Göttliche Himmlische zu verderben, in dem er die Liebe entweder gar zu fleischlich, klespericht und abgöttisch macht oder in Haß verlarvet, das erste ist der gerade Weg zum andern, wie an Amon mit Tha- mar zu sehen; Wann die Bewahrung ein heiliglich gemäßigten, auf GOTT abzielenden Liebe nicht schwär und der Natur unmöglich wäre, so hätte JESUS nicht so offt und hertzlich dazu ermah- net a.
der da nur Uneinig- keit anzu- richten suchet.
§. 10. Der Teufel richtet Zorn, Ungedult, Neid, Uneinigkeit an, wo er kan, wie es noch für Augen ist, so hat es mit uns die Gestalt, daß wir Reben sind, die ohn Unterlaß Fegens und Reini- gens bedörffen; Dann ob wir wohl in Christo rein sind, so wir an- ders in ihm bleiben, so sind wir doch unsers Lebens halb noch nicht gar rein, weil wir diesen Sack am Hals tragen und bleibt noch mancherley tägliche Schwachheit und Gebrechen und kan nicht an- ders zugehen, es muß unterweilen ein Glied das ander stossen wie in unserm Leib, ein Fuß oder Zehen den andern stoßt oder der Mensch sich selbst verletzet, solche Stösse und Anfechtung bleiben nicht aus- sen, sonderlich weil wir allhier sind in deß Teufels Reich, der uns ohn Unterlaß anfichtet und dazu das Fleisch noch schwach und voll Gebrechen ist; Darum kommts auch wohl, daß auch die frömsten und allerliebsten Freunde uneins und stutzig unter einander werden, daß der Teufel zuweilen um eines Worts oder Blicks willen, ein Arg- wohn und Gifft ins Hertz gibt daß sie unter einander Widerwillen schöpfen, deß ist er ein Meister und fleisset sichs aufs höchste und hats gethan ehe man sichs versiehet oder gewahr wird, wie sich zwischen Paulo und Barnaba begabe b daß sie Schaaf aneinander stiessen, und darüber von einander zogen. Jtem die zwey Männer Hiero- nymus und Ruffinus waren die besten Freunde, und wie Brüder und wurden doch so uneins über eine Vorrede, daß sie nicht konnten wieder Freund werden; das wäre auch zwischen St. Augustino und Hieronymo geschehen, wo Augustinus nicht kluger gewesen wä- re; und ach was für einen Jammer hat der Teufel zwischen Luthe- ro und Zwinglio angerichtet, daß die grosse und weite Wunden der Kirchen auch in 200. Jahren nicht hat mögen zuheilen; ach daß Luther diesen Anschlag deß Satans bey Zeiten gemerckt
hätte!
aJoh. XIII. 34. 35. XV. 9. 10.
bAct. XV.
Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
Goͤttliche Himmliſche zu verderben, in dem er die Liebe entweder gar zu fleiſchlich, kleſpericht und abgoͤttiſch macht oder in Haß verlarvet, das erſte iſt der gerade Weg zum andern, wie an Amon mit Tha- mar zu ſehen; Wann die Bewahrung ein heiliglich gemaͤßigten, auf GOTT abzielenden Liebe nicht ſchwaͤr und der Natur unmoͤglich waͤre, ſo haͤtte JESUS nicht ſo offt und hertzlich dazu ermah- net a.
der da nur Uneinig- keit anzu- richten ſuchet.
§. 10. Der Teufel richtet Zorn, Ungedult, Neid, Uneinigkeit an, wo er kan, wie es noch fuͤr Augen iſt, ſo hat es mit uns die Geſtalt, daß wir Reben ſind, die ohn Unterlaß Fegens und Reini- gens bedoͤrffen; Dann ob wir wohl in Chriſto rein ſind, ſo wir an- ders in ihm bleiben, ſo ſind wir doch unſers Lebens halb noch nicht gar rein, weil wir dieſen Sack am Hals tragen und bleibt noch mancherley taͤgliche Schwachheit und Gebrechen und kan nicht an- ders zugehen, es muß unterweilen ein Glied das ander ſtoſſen wie in unſerm Leib, ein Fuß oder Zehen den andern ſtoßt oder der Menſch ſich ſelbſt verletzet, ſolche Stoͤſſe und Anfechtung bleiben nicht auſ- ſen, ſonderlich weil wir allhier ſind in deß Teufels Reich, der uns ohn Unterlaß anfichtet und dazu das Fleiſch noch ſchwach und voll Gebrechen iſt; Darum kom̃ts auch wohl, daß auch die froͤmſten und allerliebſten Freunde uneins und ſtutzig unter einander werden, daß der Teufel zuweilen um eines Worts oder Blicks willen, ein Arg- wohn und Gifft ins Hertz gibt daß ſie unter einander Widerwillen ſchoͤpfen, deß iſt er ein Meiſter und fleiſſet ſichs aufs hoͤchſte und hats gethan ehe man ſichs verſiehet oder gewahr wird, wie ſich zwiſchen Paulo und Barnaba begabe b daß ſie Schaaf aneinander ſtieſſen, und daruͤber von einander zogen. Jtem die zwey Maͤnner Hiero- nymus und Ruffinus waren die beſten Freunde, und wie Bruͤder und wurden doch ſo uneins uͤber eine Vorrede, daß ſie nicht konnten wieder Freund werden; das waͤre auch zwiſchen St. Auguſtino und Hieronymo geſchehen, wo Auguſtinus nicht kluger geweſen waͤ- re; und ach was fuͤr einen Jammer hat der Teufel zwiſchen Luthe- ro und Zwinglio angerichtet, daß die groſſe und weite Wunden der Kirchen auch in 200. Jahren nicht hat moͤgen zuheilen; ach daß Luther dieſen Anſchlag deß Satans bey Zeiten gemerckt
haͤtte!
aJoh. XIII. 34. 35. XV. 9. 10.
bAct. XV.
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Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
Goͤttliche Himmliſche zu verderben, in dem er die Liebe entweder gar
zu fleiſchlich, kleſpericht und abgoͤttiſch macht oder in Haß verlarvet,
das erſte iſt der gerade Weg zum andern, wie an Amon mit Tha-
mar zu ſehen; Wann die Bewahrung ein heiliglich gemaͤßigten, auf
GOTT abzielenden Liebe nicht ſchwaͤr und der Natur unmoͤglich
waͤre, ſo haͤtte JESUS nicht ſo offt und hertzlich dazu ermah-
net a.
§. 10. Der Teufel richtet Zorn, Ungedult, Neid, Uneinigkeit
an, wo er kan, wie es noch fuͤr Augen iſt, ſo hat es mit uns die
Geſtalt, daß wir Reben ſind, die ohn Unterlaß Fegens und Reini-
gens bedoͤrffen; Dann ob wir wohl in Chriſto rein ſind, ſo wir an-
ders in ihm bleiben, ſo ſind wir doch unſers Lebens halb noch nicht
gar rein, weil wir dieſen Sack am Hals tragen und bleibt noch
mancherley taͤgliche Schwachheit und Gebrechen und kan nicht an-
ders zugehen, es muß unterweilen ein Glied das ander ſtoſſen wie
in unſerm Leib, ein Fuß oder Zehen den andern ſtoßt oder der Menſch
ſich ſelbſt verletzet, ſolche Stoͤſſe und Anfechtung bleiben nicht auſ-
ſen, ſonderlich weil wir allhier ſind in deß Teufels Reich, der uns
ohn Unterlaß anfichtet und dazu das Fleiſch noch ſchwach und voll
Gebrechen iſt; Darum kom̃ts auch wohl, daß auch die froͤmſten und
allerliebſten Freunde uneins und ſtutzig unter einander werden, daß
der Teufel zuweilen um eines Worts oder Blicks willen, ein Arg-
wohn und Gifft ins Hertz gibt daß ſie unter einander Widerwillen
ſchoͤpfen, deß iſt er ein Meiſter und fleiſſet ſichs aufs hoͤchſte und hats
gethan ehe man ſichs verſiehet oder gewahr wird, wie ſich zwiſchen
Paulo und Barnaba begabe b daß ſie Schaaf aneinander ſtieſſen,
und daruͤber von einander zogen. Jtem die zwey Maͤnner Hiero-
nymus und Ruffinus waren die beſten Freunde, und wie Bruͤder und
wurden doch ſo uneins uͤber eine Vorrede, daß ſie nicht konnten
wieder Freund werden; das waͤre auch zwiſchen St. Auguſtino
und Hieronymo geſchehen, wo Auguſtinus nicht kluger geweſen waͤ-
re; und ach was fuͤr einen Jammer hat der Teufel zwiſchen Luthe-
ro und Zwinglio angerichtet, daß die groſſe und weite Wunden
der Kirchen auch in 200. Jahren nicht hat moͤgen zuheilen;
ach daß Luther dieſen Anſchlag deß Satans bey Zeiten gemerckt
haͤtte!
a Joh. XIII. 34. 35. XV. 9. 10.
b Act. XV.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1268>, abgerufen am 22.11.2024.
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