Hertzen Gall und Gift. Die Jugend iſt weich Wachs/ in die ſich leicht die Schrift Der Wolluſt pregen laͤſſt. Dir Hur iſts zuzuſchreiben: Daß man den Sultan ſieht ſo freche Laſter treiben; Daß ietzt ſein eiſicht Hertz und die vor kalte Bruſt Ein feuricht Etna ſcheint/ die minder Brand und Luſt/ Als das gefrorne Meer/ ließ anfangs von ſich ſchieſſen. Die Frauen auf der Burg/ die uns vor glauben hieſſen: Daß Jbrahm von Natur kalt und ohnmaͤchtig ſey; Sehn ietzt ſich allzuſchwach fuͤr ſeiner Raſerey Der niemals-ſatten Brunſt. Sechierp. Kriegt fuͤr getreue Dienſte Befleißte Redligkeit Verſchmaͤhung zu Gewienſte? So laß ich andern Muͤh und Sorge willig hin. Kioſem. Was? ruͤhmſtu Treu und Dienſt/ verfluchte Kuplerin? Sechierp. Es ſchaffet dem mehr Ruhm/ den Voͤlckern mehr Vergnuͤgen/ Dem Reiche mehr Beſtand/ der nicht das Pfund verliegen Des Landes-Fuͤrſten laͤſſt/ und ihren kalten Geiſt Zu reger Liebe reitzt; als/ der ſich ihn befleiſſt Wie einen Papegoy ins Keſicht einzuſchliſſen. Sie ſelbſt weiß: daß der Fuͤrſt den Tartar Chivas muͤſſen Jn Rhodis reiben auf; weil Jbrahms kalter Sinn/ Der unvererbte Stuhl ihn auf dem Wahn trieb hin: Fuͤr Oßmans Enckel ſich und Erben ſchon zu ruͤhmen. Wem wird nun/ außer mir/ zu dancken ſichs geziehmen? Daß ſein vor ſtumpfer Kiel ietzt ſcharffe Pfeile ſpitzt/ Daß von fuͤnf Soͤhnen iſt des Oßmans Thron geſtuͤtzt. Wormit hab aber ich die Sultanin verletzet: Weil ihr zu Liebe nicht von mir ward außgeſchwetzet? Daß nach der Sultanin erdichtetem Bericht Des Kaͤyſers Augentroſt die Perl auß Curdi nicht Sey durch den Schlag erblaſſt? denn Er/ mein Fuͤrſt/ mag wiſſen: Die Rieſin habe ja wohl freylich ſterben muͤſſen/ Weil ſie die Sultanin/ zur Tafel laden ließ/ Und ſie durch Eyverſucht gereitzt/ erwuͤrgen hieß. Ibrah. Verfluchter Meuchel-Mord! unartig’s Mutterhertze! Das ſich beluſtiget an ſeines Kindes Schmertze/ Ja ſein Vergnuͤgen ſtoͤr’t; Schaft Strick und Hencker her! Sie leide/ was ſie that/ weil ſie von Liebe leer Und voll von Rachgier iſt! Jnzwiſchen ſolſtu ſehen Vor deinen Abgott fall’n/ dein zartes Schoskind ſchmehen; Die Roſen mit Gewalt ſchaun dieſer brechen ab/ Die uns fuͤr Anmuth Trotz/ fuͤr Blumen Diſteln gab. Fleuch/

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/24>, abgerufen am 21.11.2024.