Lorinser, Carl Ignaz: Der Sieg über die Branntweinpest in Oberschlesien. Oppeln, 1845.Erfahrungen als eine völlig grundlose verworfen werden. Denn nirgend als in Oberschlesien hat es sich klarer und entschiedener herausgestellt, daß der Branntwein für die meisten Menschen schädlich, für alle Gesunde überflüssig, und für die wenigsten Kranken heilsam ist. Nur Freunde dieses verderblichen Getränkes können hinfort noch länger dem Irrwahn huldigen, daß es als diätetisches Mittel zur Belebung der Nervenkraft, und zur Beförderung der Verdauung geeignet, oder als ein Gewürz zu betrachten sei, dessen Entziehung größere Nachtheile als die Anwendung bewirken könne. Wiederholt und mit der innigsten Ueberzeugung sei es gesagt: diese gefährliche und weit verbreitete Ansicht beruht auf einem Vorurtheile, welches, nichtig und falsch wie es ist, mit Stumpf und Stiel vertilgt werden muß. Wenn die Enthaltsamkeit irgend einen bleibenden Nachtheil für die Gesundheit hätte hervorbringen können, so wäre dieser ohne Zweifel zuerst bei jenen Menschen zu bemerken, die, in Armuth und Elend versunken, fast nur Kartoffeln und Branntwein genossen haben. Und dennoch ist es diese Menschenrasse - für welche ich selbst am meisten besorgt gewesen - die durch Verwerfung des Branntweins an Gesundheit und Lebensfrische das Meiste gewonnen hat. Bei meinem früheren Bedenken hatte ich vergessen in Anschlag zu bringen, daß von solchen Armen der größte Theil des Arbeitslohnes auf Branntwein verwendet wurde, mithin schon allein durch die Ersparung dieser bedeutendsten Erfahrungen als eine völlig grundlose verworfen werden. Denn nirgend als in Oberschlesien hat es sich klarer und entschiedener herausgestellt, daß der Branntwein für die meisten Menschen schädlich, für alle Gesunde überflüssig, und für die wenigsten Kranken heilsam ist. Nur Freunde dieses verderblichen Getränkes können hinfort noch länger dem Irrwahn huldigen, daß es als diätetisches Mittel zur Belebung der Nervenkraft, und zur Beförderung der Verdauung geeignet, oder als ein Gewürz zu betrachten sei, dessen Entziehung größere Nachtheile als die Anwendung bewirken könne. Wiederholt und mit der innigsten Ueberzeugung sei es gesagt: diese gefährliche und weit verbreitete Ansicht beruht auf einem Vorurtheile, welches, nichtig und falsch wie es ist, mit Stumpf und Stiel vertilgt werden muß. Wenn die Enthaltsamkeit irgend einen bleibenden Nachtheil für die Gesundheit hätte hervorbringen können, so wäre dieser ohne Zweifel zuerst bei jenen Menschen zu bemerken, die, in Armuth und Elend versunken, fast nur Kartoffeln und Branntwein genossen haben. Und dennoch ist es diese Menschenrasse – für welche ich selbst am meisten besorgt gewesen – die durch Verwerfung des Branntweins an Gesundheit und Lebensfrische das Meiste gewonnen hat. Bei meinem früheren Bedenken hatte ich vergessen in Anschlag zu bringen, daß von solchen Armen der größte Theil des Arbeitslohnes auf Branntwein verwendet wurde, mithin schon allein durch die Ersparung dieser bedeutendsten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0086" n="76"/> Erfahrungen als eine völlig grundlose verworfen werden. Denn nirgend als in Oberschlesien hat es sich klarer und entschiedener herausgestellt, <hi rendition="#g">daß der Branntwein für die meisten Menschen schädlich, für alle Gesunde überflüssig, und für die wenigsten Kranken heilsam ist</hi>. Nur Freunde dieses verderblichen Getränkes können hinfort noch länger dem Irrwahn huldigen, daß es als diätetisches Mittel zur Belebung der Nervenkraft, und zur Beförderung der Verdauung geeignet, oder als ein Gewürz zu betrachten sei, dessen Entziehung größere Nachtheile als die Anwendung bewirken könne. Wiederholt und mit der innigsten Ueberzeugung sei es gesagt: diese gefährliche und weit verbreitete Ansicht beruht auf einem Vorurtheile, welches, nichtig und falsch wie es ist, mit Stumpf und Stiel vertilgt werden muß. Wenn die Enthaltsamkeit irgend einen bleibenden Nachtheil für die Gesundheit hätte hervorbringen können, so wäre dieser ohne Zweifel zuerst bei jenen Menschen zu bemerken, die, in Armuth und Elend versunken, fast nur Kartoffeln und Branntwein genossen haben. Und dennoch ist es diese Menschenrasse – für welche ich selbst am meisten besorgt gewesen – die durch Verwerfung des Branntweins an Gesundheit und Lebensfrische das Meiste gewonnen hat. Bei meinem früheren Bedenken hatte ich vergessen in Anschlag zu bringen, daß von solchen Armen der <hi rendition="#g">größte</hi> Theil des Arbeitslohnes auf Branntwein verwendet wurde, mithin schon allein durch die Ersparung dieser bedeutendsten </p> </div> </body> </text> </TEI> [76/0086]
Erfahrungen als eine völlig grundlose verworfen werden. Denn nirgend als in Oberschlesien hat es sich klarer und entschiedener herausgestellt, daß der Branntwein für die meisten Menschen schädlich, für alle Gesunde überflüssig, und für die wenigsten Kranken heilsam ist. Nur Freunde dieses verderblichen Getränkes können hinfort noch länger dem Irrwahn huldigen, daß es als diätetisches Mittel zur Belebung der Nervenkraft, und zur Beförderung der Verdauung geeignet, oder als ein Gewürz zu betrachten sei, dessen Entziehung größere Nachtheile als die Anwendung bewirken könne. Wiederholt und mit der innigsten Ueberzeugung sei es gesagt: diese gefährliche und weit verbreitete Ansicht beruht auf einem Vorurtheile, welches, nichtig und falsch wie es ist, mit Stumpf und Stiel vertilgt werden muß. Wenn die Enthaltsamkeit irgend einen bleibenden Nachtheil für die Gesundheit hätte hervorbringen können, so wäre dieser ohne Zweifel zuerst bei jenen Menschen zu bemerken, die, in Armuth und Elend versunken, fast nur Kartoffeln und Branntwein genossen haben. Und dennoch ist es diese Menschenrasse – für welche ich selbst am meisten besorgt gewesen – die durch Verwerfung des Branntweins an Gesundheit und Lebensfrische das Meiste gewonnen hat. Bei meinem früheren Bedenken hatte ich vergessen in Anschlag zu bringen, daß von solchen Armen der größte Theil des Arbeitslohnes auf Branntwein verwendet wurde, mithin schon allein durch die Ersparung dieser bedeutendsten
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