Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680.SOPHONISBE. 255 Scipio. Das Kriegs-Recht macht sie Rom zu einer dienstbarn Magd. Masan. Sie sey es. Wird nun mir auch eine Magd versagt? Scipio. So eine; die auf Rom so eyfrig ist vergiftet. Masan. Man mißt ihr unrecht bey/ was Syphax hat gestiftet. Scipio. Du fichst für sie umbsonst. Bezwinge selber dich. 260 Masan. Was schöpfet Rom für Lust/ wenn man Sie kränckt und Mich? Scipio. Er jammert mich/ mein Freund; sein Leid geht mir zu Hertzen/ Jch hab' Empfindligkeit und Theil an seinen Schmertzen/ Jch sorge für sein Heil. So schlag' er dessen Rath Doch nicht so schlecht in Wind/ dehn die Erfahrung hat 265Als redlich/ längst geprüft; ja der nicht seines Bluttes Für Masanissen schont. Wofern er etwas Guttes Mir damals zugetraut; als er kam in mein Zelt/ Als wir ein Freundschaffts-Pfand einander zugestellt/ Von welcher Zeit er mich mit seinem Glück und Hoffen 270Willkürlich lies gebahrn; wo er je's Ziel getroffen Gesuchter Redligkeit; so blld' er ihm doch ein: Daß Scipio nicht hier erst falsch und schlimm wird sein. Der Tugenden Magnet sol ihn gezogen haben/ So wie er rühmt/ zu mir. Von allen grossen Gaben 275Weiß ich mich sonsten arm/ in der rühm' ich mich reich: Daß meinem Hertzen ist der Liebe Trieb zu weich/ Die Wollust ist mir Gift/ und Geilheit schmeckt mir herbe. Ja sichre dich: daß nichts so sehr als sie verterbe Den Frühling unser Zeit. Kein giftig Mehlthau nicht 280Kein Reif ist/ der so viel der zarten Blüth' abbricht Als Brand der Uppigkeit. Für den geharnschten Heeren Darf unser Alter sich nicht wie für Wollust wehren/ Die uns ins Garn zu kirrn mit süssen Körnern streut/ Mit Engel-Augen winckt/ und doch die Hell' uns dreuk. 285Nun diese Tugend muß auch Masanissa lernen/ Wil er mir ehnlich sein/ sein Nahme bey den Sternen Jm Sonnen-Zirckel stehn. Wer Wollust übermannt/ Thut mehr/ als der den Feind an Sieges-Wagen spannt/ Ja
SOPHONISBE. 255 Scipio. Das Kriegs-Recht macht ſie Rom zu einer dienſtbarn Magd. Maſan. Sie ſey es. Wird nun mir auch eine Magd verſagt? Scipio. So eine; die auf Rom ſo eyfrig iſt vergiftet. Maſan. Man mißt ihr unrecht bey/ was Syphax hat geſtiftet. Scipio. Du fichſt fuͤr ſie umbſonſt. Bezwinge ſelber dich. 260 Maſan. Was ſchoͤpfet Rom fuͤr Luſt/ wenn man Sie kraͤnckt und Mich? Scipio. Er jammert mich/ mein Freund; ſein Leid geht mir zu Hertzen/ Jch hab’ Empfindligkeit und Theil an ſeinen Schmertzen/ Jch ſorge fuͤr ſein Heil. So ſchlag’ er deſſen Rath Doch nicht ſo ſchlecht in Wind/ dehn die Erfahrung hat 265Als redlich/ laͤngſt gepruͤft; ja der nicht ſeines Bluttes Fuͤr Maſaniſſen ſchont. Wofern er etwas Guttes Mir damals zugetraut; als er kam in mein Zelt/ Als wir ein Freundſchaffts-Pfand einander zugeſtellt/ Von welcher Zeit er mich mit ſeinem Gluͤck und Hoffen 270Willkuͤrlich lies gebahrn; wo er je’s Ziel getroffen Geſuchter Redligkeit; ſo blld’ er ihm doch ein: Daß Scipio nicht hier erſt falſch und ſchlim̃ wird ſein. Der Tugenden Magnet ſol ihn gezogen haben/ So wie er ruͤhmt/ zu mir. Von allen groſſen Gaben 275Weiß ich mich ſonſten arm/ in der ruͤhm’ ich mich reich: Daß meinem Hertzen iſt der Liebe Trieb zu weich/ Die Wolluſt iſt mir Gift/ und Geilheit ſchmeckt mir herbe. Ja ſichre dich: daß nichts ſo ſehr als ſie verterbe Den Fruͤhling unſer Zeit. Kein giftig Mehlthau nicht 280Kein Reif iſt/ der ſo viel der zarten Bluͤth’ abbricht Als Brand der Uppigkeit. Fuͤr den geharnſchten Heeren Darf unſer Alter ſich nicht wie fuͤr Wolluſt wehren/ Die uns ins Garn zu kirrn mit ſuͤſſen Koͤrnern ſtreut/ Mit Engel-Augen winckt/ und doch die Hell’ uns dreuk. 285Nun dieſe Tugend muß auch Maſaniſſa lernen/ Wil er mir ehnlich ſein/ ſein Nahme bey den Sternen Jm Sonnen-Zirckel ſtehn. Wer Wolluſt uͤbermannt/ Thut mehr/ als der den Feind an Sieges-Wagen ſpannt/ Ja
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SOPHONISBE.
Scipio. Das Kriegs-Recht macht ſie Rom zu einer dienſtbarn
Magd.
Maſan. Sie ſey es. Wird nun mir auch eine Magd verſagt?
Scipio. So eine; die auf Rom ſo eyfrig iſt vergiftet.
Maſan. Man mißt ihr unrecht bey/ was Syphax hat geſtiftet.
Scipio. Du fichſt fuͤr ſie umbſonſt. Bezwinge ſelber dich.
Maſan. Was ſchoͤpfet Rom fuͤr Luſt/ wenn man Sie kraͤnckt und
Mich?
Scipio. Er jammert mich/ mein Freund; ſein Leid geht mir zu
Hertzen/
Jch hab’ Empfindligkeit und Theil an ſeinen Schmertzen/
Jch ſorge fuͤr ſein Heil. So ſchlag’ er deſſen Rath
Doch nicht ſo ſchlecht in Wind/ dehn die Erfahrung hat
Als redlich/ laͤngſt gepruͤft; ja der nicht ſeines Bluttes
Fuͤr Maſaniſſen ſchont. Wofern er etwas Guttes
Mir damals zugetraut; als er kam in mein Zelt/
Als wir ein Freundſchaffts-Pfand einander zugeſtellt/
Von welcher Zeit er mich mit ſeinem Gluͤck und Hoffen
Willkuͤrlich lies gebahrn; wo er je’s Ziel getroffen
Geſuchter Redligkeit; ſo blld’ er ihm doch ein:
Daß Scipio nicht hier erſt falſch und ſchlim̃ wird ſein.
Der Tugenden Magnet ſol ihn gezogen haben/
So wie er ruͤhmt/ zu mir. Von allen groſſen Gaben
Weiß ich mich ſonſten arm/ in der ruͤhm’ ich mich reich:
Daß meinem Hertzen iſt der Liebe Trieb zu weich/
Die Wolluſt iſt mir Gift/ und Geilheit ſchmeckt mir herbe.
Ja ſichre dich: daß nichts ſo ſehr als ſie verterbe
Den Fruͤhling unſer Zeit. Kein giftig Mehlthau nicht
Kein Reif iſt/ der ſo viel der zarten Bluͤth’ abbricht
Als Brand der Uppigkeit. Fuͤr den geharnſchten Heeren
Darf unſer Alter ſich nicht wie fuͤr Wolluſt wehren/
Die uns ins Garn zu kirrn mit ſuͤſſen Koͤrnern ſtreut/
Mit Engel-Augen winckt/ und doch die Hell’ uns dreuk.
Nun dieſe Tugend muß auch Maſaniſſa lernen/
Wil er mir ehnlich ſein/ ſein Nahme bey den Sternen
Jm Sonnen-Zirckel ſtehn. Wer Wolluſt uͤbermannt/
Thut mehr/ als der den Feind an Sieges-Wagen ſpannt/
Ja
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