Jndas Jscariot.sehr liebreich gegen Jhme, botte Jhm seine Hand, grüssete Jhn freundlich, umfienge und küssete Jhnl Aber es war ih- me doch nicht darum zu thun, sondern er hatte bey sich eine Schaar Kriegs-Knecht mit Spiessen, Stangen und Stricken den HErrn gefänglich einzuholen und zu creutzigen, damit er seinen versprochenen Lohn erlangte. Derowegen ohnangesehen seines äusserlichen Scheins, den er währender seiner Nachfolge mit JEsu geführet, nennete ihne der HErr lang zuvor einen eingefleischten Teufel. So machet ihrs; Jhr habt den Schein, als wann ihr es mit JEsu hieltet, kommet zu seinem Tisch, gebet ihm die Hand, stellet euch gantz familiar, demüthig, als seine beste Freunde gegen Jhme, als wann ihr euer Lebtag nicht mehr von Jhme zu weichen gesinnet wäret. Aber sihe! es ist lauter Falschheit, ihr gedencket an nichts wenigers, dann ihr bringet mit eine Schaar allerhand ver- borgener Greueln und Sünden, als so viel Spieß, Stangen und Stricke den HErrn aufs neu zu fangen, zu binden, in euer von Sünden-Koth angefülltes Hertz zu schleppen, und mit diesem hei- ligen JEsu nach euerm Belieben zu handeln. Ja ihr machts wie die Kriegs- und Henckers-Knecht, die zogen dem HErrn JEsu auch nach hinaus an die Schädel-Statt, aber mit Nägeln und Häm- meren den HErren an das Creutz anzuhefften, ja sie waren bey und um Jhn, da Er an dem Creutz gehangen, aber nur Jhne zu höh- nen und zu spotten: So kommt ihr auch zu dem gecreutzigten JEsu zu seiner Tafel, aber mit vielen herrschenden Sünden, als mit spi- tzigen und gifftigen Nägeln, und grossen Hämmern den unschuldi- gen JEsum noch härter an das Creutz zu schlagen. Kommt Jhne zu spotten. Dann da kommt ein listiger Fuchs, dorten ein nach Gold und Geld heißhungeriger Wolff, hier kommt ein unver- söhnlich Tyger-Thier, dort trittet ein stoltzer mit seinen schönen zwitze- renden bunten Federn stutzender Pfau daher, darauf folget ein nei- discher Hund, ein wollüstig Schwein, und endlich eine sachtschlei- chende, arglistige, verläumderische, gleißnerische Schlang. So kommet ihr als rechte Ungeheuer zu dem aufrichtigen, mildthäti- gen, gedultigen, leutseligen, niederträchtigen, alles mittheilenden, mit Dornen gecrönten, in Schmach und lauter Schmertzen leben- den, für die Sünder bittenden JEsum, ohne einige Begierd, die Krafft seines Todes in Creutzigung des alten Menschen zu erfahren,
son-
Wunder-Geheimnuß des
Jndas Jſcariot.ſehr liebreich gegen Jhme, botte Jhm ſeine Hand, gruͤſſete Jhn freundlich, umfienge und kuͤſſete Jhnl Aber es war ih- me doch nicht darum zu thun, ſondern er hatte bey ſich eine Schaar Kriegs-Knecht mit Spieſſen, Stangen und Stricken den HErrn gefaͤnglich einzuholen und zu creutzigen, damit er ſeinen verſprochenen Lohn erlangte. Derowegen ohnangeſehen ſeines aͤuſſerlichen Scheins, den er waͤhrender ſeiner Nachfolge mit JEſu gefuͤhret, nennete ihne der HErr lang zuvor einen eingefleiſchten Teufel. So machet ihrs; Jhr habt den Schein, als wann ihr es mit JEſu hieltet, kommet zu ſeinem Tiſch, gebet ihm die Hand, ſtellet euch gantz familiar, demuͤthig, als ſeine beſte Freunde gegen Jhme, als wann ihr euer Lebtag nicht mehr von Jhme zu weichen geſinnet waͤret. Aber ſihe! es iſt lauter Falſchheit, ihr gedencket an nichts wenigers, dann ihr bringet mit eine Schaar allerhand ver- borgener Greueln und Suͤnden, als ſo viel Spieß, Stangen und Stricke den HErrn aufs neu zu fangen, zu binden, in euer von Suͤnden-Koth angefuͤlltes Hertz zu ſchleppen, und mit dieſem hei- ligen JEſu nach euerm Belieben zu handeln. Ja ihr machts wie die Kriegs- und Henckers-Knecht, die zogen dem HErrn JEſu auch nach hinaus an die Schaͤdel-Statt, aber mit Naͤgeln und Haͤm- meren den HErren an das Creutz anzuhefften, ja ſie waren bey und um Jhn, da Er an dem Creutz gehangen, aber nur Jhne zu hoͤh- nen und zu ſpotten: So kommt ihr auch zu dem gecreutzigten JEſu zu ſeiner Tafel, aber mit vielen herrſchenden Suͤnden, als mit ſpi- tzigen und gifftigen Naͤgeln, und groſſen Haͤmmern den unſchuldi- gen JEſum noch haͤrter an das Creutz zu ſchlagen. Kommt Jhne zu ſpotten. Dann da kommt ein liſtiger Fuchs, dorten ein nach Gold und Geld heißhungeriger Wolff, hier kommt ein unver- ſoͤhnlich Tyger-Thier, dort trittet ein ſtoltzer mit ſeinen ſchoͤnen zwitze- renden bunten Federn ſtutzender Pfau daher, darauf folget ein nei- diſcher Hund, ein wolluͤſtig Schwein, und endlich eine ſachtſchlei- chende, argliſtige, verlaͤumderiſche, gleißneriſche Schlang. So kommet ihr als rechte Ungeheuer zu dem aufrichtigen, mildthaͤti- gen, gedultigen, leutſeligen, niedertraͤchtigen, alles mittheilenden, mit Dornen gecroͤnten, in Schmach und lauter Schmertzen leben- den, fuͤr die Suͤnder bittenden JEſum, ohne einige Begierd, die Krafft ſeines Todes in Creutzigung des alten Menſchen zu erfahren,
ſon-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0140"n="44"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Wunder-Geheimnuß des</hi></fw><lb/><noteplace="left">Jndas<lb/>
Jſcariot.</note>ſehr liebreich gegen Jhme, botte Jhm ſeine Hand, gruͤſſete<lb/>
Jhn freundlich, umfienge und kuͤſſete Jhnl Aber es war ih-<lb/>
me doch nicht darum zu thun, ſondern er hatte bey ſich eine<lb/>
Schaar Kriegs-Knecht mit Spieſſen, Stangen und Stricken<lb/>
den HErrn gefaͤnglich einzuholen und zu creutzigen, damit er<lb/>ſeinen verſprochenen Lohn erlangte. Derowegen ohnangeſehen ſeines<lb/>
aͤuſſerlichen Scheins, den er waͤhrender ſeiner Nachfolge mit JEſu<lb/>
gefuͤhret, nennete ihne der HErr lang zuvor einen eingefleiſchten<lb/>
Teufel. So machet ihrs; Jhr habt den Schein, als wann ihr es<lb/>
mit JEſu hieltet, kommet zu ſeinem Tiſch, gebet ihm die Hand,<lb/>ſtellet euch gantz familiar, demuͤthig, als ſeine beſte Freunde gegen<lb/>
Jhme, als wann ihr euer Lebtag nicht mehr von Jhme zu weichen<lb/>
geſinnet waͤret. Aber ſihe! es iſt lauter Falſchheit, ihr gedencket an<lb/>
nichts wenigers, dann ihr bringet mit eine Schaar allerhand ver-<lb/>
borgener Greueln und Suͤnden, als ſo viel Spieß, Stangen und<lb/>
Stricke den HErrn aufs neu zu fangen, zu binden, in euer von<lb/>
Suͤnden-Koth angefuͤlltes Hertz zu ſchleppen, und mit dieſem hei-<lb/>
ligen JEſu nach euerm Belieben zu handeln. Ja ihr machts wie<lb/>
die Kriegs- und Henckers-Knecht, die zogen dem HErrn JEſu auch<lb/>
nach hinaus an die Schaͤdel-Statt, aber mit Naͤgeln und Haͤm-<lb/>
meren den HErren an das Creutz anzuhefften, ja ſie waren bey und<lb/>
um Jhn, da Er an dem Creutz gehangen, aber nur Jhne zu hoͤh-<lb/>
nen und zu ſpotten: So kommt ihr auch zu dem gecreutzigten JEſu<lb/>
zu ſeiner Tafel, aber mit vielen herrſchenden Suͤnden, als mit ſpi-<lb/>
tzigen und gifftigen Naͤgeln, und groſſen Haͤmmern den unſchuldi-<lb/>
gen JEſum noch haͤrter an das Creutz zu ſchlagen. Kommt Jhne<lb/>
zu ſpotten. Dann da kommt ein liſtiger Fuchs, dorten ein nach<lb/>
Gold und Geld heißhungeriger Wolff, hier kommt ein unver-<lb/>ſoͤhnlich Tyger-Thier, dort trittet ein ſtoltzer mit ſeinen ſchoͤnen zwitze-<lb/>
renden bunten Federn ſtutzender Pfau daher, darauf folget ein nei-<lb/>
diſcher Hund, ein wolluͤſtig Schwein, und endlich eine ſachtſchlei-<lb/>
chende, argliſtige, verlaͤumderiſche, gleißneriſche Schlang. So<lb/>
kommet ihr als rechte Ungeheuer zu dem aufrichtigen, mildthaͤti-<lb/>
gen, gedultigen, leutſeligen, niedertraͤchtigen, alles mittheilenden,<lb/>
mit Dornen gecroͤnten, in Schmach und lauter Schmertzen leben-<lb/>
den, fuͤr die Suͤnder bittenden JEſum, ohne einige Begierd, die<lb/>
Krafft ſeines Todes in Creutzigung des alten Menſchen zu erfahren,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſon-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[44/0140]
Wunder-Geheimnuß des
ſehr liebreich gegen Jhme, botte Jhm ſeine Hand, gruͤſſete
Jhn freundlich, umfienge und kuͤſſete Jhnl Aber es war ih-
me doch nicht darum zu thun, ſondern er hatte bey ſich eine
Schaar Kriegs-Knecht mit Spieſſen, Stangen und Stricken
den HErrn gefaͤnglich einzuholen und zu creutzigen, damit er
ſeinen verſprochenen Lohn erlangte. Derowegen ohnangeſehen ſeines
aͤuſſerlichen Scheins, den er waͤhrender ſeiner Nachfolge mit JEſu
gefuͤhret, nennete ihne der HErr lang zuvor einen eingefleiſchten
Teufel. So machet ihrs; Jhr habt den Schein, als wann ihr es
mit JEſu hieltet, kommet zu ſeinem Tiſch, gebet ihm die Hand,
ſtellet euch gantz familiar, demuͤthig, als ſeine beſte Freunde gegen
Jhme, als wann ihr euer Lebtag nicht mehr von Jhme zu weichen
geſinnet waͤret. Aber ſihe! es iſt lauter Falſchheit, ihr gedencket an
nichts wenigers, dann ihr bringet mit eine Schaar allerhand ver-
borgener Greueln und Suͤnden, als ſo viel Spieß, Stangen und
Stricke den HErrn aufs neu zu fangen, zu binden, in euer von
Suͤnden-Koth angefuͤlltes Hertz zu ſchleppen, und mit dieſem hei-
ligen JEſu nach euerm Belieben zu handeln. Ja ihr machts wie
die Kriegs- und Henckers-Knecht, die zogen dem HErrn JEſu auch
nach hinaus an die Schaͤdel-Statt, aber mit Naͤgeln und Haͤm-
meren den HErren an das Creutz anzuhefften, ja ſie waren bey und
um Jhn, da Er an dem Creutz gehangen, aber nur Jhne zu hoͤh-
nen und zu ſpotten: So kommt ihr auch zu dem gecreutzigten JEſu
zu ſeiner Tafel, aber mit vielen herrſchenden Suͤnden, als mit ſpi-
tzigen und gifftigen Naͤgeln, und groſſen Haͤmmern den unſchuldi-
gen JEſum noch haͤrter an das Creutz zu ſchlagen. Kommt Jhne
zu ſpotten. Dann da kommt ein liſtiger Fuchs, dorten ein nach
Gold und Geld heißhungeriger Wolff, hier kommt ein unver-
ſoͤhnlich Tyger-Thier, dort trittet ein ſtoltzer mit ſeinen ſchoͤnen zwitze-
renden bunten Federn ſtutzender Pfau daher, darauf folget ein nei-
diſcher Hund, ein wolluͤſtig Schwein, und endlich eine ſachtſchlei-
chende, argliſtige, verlaͤumderiſche, gleißneriſche Schlang. So
kommet ihr als rechte Ungeheuer zu dem aufrichtigen, mildthaͤti-
gen, gedultigen, leutſeligen, niedertraͤchtigen, alles mittheilenden,
mit Dornen gecroͤnten, in Schmach und lauter Schmertzen leben-
den, fuͤr die Suͤnder bittenden JEſum, ohne einige Begierd, die
Krafft ſeines Todes in Creutzigung des alten Menſchen zu erfahren,
ſon-
Jndas
Jſcariot.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/140>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.