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Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731.

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CAP. VI.
glaube, so wirst du die Herrlichkeit deines
GOttes sehen.

Einw. Ach wie selig wäre ich, wann nur glau-
ben könte; aber ich kan mir der Evangelischen
Verheissungen Christi, der Propheten und Apo-
steln keine recht zueignen, es will nicht bekleiben,
ach wann nur JEsus sein Antlitz leuchten liesse über
mich, und ich nicht schon so lang im Finstern sitzen
müßte!

Antw. Es sind auch wol hier einige Ge-
genden, da wegen der nahe gelegenen hohen
Gebirgen die Sonne etliche Wochen lang
nicht hinscheinet; aber wie kein Berg so hoch
ist, darüber die Sonne nicht endlich ihr göl-
denes Haupt empor hebe, und das finstere
Thal mit Licht, Glantz und Wärme heim-
suche, wo man nur der rechten Zeit erwarten
mag, also kein Verderben so tieff, kein Un-
glaub so hoch, JEsus überwindet alles. Mit
Aechzen und Grämen beförderst nichts, Ge-
dult und Hoffnung ist hier das beste Mittel,
und daß man inzwischen die Tages-Häitere
brauche zu seinen Geschäfften, so lang man
den angenemmen Sonnenschein nicht ha-
ben kan. Gleichfalls wirst du wohl thun,
wann du deiner Seel zusprichst, Ps. 42: 11.
und 62: 2. die Anführung des H. Geistes
durchs Evangelium brauchest, so gut du
kanst, nicht wider das Licht deines Gewis-
sens handelst, noch von GOtt weglauffst,
nicht verdrießlich werdest, ob du noch so lang

des

CAP. VI.
glaube, ſo wirſt du die Herrlichkeit deines
GOttes ſehen.

Einw. Ach wie ſelig waͤre ich, wann nur glau-
ben koͤnte; aber ich kan mir der Evangeliſchen
Verheiſſungen Chriſti, der Propheten und Apo-
ſteln keine recht zueignen, es will nicht bekleiben,
ach wann nur JEſus ſein Antlitz leuchten lieſſe uͤber
mich, und ich nicht ſchon ſo lang im Finſtern ſitzen
muͤßte!

Antw. Es ſind auch wol hier einige Ge-
genden, da wegen der nahe gelegenen hohen
Gebirgen die Sonne etliche Wochen lang
nicht hinſcheinet; aber wie kein Berg ſo hoch
iſt, daruͤber die Sonne nicht endlich ihr goͤl-
denes Haupt empor hebe, und das finſtere
Thal mit Licht, Glantz und Waͤrme heim-
ſuche, wo man nur der rechten Zeit erwarten
mag, alſo kein Verderben ſo tieff, kein Un-
glaub ſo hoch, JEſus uͤberwindet alles. Mit
Aechzen und Graͤmen befoͤrderſt nichts, Ge-
dult und Hoffnung iſt hier das beſte Mittel,
und daß man inzwiſchen die Tages-Haͤitere
brauche zu ſeinen Geſchaͤfften, ſo lang man
den angenemmen Sonnenſchein nicht ha-
ben kan. Gleichfalls wirſt du wohl thun,
wann du deiner Seel zuſprichſt, Pſ. 42: 11.
und 62: 2. die Anfuͤhrung des H. Geiſtes
durchs Evangelium braucheſt, ſo gut du
kanſt, nicht wider das Licht deines Gewiſ-
ſens handelſt, noch von GOtt weglauffſt,
nicht verdrießlich werdeſt, ob du noch ſo lang

des
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[159/0227] CAP. VI. glaube, ſo wirſt du die Herrlichkeit deines GOttes ſehen. Einw. Ach wie ſelig waͤre ich, wann nur glau- ben koͤnte; aber ich kan mir der Evangeliſchen Verheiſſungen Chriſti, der Propheten und Apo- ſteln keine recht zueignen, es will nicht bekleiben, ach wann nur JEſus ſein Antlitz leuchten lieſſe uͤber mich, und ich nicht ſchon ſo lang im Finſtern ſitzen muͤßte! Antw. Es ſind auch wol hier einige Ge- genden, da wegen der nahe gelegenen hohen Gebirgen die Sonne etliche Wochen lang nicht hinſcheinet; aber wie kein Berg ſo hoch iſt, daruͤber die Sonne nicht endlich ihr goͤl- denes Haupt empor hebe, und das finſtere Thal mit Licht, Glantz und Waͤrme heim- ſuche, wo man nur der rechten Zeit erwarten mag, alſo kein Verderben ſo tieff, kein Un- glaub ſo hoch, JEſus uͤberwindet alles. Mit Aechzen und Graͤmen befoͤrderſt nichts, Ge- dult und Hoffnung iſt hier das beſte Mittel, und daß man inzwiſchen die Tages-Haͤitere brauche zu ſeinen Geſchaͤfften, ſo lang man den angenemmen Sonnenſchein nicht ha- ben kan. Gleichfalls wirſt du wohl thun, wann du deiner Seel zuſprichſt, Pſ. 42: 11. und 62: 2. die Anfuͤhrung des H. Geiſtes durchs Evangelium braucheſt, ſo gut du kanſt, nicht wider das Licht deines Gewiſ- ſens handelſt, noch von GOtt weglauffſt, nicht verdrießlich werdeſt, ob du noch ſo lang des

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Zitationshilfe: Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_canaan_1731/227>, abgerufen am 10.05.2024.