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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Die geistliche Vermählung JEsu
haben einen jungen Gesellen angetroffen, der quer am Schatten ei-
nes Baums lage, und faullentzete; Diesen fragten sie, welchen
Weg man nehmen müsse zu jener Stadt; der Schlingel mochte
für unartiger Trägheit kaum reden, noch weniger sich rühren;
Sagte weiters nichts als: nur hiedurch, also daß man nichts dar-
aus schliessen konnte: Die Jünger setzten ihre Reise auf gerathwohl
fort, und traffen ein frisches Mägdlein an, das an einem Bach
mit der Wäsch geschäfftig ware, das befragten sie ebenfalls um den
Weg; dieses nun sprang daher, begleitete sie, so weit es noth war
und gab ihnen so umständlichen Bericht, daß sie deß Mägdleins
hurtige Willfährigkeit bewunderten, selbe dem HErren anrühm-
ten, und zu wissen begehrten, was vor eine Vergeltung sie dafür
kriegen solle. Die Antwort war: Jenen Faullentzer soll sie zum
Mann haben. Ey sagten die Jünger, warum doch das? Sie hat
was bessers verdient. JESUS sprach: Das wird ihr bestes seyn;
dann entweder bekehrt sie den Gesellen von seinem Laster, dessen sie
denn in der ewigen Freude und Herrlichkeit wird zu geniessen ha-
ben; oder wo er sich durch ihr Exempel nicht bessern läßt, so hat sie
Gelegenheit Schätze im Himmel zusammlen durch tägliche Ubungen
der Sanfftmuth, Gedult, Langmuth, unverdrossenen Arbeitsam-
keit deß Gebets, der stäten Gelassenheit in GOTTES Willen und
vieler andern heiligen Tugenden; also daß ihr Gnaden-Lohn im ewi-
gen Leben sehr groß seyn wird.

Mit einem
Exempel
einer Fr.
in Teutsch-
land.

§. 4. Es war unlängst eine übel verheurathete Frau in Teutsch-
land die mit der Bereitschafft viel zu schaffen hatte, mit dem holden
Bräutigam ins Hochzeit-Hauß hineinzugehen; diese zielete nach der
hohen Revier des innerlichen Friedens; Lernete eine seltsame Kunst
und gebrauchte sie auch täglich, nehmlich sie machte alle sauren Schle-
hen und Erbselen der bösen Worten und Wercken ihres Manns in
geläutertem, zerschmoltzenem Zucker ein, welches war die gäntzliche
Aufopferung ihres Willens an GOTT zu leiden alles was und wie
lang es seinem allergnädigsten Willen gefallen; begegnete dem groben
Filtzen stets mit lauterer Gütigkeit, versüssete dessen Verhalten mit
dem Zucker der Gedult Christi. Nun geschahe es einmahl, daß in
seiner Sauff- und Spielgesellschafft von beißigen, reißigen Hader-Katzen
geredt ward: Dieser aber rühmte, wie er gar nichts zu klagen habe,

sein

Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
haben einen jungen Geſellen angetroffen, der quer am Schatten ei-
nes Baums lage, und faullentzete; Dieſen fragten ſie, welchen
Weg man nehmen muͤſſe zu jener Stadt; der Schlingel mochte
fuͤr unartiger Traͤgheit kaum reden, noch weniger ſich ruͤhren;
Sagte weiters nichts als: nur hiedurch, alſo daß man nichts dar-
aus ſchlieſſen konnte: Die Juͤnger ſetzten ihre Reiſe auf gerathwohl
fort, und traffen ein friſches Maͤgdlein an, das an einem Bach
mit der Waͤſch geſchaͤfftig ware, das befragten ſie ebenfalls um den
Weg; dieſes nun ſprang daher, begleitete ſie, ſo weit es noth war
und gab ihnen ſo umſtaͤndlichen Bericht, daß ſie deß Maͤgdleins
hurtige Willfaͤhrigkeit bewunderten, ſelbe dem HErren anruͤhm-
ten, und zu wiſſen begehrten, was vor eine Vergeltung ſie dafuͤr
kriegen ſolle. Die Antwort war: Jenen Faullentzer ſoll ſie zum
Mann haben. Ey ſagten die Juͤnger, warum doch das? Sie hat
was beſſers verdient. JESUS ſprach: Das wird ihr beſtes ſeyn;
dann entweder bekehrt ſie den Geſellen von ſeinem Laſter, deſſen ſie
denn in der ewigen Freude und Herrlichkeit wird zu genieſſen ha-
ben; oder wo er ſich durch ihr Exempel nicht beſſern laͤßt, ſo hat ſie
Gelegenheit Schaͤtze im Himmel zuſammlen durch taͤgliche Ubungen
der Sanfftmuth, Gedult, Langmuth, unverdroſſenen Arbeitſam-
keit deß Gebets, der ſtaͤten Gelaſſenheit in GOTTES Willen und
vieler andern heiligen Tugenden; alſo daß ihr Gnaden-Lohn im ewi-
gen Leben ſehr groß ſeyn wird.

Mit einem
Exempel
einer Fr.
in Teutſch-
land.

§. 4. Es war unlaͤngſt eine uͤbel verheurathete Frau in Teutſch-
land die mit der Bereitſchafft viel zu ſchaffen hatte, mit dem holden
Braͤutigam ins Hochzeit-Hauß hineinzugehen; dieſe zielete nach der
hohen Revier des innerlichen Friedens; Lernete eine ſeltſame Kunſt
und gebrauchte ſie auch taͤglich, nehmlich ſie machte alle ſauren Schle-
hen und Erbſelen der boͤſen Worten und Wercken ihres Manns in
gelaͤutertem, zerſchmoltzenem Zucker ein, welches war die gaͤntzliche
Aufopferung ihres Willens an GOTT zu leiden alles was und wie
lang es ſeinem allergnaͤdigſten Willen gefallen; begegnete dem groben
Filtzen ſtets mit lauterer Guͤtigkeit, verſuͤſſete deſſen Verhalten mit
dem Zucker der Gedult Chriſti. Nun geſchahe es einmahl, daß in
ſeiner Sauff- und Spielgeſellſchafft von beißigen, reißigen Hader-Katzen
geredt ward: Dieſer aber ruͤhmte, wie er gar nichts zu klagen habe,

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[1186/1282] Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu haben einen jungen Geſellen angetroffen, der quer am Schatten ei- nes Baums lage, und faullentzete; Dieſen fragten ſie, welchen Weg man nehmen muͤſſe zu jener Stadt; der Schlingel mochte fuͤr unartiger Traͤgheit kaum reden, noch weniger ſich ruͤhren; Sagte weiters nichts als: nur hiedurch, alſo daß man nichts dar- aus ſchlieſſen konnte: Die Juͤnger ſetzten ihre Reiſe auf gerathwohl fort, und traffen ein friſches Maͤgdlein an, das an einem Bach mit der Waͤſch geſchaͤfftig ware, das befragten ſie ebenfalls um den Weg; dieſes nun ſprang daher, begleitete ſie, ſo weit es noth war und gab ihnen ſo umſtaͤndlichen Bericht, daß ſie deß Maͤgdleins hurtige Willfaͤhrigkeit bewunderten, ſelbe dem HErren anruͤhm- ten, und zu wiſſen begehrten, was vor eine Vergeltung ſie dafuͤr kriegen ſolle. Die Antwort war: Jenen Faullentzer ſoll ſie zum Mann haben. Ey ſagten die Juͤnger, warum doch das? Sie hat was beſſers verdient. JESUS ſprach: Das wird ihr beſtes ſeyn; dann entweder bekehrt ſie den Geſellen von ſeinem Laſter, deſſen ſie denn in der ewigen Freude und Herrlichkeit wird zu genieſſen ha- ben; oder wo er ſich durch ihr Exempel nicht beſſern laͤßt, ſo hat ſie Gelegenheit Schaͤtze im Himmel zuſammlen durch taͤgliche Ubungen der Sanfftmuth, Gedult, Langmuth, unverdroſſenen Arbeitſam- keit deß Gebets, der ſtaͤten Gelaſſenheit in GOTTES Willen und vieler andern heiligen Tugenden; alſo daß ihr Gnaden-Lohn im ewi- gen Leben ſehr groß ſeyn wird. §. 4. Es war unlaͤngſt eine uͤbel verheurathete Frau in Teutſch- land die mit der Bereitſchafft viel zu ſchaffen hatte, mit dem holden Braͤutigam ins Hochzeit-Hauß hineinzugehen; dieſe zielete nach der hohen Revier des innerlichen Friedens; Lernete eine ſeltſame Kunſt und gebrauchte ſie auch taͤglich, nehmlich ſie machte alle ſauren Schle- hen und Erbſelen der boͤſen Worten und Wercken ihres Manns in gelaͤutertem, zerſchmoltzenem Zucker ein, welches war die gaͤntzliche Aufopferung ihres Willens an GOTT zu leiden alles was und wie lang es ſeinem allergnaͤdigſten Willen gefallen; begegnete dem groben Filtzen ſtets mit lauterer Guͤtigkeit, verſuͤſſete deſſen Verhalten mit dem Zucker der Gedult Chriſti. Nun geſchahe es einmahl, daß in ſeiner Sauff- und Spielgeſellſchafft von beißigen, reißigen Hader-Katzen geredt ward: Dieſer aber ruͤhmte, wie er gar nichts zu klagen habe, ſein

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1282>, abgerufen am 22.11.2024.