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Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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hat mich belehrt, wie sehr ich irrte, da ich meinen Wünschen nachgab. Ich hoffe, noch ehe ich euch verlassen muß, Zeuge eurer Verbindung zu sein. Dann bringen Sie Marianen und die Kleinen zu Ihrer ehrwürdigen Mutter. Das Uebrige wird der Herr lenken.

Ich will Ihr Geschenk verdienen, sagte Pistor, und eine Thräne benetzte sein männliches Gesicht, indem er Ellinger umarmte. Dann nahete er sich Marianen, und, von tausend namenlosen Gefühlen bewegt, fand sie sich an seiner Brust, und die segnende Hand des Vaters lag auf ihrer Stirn. Einige Minuten gab sie sich dem Genuß der Liebe, des schönen Friedens hin, aber plötzlich durch ein Wort Ellinger's über ihre stille Hochzeitsfeier aufgeschreckt dachte sie wieder an seinen Verlust. Nein, nein, wir wollen in solchen Tagen kein Fest feiern, rief sie aus. Ich gehe mit Leo zu seiner Mutter, aber nicht früher, als bis mein Vater frei ist, können wir an unser Glück denken. Gott wird meine heißen Thränen und mein Gebet hören, ich zweifle nicht. Es ist eine Vorstellung an den König abgegangen, von vielen Einwohnern Dresdens unterzeichnet, mit den wichtigsten Gründen ausgestattet.

Ich weiß das, und weiß seit heute den Erfolg, sagte Ellinger. Die Bitte war vergebens.

So bleibe ich Leo's Braut, bis mir Gott den Vater wiedergibt, erwiderte sie fest. Hat er mir nicht eben jetzt geschenkt, was ich niemals hoffte? Wie sollte ich ihm nicht ferner vertrauen?

hat mich belehrt, wie sehr ich irrte, da ich meinen Wünschen nachgab. Ich hoffe, noch ehe ich euch verlassen muß, Zeuge eurer Verbindung zu sein. Dann bringen Sie Marianen und die Kleinen zu Ihrer ehrwürdigen Mutter. Das Uebrige wird der Herr lenken.

Ich will Ihr Geschenk verdienen, sagte Pistor, und eine Thräne benetzte sein männliches Gesicht, indem er Ellinger umarmte. Dann nahete er sich Marianen, und, von tausend namenlosen Gefühlen bewegt, fand sie sich an seiner Brust, und die segnende Hand des Vaters lag auf ihrer Stirn. Einige Minuten gab sie sich dem Genuß der Liebe, des schönen Friedens hin, aber plötzlich durch ein Wort Ellinger's über ihre stille Hochzeitsfeier aufgeschreckt dachte sie wieder an seinen Verlust. Nein, nein, wir wollen in solchen Tagen kein Fest feiern, rief sie aus. Ich gehe mit Leo zu seiner Mutter, aber nicht früher, als bis mein Vater frei ist, können wir an unser Glück denken. Gott wird meine heißen Thränen und mein Gebet hören, ich zweifle nicht. Es ist eine Vorstellung an den König abgegangen, von vielen Einwohnern Dresdens unterzeichnet, mit den wichtigsten Gründen ausgestattet.

Ich weiß das, und weiß seit heute den Erfolg, sagte Ellinger. Die Bitte war vergebens.

So bleibe ich Leo's Braut, bis mir Gott den Vater wiedergibt, erwiderte sie fest. Hat er mir nicht eben jetzt geschenkt, was ich niemals hoffte? Wie sollte ich ihm nicht ferner vertrauen?

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:20:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:20:58Z)

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Zitationshilfe: Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohmann_hochkirch_1910/59>, abgerufen am 19.04.2024.