Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680.

Bild:
<< vorherige Seite
Wer kein Empfinden hat/ wird durch ein Spiel
geregt;
Wil Alexandern nicht so Aug als Hertz zerflüssen?
Dem Pherae niemals hat sein eigen Hertz bewegt/
Wenn er Polixenen soll sehn ihr Blutt vergüssen.
Wenn der/ der nichts nicht fühlt/ sich über Pein be-
schwert/
Als Hecuba für Leid in einen Hund sich kehrt.
Was wendete nicht Rom auf Schauspiel' und
Athen?
Wiewol hat sie bedacht Lycurgus in Gesätzen?
Das Bild des Aechylus hieß er zur Schaue stehn;
Den Sieg des Sophocles ließ er in Marmel
etzen.
Kein Krieg in Griechenland der kostete so viel/
Als Aristophanens sein Frosch- und Wolcken-
Spiel.
Zwar Sophonisben fehlt so Glantz als Kostbar-
keit;
Doch Nesselrodens Ruhm kan sie so schätzbar machen:
Daß ihr Gedächtnüs wird bestehn für Neid und
Zeit;
Und dis mein Trauerspiel wird der Verläumbder
lachen.
Denn seine Tugend wird der Nachwelt Beyspiel
seyn;
Europa sich ihm selbst zum Schau-Platz weihen ein.
Jnn-
b 3
Wer kein Empfinden hat/ wird durch ein Spiel
geregt;
Wil Alexandern nicht ſo Aug als Hertz zerfluͤſſen?
Dem Pheræ niemals hat ſein eigen Hertz bewegt/
Wenn er Polixenen ſoll ſehn ihr Blutt verguͤſſen.
Wenn der/ der nichts nicht fuͤhlt/ ſich uͤber Pein be-
ſchwert/
Als Hecuba fuͤr Leid in einen Hund ſich kehrt.
Was wendete nicht Rom auf Schauſpiel’ und
Athen?
Wiewol hat ſie bedacht Lycurgus in Geſaͤtzen?
Das Bild des Aechylus hieß er zur Schaue ſtehn;
Den Sieg des Sophocles ließ er in Marmel
etzen.
Kein Krieg in Griechenland der koſtete ſo viel/
Als Ariſtophanens ſein Froſch- und Wolcken-
Spiel.
Zwar Sophonisben fehlt ſo Glantz als Koſtbar-
keit;
Doch Neſſelrodens Ruhm kan ſie ſo ſchaͤtzbar machẽ:
Daß ihr Gedaͤchtnuͤs wird beſtehn fuͤr Neid und
Zeit;
Und dis mein Trauerſpiel wird der Verlaͤumbder
lachen.
Denn ſeine Tugend wird der Nachwelt Beyſpiel
ſeyn;
Europa ſich ihm ſelbſt zum Schau-Platz weihen ein.
Jnn-
b 3
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div type="dedication">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0020"/>
          <lg n="44">
            <l>Wer kein Empfinden hat/ wird durch ein Spiel</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">geregt;</hi> </l><lb/>
            <l>Wil Alexandern nicht &#x017F;o Aug als Hertz zerflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en?</l><lb/>
            <l>Dem Pher<hi rendition="#aq">æ</hi> niemals hat &#x017F;ein eigen Hertz bewegt/</l><lb/>
            <l>Wenn er Polixenen &#x017F;oll &#x017F;ehn ihr Blutt vergu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
            <l>Wenn der/ der nichts nicht fu&#x0364;hlt/ &#x017F;ich u&#x0364;ber Pein be-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chwert/</hi> </l><lb/>
            <l>Als Hecuba fu&#x0364;r Leid in einen Hund &#x017F;ich kehrt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="45">
            <l>Was wendete nicht Rom auf Schau&#x017F;piel&#x2019; und</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Athen?</hi> </l><lb/>
            <l>Wiewol hat &#x017F;ie bedacht Lycurgus in Ge&#x017F;a&#x0364;tzen?</l><lb/>
            <l>Das Bild des Aechylus hieß er zur Schaue &#x017F;tehn;</l><lb/>
            <l>Den Sieg des Sophocles ließ er in Marmel</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">etzen.</hi> </l><lb/>
            <l>Kein Krieg in Griechenland der ko&#x017F;tete &#x017F;o viel/</l><lb/>
            <l>Als Ari&#x017F;tophanens &#x017F;ein Fro&#x017F;ch- und Wolcken-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Spiel.</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <lg n="46">
            <l>Zwar Sophonisben fehlt &#x017F;o Glantz als Ko&#x017F;tbar-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">keit;</hi> </l><lb/>
            <l>Doch Ne&#x017F;&#x017F;elrodens Ruhm kan &#x017F;ie &#x017F;o &#x017F;cha&#x0364;tzbar mache&#x0303;:</l><lb/>
            <l>Daß ihr Geda&#x0364;chtnu&#x0364;s wird be&#x017F;tehn fu&#x0364;r Neid und</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Zeit;</hi> </l><lb/>
            <l>Und dis mein Trauer&#x017F;piel wird der Verla&#x0364;umbder</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">lachen.</hi> </l><lb/>
            <l>Denn &#x017F;eine Tugend wird der Nachwelt Bey&#x017F;piel</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">&#x017F;eyn;</hi> </l><lb/>
            <l>Europa &#x017F;ich ihm &#x017F;elb&#x017F;t zum Schau-Platz weihen ein.</l>
          </lg>
        </lg>
      </div><lb/>
      <fw place="bottom" type="sig"> <hi rendition="#b">b 3</hi> </fw>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Jnn-</hi> </fw><lb/>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0020] Wer kein Empfinden hat/ wird durch ein Spiel geregt; Wil Alexandern nicht ſo Aug als Hertz zerfluͤſſen? Dem Pheræ niemals hat ſein eigen Hertz bewegt/ Wenn er Polixenen ſoll ſehn ihr Blutt verguͤſſen. Wenn der/ der nichts nicht fuͤhlt/ ſich uͤber Pein be- ſchwert/ Als Hecuba fuͤr Leid in einen Hund ſich kehrt. Was wendete nicht Rom auf Schauſpiel’ und Athen? Wiewol hat ſie bedacht Lycurgus in Geſaͤtzen? Das Bild des Aechylus hieß er zur Schaue ſtehn; Den Sieg des Sophocles ließ er in Marmel etzen. Kein Krieg in Griechenland der koſtete ſo viel/ Als Ariſtophanens ſein Froſch- und Wolcken- Spiel. Zwar Sophonisben fehlt ſo Glantz als Koſtbar- keit; Doch Neſſelrodens Ruhm kan ſie ſo ſchaͤtzbar machẽ: Daß ihr Gedaͤchtnuͤs wird beſtehn fuͤr Neid und Zeit; Und dis mein Trauerſpiel wird der Verlaͤumbder lachen. Denn ſeine Tugend wird der Nachwelt Beyſpiel ſeyn; Europa ſich ihm ſelbſt zum Schau-Platz weihen ein. Jnn- b 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680/20
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680/20>, abgerufen am 29.04.2024.