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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Labsal in Trübsal.

Wie seelig, weiß und gelehrt ist der, den selbst die Wahrheit
lehrt, wann er sie schaut in ihrem eigenen Wesen:

Und nicht auf bloses Bücher-Lesen,
Auf Bilderwerck, auf eitelen Klang
Der Wörter gründet seinen Gang.
O HErr! gieb, daß ich eins mit dir
Jn Christi Lieb sey für und für:
Es ist das viele Hören und Lesen
Mir offt mehr schad als nutz gewesen,
Dann was ich immer wünschen kan,
Das treff ich in und bey dir an.

§. 3. (2.) Abnehmung der Bürde, Erleichterung von der Sün-Abneh-
mung der
Sünden-
Last.

den-Schuld, durch das Blut der Versöhnung, das der Seelen
eingeflösset wird vom Heil. Geist, JEsu Christi als den Geist der
Gnaden und des Gebetts, der allezeit so nahe und würcksam ist in
allen, die GOtt der Vatter zu Christo ziehet, daß sie ihn in ihrer
Seelen-Noth anruffen, welche er denn auch gnädiglich in ihrer
Angst-Hitz abkühlet, das Göttliche Trauben-Blut in JEsu Wun-
den als goldenen Pocalen darreicht, benebens der Hertz-stärckenden
Speise, so in den Evangelischen Kern-Sprüchen als silbernen Schüß-
len aufgestellt wird. Zum Exemp. 2 Cor. V. Rom. III. 4. Jes. LXI.
und LV. Luc. XV. 1 Petr. II. Joh. VI. Prov. IX.

Es lebet noch heutigs Tags ein armer Sünder, den sein sündig
Leben im Gewissen so sehr geplagt, daß er zu keinem gründlichen
Glaubens-Trost gelangen konnte; Er jammerte und wimmerte immer,
doch nicht vor den Leuten, daß man ihm es hätte angesehen, son-
dern heimlich, er konnte gantz und gar nicht darzu kommen, daß er
auch des HErren Christi hätte recht froh werden können und glauben,
GOtt seye mit ihme in Christo zufrieden und habe ein versöhnt Lieb-
voll Vatter-Hertz zu ihm; Er sang die Lieder mit grossem Hunger:
Schwing dich auf zu deinem GOtt, item Bist du Ephraim betrü-
bet etc. und andere mehr, er käuete auch an denen Gnaden-Verheis-
sungen so lang, biß er einigen wenigen Gnaden-Safft gewahr wur-
de und GOTT ihme aus unbeschreiblicher Barmhertzigkeit etwas
Glaubens schenckte; Wo nun armen, verlohrnen und verdorbenen
Sünderen was Gutes versprochen ware, da schnappete er nach,

ver-
A a a a a a a
Labſal in Truͤbſal.

Wie ſeelig, weiß und gelehrt iſt der, den ſelbſt die Wahrheit
lehrt, wann er ſie ſchaut in ihrem eigenen Weſen:

Und nicht auf bloſes Buͤcher-Leſen,
Auf Bilderwerck, auf eitelen Klang
Der Woͤrter gruͤndet ſeinen Gang.
O HErr! gieb, daß ich eins mit dir
Jn Chriſti Lieb ſey fuͤr und fuͤr:
Es iſt das viele Hoͤren und Leſen
Mir offt mehr ſchad als nutz geweſen,
Dann was ich immer wuͤnſchen kan,
Das treff ich in und bey dir an.

§. 3. (2.) Abnehmung der Buͤrde, Erleichterung von der Suͤn-Abneh-
mung der
Suͤnden-
Laſt.

den-Schuld, durch das Blut der Verſoͤhnung, das der Seelen
eingefloͤſſet wird vom Heil. Geiſt, JEſu Chriſti als den Geiſt der
Gnaden und des Gebetts, der allezeit ſo nahe und wuͤrckſam iſt in
allen, die GOtt der Vatter zu Chriſto ziehet, daß ſie ihn in ihrer
Seelen-Noth anruffen, welche er denn auch gnaͤdiglich in ihrer
Angſt-Hitz abkuͤhlet, das Goͤttliche Trauben-Blut in JEſu Wun-
den als goldenen Pocalen darreicht, benebens der Hertz-ſtaͤrckenden
Speiſe, ſo in den Evangeliſchen Kern-Spruͤchen als ſilbernen Schuͤß-
len aufgeſtellt wird. Zum Exemp. 2 Cor. V. Rom. III. 4. Jeſ. LXI.
und LV. Luc. XV. 1 Petr. II. Joh. VI. Prov. IX.

Es lebet noch heutigs Tags ein armer Suͤnder, den ſein ſuͤndig
Leben im Gewiſſen ſo ſehr geplagt, daß er zu keinem gruͤndlichen
Glaubens-Troſt gelangen konnte; Er jammerte und wimmerte immer,
doch nicht vor den Leuten, daß man ihm es haͤtte angeſehen, ſon-
dern heimlich, er konnte gantz und gar nicht darzu kommen, daß er
auch des HErren Chriſti haͤtte recht froh werden koͤnnen und glauben,
GOtt ſeye mit ihme in Chriſto zufrieden und habe ein verſoͤhnt Lieb-
voll Vatter-Hertz zu ihm; Er ſang die Lieder mit groſſem Hunger:
Schwing dich auf zu deinem GOtt, item Biſt du Ephraim betruͤ-
bet ꝛc. und andere mehr, er kaͤuete auch an denen Gnaden-Verheiſ-
ſungen ſo lang, biß er einigen wenigen Gnaden-Safft gewahr wur-
de und GOTT ihme aus unbeſchreiblicher Barmhertzigkeit etwas
Glaubens ſchenckte; Wo nun armen, verlohrnen und verdorbenen
Suͤnderen was Gutes verſprochen ware, da ſchnappete er nach,

ver-
A a a a a a a
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[1105/1201] Labſal in Truͤbſal. Wie ſeelig, weiß und gelehrt iſt der, den ſelbſt die Wahrheit lehrt, wann er ſie ſchaut in ihrem eigenen Weſen: Und nicht auf bloſes Buͤcher-Leſen, Auf Bilderwerck, auf eitelen Klang Der Woͤrter gruͤndet ſeinen Gang. O HErr! gieb, daß ich eins mit dir Jn Chriſti Lieb ſey fuͤr und fuͤr: Es iſt das viele Hoͤren und Leſen Mir offt mehr ſchad als nutz geweſen, Dann was ich immer wuͤnſchen kan, Das treff ich in und bey dir an. §. 3. (2.) Abnehmung der Buͤrde, Erleichterung von der Suͤn- den-Schuld, durch das Blut der Verſoͤhnung, das der Seelen eingefloͤſſet wird vom Heil. Geiſt, JEſu Chriſti als den Geiſt der Gnaden und des Gebetts, der allezeit ſo nahe und wuͤrckſam iſt in allen, die GOtt der Vatter zu Chriſto ziehet, daß ſie ihn in ihrer Seelen-Noth anruffen, welche er denn auch gnaͤdiglich in ihrer Angſt-Hitz abkuͤhlet, das Goͤttliche Trauben-Blut in JEſu Wun- den als goldenen Pocalen darreicht, benebens der Hertz-ſtaͤrckenden Speiſe, ſo in den Evangeliſchen Kern-Spruͤchen als ſilbernen Schuͤß- len aufgeſtellt wird. Zum Exemp. 2 Cor. V. Rom. III. 4. Jeſ. LXI. und LV. Luc. XV. 1 Petr. II. Joh. VI. Prov. IX. Abneh- mung der Suͤnden- Laſt. Es lebet noch heutigs Tags ein armer Suͤnder, den ſein ſuͤndig Leben im Gewiſſen ſo ſehr geplagt, daß er zu keinem gruͤndlichen Glaubens-Troſt gelangen konnte; Er jammerte und wimmerte immer, doch nicht vor den Leuten, daß man ihm es haͤtte angeſehen, ſon- dern heimlich, er konnte gantz und gar nicht darzu kommen, daß er auch des HErren Chriſti haͤtte recht froh werden koͤnnen und glauben, GOtt ſeye mit ihme in Chriſto zufrieden und habe ein verſoͤhnt Lieb- voll Vatter-Hertz zu ihm; Er ſang die Lieder mit groſſem Hunger: Schwing dich auf zu deinem GOtt, item Biſt du Ephraim betruͤ- bet ꝛc. und andere mehr, er kaͤuete auch an denen Gnaden-Verheiſ- ſungen ſo lang, biß er einigen wenigen Gnaden-Safft gewahr wur- de und GOTT ihme aus unbeſchreiblicher Barmhertzigkeit etwas Glaubens ſchenckte; Wo nun armen, verlohrnen und verdorbenen Suͤnderen was Gutes verſprochen ware, da ſchnappete er nach, ver- A a a a a a a

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1201>, abgerufen am 22.11.2024.