Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Wunder-Geheimnuß des
Jndas
Jscariot.
sehr liebreich gegen Jhme, botte Jhm seine Hand, grüssete
Jhn freundlich, umfienge und küssete Jhnl Aber es war ih-
me doch nicht darum zu thun, sondern er hatte bey sich eine
Schaar Kriegs-Knecht mit Spiessen, Stangen und Stricken
den HErrn gefänglich einzuholen und zu creutzigen, damit er
seinen versprochenen Lohn erlangte. Derowegen ohnangesehen seines
äusserlichen Scheins, den er währender seiner Nachfolge mit JEsu
geführet, nennete ihne der HErr lang zuvor einen eingefleischten
Teufel. So machet ihrs; Jhr habt den Schein, als wann ihr es
mit JEsu hieltet, kommet zu seinem Tisch, gebet ihm die Hand,
stellet euch gantz familiar, demüthig, als seine beste Freunde gegen
Jhme, als wann ihr euer Lebtag nicht mehr von Jhme zu weichen
gesinnet wäret. Aber sihe! es ist lauter Falschheit, ihr gedencket an
nichts wenigers, dann ihr bringet mit eine Schaar allerhand ver-
borgener Greueln und Sünden, als so viel Spieß, Stangen und
Stricke den HErrn aufs neu zu fangen, zu binden, in euer von
Sünden-Koth angefülltes Hertz zu schleppen, und mit diesem hei-
ligen JEsu nach euerm Belieben zu handeln. Ja ihr machts wie
die Kriegs- und Henckers-Knecht, die zogen dem HErrn JEsu auch
nach hinaus an die Schädel-Statt, aber mit Nägeln und Häm-
meren den HErren an das Creutz anzuhefften, ja sie waren bey und
um Jhn, da Er an dem Creutz gehangen, aber nur Jhne zu höh-
nen und zu spotten: So kommt ihr auch zu dem gecreutzigten JEsu
zu seiner Tafel, aber mit vielen herrschenden Sünden, als mit spi-
tzigen und gifftigen Nägeln, und grossen Hämmern den unschuldi-
gen JEsum noch härter an das Creutz zu schlagen. Kommt Jhne
zu spotten. Dann da kommt ein listiger Fuchs, dorten ein nach
Gold und Geld heißhungeriger Wolff, hier kommt ein unver-
söhnlich Tyger-Thier, dort trittet ein stoltzer mit seinen schönen zwitze-
renden bunten Federn stutzender Pfau daher, darauf folget ein nei-
discher Hund, ein wollüstig Schwein, und endlich eine sachtschlei-
chende, arglistige, verläumderische, gleißnerische Schlang. So
kommet ihr als rechte Ungeheuer zu dem aufrichtigen, mildthäti-
gen, gedultigen, leutseligen, niederträchtigen, alles mittheilenden,
mit Dornen gecrönten, in Schmach und lauter Schmertzen leben-
den, für die Sünder bittenden JEsum, ohne einige Begierd, die
Krafft seines Todes in Creutzigung des alten Menschen zu erfahren,

son-

Wunder-Geheimnuß des
Jndas
Jſcariot.
ſehr liebreich gegen Jhme, botte Jhm ſeine Hand, gruͤſſete
Jhn freundlich, umfienge und kuͤſſete Jhnl Aber es war ih-
me doch nicht darum zu thun, ſondern er hatte bey ſich eine
Schaar Kriegs-Knecht mit Spieſſen, Stangen und Stricken
den HErrn gefaͤnglich einzuholen und zu creutzigen, damit er
ſeinen verſprochenen Lohn erlangte. Derowegen ohnangeſehen ſeines
aͤuſſerlichen Scheins, den er waͤhrender ſeiner Nachfolge mit JEſu
gefuͤhret, nennete ihne der HErr lang zuvor einen eingefleiſchten
Teufel. So machet ihrs; Jhr habt den Schein, als wann ihr es
mit JEſu hieltet, kommet zu ſeinem Tiſch, gebet ihm die Hand,
ſtellet euch gantz familiar, demuͤthig, als ſeine beſte Freunde gegen
Jhme, als wann ihr euer Lebtag nicht mehr von Jhme zu weichen
geſinnet waͤret. Aber ſihe! es iſt lauter Falſchheit, ihr gedencket an
nichts wenigers, dann ihr bringet mit eine Schaar allerhand ver-
borgener Greueln und Suͤnden, als ſo viel Spieß, Stangen und
Stricke den HErrn aufs neu zu fangen, zu binden, in euer von
Suͤnden-Koth angefuͤlltes Hertz zu ſchleppen, und mit dieſem hei-
ligen JEſu nach euerm Belieben zu handeln. Ja ihr machts wie
die Kriegs- und Henckers-Knecht, die zogen dem HErrn JEſu auch
nach hinaus an die Schaͤdel-Statt, aber mit Naͤgeln und Haͤm-
meren den HErren an das Creutz anzuhefften, ja ſie waren bey und
um Jhn, da Er an dem Creutz gehangen, aber nur Jhne zu hoͤh-
nen und zu ſpotten: So kommt ihr auch zu dem gecreutzigten JEſu
zu ſeiner Tafel, aber mit vielen herrſchenden Suͤnden, als mit ſpi-
tzigen und gifftigen Naͤgeln, und groſſen Haͤmmern den unſchuldi-
gen JEſum noch haͤrter an das Creutz zu ſchlagen. Kommt Jhne
zu ſpotten. Dann da kommt ein liſtiger Fuchs, dorten ein nach
Gold und Geld heißhungeriger Wolff, hier kommt ein unver-
ſoͤhnlich Tyger-Thier, dort trittet ein ſtoltzer mit ſeinen ſchoͤnen zwitze-
renden bunten Federn ſtutzender Pfau daher, darauf folget ein nei-
diſcher Hund, ein wolluͤſtig Schwein, und endlich eine ſachtſchlei-
chende, argliſtige, verlaͤumderiſche, gleißneriſche Schlang. So
kommet ihr als rechte Ungeheuer zu dem aufrichtigen, mildthaͤti-
gen, gedultigen, leutſeligen, niedertraͤchtigen, alles mittheilenden,
mit Dornen gecroͤnten, in Schmach und lauter Schmertzen leben-
den, fuͤr die Suͤnder bittenden JEſum, ohne einige Begierd, die
Krafft ſeines Todes in Creutzigung des alten Menſchen zu erfahren,

ſon-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0140" n="44"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Wunder-Geheimnuß des</hi></fw><lb/><note place="left">Jndas<lb/>
J&#x017F;cariot.</note>&#x017F;ehr liebreich gegen Jhme, botte Jhm &#x017F;eine Hand, gru&#x0364;&#x017F;&#x017F;ete<lb/>
Jhn freundlich, umfienge und ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;ete Jhnl Aber es war ih-<lb/>
me doch nicht darum zu thun, &#x017F;ondern er hatte bey &#x017F;ich eine<lb/>
Schaar Kriegs-Knecht mit Spie&#x017F;&#x017F;en, Stangen und Stricken<lb/>
den HErrn gefa&#x0364;nglich einzuholen und zu creutzigen, damit er<lb/>
&#x017F;einen ver&#x017F;prochenen Lohn erlangte. Derowegen ohnange&#x017F;ehen &#x017F;eines<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Scheins, den er wa&#x0364;hrender &#x017F;einer Nachfolge mit JE&#x017F;u<lb/>
gefu&#x0364;hret, nennete ihne der HErr lang zuvor einen eingeflei&#x017F;chten<lb/>
Teufel. So machet ihrs; Jhr habt den Schein, als wann ihr es<lb/>
mit JE&#x017F;u hieltet, kommet zu &#x017F;einem Ti&#x017F;ch, gebet ihm die Hand,<lb/>
&#x017F;tellet euch gantz familiar, demu&#x0364;thig, als &#x017F;eine be&#x017F;te Freunde gegen<lb/>
Jhme, als wann ihr euer Lebtag nicht mehr von Jhme zu weichen<lb/>
ge&#x017F;innet wa&#x0364;ret. Aber &#x017F;ihe! es i&#x017F;t lauter Fal&#x017F;chheit, ihr gedencket an<lb/>
nichts wenigers, dann ihr bringet mit eine Schaar allerhand ver-<lb/>
borgener Greueln und Su&#x0364;nden, als &#x017F;o viel Spieß, Stangen und<lb/>
Stricke den HErrn aufs neu zu fangen, zu binden, in euer von<lb/>
Su&#x0364;nden-Koth angefu&#x0364;lltes Hertz zu &#x017F;chleppen, und mit die&#x017F;em hei-<lb/>
ligen JE&#x017F;u nach euerm Belieben zu handeln. Ja ihr machts wie<lb/>
die Kriegs- und Henckers-Knecht, die zogen dem HErrn JE&#x017F;u auch<lb/>
nach hinaus an die Scha&#x0364;del-Statt, aber mit Na&#x0364;geln und Ha&#x0364;m-<lb/>
meren den HErren an das Creutz anzuhefften, ja &#x017F;ie waren bey und<lb/>
um Jhn, da Er an dem Creutz gehangen, aber nur Jhne zu ho&#x0364;h-<lb/>
nen und zu &#x017F;potten: So kommt ihr auch zu dem gecreutzigten JE&#x017F;u<lb/>
zu &#x017F;einer Tafel, aber mit vielen herr&#x017F;chenden Su&#x0364;nden, als mit &#x017F;pi-<lb/>
tzigen und gifftigen Na&#x0364;geln, und gro&#x017F;&#x017F;en Ha&#x0364;mmern den un&#x017F;chuldi-<lb/>
gen JE&#x017F;um noch ha&#x0364;rter an das Creutz zu &#x017F;chlagen. Kommt Jhne<lb/>
zu &#x017F;potten. Dann da kommt ein li&#x017F;tiger Fuchs, dorten ein nach<lb/>
Gold und Geld heißhungeriger Wolff, hier kommt ein unver-<lb/>
&#x017F;o&#x0364;hnlich Tyger-Thier, dort trittet ein &#x017F;toltzer mit &#x017F;einen &#x017F;cho&#x0364;nen zwitze-<lb/>
renden bunten Federn &#x017F;tutzender Pfau daher, darauf folget ein nei-<lb/>
di&#x017F;cher Hund, ein wollu&#x0364;&#x017F;tig Schwein, und endlich eine &#x017F;acht&#x017F;chlei-<lb/>
chende, argli&#x017F;tige, verla&#x0364;umderi&#x017F;che, gleißneri&#x017F;che Schlang. So<lb/>
kommet ihr als rechte Ungeheuer zu dem aufrichtigen, mildtha&#x0364;ti-<lb/>
gen, gedultigen, leut&#x017F;eligen, niedertra&#x0364;chtigen, alles mittheilenden,<lb/>
mit Dornen gecro&#x0364;nten, in Schmach und lauter Schmertzen leben-<lb/>
den, fu&#x0364;r die Su&#x0364;nder bittenden JE&#x017F;um, ohne einige Begierd, die<lb/>
Krafft &#x017F;eines Todes in Creutzigung des alten Men&#x017F;chen zu erfahren,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;on-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0140] Wunder-Geheimnuß des ſehr liebreich gegen Jhme, botte Jhm ſeine Hand, gruͤſſete Jhn freundlich, umfienge und kuͤſſete Jhnl Aber es war ih- me doch nicht darum zu thun, ſondern er hatte bey ſich eine Schaar Kriegs-Knecht mit Spieſſen, Stangen und Stricken den HErrn gefaͤnglich einzuholen und zu creutzigen, damit er ſeinen verſprochenen Lohn erlangte. Derowegen ohnangeſehen ſeines aͤuſſerlichen Scheins, den er waͤhrender ſeiner Nachfolge mit JEſu gefuͤhret, nennete ihne der HErr lang zuvor einen eingefleiſchten Teufel. So machet ihrs; Jhr habt den Schein, als wann ihr es mit JEſu hieltet, kommet zu ſeinem Tiſch, gebet ihm die Hand, ſtellet euch gantz familiar, demuͤthig, als ſeine beſte Freunde gegen Jhme, als wann ihr euer Lebtag nicht mehr von Jhme zu weichen geſinnet waͤret. Aber ſihe! es iſt lauter Falſchheit, ihr gedencket an nichts wenigers, dann ihr bringet mit eine Schaar allerhand ver- borgener Greueln und Suͤnden, als ſo viel Spieß, Stangen und Stricke den HErrn aufs neu zu fangen, zu binden, in euer von Suͤnden-Koth angefuͤlltes Hertz zu ſchleppen, und mit dieſem hei- ligen JEſu nach euerm Belieben zu handeln. Ja ihr machts wie die Kriegs- und Henckers-Knecht, die zogen dem HErrn JEſu auch nach hinaus an die Schaͤdel-Statt, aber mit Naͤgeln und Haͤm- meren den HErren an das Creutz anzuhefften, ja ſie waren bey und um Jhn, da Er an dem Creutz gehangen, aber nur Jhne zu hoͤh- nen und zu ſpotten: So kommt ihr auch zu dem gecreutzigten JEſu zu ſeiner Tafel, aber mit vielen herrſchenden Suͤnden, als mit ſpi- tzigen und gifftigen Naͤgeln, und groſſen Haͤmmern den unſchuldi- gen JEſum noch haͤrter an das Creutz zu ſchlagen. Kommt Jhne zu ſpotten. Dann da kommt ein liſtiger Fuchs, dorten ein nach Gold und Geld heißhungeriger Wolff, hier kommt ein unver- ſoͤhnlich Tyger-Thier, dort trittet ein ſtoltzer mit ſeinen ſchoͤnen zwitze- renden bunten Federn ſtutzender Pfau daher, darauf folget ein nei- diſcher Hund, ein wolluͤſtig Schwein, und endlich eine ſachtſchlei- chende, argliſtige, verlaͤumderiſche, gleißneriſche Schlang. So kommet ihr als rechte Ungeheuer zu dem aufrichtigen, mildthaͤti- gen, gedultigen, leutſeligen, niedertraͤchtigen, alles mittheilenden, mit Dornen gecroͤnten, in Schmach und lauter Schmertzen leben- den, fuͤr die Suͤnder bittenden JEſum, ohne einige Begierd, die Krafft ſeines Todes in Creutzigung des alten Menſchen zu erfahren, ſon- Jndas Jſcariot.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/140
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/140>, abgerufen am 21.11.2024.