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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Labsal in Trübsal.
vermeinend es seye um seinet willen geschrieben, ihme Freude zu ma-
chen, und gehe niemanden so hart an als ihn, weilen er der gröste
Sünder auf dem Erdboden seye, sonderbar hatte er grosse Ergötz-
lichkeit an dem Wörtlein Alle, zum Exempel: Alle Sünd und Lä-
sterung soll dem Menschen vergeben werden, wie sich Christus deut-
lich genug erklärt a, item ich will sie reinigen von aller Missethat,
damit sie wider mich gesündiget und übertretten haben b, das Wört-
lein alle freuete ihn baß als tausend mal tausend Welt, ja er bildete
sich vestiglich ein, der H. Geist habe dieses hochtheure, unschätzbare
Wort fürnehmlich seinetwegen hinein setzen lassen, weilen er zuvor
gesehen, daß vor dem End der Welt ein so grosser Sünder entste-
hen würde, welchen nichts werde vermögen aus dem Pful des Un-
glaubens und Verderbens herauszuziehen als eben dieses sehr köstliche
Wörtlein Alle: Da ware er wohlgemuth wie ein Vögelein das
aus dem Gehürsch der Zweiffels-Gedancken und aus dem ängstlichen
Garn des Anklägers nunmehr entrunnen, in lieblichen freyen Lüfften
webet und singet; Er buchstabierte die Wörter, ob er sich nicht et-
wan übersehe, oder ob es würcklich also hiesse als Rom. 3, 24. er
woge auch im Grund-Text ein Wort nach dem andern ab, ob es
recht übersetzt seye; Das ware seine gröste Freude in Gesellschafften,
wann er Gelegenheit hatte vom Gewicht der Seeligkeit, so in de-
nen Evangelischen Verheissungen liegen, zu sprechen: Zu einer Zeit
waren viele bey einander, da sagte er zu allen: Liebe Freunde! wir
müssen den feindseligen Teufel fein lernen im Glauben bey den Ohren
nehmen, und ihm seine Nasen auf GOttes geschriebene Zeugnussen
stossen und sagen: Siehe da du schlimmer Gast, was mir mein GOtt
in Christo beschehrt, bist du ein solcher Tölpel, daß du es nicht le-
sen kanst, so will ichs dir vor buchstabieren, bist du aber so unge-
schickt, daß du nicht teutsch verstehest, so will dir in der welschen
Bibel aufweisen, siehe es ist jetzt in allen Sprachen, wir hielten uns
zimlich lang in dieser Freuden-vollen Sach auf, in der Nacht hatte
ein Jüngling, der ein Mitgenoß solcher Freude gewesen, ein Traum,
der etwas lang und sehr bedencklich ware; das Ende davon ware, daß
sich der Himmel aufgethan, und JEsus sich in einer Wolcken her-

ab ge-
a Matth. XII. 31.
b Jer. XXXIII. 8.

Labſal in Truͤbſal.
vermeinend es ſeye um ſeinet willen geſchrieben, ihme Freude zu ma-
chen, und gehe niemanden ſo hart an als ihn, weilen er der groͤſte
Suͤnder auf dem Erdboden ſeye, ſonderbar hatte er groſſe Ergoͤtz-
lichkeit an dem Woͤrtlein Alle, zum Exempel: Alle Suͤnd und Laͤ-
ſterung ſoll dem Menſchen vergeben werden, wie ſich Chriſtus deut-
lich genug erklaͤrt a, item ich will ſie reinigen von aller Miſſethat,
damit ſie wider mich geſuͤndiget und uͤbertretten haben b, das Woͤrt-
lein alle freuete ihn baß als tauſend mal tauſend Welt, ja er bildete
ſich veſtiglich ein, der H. Geiſt habe dieſes hochtheure, unſchaͤtzbare
Wort fuͤrnehmlich ſeinetwegen hinein ſetzen laſſen, weilen er zuvor
geſehen, daß vor dem End der Welt ein ſo groſſer Suͤnder entſte-
hen wuͤrde, welchen nichts werde vermoͤgen aus dem Pful des Un-
glaubens und Verderbens herauszuziehen als eben dieſes ſehr koͤſtliche
Woͤrtlein Alle: Da ware er wohlgemuth wie ein Voͤgelein das
aus dem Gehuͤrſch der Zweiffels-Gedancken und aus dem aͤngſtlichen
Garn des Anklaͤgers nunmehr entrunnen, in lieblichen freyen Luͤfften
webet und ſinget; Er buchſtabierte die Woͤrter, ob er ſich nicht et-
wan uͤberſehe, oder ob es wuͤrcklich alſo hieſſe als Rom. 3, 24. er
woge auch im Grund-Text ein Wort nach dem andern ab, ob es
recht uͤberſetzt ſeye; Das ware ſeine groͤſte Freude in Geſellſchafften,
wann er Gelegenheit hatte vom Gewicht der Seeligkeit, ſo in de-
nen Evangeliſchen Verheiſſungen liegen, zu ſprechen: Zu einer Zeit
waren viele bey einander, da ſagte er zu allen: Liebe Freunde! wir
muͤſſen den feindſeligen Teufel fein lernen im Glauben bey den Ohren
nehmen, und ihm ſeine Naſen auf GOttes geſchriebene Zeugnuſſen
ſtoſſen und ſagen: Siehe da du ſchlimmer Gaſt, was mir mein GOtt
in Chriſto beſchehrt, biſt du ein ſolcher Toͤlpel, daß du es nicht le-
ſen kanſt, ſo will ichs dir vor buchſtabieren, biſt du aber ſo unge-
ſchickt, daß du nicht teutſch verſteheſt, ſo will dir in der welſchen
Bibel aufweiſen, ſiehe es iſt jetzt in allen Sprachen, wir hielten uns
zimlich lang in dieſer Freuden-vollen Sach auf, in der Nacht hatte
ein Juͤngling, der ein Mitgenoß ſolcher Freude geweſen, ein Traum,
der etwas lang und ſehr bedencklich ware; das Ende davon ware, daß
ſich der Himmel aufgethan, und JEſus ſich in einer Wolcken her-

ab ge-
a Matth. XII. 31.
b Jer. XXXIII. 8.
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[1106/1202] Labſal in Truͤbſal. vermeinend es ſeye um ſeinet willen geſchrieben, ihme Freude zu ma- chen, und gehe niemanden ſo hart an als ihn, weilen er der groͤſte Suͤnder auf dem Erdboden ſeye, ſonderbar hatte er groſſe Ergoͤtz- lichkeit an dem Woͤrtlein Alle, zum Exempel: Alle Suͤnd und Laͤ- ſterung ſoll dem Menſchen vergeben werden, wie ſich Chriſtus deut- lich genug erklaͤrt a, item ich will ſie reinigen von aller Miſſethat, damit ſie wider mich geſuͤndiget und uͤbertretten haben b, das Woͤrt- lein alle freuete ihn baß als tauſend mal tauſend Welt, ja er bildete ſich veſtiglich ein, der H. Geiſt habe dieſes hochtheure, unſchaͤtzbare Wort fuͤrnehmlich ſeinetwegen hinein ſetzen laſſen, weilen er zuvor geſehen, daß vor dem End der Welt ein ſo groſſer Suͤnder entſte- hen wuͤrde, welchen nichts werde vermoͤgen aus dem Pful des Un- glaubens und Verderbens herauszuziehen als eben dieſes ſehr koͤſtliche Woͤrtlein Alle: Da ware er wohlgemuth wie ein Voͤgelein das aus dem Gehuͤrſch der Zweiffels-Gedancken und aus dem aͤngſtlichen Garn des Anklaͤgers nunmehr entrunnen, in lieblichen freyen Luͤfften webet und ſinget; Er buchſtabierte die Woͤrter, ob er ſich nicht et- wan uͤberſehe, oder ob es wuͤrcklich alſo hieſſe als Rom. 3, 24. er woge auch im Grund-Text ein Wort nach dem andern ab, ob es recht uͤberſetzt ſeye; Das ware ſeine groͤſte Freude in Geſellſchafften, wann er Gelegenheit hatte vom Gewicht der Seeligkeit, ſo in de- nen Evangeliſchen Verheiſſungen liegen, zu ſprechen: Zu einer Zeit waren viele bey einander, da ſagte er zu allen: Liebe Freunde! wir muͤſſen den feindſeligen Teufel fein lernen im Glauben bey den Ohren nehmen, und ihm ſeine Naſen auf GOttes geſchriebene Zeugnuſſen ſtoſſen und ſagen: Siehe da du ſchlimmer Gaſt, was mir mein GOtt in Chriſto beſchehrt, biſt du ein ſolcher Toͤlpel, daß du es nicht le- ſen kanſt, ſo will ichs dir vor buchſtabieren, biſt du aber ſo unge- ſchickt, daß du nicht teutſch verſteheſt, ſo will dir in der welſchen Bibel aufweiſen, ſiehe es iſt jetzt in allen Sprachen, wir hielten uns zimlich lang in dieſer Freuden-vollen Sach auf, in der Nacht hatte ein Juͤngling, der ein Mitgenoß ſolcher Freude geweſen, ein Traum, der etwas lang und ſehr bedencklich ware; das Ende davon ware, daß ſich der Himmel aufgethan, und JEſus ſich in einer Wolcken her- ab ge- a Matth. XII. 31. b Jer. XXXIII. 8.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1202>, abgerufen am 22.11.2024.