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Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.

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Und Raben an sich lockt/ die Ehr und Zucht uns fressen/
Und ihren Geilheits-Koth schmier'n auf ihr lüstern Essen.
145Die Schönheit ist ein Stern/ der mit dem Schwantz allzeit
Auf neues Unheil weiß't/ ein Abgott/ der entweih't
Von derer Andacht wird/ die sich zum Opfer finden/
Weil sie für Weyrauch ihm meist stinckend Hartzt anzünden.
Diß/ Ambre/ fühl'st du ja; wie dich der Hund befleck't/
150Der seine Seele dir zum Opfer angesteck't/
Der dich begierig war fußfällig anznbethen.
Hör't aber/ wie in mir der Schmertz ras't! dem Verschmähtenn
Kleb't keine Schönheit an/ die auch den Löwen hält
Die Klauen; und den Trotz der grimsten Riesen fäll't.
155Doch nein! der Blutthund ist mehr wild als Löw und Beeren/
Mehr hart als Kieselstein; sonst hätten meine Zehren
Sein steinern Hertz durchhölt; als Demant/ weil mein Blutt
Der Seel ihn nicht erweich't/ als Eisen; weil die Glutt
Der heissen Säufzer nicht hat seinen Grimm zerschmeltzet.
190So werde nun der Felß vom Halse weg geweltzet/
Der Leib und Fleisch zerquetsch't und auch der Seele preß't
So Blutt als Thränen auß die grosse Schandthat läß't
Euch reine Rache zu. Das Band der Treue höret
Bey Unterthanen auf/ so bald ein Fürst versehret/
165.Durch Laster/ Ehr und Zucht. So tilg't denn durch sein Blutt
Die Schmach ab/ die der Hund euch auch in mir anthut!
Denn ich bin so befleck't: Daß auch mit seiner Aschen
Der Schandfleck sich nicht läß't von meinem Leibe waschen;
Den Fäul- und Tod nur kan im Grabe machen rein.
170Tauch't diesen edlen Dolch ins Blutthund's Adern ein/
Den ich/ doch öhne Schuld/ mit meinem Blutte färbe.
Für Helden ist's genung! Zu gutter Nacht/ ich sterbe!
Mufti. Hilf Himmel! Ach mein Kind! mein Engel/ und mein Trost;
Hat das Verhängnüß sich so gar auf mich erboß't;
175Daß mir mein Ancker muß zur Schiffbruchs-Klippe werden?
Scharr't mit der Todten mich lebendig in die Erden;
Weil mir das Leben doch nur einen Tod gib't ab/
Und ieder Athem lächst nach Freyheit in das Grab.
Gewiß der Sultan läß't mich nur zur Marter leben/
180Auß Gunst und Sanftmuth nicht. Die Ertz-Tyrannen heben
Durch Ausschub unsers Tod's uns doch zu langer Kwall
Und strenger Marter auf. Nimm diesen heil'gen Stahl/
Und stoß ihn/ Mufti/ dir nun auch in Brunn des Lebens.
Bectas. Halt! bistu bey Vernunft?
Mufti. Jhr wehret dem vergebens
185Das Sterben/ dessen Tod selbst das Verhängnüß schleust.
Kiuperli. Der steck't voll Aberwitz der Gall und Leid außgeust
Auf seinen eignen Halß/ und Feind und Hencker schonet.
Mit Dolch und Stricke sol das Unthier seyn belohnet/
Das dieses Leid uns schaf't. Weil er durch diese That
190An deiner Tochter nur den Halß verwürget hat.
Mehemet. Mein Rath ist auch: daß man das Messer auf ihn wetze/
Fürst Mahumed hat schon versiegelt diß Gesetze
Durch seines Sohnes Blutt; als Mustafa verdient
Den Geist am Strang außbließ/ nachdem er sich erkühn't/
195Des Bassen Achmets Weib auß toller Brunst zu schänden.
Und der sol ungestraff't an's Mufti Tochter enden
Den Muthwill'n seiner Brunst/ die Büssung seiner Lust?
Ja ihm sein Müthlein kühl'n/ wenn er so reine Brust
Mit seiner Schandthat schwärtz't. Sich kützeln in Gedäncken:
200Daß er die Tugend sih't in Angst-erfüllten Schrancken/
Die Boßheit in der Blüth und auf den Rosen geh'n?
Wie aber kan man mehr der Laster Flug erhöh'n/
Den Blutthund in der Schand' und in dem Grimme stärcken/
Als wenn die/ die Gott satz't zu Richtern seinen Wercken/
205Jhm durch die Finger sehn? an sich durch eigne Hand
Sein Wütten üben auß? dir selbst wird dein Verstand
Den itzt der Schmertz verwirr't/ nach erstem Sturme lehren:
Daß: da wir die Gewalt des Unglück's gleich verstören/
Durch eigenhänd'gen Tod/ der Tyranney entflih'n/
210Wir bösen Nachruhm doch uns in das Grab nachzih'n/
Dem Himmel für die Gunst des Lebens Undanck geben;
Ja daß der/ welcher nicht kan unglückseelig leben/
Nur
D ij
Und Raben an ſich lockt/ die Ehr und Zucht uns freſſen/
Und ihren Geilheits-Koth ſchmier’n auf ihr luͤſtern Eſſen.
145Die Schoͤnheit iſt ein Stern/ der mit dem Schwantz allzeit
Auf neues Unheil weiß’t/ ein Abgott/ der entweih’t
Von derer Andacht wird/ die ſich zum Opfer finden/
Weil ſie fuͤr Weyrauch ihm meiſt ſtinckend Hartzt anzuͤnden.
Diß/ Ambre/ fuͤhl’ſt du ja; wie dich der Hund befleck’t/
150Der ſeine Seele dir zum Opfer angeſteck’t/
Der dich begierig war fußfaͤllig anznbethen.
Hoͤr’t aber/ wie in mir der Schmertz raſ’t! dem Verſchmaͤhteñ
Kleb’t keine Schoͤnheit an/ die auch den Loͤwen haͤlt
Die Klauen; und den Trotz der grimſten Rieſen faͤll’t.
155Doch nein! der Blutthund iſt mehr wild als Loͤw und Beeren/
Mehr hart als Kieſelſtein; ſonſt haͤtten meine Zehren
Sein ſteinern Hertz durchhoͤlt; als Demant/ weil mein Blutt
Der Seel ihn nicht erweich’t/ als Eiſen; weil die Glutt
Der heiſſen Saͤufzer nicht hat ſeinen Grimm zerſchmeltzet.
190So werde nun der Felß vom Halſe weg geweltzet/
Der Leib und Fleiſch zerquetſch’t und auch der Seele preß’t
So Blutt als Thraͤnen auß die groſſe Schandthat laͤß’t
Euch reine Rache zu. Das Band der Treue hoͤret
Bey Unterthanen auf/ ſo bald ein Fuͤrſt verſehret/
165.Durch Laſter/ Ehr und Zucht. So tilg’t denn durch ſein Blutt
Die Schmach ab/ die der Hund euch auch in mir anthut!
Denn ich bin ſo befleck’t: Daß auch mit ſeiner Aſchen
Der Schandfleck ſich nicht laͤß’t von meinem Leibe waſchen;
Den Faͤul- und Tod nur kan im Grabe machen rein.
170Tauch’t dieſen edlen Dolch ins Blutthund’s Adern ein/
Den ich/ doch oͤhne Schuld/ mit meinem Blutte faͤrbe.
Fuͤr Helden iſt’s genung! Zu gutter Nacht/ ich ſterbe!
Mufti. Hilf Himmel! Ach mein Kind! mein Engel/ und mein Troſt;
Hat das Verhaͤngnuͤß ſich ſo gar auf mich erboß’t;
175Daß mir mein Ancker muß zur Schiffbruchs-Klippe werden?
Scharr’t mit der Todten mich lebendig in die Erden;
Weil mir das Leben doch nur einen Tod gib’t ab/
Und ieder Athem laͤchſt nach Freyheit in das Grab.
Gewiß der Sultan laͤß’t mich nur zur Marter leben/
180Auß Gunſt und Sanftmuth nicht. Die Ertz-Tyrannen heben
Durch Auſſchub unſers Tod’s uns doch zu langer Kwall
Und ſtrenger Marter auf. Nimm dieſen heil’gen Stahl/
Und ſtoß ihn/ Mufti/ dir nun auch in Brunn des Lebens.
Bectas. Halt! biſtu bey Vernunft?
Mufti. Jhr wehret dem vergebens
185Das Sterben/ deſſen Tod ſelbſt das Verhaͤngnuͤß ſchleuſt.
Kiuperli. Der ſteck’t voll Aberwitz der Gall und Leid außgeuſt
Auf ſeinen eignen Halß/ und Feind und Hencker ſchonet.
Mit Dolch und Stricke ſol das Unthier ſeyn belohnet/
Das dieſes Leid uns ſchaf’t. Weil er durch dieſe That
190An deiner Tochter nur den Halß verwuͤrget hat.
Mehemet. Mein Rath iſt auch: daß man das Meſſer auf ihn wetze/
Fuͤrſt Mahumed hat ſchon verſiegelt diß Geſetze
Durch ſeines Sohnes Blutt; als Muſtafa verdient
Den Geiſt am Strang außbließ/ nachdem er ſich erkuͤhn’t/
195Des Baſſen Achmets Weib auß toller Brunſt zu ſchaͤnden.
Und der ſol ungeſtraff’t an’s Mufti Tochter enden
Den Muthwill’n ſeiner Brunſt/ die Buͤſſung ſeiner Luſt?
Ja ihm ſein Muͤthlein kuͤhl’n/ wenn er ſo reine Bruſt
Mit ſeiner Schandthat ſchwaͤrtz’t. Sich kützeln in Gedaͤncken:
200Daß er die Tugend ſih’t in Angſt-erfuͤllten Schrancken/
Die Boßheit in der Bluͤth und auf den Roſen geh’n?
Wie aber kan man mehr der Laſter Flug erhoͤh’n/
Den Blutthund in der Schand’ und in dem Grimme ſtaͤrcken/
Als wenn die/ die Gott ſatz’t zu Richtern ſeinen Wercken/
205Jhm durch die Finger ſehn? an ſich durch eigne Hand
Sein Wuͤtten uͤben auß? dir ſelbſt wird dein Verſtand
Den itzt der Schmertz verwirr’t/ nach erſtem Sturme lehren:
Daß: da wir die Gewalt des Ungluͤck’s gleich verſtoͤren/
Durch eigenhaͤnd’gen Tod/ der Tyranney entflih’n/
210Wir boͤſen Nachruhm doch uns in das Grab nachzih’n/
Dem Himmel fuͤr die Gunſt des Lebens Undanck geben;
Ja daß der/ welcher nicht kan ungluͤckſeelig leben/
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[39/0057] Und Raben an ſich lockt/ die Ehr und Zucht uns freſſen/ Und ihren Geilheits-Koth ſchmier’n auf ihr luͤſtern Eſſen. Die Schoͤnheit iſt ein Stern/ der mit dem Schwantz allzeit Auf neues Unheil weiß’t/ ein Abgott/ der entweih’t Von derer Andacht wird/ die ſich zum Opfer finden/ Weil ſie fuͤr Weyrauch ihm meiſt ſtinckend Hartzt anzuͤnden. Diß/ Ambre/ fuͤhl’ſt du ja; wie dich der Hund befleck’t/ Der ſeine Seele dir zum Opfer angeſteck’t/ Der dich begierig war fußfaͤllig anznbethen. Hoͤr’t aber/ wie in mir der Schmertz raſ’t! dem Verſchmaͤhteñ Kleb’t keine Schoͤnheit an/ die auch den Loͤwen haͤlt Die Klauen; und den Trotz der grimſten Rieſen faͤll’t. Doch nein! der Blutthund iſt mehr wild als Loͤw und Beeren/ Mehr hart als Kieſelſtein; ſonſt haͤtten meine Zehren Sein ſteinern Hertz durchhoͤlt; als Demant/ weil mein Blutt Der Seel ihn nicht erweich’t/ als Eiſen; weil die Glutt Der heiſſen Saͤufzer nicht hat ſeinen Grimm zerſchmeltzet. So werde nun der Felß vom Halſe weg geweltzet/ Der Leib und Fleiſch zerquetſch’t und auch der Seele preß’t So Blutt als Thraͤnen auß die groſſe Schandthat laͤß’t Euch reine Rache zu. Das Band der Treue hoͤret Bey Unterthanen auf/ ſo bald ein Fuͤrſt verſehret/ Durch Laſter/ Ehr und Zucht. So tilg’t denn durch ſein Blutt Die Schmach ab/ die der Hund euch auch in mir anthut! Denn ich bin ſo befleck’t: Daß auch mit ſeiner Aſchen Der Schandfleck ſich nicht laͤß’t von meinem Leibe waſchen; Den Faͤul- und Tod nur kan im Grabe machen rein. Tauch’t dieſen edlen Dolch ins Blutthund’s Adern ein/ Den ich/ doch oͤhne Schuld/ mit meinem Blutte faͤrbe. Fuͤr Helden iſt’s genung! Zu gutter Nacht/ ich ſterbe! Mufti. Hilf Himmel! Ach mein Kind! mein Engel/ und mein Troſt; Hat das Verhaͤngnuͤß ſich ſo gar auf mich erboß’t; Daß mir mein Ancker muß zur Schiffbruchs-Klippe werden? Scharr’t mit der Todten mich lebendig in die Erden; Weil mir das Leben doch nur einen Tod gib’t ab/ Und ieder Athem laͤchſt nach Freyheit in das Grab. Gewiß der Sultan laͤß’t mich nur zur Marter leben/ Auß Gunſt und Sanftmuth nicht. Die Ertz-Tyrannen heben Durch Auſſchub unſers Tod’s uns doch zu langer Kwall Und ſtrenger Marter auf. Nimm dieſen heil’gen Stahl/ Und ſtoß ihn/ Mufti/ dir nun auch in Brunn des Lebens. Bectas. Halt! biſtu bey Vernunft? Mufti. Jhr wehret dem vergebens Das Sterben/ deſſen Tod ſelbſt das Verhaͤngnuͤß ſchleuſt. Kiuperli. Der ſteck’t voll Aberwitz der Gall und Leid außgeuſt Auf ſeinen eignen Halß/ und Feind und Hencker ſchonet. Mit Dolch und Stricke ſol das Unthier ſeyn belohnet/ Das dieſes Leid uns ſchaf’t. Weil er durch dieſe That An deiner Tochter nur den Halß verwuͤrget hat. Mehemet. Mein Rath iſt auch: daß man das Meſſer auf ihn wetze/ Fuͤrſt Mahumed hat ſchon verſiegelt diß Geſetze Durch ſeines Sohnes Blutt; als Muſtafa verdient Den Geiſt am Strang außbließ/ nachdem er ſich erkuͤhn’t/ Des Baſſen Achmets Weib auß toller Brunſt zu ſchaͤnden. Und der ſol ungeſtraff’t an’s Mufti Tochter enden Den Muthwill’n ſeiner Brunſt/ die Buͤſſung ſeiner Luſt? Ja ihm ſein Muͤthlein kuͤhl’n/ wenn er ſo reine Bruſt Mit ſeiner Schandthat ſchwaͤrtz’t. Sich kützeln in Gedaͤncken: Daß er die Tugend ſih’t in Angſt-erfuͤllten Schrancken/ Die Boßheit in der Bluͤth und auf den Roſen geh’n? Wie aber kan man mehr der Laſter Flug erhoͤh’n/ Den Blutthund in der Schand’ und in dem Grimme ſtaͤrcken/ Als wenn die/ die Gott ſatz’t zu Richtern ſeinen Wercken/ Jhm durch die Finger ſehn? an ſich durch eigne Hand Sein Wuͤtten uͤben auß? dir ſelbſt wird dein Verſtand Den itzt der Schmertz verwirr’t/ nach erſtem Sturme lehren: Daß: da wir die Gewalt des Ungluͤck’s gleich verſtoͤren/ Durch eigenhaͤnd’gen Tod/ der Tyranney entflih’n/ Wir boͤſen Nachruhm doch uns in das Grab nachzih’n/ Dem Himmel fuͤr die Gunſt des Lebens Undanck geben; Ja daß der/ welcher nicht kan ungluͤckſeelig leben/ Nur D ij

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/57>, abgerufen am 18.05.2024.