Lorinser, Carl Ignaz: Der Sieg über die Branntweinpest in Oberschlesien. Oppeln, 1845.Ausgabe auch Mittel zur Anschaffung besserer Nahrung in den Händen bleiben. Von diesen Mitteln wird nun auch fleißig Gebrauch gemacht, und eine solche Familie kann jezt in einer Woche mehr Fleisch verzehren, als sie sonst im ganzen Jahre nicht auf ihrem Tische gesehen. Ein Beispiel für viele: Die Frau eines Arbeiters, durch die Trunksucht des Mannes schon lange zur Bettlerin geworden, hatte öfters den Fleischer um einen Abfall von der Schlachtbank angesprochen, und auch gewöhnlich das Erbetene als Almosen empfangen. Endlich erscheint sie wieder, und nimmt mit prüfendem Blick ein großes und feistes Stück Fleisch in Betrachtung, schüchtern fragend, wie viel es wohl wiegen und kosten werde. Der bisherige Wohlthäter, schon im Begriff, ihr wie sonst einen Ochsenfuß hinzuwerfen, wird ärgerlich über das Ansinnen, und bedeutet die Fragende, ihn in Ruhe zu lassen, da sie ja doch nichts kaufen werde. Diese aber erzählt mit halb empfindlichen, halb frohen Reden: die Zeiten hätten sich seit Kurzem gar sehr geändert; früher habe sie betteln und mit den Kindern darben müssen, weil der Mann den ganzen Wochenlohn im Branntweinhause durchgebracht; jezt aber empfange sie jeden Sonnabend das Verdiente ohne Abzug, und könne eine ordentliche Haushaltung führen. Zur Bekräftigung des Gesagten zieht sie den klingenden Beweis hervor, berichtigt ihren Einkauf, und entfernt sich mit hoher Genugthuung von dem besänftigten Fleischer, der über die Veränderung der Zeiten sich nicht genug wundern kann. - Ausgabe auch Mittel zur Anschaffung besserer Nahrung in den Händen bleiben. Von diesen Mitteln wird nun auch fleißig Gebrauch gemacht, und eine solche Familie kann jezt in einer Woche mehr Fleisch verzehren, als sie sonst im ganzen Jahre nicht auf ihrem Tische gesehen. Ein Beispiel für viele: Die Frau eines Arbeiters, durch die Trunksucht des Mannes schon lange zur Bettlerin geworden, hatte öfters den Fleischer um einen Abfall von der Schlachtbank angesprochen, und auch gewöhnlich das Erbetene als Almosen empfangen. Endlich erscheint sie wieder, und nimmt mit prüfendem Blick ein großes und feistes Stück Fleisch in Betrachtung, schüchtern fragend, wie viel es wohl wiegen und kosten werde. Der bisherige Wohlthäter, schon im Begriff, ihr wie sonst einen Ochsenfuß hinzuwerfen, wird ärgerlich über das Ansinnen, und bedeutet die Fragende, ihn in Ruhe zu lassen, da sie ja doch nichts kaufen werde. Diese aber erzählt mit halb empfindlichen, halb frohen Reden: die Zeiten hätten sich seit Kurzem gar sehr geändert; früher habe sie betteln und mit den Kindern darben müssen, weil der Mann den ganzen Wochenlohn im Branntweinhause durchgebracht; jezt aber empfange sie jeden Sonnabend das Verdiente ohne Abzug, und könne eine ordentliche Haushaltung führen. Zur Bekräftigung des Gesagten zieht sie den klingenden Beweis hervor, berichtigt ihren Einkauf, und entfernt sich mit hoher Genugthuung von dem besänftigten Fleischer, der über die Veränderung der Zeiten sich nicht genug wundern kann. – <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0087" n="77"/> Ausgabe auch Mittel zur Anschaffung besserer Nahrung in den Händen bleiben. Von diesen Mitteln wird nun auch fleißig Gebrauch gemacht, und eine solche Familie kann jezt in einer Woche mehr Fleisch verzehren, als sie sonst im ganzen Jahre nicht auf ihrem Tische gesehen. Ein Beispiel für viele: Die Frau eines Arbeiters, durch die Trunksucht des Mannes schon lange zur Bettlerin geworden, hatte öfters den Fleischer um einen Abfall von der Schlachtbank angesprochen, und auch gewöhnlich das Erbetene als Almosen empfangen. Endlich erscheint sie wieder, und nimmt mit prüfendem Blick ein großes und feistes Stück Fleisch in Betrachtung, schüchtern fragend, wie viel es wohl wiegen und kosten werde. Der bisherige Wohlthäter, schon im Begriff, ihr wie sonst einen Ochsenfuß hinzuwerfen, wird ärgerlich über das Ansinnen, und bedeutet die Fragende, ihn in Ruhe zu lassen, da sie ja doch nichts kaufen werde. Diese aber erzählt mit halb empfindlichen, halb frohen Reden: die Zeiten hätten sich seit Kurzem gar sehr geändert; früher habe sie betteln und mit den Kindern darben müssen, weil der Mann den ganzen Wochenlohn im Branntweinhause durchgebracht; jezt aber empfange sie jeden Sonnabend das Verdiente ohne Abzug, und könne eine ordentliche Haushaltung führen. Zur Bekräftigung des Gesagten zieht sie den klingenden Beweis hervor, berichtigt ihren Einkauf, und entfernt sich mit hoher Genugthuung von dem besänftigten Fleischer, der über die Veränderung der Zeiten sich nicht genug wundern kann. –</p> </div> </body> </text> </TEI> [77/0087]
Ausgabe auch Mittel zur Anschaffung besserer Nahrung in den Händen bleiben. Von diesen Mitteln wird nun auch fleißig Gebrauch gemacht, und eine solche Familie kann jezt in einer Woche mehr Fleisch verzehren, als sie sonst im ganzen Jahre nicht auf ihrem Tische gesehen. Ein Beispiel für viele: Die Frau eines Arbeiters, durch die Trunksucht des Mannes schon lange zur Bettlerin geworden, hatte öfters den Fleischer um einen Abfall von der Schlachtbank angesprochen, und auch gewöhnlich das Erbetene als Almosen empfangen. Endlich erscheint sie wieder, und nimmt mit prüfendem Blick ein großes und feistes Stück Fleisch in Betrachtung, schüchtern fragend, wie viel es wohl wiegen und kosten werde. Der bisherige Wohlthäter, schon im Begriff, ihr wie sonst einen Ochsenfuß hinzuwerfen, wird ärgerlich über das Ansinnen, und bedeutet die Fragende, ihn in Ruhe zu lassen, da sie ja doch nichts kaufen werde. Diese aber erzählt mit halb empfindlichen, halb frohen Reden: die Zeiten hätten sich seit Kurzem gar sehr geändert; früher habe sie betteln und mit den Kindern darben müssen, weil der Mann den ganzen Wochenlohn im Branntweinhause durchgebracht; jezt aber empfange sie jeden Sonnabend das Verdiente ohne Abzug, und könne eine ordentliche Haushaltung führen. Zur Bekräftigung des Gesagten zieht sie den klingenden Beweis hervor, berichtigt ihren Einkauf, und entfernt sich mit hoher Genugthuung von dem besänftigten Fleischer, der über die Veränderung der Zeiten sich nicht genug wundern kann. –
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-04-11T13:16:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-04-11T13:16:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-04-11T13:16:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |