Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Die geistliche Vermählung JEsu
Leben, wie dem heiligen Mann Job begegnet; alle Creaturen neh-
men das Reißaus und sind leidige Tröster: Hier kommt die vorhin
so reich begnadete Fürstin um alle Gaben, Kräffte, Empfindungen,
Liechter, Erquickungen, schwebet in Verlassung von aller Hülff und
Trost entblösset, gerath in grosse Verachtung, fällt so tieff hinunter,
als hoch sie, ehe diese Prüffung über sie kam, gehalten ward, man
argwohnet alles Schlimme von ihr, und beschuldigt sie der ärgsten
Heucheley: Wirfft sie aber bey dem allem ihr Vertrauen zu Chri-
sto nicht hinweg, kämpfft über der Liebe GOTTES und aller Men-
schen, bettet die allerheiligste, weisseste, allergnädigste Vorsehung
des getreuen Vatters und CHRJSTJ in allen Dingen an, auch
in Zulassung ihrer Sünden-Fällen, unvorsichtigen Thorheiten und
Unordnungen ringet nach stiller, gelassener Zufriedenheit ein Feg-
Opfer der Welt zu werden, und läßt sich von der Gnade verwah-
ren, daß sie einmahl an der Seelen keinen Schaden leyde, behält
Glauben, Liebe, Gedult, Hoffnung, Keuschheit; Hütet sich, wa-
chet und betet, daß sie sich nirgend inn an CHRJSTO versün-
dige; nimmet alle innere und äussere Drangsalen, Verlassungen
von GOTT und Menschen, alle harte, widrige Urtheile von Freun-
den und Feinden, als ein theuer Geschenck aus der gekreutzigten
Hand CHRJSTJ an mit ehrerbietigem Danck und hertzlicher
Demuth; so gewinnet sie in ihrer Leydens-Zeit wohl das Allerköst-
lichste in ihrem gantzen Leben, dazu sie mit den allerstrengsten Buß-
Ubungen nicht hätte gelangen können, da führet sie GOTT hinein
in die Kammern seines wahren Friedens und seeligen Ruhe: JE-
sus geußt in ein so wohl gereiniget Gefäß den edelsten Balsam sei-
nes Himmelreichs also, daß, was sie von diesem geistlichen Marter-
thum besaß, gegen dem was sie nachwerts bekommt, wie Bley ge-
gen Gold zu rechnen.

ihre Liebe
je mehr
und mehr
reitzen.

§. 9. 4. Reitze seine Liebe immer mehr gegen dir mit Gottseligen
Bewegungen des Willens; Ube dich im Gebet, nahe dich zu ihm,
folge seinem Eingeben, bete ihn an im innersten Grund deines Her-
tzens, ersticke die eitele Einfälle, weise die Anfechtungen sänfftiglich
und mit Verachtung ab, so werden die schönste Geistes Geburten

hervor

Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
Leben, wie dem heiligen Mann Job begegnet; alle Creaturen neh-
men das Reißaus und ſind leidige Troͤſter: Hier kommt die vorhin
ſo reich begnadete Fuͤrſtin um alle Gaben, Kraͤffte, Empfindungen,
Liechter, Erquickungen, ſchwebet in Verlaſſung von aller Huͤlff und
Troſt entbloͤſſet, gerath in groſſe Verachtung, faͤllt ſo tieff hinunter,
als hoch ſie, ehe dieſe Pruͤffung uͤber ſie kam, gehalten ward, man
argwohnet alles Schlimme von ihr, und beſchuldigt ſie der aͤrgſten
Heucheley: Wirfft ſie aber bey dem allem ihr Vertrauen zu Chri-
ſto nicht hinweg, kaͤmpfft uͤber der Liebe GOTTES und aller Men-
ſchen, bettet die allerheiligſte, weiſſeſte, allergnaͤdigſte Vorſehung
des getreuen Vatters und CHRJSTJ in allen Dingen an, auch
in Zulaſſung ihrer Suͤnden-Faͤllen, unvorſichtigen Thorheiten und
Unordnungen ringet nach ſtiller, gelaſſener Zufriedenheit ein Feg-
Opfer der Welt zu werden, und laͤßt ſich von der Gnade verwah-
ren, daß ſie einmahl an der Seelen keinen Schaden leyde, behaͤlt
Glauben, Liebe, Gedult, Hoffnung, Keuſchheit; Huͤtet ſich, wa-
chet und betet, daß ſie ſich nirgend inn an CHRJSTO verſuͤn-
dige; nimmet alle innere und aͤuſſere Drangſalen, Verlaſſungen
von GOTT und Menſchen, alle harte, widrige Urtheile von Freun-
den und Feinden, als ein theuer Geſchenck aus der gekreutzigten
Hand CHRJSTJ an mit ehrerbietigem Danck und hertzlicher
Demuth; ſo gewinnet ſie in ihrer Leydens-Zeit wohl das Allerkoͤſt-
lichſte in ihrem gantzen Leben, dazu ſie mit den allerſtrengſten Buß-
Ubungen nicht haͤtte gelangen koͤnnen, da fuͤhret ſie GOTT hinein
in die Kammern ſeines wahren Friedens und ſeeligen Ruhe: JE-
ſus geußt in ein ſo wohl gereiniget Gefaͤß den edelſten Balſam ſei-
nes Himmelreichs alſo, daß, was ſie von dieſem geiſtlichen Marter-
thum beſaß, gegen dem was ſie nachwerts bekommt, wie Bley ge-
gen Gold zu rechnen.

ihre Liebe
je mehr
und mehr
reitzen.

§. 9. 4. Reitze ſeine Liebe immer mehr gegen dir mit Gottſeligen
Bewegungen des Willens; Ube dich im Gebet, nahe dich zu ihm,
folge ſeinem Eingeben, bete ihn an im innerſten Grund deines Her-
tzens, erſticke die eitele Einfaͤlle, weiſe die Anfechtungen ſaͤnfftiglich
und mit Verachtung ab, ſo werden die ſchoͤnſte Geiſtes Geburten

hervor
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1412" n="1316"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die gei&#x017F;tliche Verma&#x0364;hlung JE&#x017F;u</hi></fw><lb/>
Leben, wie dem heiligen Mann Job begegnet; alle Creaturen neh-<lb/>
men das Reißaus und &#x017F;ind leidige Tro&#x0364;&#x017F;ter: Hier kommt die vorhin<lb/>
&#x017F;o reich begnadete Fu&#x0364;r&#x017F;tin um alle Gaben, Kra&#x0364;ffte, Empfindungen,<lb/>
Liechter, Erquickungen, &#x017F;chwebet in Verla&#x017F;&#x017F;ung von aller Hu&#x0364;lff und<lb/>
Tro&#x017F;t entblo&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, gerath in gro&#x017F;&#x017F;e Verachtung, fa&#x0364;llt &#x017F;o tieff hinunter,<lb/>
als hoch &#x017F;ie, ehe die&#x017F;e Pru&#x0364;ffung u&#x0364;ber &#x017F;ie kam, gehalten ward, man<lb/>
argwohnet alles Schlimme von ihr, und be&#x017F;chuldigt &#x017F;ie der a&#x0364;rg&#x017F;ten<lb/>
Heucheley: Wirfft &#x017F;ie aber bey dem allem ihr Vertrauen zu Chri-<lb/>
&#x017F;to nicht hinweg, ka&#x0364;mpfft u&#x0364;ber der Liebe GOTTES und aller Men-<lb/>
&#x017F;chen, bettet die allerheilig&#x017F;te, wei&#x017F;&#x017F;e&#x017F;te, allergna&#x0364;dig&#x017F;te Vor&#x017F;ehung<lb/>
des getreuen Vatters und CHRJSTJ in allen Dingen an, auch<lb/>
in Zula&#x017F;&#x017F;ung ihrer Su&#x0364;nden-Fa&#x0364;llen, unvor&#x017F;ichtigen Thorheiten und<lb/>
Unordnungen ringet nach &#x017F;tiller, gela&#x017F;&#x017F;ener Zufriedenheit ein Feg-<lb/>
Opfer der Welt zu werden, und la&#x0364;ßt &#x017F;ich von der Gnade verwah-<lb/>
ren, daß &#x017F;ie einmahl an der Seelen keinen Schaden leyde, beha&#x0364;lt<lb/>
Glauben, Liebe, Gedult, Hoffnung, Keu&#x017F;chheit; Hu&#x0364;tet &#x017F;ich, wa-<lb/>
chet und betet, daß &#x017F;ie &#x017F;ich nirgend inn an CHRJSTO ver&#x017F;u&#x0364;n-<lb/>
dige; nimmet alle innere und a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ere Drang&#x017F;alen, Verla&#x017F;&#x017F;ungen<lb/>
von GOTT und Men&#x017F;chen, alle harte, widrige Urtheile von Freun-<lb/>
den und Feinden, als ein theuer Ge&#x017F;chenck aus der gekreutzigten<lb/>
Hand CHRJSTJ an mit ehrerbietigem Danck und hertzlicher<lb/>
Demuth; &#x017F;o gewinnet &#x017F;ie in ihrer Leydens-Zeit wohl das Allerko&#x0364;&#x017F;t-<lb/>
lich&#x017F;te in ihrem gantzen Leben, dazu &#x017F;ie mit den aller&#x017F;treng&#x017F;ten Buß-<lb/>
Ubungen nicht ha&#x0364;tte gelangen ko&#x0364;nnen, da fu&#x0364;hret &#x017F;ie GOTT hinein<lb/>
in die Kammern &#x017F;eines wahren Friedens und &#x017F;eeligen Ruhe: JE-<lb/>
&#x017F;us geußt in ein &#x017F;o wohl gereiniget Gefa&#x0364;ß den edel&#x017F;ten Bal&#x017F;am &#x017F;ei-<lb/>
nes Himmelreichs al&#x017F;o, daß, was &#x017F;ie von die&#x017F;em gei&#x017F;tlichen Marter-<lb/>
thum be&#x017F;aß, gegen dem was &#x017F;ie nachwerts bekommt, wie Bley ge-<lb/>
gen Gold zu rechnen.</p><lb/>
          <note place="left">ihre Liebe<lb/>
je mehr<lb/>
und mehr<lb/>
reitzen.</note>
          <p>§. 9. 4. Reitze &#x017F;eine Liebe immer mehr gegen dir mit Gott&#x017F;eligen<lb/>
Bewegungen des Willens; Ube dich im Gebet, nahe dich zu ihm,<lb/>
folge &#x017F;einem Eingeben, bete ihn an im inner&#x017F;ten Grund deines Her-<lb/>
tzens, er&#x017F;ticke die eitele Einfa&#x0364;lle, wei&#x017F;e die Anfechtungen &#x017F;a&#x0364;nfftiglich<lb/>
und mit Verachtung ab, &#x017F;o werden die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Gei&#x017F;tes Geburten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hervor</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1316/1412] Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu Leben, wie dem heiligen Mann Job begegnet; alle Creaturen neh- men das Reißaus und ſind leidige Troͤſter: Hier kommt die vorhin ſo reich begnadete Fuͤrſtin um alle Gaben, Kraͤffte, Empfindungen, Liechter, Erquickungen, ſchwebet in Verlaſſung von aller Huͤlff und Troſt entbloͤſſet, gerath in groſſe Verachtung, faͤllt ſo tieff hinunter, als hoch ſie, ehe dieſe Pruͤffung uͤber ſie kam, gehalten ward, man argwohnet alles Schlimme von ihr, und beſchuldigt ſie der aͤrgſten Heucheley: Wirfft ſie aber bey dem allem ihr Vertrauen zu Chri- ſto nicht hinweg, kaͤmpfft uͤber der Liebe GOTTES und aller Men- ſchen, bettet die allerheiligſte, weiſſeſte, allergnaͤdigſte Vorſehung des getreuen Vatters und CHRJSTJ in allen Dingen an, auch in Zulaſſung ihrer Suͤnden-Faͤllen, unvorſichtigen Thorheiten und Unordnungen ringet nach ſtiller, gelaſſener Zufriedenheit ein Feg- Opfer der Welt zu werden, und laͤßt ſich von der Gnade verwah- ren, daß ſie einmahl an der Seelen keinen Schaden leyde, behaͤlt Glauben, Liebe, Gedult, Hoffnung, Keuſchheit; Huͤtet ſich, wa- chet und betet, daß ſie ſich nirgend inn an CHRJSTO verſuͤn- dige; nimmet alle innere und aͤuſſere Drangſalen, Verlaſſungen von GOTT und Menſchen, alle harte, widrige Urtheile von Freun- den und Feinden, als ein theuer Geſchenck aus der gekreutzigten Hand CHRJSTJ an mit ehrerbietigem Danck und hertzlicher Demuth; ſo gewinnet ſie in ihrer Leydens-Zeit wohl das Allerkoͤſt- lichſte in ihrem gantzen Leben, dazu ſie mit den allerſtrengſten Buß- Ubungen nicht haͤtte gelangen koͤnnen, da fuͤhret ſie GOTT hinein in die Kammern ſeines wahren Friedens und ſeeligen Ruhe: JE- ſus geußt in ein ſo wohl gereiniget Gefaͤß den edelſten Balſam ſei- nes Himmelreichs alſo, daß, was ſie von dieſem geiſtlichen Marter- thum beſaß, gegen dem was ſie nachwerts bekommt, wie Bley ge- gen Gold zu rechnen. §. 9. 4. Reitze ſeine Liebe immer mehr gegen dir mit Gottſeligen Bewegungen des Willens; Ube dich im Gebet, nahe dich zu ihm, folge ſeinem Eingeben, bete ihn an im innerſten Grund deines Her- tzens, erſticke die eitele Einfaͤlle, weiſe die Anfechtungen ſaͤnfftiglich und mit Verachtung ab, ſo werden die ſchoͤnſte Geiſtes Geburten hervor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1412
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1412>, abgerufen am 21.11.2024.