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Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.

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375Such't Schatten itzt bey dir; und der Gefall'ne bittet;
Weil Glück und Himmel meist nicht einen Keil außschüttet:
Er woll' ein Lorberbaum ihm für mehr Blitzen seyn.
1. Cadilesch. Hör't: was für Furcht ihm schon jag't seine Boßheit ein!
Achmet. Jhr Freunde/ sag't: was ist des Achmets groß Verbrechen?
380Wolt ihr nach's Pöfels Arth auf mich ein Urtheil sprechen?
Der seines Abgott's Bild am ersten/ ohne Grund
Und Ursach schläg't ent; wey/ so bald ihm nur wird kund:
Daß es der Fürst verwirff't/ nach dessen Ungunst-Schatten/
Ja wie weit Häuchler ihn auß Neid verfinstert hatten/
385Gefällter Fehltritt miß't.
Kiuperli. Hör't! wie der Bösewicht/
So rein sich brennen wil!
Achmet. Jch leugn' ihr Freunde nicht:
Daß ich des Mufti Kind Gewaltsam weg hieß holen.
Doch! wen entschüldig't nicht? Der Sultan hats befohlen.
Steh't Fürstlichen Befehl zu weigern/ Knechten frey?
390Zu grübeln: Ob sein Thun recht/ oder unrecht sey.
Jhr kenn't des Sultans Arth und seinen Trieb im Lieben.
Jst einer unbeschimpff't/ ja unerwürget blieben/
Der ihm im Lieben ein zu reden sich erkeck't.
Bectas. Merck't! wie er seine Würm ins Sultans Kleid versteck't!
395Sich den/ den er vor selbst verführ't/ itzt lästernd schmähet!
Hast du nicht Wachsgeschaff't/ die Tachte selbst gedrehet
Zun Fackeln/ die der Fürst der Geilheit zündet an?
Doch laß't uns hör'n; mit was der Hund beschönen kan.
Daß der verkürtzte Sold uns noch zu rücke bleibet?

400
Achmet. Mit was Gewissen ihr mir diese Schuld zuschreibet/
Erweget mit Vernunft; indem euch wohl bekand:
Daß in dem Schatze nicht hat Achmet seine Hand/
Noch so viel Macht gehabt in nöth'gen Geld-Außgaben/
Als Sechierpera und andre Weiber haben.

405
2. Cadilesch. Jtzt wandelt sich der Hund in einen/ todten Stein
Und ein unnützes Holtz. Wer wil im Ampte seyn/
Muß wo/ und was das Ampt heisch't/ reden/ sorgen/ wachen.
Ja wer die Niedriegen sich läß't zum Götzen machen.
Jst Würd und Amptes nicht/ mehr aber Straffens werth/
410Als der auß Vorwitz oft auß seinem Zirckel fähr't.
Bectas. Wie zittert nun der Hund? So gehts: Die Last der Sünde
Mach't das Gewissen schwer. Ja/ wenn die Zwirbel-Winde
Der Laster nehmen schon Seel und Begierden ein/
Muß's Hertze voller Furcht/ der Kopff voll Schwindel seyn.
415Die Laster haben zwar Granaten-Aepffel-Schalen/
Jnnwendig sind sie Schlee und Wermuth. Jhre Strahlen
Sind gläntzend/ aber Gift und Basilisten-Arth.
Drumb träum't dir nicht umbsonst vom Fall und Hellenfarth.
Stracks stoß't den Hund zum Haus'hinauß Doch an der Schwelle
420Faß't ihn/ ihr Stummen/ an; schick't seinen Geist der Helle
Durch ein paar Stricke zu.
Achmet. Behertzigt/ was ihr thut!
Besudelteuren Ruhm nicht durch unschuldig Blutt!
Glaub't: daß der Ehre Schatz/ den Schweiß und Blutt erwirbet/
Auch durch Gedancken nur/ die unrein sind/ verdirbet;
425Vielmehr wird euer Glantz verfall'n in Schmach und Nacht/
Da ihr auß Helden euch zu Unschulds-Henckern macht.
Die Nachwelt würd euch schmäh'n/ der Vorfahr'n Todten-knochen
Gespenster geben ab/ und euch/ was ihr verbrochen/
Verweißlich stellen für. Doch trau' ich solchen Grimm
430Nicht en'rer Tugend zu Die Zagheit rgast so schlimm
Auf unbewehrte nur. Großmütt'ge Hertzen tragen
Mitleiden mehr mit dem/ den Neid und Zufall schlagen;
Ja können Schuldige nicht einst verderben seh'n/
Wenn sie fußfällig sich seh'n umb Genad' anfleh'n.

435
Bectas. Schlept den verzagten Hund weg von des Mufti Füssen.
Gerechte Rache wird durch Knie und Erde-küssen
Und Fuß-Fall nicht gehemm't. Wer auch sich/ wenn er fäll't/
So winselnd/ so verzag't/ so Weib- und Knechtisch stell't/
Jst nicht Erbarmens werth.
Mufti. Stracks/ schlinget ihm die Sricke
440Umb den verdammten Halß.
Achmet. Gerechter Himmel schicke
Doch Recher dieses Mord's! Jndem fast unerhör't;
Daß angeflehter Schirm selbst Flehende versehr't.
KaraChiaus. Wenn Nattern man ertritt/ woll'n sie die Zung erst schärssen.
Bectas. Laß't den erstickten Hund zu offnem Schauspiel werssen
Für's
E ij
375Such’t Schatten itzt bey dir; und der Gefall’ne bittet;
Weil Gluͤck und Himmel meiſt nicht einen Keil außſchüttet:
Er woll’ ein Lorberbaum ihm fuͤr mehr Blitzen ſeyn.
1. Cadileſch. Hoͤr’t: was fuͤr Furcht ihm ſchon jag’t ſeine Boßheit ein!
Achmet. Jhr Freunde/ ſag’t: was iſt des Achmets groß Verbrechen?
380Wolt ihr nach’s Poͤfels Arth auf mich ein Urtheil ſprechen?
Der ſeines Abgott’s Bild am erſten/ ohne Grund
Und Urſach ſchlaͤg’t ent; wey/ ſo bald ihm nur wird kund:
Daß es der Fuͤrſt verwirff’t/ nach deſſen Ungunſt-Schatten/
Ja wie weit Haͤuchler ihn auß Neid verfinſtert hatten/
385Gefaͤllter Fehltritt miß’t.
Kiuperli. Hoͤr’t! wie der Boͤſewicht/
So rein ſich brennen wil!
Achmet. Jch leugn’ ihr Freunde nicht:
Daß ich des Mufti Kind Gewaltſam weg hieß holen.
Doch! wen entſchuͤldig’t nicht? Der Sultan hats befohlen.
Steh’t Fuͤrſtlichen Befehl zu weigern/ Knechten frey?
390Zu gruͤbeln: Ob ſein Thun recht/ oder unrecht ſey.
Jhr kenn’t des Sultans Arth und ſeinen Trieb im Lieben.
Jſt einer unbeſchimpff’t/ ja unerwuͤrget blieben/
Der ihm im Lieben ein zu reden ſich erkeck’t.
Bectas. Merck’t! wie er ſeine Wuͤrm ins Sultans Kleid verſteck’t!
395Sich den/ den er vor ſelbſt verfuͤhr’t/ itzt laͤſternd ſchmaͤhet!
Haſt du nicht Wachsgeſchaff’t/ die Tachte ſelbſt gedrehet
Zun Fackeln/ die der Fuͤrſt der Geilheit zuͤndet an?
Doch laß’t uns hoͤr’n; mit was der Hund beſchoͤnen kan.
Daß der verkuͤrtzte Sold uns noch zu ruͤcke bleibet?

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Achmet. Mit was Gewiſſen ihr mir dieſe Schuld zuſchreibet/
Erweget mit Vernunft; indem euch wohl bekand:
Daß in dem Schatze nicht hat Achmet ſeine Hand/
Noch ſo viel Macht gehabt in noͤth’gen Geld-Außgaben/
Als Sechierpera und andre Weiber haben.

405
2. Cadileſch. Jtzt wandelt ſich der Hund in einen/ todten Stein
Und ein unnuͤtzes Holtz. Wer wil im Ampte ſeyn/
Muß wo/ und was das Ampt heiſch’t/ reden/ ſorgen/ wachen.
Ja wer die Niedriegen ſich laͤß’t zum Goͤtzen machen.
Jſt Wuͤrd und Amptes nicht/ mehr aber Straffens werth/
410Als der auß Vorwitz oft auß ſeinem Zirckel faͤhr’t.
Bectas. Wie zittert nun der Hund? So gehts: Die Laſt der Suͤnde
Mach’t das Gewiſſen ſchwer. Ja/ wenn die Zwirbel-Winde
Der Laſter nehmen ſchon Seel und Begierden ein/
Muß’s Hertze voller Furcht/ der Kopff voll Schwindel ſeyn.
415Die Laſter haben zwar Granaten-Aepffel-Schalen/
Jnnwendig ſind ſie Schlee und Wermuth. Jhre Strahlen
Sind glaͤntzend/ aber Gift und Baſiliſten-Arth.
Drumb traͤum’t dir nicht umbſonſt vom Fall und Hellenfarth.
Stracks ſtoß’t den Hund zum Hauſ’hinauß Doch an der Schwelle
420Faß’t ihn/ ihr Stummen/ an; ſchick’t ſeinen Geiſt der Helle
Durch ein paar Stricke zu.
Achmet. Behertzigt/ was ihr thut!
Beſudelteuren Ruhm nicht durch unſchuldig Blutt!
Glaub’t: daß der Ehre Schatz/ den Schweiß und Blutt erwirbet/
Auch durch Gedancken nur/ die unrein ſind/ verdirbet;
425Vielmehr wird euer Glantz verfall’n in Schmach und Nacht/
Da ihr auß Helden euch zu Unſchulds-Henckern macht.
Die Nachwelt wuͤrd euch ſchmaͤh’n/ der Vorfahr’n Todten-knochen
Geſpenſter geben ab/ und euch/ was ihr verbrochen/
Verweißlich ſtellen fuͤr. Doch trau’ ich ſolchen Grimm
430Nicht en’rer Tugend zu Die Zagheit rgaſt ſo ſchlimm
Auf unbewehrte nur. Großmuͤtt’ge Hertzen tragen
Mitleiden mehr mit dem/ den Neid und Zufall ſchlagen;
Ja koͤnnen Schuldige nicht einſt verderben ſeh’n/
Wenn ſie fußfaͤllig ſich ſeh’n umb Genad’ anfleh’n.

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Bectas. Schlept den verzagten Hund weg von des Mufti Fuͤſſen.
Gerechte Rache wird durch Knie und Erde-kuͤſſen
Und Fuß-Fall nicht gehemm’t. Wer auch ſich/ wenn er faͤll’t/
So winſelnd/ ſo verzag’t/ ſo Weib- und Knechtiſch ſtell’t/
Jſt nicht Erbarmens werth.
Mufti. Stracks/ ſchlinget ihm die Sricke
440Umb den verdammten Halß.
Achmet. Gerechter Himmel ſchicke
Doch Recher dieſes Mord’s! Jndem faſt unerhoͤr’t;
Daß angeflehter Schirm ſelbſt Flehende verſehr’t.
KaraChiaus. Wenn Nattern man ertritt/ woll’n ſie die Zung erſt ſchaͤrſſen.
Bectas. Laß’t den erſtickten Hund zu offnem Schauſpiel werſſen
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[51/0069] Such’t Schatten itzt bey dir; und der Gefall’ne bittet; Weil Gluͤck und Himmel meiſt nicht einen Keil außſchüttet: Er woll’ ein Lorberbaum ihm fuͤr mehr Blitzen ſeyn. 1. Cadileſch. Hoͤr’t: was fuͤr Furcht ihm ſchon jag’t ſeine Boßheit ein! Achmet. Jhr Freunde/ ſag’t: was iſt des Achmets groß Verbrechen? Wolt ihr nach’s Poͤfels Arth auf mich ein Urtheil ſprechen? Der ſeines Abgott’s Bild am erſten/ ohne Grund Und Urſach ſchlaͤg’t ent; wey/ ſo bald ihm nur wird kund: Daß es der Fuͤrſt verwirff’t/ nach deſſen Ungunſt-Schatten/ Ja wie weit Haͤuchler ihn auß Neid verfinſtert hatten/ Gefaͤllter Fehltritt miß’t. Kiuperli. Hoͤr’t! wie der Boͤſewicht/ So rein ſich brennen wil! Achmet. Jch leugn’ ihr Freunde nicht: Daß ich des Mufti Kind Gewaltſam weg hieß holen. Doch! wen entſchuͤldig’t nicht? Der Sultan hats befohlen. Steh’t Fuͤrſtlichen Befehl zu weigern/ Knechten frey? Zu gruͤbeln: Ob ſein Thun recht/ oder unrecht ſey. Jhr kenn’t des Sultans Arth und ſeinen Trieb im Lieben. Jſt einer unbeſchimpff’t/ ja unerwuͤrget blieben/ Der ihm im Lieben ein zu reden ſich erkeck’t. Bectas. Merck’t! wie er ſeine Wuͤrm ins Sultans Kleid verſteck’t! Sich den/ den er vor ſelbſt verfuͤhr’t/ itzt laͤſternd ſchmaͤhet! Haſt du nicht Wachsgeſchaff’t/ die Tachte ſelbſt gedrehet Zun Fackeln/ die der Fuͤrſt der Geilheit zuͤndet an? Doch laß’t uns hoͤr’n; mit was der Hund beſchoͤnen kan. Daß der verkuͤrtzte Sold uns noch zu ruͤcke bleibet? Achmet. Mit was Gewiſſen ihr mir dieſe Schuld zuſchreibet/ Erweget mit Vernunft; indem euch wohl bekand: Daß in dem Schatze nicht hat Achmet ſeine Hand/ Noch ſo viel Macht gehabt in noͤth’gen Geld-Außgaben/ Als Sechierpera und andre Weiber haben. 2. Cadileſch. Jtzt wandelt ſich der Hund in einen/ todten Stein Und ein unnuͤtzes Holtz. Wer wil im Ampte ſeyn/ Muß wo/ und was das Ampt heiſch’t/ reden/ ſorgen/ wachen. Ja wer die Niedriegen ſich laͤß’t zum Goͤtzen machen. Jſt Wuͤrd und Amptes nicht/ mehr aber Straffens werth/ Als der auß Vorwitz oft auß ſeinem Zirckel faͤhr’t. Bectas. Wie zittert nun der Hund? So gehts: Die Laſt der Suͤnde Mach’t das Gewiſſen ſchwer. Ja/ wenn die Zwirbel-Winde Der Laſter nehmen ſchon Seel und Begierden ein/ Muß’s Hertze voller Furcht/ der Kopff voll Schwindel ſeyn. Die Laſter haben zwar Granaten-Aepffel-Schalen/ Jnnwendig ſind ſie Schlee und Wermuth. Jhre Strahlen Sind glaͤntzend/ aber Gift und Baſiliſten-Arth. Drumb traͤum’t dir nicht umbſonſt vom Fall und Hellenfarth. Stracks ſtoß’t den Hund zum Hauſ’hinauß Doch an der Schwelle Faß’t ihn/ ihr Stummen/ an; ſchick’t ſeinen Geiſt der Helle Durch ein paar Stricke zu. Achmet. Behertzigt/ was ihr thut! Beſudelteuren Ruhm nicht durch unſchuldig Blutt! Glaub’t: daß der Ehre Schatz/ den Schweiß und Blutt erwirbet/ Auch durch Gedancken nur/ die unrein ſind/ verdirbet; Vielmehr wird euer Glantz verfall’n in Schmach und Nacht/ Da ihr auß Helden euch zu Unſchulds-Henckern macht. Die Nachwelt wuͤrd euch ſchmaͤh’n/ der Vorfahr’n Todten-knochen Geſpenſter geben ab/ und euch/ was ihr verbrochen/ Verweißlich ſtellen fuͤr. Doch trau’ ich ſolchen Grimm Nicht en’rer Tugend zu Die Zagheit rgaſt ſo ſchlimm Auf unbewehrte nur. Großmuͤtt’ge Hertzen tragen Mitleiden mehr mit dem/ den Neid und Zufall ſchlagen; Ja koͤnnen Schuldige nicht einſt verderben ſeh’n/ Wenn ſie fußfaͤllig ſich ſeh’n umb Genad’ anfleh’n. Bectas. Schlept den verzagten Hund weg von des Mufti Fuͤſſen. Gerechte Rache wird durch Knie und Erde-kuͤſſen Und Fuß-Fall nicht gehemm’t. Wer auch ſich/ wenn er faͤll’t/ So winſelnd/ ſo verzag’t/ ſo Weib- und Knechtiſch ſtell’t/ Jſt nicht Erbarmens werth. Mufti. Stracks/ ſchlinget ihm die Sricke Umb den verdammten Halß. Achmet. Gerechter Himmel ſchicke Doch Recher dieſes Mord’s! Jndem faſt unerhoͤr’t; Daß angeflehter Schirm ſelbſt Flehende verſehr’t. KaraChiaus. Wenn Nattern man ertritt/ woll’n ſie die Zung erſt ſchaͤrſſen. Bectas. Laß’t den erſtickten Hund zu offnem Schauſpiel werſſen Fuͤr’s E ij

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/69>, abgerufen am 21.11.2024.