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Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.

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575Verfluchte Bösewicht! Hier bringe diese Stücke/
Den Aberwitzigen zur Antworts-Schrift zu rücke;
Der aufgepfälte Kopf des Mufti sol sie bald
Lehr'n: ob wir Käyser sind. Stracks dringe mit Gewalt
Der Leibwach auf den Schwarm der Rasenden Gemeine;
580Mit Dreuung: daß von ihr sol kommen kein Gebeine/
Wo sie die Köpf uns nicht der Redelsführer schick't.
Stell't sie sich trotzig an; so werd ersteck't/ erdrück't/
Verstimmelt und zerfleisch't/ was einen Finger rühret.
Mehemet. Jch weiß: daß Knechten wohl zu grübeln nicht gebühret/
585Ob möglich zu vollzih'n sey/ was ein Fürst befichl't.
Gehorsam ist die Schuld auch/ wenn das Absehn ziel't
Aufs Dieners Untergang. Die Nachwelt wird stets müssen
Die rühmen/ welche sich statt Reisichts binden liessen/
Durch ihrer Cörper Berg und ihrer Leichen Grauß
590Zur Stürmung Bagadets die Graben füllten auß.
So ist's auch rühmlicher behertz't alsbald erbleichen/
Als für dem Feinde zwey drey Spannen rückwerts weichen
Und seines Lebens Ziel erstrecken auf viel Jahr.
Und also wolt auch ich auf die verschworne Schaar
595Großmüthig stürmen loß/ solt' es gleich Sterbens gelten.
Alleine/ nachdem die ihn für ungläubig schelten/
Die das Gesetze lehr'n/ das Mahumed gebracht/
Hab ich für's Sultans Heil kein Glied zu rühr'n mehr Macht.
Ibrah. Wilstu/ verzweifelter/ nun auch zum Schelmen werden?
600
Mehemet. Mein treuer Dienst verdien't vernünftiger Gebehrden.
Ibrah. Bewehre deine Treu' itzt durch befohl'ne That.
Mehemet. Nein! weil der Sultan nicht mehr zu befehlen hat.
Ibrah. Welch Knecht hat ie den Herr'n in's Antlitz so verhöhnet?
Mehemet. Der ist mein Herr nicht mehr/ den das Gesetz' entkrönet.
605
Ibrah. Meineydige! Zuck't noch kein Sclav' auf ihn das Schwerdt?
Wir sind verrathen! ach! wie irr't/ wer Diener werth/
Hosheuchler redlich schätz't; und Treu' in Knechten suchet!
An dir sey unser Brodt und unser Saltz verfluchet!
Was aber hindert uns? daß wir durch eig'ne Hand
610Nicht unser Recht außführ'n? und dieses Aufruhr's Brand
Am Haupte leschen auß?
Mehemet. Was/ wil man mir so lohnen.
Halt! oder Mehemet wird Jbrahims nicht schonen.

Mufti. Bectas. Ibrahim. Kiosem. Mehemet. Kul-Kiahia. Ka-
ra Chiaus. Hassan-Ongle.
Die drey Cadileschier. Etliche
Bassen/ darunter
Kiuperli, Piali, Nasuf, und eine Menge der
Janitscharen. Machmet des Jbrahims ältester Printz.
Bajazeth. Orcan. Suleiman.
Bectas. HAlt! was sol dieses seyn? wil noch der Wütterich/
Den Heer und Volck verdamm't/ durch noch mehr Mordthat sich
615An Häuptern dieses Reich's vermessentlich vergreiffen?
Laß't den Tyrannen stracks für Hund und Pöfel schleissen!
Ibrah. Hilf Himmel! was hab't ihr auf eu'ren Käyser für?
Mufti. Du bist kein Käyser mehr. Des Divans Schluß hat dir
Halß/ Ehre/ Käyserthum rechtmässig abgesprochen.

620
Ibrah. Ach! was hat Jbrahim so grosses denn verbrochen?
Mufti. Nothzüchtiger! sind dir die Laster nicht bewust;
Und daß der Himmel schick't Pein auf verdammte Lust?
Bectas. Greiss't den Tyrannen an! und hau't den Hund in Stücke
Mehemet. Er ist nicht Schwerdter werth. Hier brauchet diese Strücke.
625
Ibrah. Frau Mutter/ ach! wil sie nun nicht mein Schutz-Bild seyn?
Mufti. Faßt ihn.
Ibrah. Ach! schrencke mich mit deinen Armen ein.
Kiosem. Jhr Helden thut Gemach. Bedenck't: was ihr beginnet!
Wer der sey/ welchen ihr hier zu ermorden sinnet;
Kul-Kiahia. Ein Blutthund/ ein Tyrann'; ein Mörder; der nicht werth/
630Daß ihm die Sonne schein't.
Kiosem. Ein Fürst/ den ihr erklär't
Zu en'rem Sultan hab't/ dem/ als er ward erkohren/ j
Jhr Treue/ Liebe/ Pflicht/ Gehorsam habt geschworen.
1. Cadilesch. Ein' Schänder/ dessen That uns läß't des Eydes loß.
Kara Chiaus. Fort mit ihm reiß't den Hund der Mutter auß der Schooß.
Jhr
575Verfluchte Boͤſewicht! Hier bringe dieſe Stuͤcke/
Den Aberwitzigen zur Antworts-Schrift zu ruͤcke;
Der aufgepfaͤlte Kopf des Mufti ſol ſie bald
Lehr’n: ob wir Kaͤyſer ſind. Stracks dringe mit Gewalt
Der Leibwach auf den Schwarm der Raſenden Gemeine;
580Mit Dreuung: daß von ihr ſol kommen kein Gebeine/
Wo ſie die Koͤpf uns nicht der Redelsfuͤhrer ſchick’t.
Stell’t ſie ſich trotzig an; ſo werd erſteck’t/ erdruͤck’t/
Verſtimmelt und zerfleiſch’t/ was einen Finger ruͤhret.
Mehemet. Jch weiß: daß Knechten wohl zu gruͤbeln nicht gebuͤhret/
585Ob moͤglich zu vollzih’n ſey/ was ein Fuͤrſt befichl’t.
Gehorſam iſt die Schuld auch/ wenn das Abſehn ziel’t
Aufs Dieners Untergang. Die Nachwelt wird ſtets muͤſſen
Die ruͤhmen/ welche ſich ſtatt Reiſichts binden lieſſen/
Durch ihrer Coͤrper Berg und ihrer Leichen Grauß
590Zur Stuͤrmung Bagadets die Graben fuͤllten auß.
So iſt’s auch ruͤhmlicher behertz’t alsbald erbleichen/
Als fuͤr dem Feinde zwey drey Spannen ruͤckwerts weichen
Und ſeines Lebens Ziel erſtrecken auf viel Jahr.
Und alſo wolt auch ich auf die verſchworne Schaar
595Großmuͤthig ſtuͤrmen loß/ ſolt’ es gleich Sterbens gelten.
Alleine/ nachdem die ihn fuͤr unglaͤubig ſchelten/
Die das Geſetze lehr’n/ das Mahumed gebracht/
Hab ich fuͤr’s Sultans Heil kein Glied zu ruͤhr’n mehr Macht.
Ibrah. Wilſtu/ verzweifelter/ nun auch zum Schelmen werden?
600
Mehemet. Mein treuer Dienſt verdien’t vernuͤnftiger Gebehrden.
Ibrah. Bewehre deine Treu’ itzt durch befohl’ne That.
Mehemet. Nein! weil der Sultan nicht mehr zu befehlen hat.
Ibrah. Welch Knecht hat ie den Herr’n in’s Antlitz ſo verhoͤhnet?
Mehemet. Der iſt mein Herr nicht mehr/ den das Geſetz’ entkroͤnet.
605
Ibrah. Meineydige! Zuck’t noch kein Sclav’ auf ihn das Schwerdt?
Wir ſind verrathen! ach! wie irr’t/ wer Diener werth/
Hoſheuchler redlich ſchaͤtz’t; und Treu’ in Knechten ſuchet!
An dir ſey unſer Brodt und unſer Saltz verfluchet!
Was aber hindert uns? daß wir durch eig’ne Hand
610Nicht unſer Recht außfuͤhr’n? und dieſes Aufruhr’s Brand
Am Haupte leſchen auß?
Mehemet. Was/ wil man mir ſo lohnen.
Halt! oder Mehemet wird Jbrahims nicht ſchonen.

Mufti. Bectas. Ibrahim. Kioſem. Mehemet. Kul-Kiahia. Ka-
ra Chiaus. Haſſan-Ongle.
Die drey Cadileſchier. Etliche
Baſſen/ darunter
Kiuperli, Piali, Naſuf, und eine Menge der
Janitſcharen. Machmet des Jbrahims aͤlteſter Printz.
Bajazeth. Orcan. Suleiman.
Bectas. HAlt! was ſol dieſes ſeyn? wil noch der Wuͤtterich/
Den Heer und Volck verdamm’t/ durch noch mehr Mordthat ſich
615An Haͤuptern dieſes Reich’s vermeſſentlich vergreiffen?
Laß’t den Tyrannen ſtracks fuͤr Hund und Poͤfel ſchleiſſen!
Ibrah. Hilf Himmel! was hab’t ihr auf eu’ren Kaͤyſer fuͤr?
Mufti. Du biſt kein Kaͤyſer mehr. Des Divans Schluß hat dir
Halß/ Ehre/ Kaͤyſerthum rechtmaͤſſig abgeſprochen.

620
Ibrah. Ach! was hat Jbrahim ſo groſſes denn verbrochen?
Mufti. Nothzuͤchtiger! ſind dir die Laſter nicht bewuſt;
Und daß der Himmel ſchick’t Pein auf verdammte Luſt?
Bectas. Greiſſ’t den Tyrannen an! und hau’t den Hund in Stuͤcke
Mehemet. Er iſt nicht Schwerdter werth. Hier brauchet dieſe Struͤcke.
625
Ibrah. Frau Mutter/ ach! wil ſie nun nicht mein Schutz-Bild ſeyn?
Mufti. Faßt ihn.
Ibrah. Ach! ſchrencke mich mit deinen Armen ein.
Kioſem. Jhr Helden thut Gemach. Bedenck’t: was ihr beginnet!
Wer der ſey/ welchen ihr hier zu ermorden ſinnet;
Kul-Kiahia. Ein Blutthund/ ein Tyrann’; ein Moͤrder; der nicht werth/
630Daß ihm die Sonne ſchein’t.
Kioſem. Ein Fuͤrſt/ den ihr erklaͤr’t
Zu en’rem Sultan hab’t/ dem/ als er ward erkohren/ j
Jhr Treue/ Liebe/ Pflicht/ Gehorſam habt geſchworen.
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[54/0072] Verfluchte Boͤſewicht! Hier bringe dieſe Stuͤcke/ Den Aberwitzigen zur Antworts-Schrift zu ruͤcke; Der aufgepfaͤlte Kopf des Mufti ſol ſie bald Lehr’n: ob wir Kaͤyſer ſind. Stracks dringe mit Gewalt Der Leibwach auf den Schwarm der Raſenden Gemeine; Mit Dreuung: daß von ihr ſol kommen kein Gebeine/ Wo ſie die Koͤpf uns nicht der Redelsfuͤhrer ſchick’t. Stell’t ſie ſich trotzig an; ſo werd erſteck’t/ erdruͤck’t/ Verſtimmelt und zerfleiſch’t/ was einen Finger ruͤhret. Mehemet. Jch weiß: daß Knechten wohl zu gruͤbeln nicht gebuͤhret/ Ob moͤglich zu vollzih’n ſey/ was ein Fuͤrſt befichl’t. Gehorſam iſt die Schuld auch/ wenn das Abſehn ziel’t Aufs Dieners Untergang. Die Nachwelt wird ſtets muͤſſen Die ruͤhmen/ welche ſich ſtatt Reiſichts binden lieſſen/ Durch ihrer Coͤrper Berg und ihrer Leichen Grauß Zur Stuͤrmung Bagadets die Graben fuͤllten auß. So iſt’s auch ruͤhmlicher behertz’t alsbald erbleichen/ Als fuͤr dem Feinde zwey drey Spannen ruͤckwerts weichen Und ſeines Lebens Ziel erſtrecken auf viel Jahr. Und alſo wolt auch ich auf die verſchworne Schaar Großmuͤthig ſtuͤrmen loß/ ſolt’ es gleich Sterbens gelten. Alleine/ nachdem die ihn fuͤr unglaͤubig ſchelten/ Die das Geſetze lehr’n/ das Mahumed gebracht/ Hab ich fuͤr’s Sultans Heil kein Glied zu ruͤhr’n mehr Macht. Ibrah. Wilſtu/ verzweifelter/ nun auch zum Schelmen werden? Mehemet. Mein treuer Dienſt verdien’t vernuͤnftiger Gebehrden. Ibrah. Bewehre deine Treu’ itzt durch befohl’ne That. Mehemet. Nein! weil der Sultan nicht mehr zu befehlen hat. Ibrah. Welch Knecht hat ie den Herr’n in’s Antlitz ſo verhoͤhnet? Mehemet. Der iſt mein Herr nicht mehr/ den das Geſetz’ entkroͤnet. Ibrah. Meineydige! Zuck’t noch kein Sclav’ auf ihn das Schwerdt? Wir ſind verrathen! ach! wie irr’t/ wer Diener werth/ Hoſheuchler redlich ſchaͤtz’t; und Treu’ in Knechten ſuchet! An dir ſey unſer Brodt und unſer Saltz verfluchet! Was aber hindert uns? daß wir durch eig’ne Hand Nicht unſer Recht außfuͤhr’n? und dieſes Aufruhr’s Brand Am Haupte leſchen auß? Mehemet. Was/ wil man mir ſo lohnen. Halt! oder Mehemet wird Jbrahims nicht ſchonen. Mufti. Bectas. Ibrahim. Kioſem. Mehemet. Kul-Kiahia. Ka- ra Chiaus. Haſſan-Ongle. Die drey Cadileſchier. Etliche Baſſen/ darunter Kiuperli, Piali, Naſuf, und eine Menge der Janitſcharen. Machmet des Jbrahims aͤlteſter Printz. Bajazeth. Orcan. Suleiman. Bectas. HAlt! was ſol dieſes ſeyn? wil noch der Wuͤtterich/ Den Heer und Volck verdamm’t/ durch noch mehr Mordthat ſich An Haͤuptern dieſes Reich’s vermeſſentlich vergreiffen? Laß’t den Tyrannen ſtracks fuͤr Hund und Poͤfel ſchleiſſen! Ibrah. Hilf Himmel! was hab’t ihr auf eu’ren Kaͤyſer fuͤr? Mufti. Du biſt kein Kaͤyſer mehr. Des Divans Schluß hat dir Halß/ Ehre/ Kaͤyſerthum rechtmaͤſſig abgeſprochen. Ibrah. Ach! was hat Jbrahim ſo groſſes denn verbrochen? Mufti. Nothzuͤchtiger! ſind dir die Laſter nicht bewuſt; Und daß der Himmel ſchick’t Pein auf verdammte Luſt? Bectas. Greiſſ’t den Tyrannen an! und hau’t den Hund in Stuͤcke Mehemet. Er iſt nicht Schwerdter werth. Hier brauchet dieſe Struͤcke. Ibrah. Frau Mutter/ ach! wil ſie nun nicht mein Schutz-Bild ſeyn? Mufti. Faßt ihn. Ibrah. Ach! ſchrencke mich mit deinen Armen ein. Kioſem. Jhr Helden thut Gemach. Bedenck’t: was ihr beginnet! Wer der ſey/ welchen ihr hier zu ermorden ſinnet; Kul-Kiahia. Ein Blutthund/ ein Tyrann’; ein Moͤrder; der nicht werth/ Daß ihm die Sonne ſchein’t. Kioſem. Ein Fuͤrſt/ den ihr erklaͤr’t Zu en’rem Sultan hab’t/ dem/ als er ward erkohren/ j Jhr Treue/ Liebe/ Pflicht/ Gehorſam habt geſchworen. 1. Cadileſch. Ein’ Schaͤnder/ deſſen That uns laͤß’t des Eydes loß. Kara Chiaus. Fort mit ihm reiß’t den Hund der Mutter auß der Schooß. Jhr

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/72>, abgerufen am 21.11.2024.