den, daß ihnen alles Vermögen zu widerstehen entgehet, und sie der Sünd zu willen werden, nicht zwar auf eine grobe vor Menschen sträffliche Weise, aber vor GOttes allerheiligstem Wesen höchst ver- dammliche Weise, durch eine Abweichung und Verwerffung der ge- nauen Zucht des H. Geistes, indem seine unendlich seelige und köstli- che Warnungen von denen hefftig reitzenden Anfällen im Fleisch über- täubet werden, welche Bestürmung ihr so beschwerlich fallet, und der Kampf ihr so Blut sauer wird, daß sie vermeinet, das seye der kürtzeste Weg zum Frieden und Stille zu kommen, wo sie nur der Natur zu lieb ein wenig beyseits neben aus trette.
§. 10. So bald aber die Untreue vollendet ist, erfahret die armeErfahret in was Elend er gerathen, wann er nicht gleich zu- ruck keh- ret. Seele, daß es ein sehr gefährlicher Umweg, darauf sie sehr beschmutzt worden und ihr Kleinod verlohren, ja den Tod selbst ausgebohren Jac. 1. Diesen wäre auf der gantzen Welt nichts erwünschters als die siegreiche Krafft des H. Geistes in JEsu Christo; Dannenher der unendlich getreue und uns in aller Noth unermüdet nachgehende Hey- land nur diese unter dem gantzen Hauffen anredt, weil er wohl weißt, daß seine Person, Gaben, Reich, Würckungen solchen sehr erfreu- lich sind; die andern aber nur lange Zeit bey JEsu hätten und gleich gnug mit JEsu umgangen, bald müd an JEsum zu gedencken, auch sein nirgend zu brauchen wissen als nur zum Noth-Nagel, wann das Wasser an die Seele gehet und das höllische Angst-Feur anhebet zu brennen, da vermeinet der übel betrogene Mensch (nachdem er auf dem breiten Welt-Weg fortgegangen und nunmehr vom Fallstrick des ewigen Verderbens gefangen ist,) er wolle in einem Sprung von der schwartzen Höllen-Pforten sich hinüber schwingen zu dem gläntzenden Pallast JESU in Zion mit einem selbst-gemachten menschlichen Ge- dancken; der da heißt Jch glaube an Christum, mithin wol- le er alle Göttliche Drohungen über die Ungehorsame vernichtigen; Allein die Gnaden-Zeit ist alsdann vorbey und es gehet nach dem ur- alten Lied:
Jch förcht fürwahr die Göttlich Gnad, Die er allzeit verspottet hat, Wird schwerlich ob ihm schweben.
Wer hingegen zu rechter Zeit seiner Seelen Schaden tieff zu Her- tzen nimmet und gern aus allem Kummer hinaus wäre, der hat grosse
Hülffe
B b b b b b b 3
Labſal in Truͤbſal.
den, daß ihnen alles Vermoͤgen zu widerſtehen entgehet, und ſie der Suͤnd zu willen werden, nicht zwar auf eine grobe vor Menſchen ſtraͤffliche Weiſe, aber vor GOttes allerheiligſtem Weſen hoͤchſt ver- dammliche Weiſe, durch eine Abweichung und Verwerffung der ge- nauen Zucht des H. Geiſtes, indem ſeine unendlich ſeelige und koͤſtli- che Warnungen von denen hefftig reitzenden Anfaͤllen im Fleiſch uͤber- taͤubet werden, welche Beſtuͤrmung ihr ſo beſchwerlich fallet, und der Kampf ihr ſo Blut ſauer wird, daß ſie vermeinet, das ſeye der kuͤrtzeſte Weg zum Frieden und Stille zu kommen, wo ſie nur der Natur zu lieb ein wenig beyſeits neben aus trette.
§. 10. So bald aber die Untreue vollendet iſt, erfahret die armeErfahret in was Elend er gerathen, wann er nicht gleich zu- ruck keh- ret. Seele, daß es ein ſehr gefaͤhrlicher Umweg, darauf ſie ſehr beſchmutzt worden und ihr Kleinod verlohren, ja den Tod ſelbſt ausgebohren Jac. 1. Dieſen waͤre auf der gantzen Welt nichts erwuͤnſchters als die ſiegreiche Krafft des H. Geiſtes in JEſu Chriſto; Dannenher der unendlich getreue und uns in aller Noth unermuͤdet nachgehende Hey- land nur dieſe unter dem gantzen Hauffen anredt, weil er wohl weißt, daß ſeine Perſon, Gaben, Reich, Wuͤrckungen ſolchen ſehr erfreu- lich ſind; die andern aber nur lange Zeit bey JEſu haͤtten und gleich gnug mit JEſu umgangen, bald muͤd an JEſum zu gedencken, auch ſein nirgend zu brauchen wiſſen als nur zum Noth-Nagel, wann das Waſſer an die Seele gehet und das hoͤlliſche Angſt-Feur anhebet zu brennen, da vermeinet der uͤbel betrogene Menſch (nachdem er auf dem breiten Welt-Weg fortgegangen und nunmehr vom Fallſtrick des ewigen Verderbens gefangen iſt,) er wolle in einem Sprung von der ſchwartzen Hoͤllen-Pforten ſich hinuͤber ſchwingen zu dem glaͤntzenden Pallaſt JESU in Zion mit einem ſelbſt-gemachten menſchlichen Ge- dancken; der da heißt Jch glaube an Chriſtum, mithin wol- le er alle Goͤttliche Drohungen uͤber die Ungehorſame vernichtigen; Allein die Gnaden-Zeit iſt alsdann vorbey und es gehet nach dem ur- alten Lied:
Jch foͤrcht fuͤrwahr die Goͤttlich Gnad, Die er allzeit verſpottet hat, Wird ſchwerlich ob ihm ſchweben.
Wer hingegen zu rechter Zeit ſeiner Seelen Schaden tieff zu Her- tzen nimmet und gern aus allem Kummer hinaus waͤre, der hat groſſe
Huͤlffe
B b b b b b b 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f1213"n="1117"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Labſal in Truͤbſal.</hi></fw><lb/>
den, daß ihnen alles Vermoͤgen zu widerſtehen entgehet, und ſie<lb/>
der Suͤnd zu willen werden, nicht zwar auf eine grobe vor Menſchen<lb/>ſtraͤffliche Weiſe, aber vor GOttes allerheiligſtem Weſen hoͤchſt ver-<lb/>
dammliche Weiſe, durch eine Abweichung und Verwerffung der ge-<lb/>
nauen Zucht des H. Geiſtes, indem ſeine unendlich ſeelige und koͤſtli-<lb/>
che Warnungen von denen hefftig reitzenden Anfaͤllen im Fleiſch uͤber-<lb/>
taͤubet werden, welche Beſtuͤrmung ihr ſo beſchwerlich fallet, und<lb/>
der Kampf ihr ſo Blut ſauer wird, daß ſie vermeinet, das ſeye der<lb/>
kuͤrtzeſte Weg zum Frieden und Stille zu kommen, wo ſie nur der<lb/>
Natur zu lieb ein wenig beyſeits neben aus trette.</p><lb/><p><hirendition="#i">§.</hi> 10. So bald aber die Untreue vollendet iſt, erfahret die arme<noteplace="right">Erfahret<lb/>
in was<lb/>
Elend er<lb/>
gerathen,<lb/>
wann er<lb/>
nicht<lb/>
gleich zu-<lb/>
ruck keh-<lb/>
ret.</note><lb/>
Seele, daß es ein ſehr gefaͤhrlicher Umweg, darauf ſie ſehr beſchmutzt<lb/>
worden und ihr Kleinod verlohren, ja den Tod ſelbſt ausgebohren<lb/>
Jac. 1. Dieſen waͤre auf der gantzen Welt nichts erwuͤnſchters als<lb/>
die ſiegreiche Krafft des H. Geiſtes in JEſu Chriſto; Dannenher der<lb/>
unendlich getreue und uns in aller Noth unermuͤdet nachgehende Hey-<lb/>
land nur dieſe unter dem gantzen Hauffen anredt, weil er wohl weißt,<lb/>
daß ſeine Perſon, Gaben, Reich, Wuͤrckungen ſolchen ſehr erfreu-<lb/>
lich ſind; die andern aber nur lange Zeit bey JEſu haͤtten und gleich<lb/>
gnug mit JEſu umgangen, bald muͤd an JEſum zu gedencken, auch<lb/>ſein nirgend zu brauchen wiſſen als nur zum Noth-Nagel, wann das<lb/>
Waſſer an die Seele gehet und das hoͤlliſche Angſt-Feur anhebet zu<lb/>
brennen, da vermeinet der uͤbel betrogene Menſch (nachdem er auf<lb/>
dem breiten Welt-Weg fortgegangen und nunmehr vom Fallſtrick des<lb/>
ewigen Verderbens gefangen iſt,) er wolle in einem Sprung von der<lb/>ſchwartzen Hoͤllen-Pforten ſich hinuͤber ſchwingen zu dem glaͤntzenden<lb/>
Pallaſt JESU in Zion mit einem ſelbſt-gemachten menſchlichen Ge-<lb/>
dancken; der da heißt <hirendition="#fr">Jch glaube an Chriſtum,</hi> mithin wol-<lb/>
le er alle Goͤttliche Drohungen uͤber die Ungehorſame vernichtigen;<lb/>
Allein die Gnaden-Zeit iſt alsdann vorbey und es gehet nach dem ur-<lb/>
alten Lied:</p><lb/><lgtype="poem"><l>Jch foͤrcht fuͤrwahr die Goͤttlich Gnad,</l><lb/><l>Die er allzeit verſpottet hat,</l><lb/><l>Wird ſchwerlich ob ihm ſchweben.</l></lg><lb/><p>Wer hingegen zu rechter Zeit ſeiner Seelen Schaden tieff zu Her-<lb/>
tzen nimmet und gern aus allem Kummer hinaus waͤre, der hat groſſe<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B b b b b b b 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Huͤlffe</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[1117/1213]
Labſal in Truͤbſal.
den, daß ihnen alles Vermoͤgen zu widerſtehen entgehet, und ſie
der Suͤnd zu willen werden, nicht zwar auf eine grobe vor Menſchen
ſtraͤffliche Weiſe, aber vor GOttes allerheiligſtem Weſen hoͤchſt ver-
dammliche Weiſe, durch eine Abweichung und Verwerffung der ge-
nauen Zucht des H. Geiſtes, indem ſeine unendlich ſeelige und koͤſtli-
che Warnungen von denen hefftig reitzenden Anfaͤllen im Fleiſch uͤber-
taͤubet werden, welche Beſtuͤrmung ihr ſo beſchwerlich fallet, und
der Kampf ihr ſo Blut ſauer wird, daß ſie vermeinet, das ſeye der
kuͤrtzeſte Weg zum Frieden und Stille zu kommen, wo ſie nur der
Natur zu lieb ein wenig beyſeits neben aus trette.
§. 10. So bald aber die Untreue vollendet iſt, erfahret die arme
Seele, daß es ein ſehr gefaͤhrlicher Umweg, darauf ſie ſehr beſchmutzt
worden und ihr Kleinod verlohren, ja den Tod ſelbſt ausgebohren
Jac. 1. Dieſen waͤre auf der gantzen Welt nichts erwuͤnſchters als
die ſiegreiche Krafft des H. Geiſtes in JEſu Chriſto; Dannenher der
unendlich getreue und uns in aller Noth unermuͤdet nachgehende Hey-
land nur dieſe unter dem gantzen Hauffen anredt, weil er wohl weißt,
daß ſeine Perſon, Gaben, Reich, Wuͤrckungen ſolchen ſehr erfreu-
lich ſind; die andern aber nur lange Zeit bey JEſu haͤtten und gleich
gnug mit JEſu umgangen, bald muͤd an JEſum zu gedencken, auch
ſein nirgend zu brauchen wiſſen als nur zum Noth-Nagel, wann das
Waſſer an die Seele gehet und das hoͤlliſche Angſt-Feur anhebet zu
brennen, da vermeinet der uͤbel betrogene Menſch (nachdem er auf
dem breiten Welt-Weg fortgegangen und nunmehr vom Fallſtrick des
ewigen Verderbens gefangen iſt,) er wolle in einem Sprung von der
ſchwartzen Hoͤllen-Pforten ſich hinuͤber ſchwingen zu dem glaͤntzenden
Pallaſt JESU in Zion mit einem ſelbſt-gemachten menſchlichen Ge-
dancken; der da heißt Jch glaube an Chriſtum, mithin wol-
le er alle Goͤttliche Drohungen uͤber die Ungehorſame vernichtigen;
Allein die Gnaden-Zeit iſt alsdann vorbey und es gehet nach dem ur-
alten Lied:
Erfahret
in was
Elend er
gerathen,
wann er
nicht
gleich zu-
ruck keh-
ret.
Jch foͤrcht fuͤrwahr die Goͤttlich Gnad,
Die er allzeit verſpottet hat,
Wird ſchwerlich ob ihm ſchweben.
Wer hingegen zu rechter Zeit ſeiner Seelen Schaden tieff zu Her-
tzen nimmet und gern aus allem Kummer hinaus waͤre, der hat groſſe
Huͤlffe
B b b b b b b 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1213>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.