gebettet: O GOtt nimm weg das steinerne Hertz/ und gieb ein beugsames weiches fleischernes Hertz?
Ob man recht be- gierig seye heiliglich zu leben?
§. 6. Jst dir dein GOtt auch recht lieb worden. Begehrest du stets bey ihme zu seyn, mit und vor GOtt zu wandlen wie Enoch/ ihme in allen Dingen zu gefallen wie David/ und in seiner Liebe zu brennen wie Paulus und Johannes/ ihme nichts zu leyd, sondern alles zu lieb thun, daß keine Busen-Sünde, die du nicht für deine ärgste Tod-Feinde achtest, kein Gebott welches du nicht vollkomm- lich zu erfüllen verlangest? Jst es dir frey? O daß ich meinem See- ligmacher für eine so unschätzbare Gnad danckbar seyn, und ihme zur Ehr leben könnte, einen so exemplarischen Wandel führen, das wä- re mir über alles, haltet dich diese Begierd an zum Wachen, daß du dich hütest JEsum zu beleydigen, gegen alle deine Sünden strei- test und GOttes Hülff anflehest, daß er dich gantz und gar heilige durch und durch?
Diese Wis- senschafft erlanget man, wann man sich zu GOtt ins Gebett begiebet,
§. 7. Hieraus kan ein jeder seinen Zustand wohl mercken, dann wäre jemand schon von Jugend auf bekehrt gewesen, welches doch in diesen Zeiten gar rar ist, so hätte er doch das letzt beschriebene, nemlich JE- sum als seine Heiligung in einem weit fürtrefflicheren Grad. Es ist zwar wahr, daß die Wege GOttes ungleich sind, und daß er eben nicht eine Seel führet wie die andere, stehet hiemit jemand in Sor- gen, wie sein Christenthum vor GOtt aussehe, und ob es die Prob halten werde vor GOttes Richterstuhl, der gehe ehe noch die Mit- ternacht einbricht, und der Bräutigam bereits da ist, zu GOTT selbst, der ihms ja am besten offenbahren kan, ob er ihm JEsum seinen Sohn zum vollkommenen Heyl und Leben geschencket habe, oder nicht, und also lasse er nicht ab mit Ringen und Flehen, biß er davon richtige Gewißheit im Hertzen hat, und JEsus es ihm in eige- ner hoher Person zeigt, wie seine Waar beschaffen, ob gut oder falsch, wie David gethan a
und sich bey in GOttes Wegen geübten Raths er- hohlet.
§. 8. Oder weil solcher innwendige Gebetts-Kampff aus Mangel rechten Ernsts zu saur ankommt, Heyls-Begierige den mehrentheil darinn sehr ungeübt, daß sie es nirgends recht anzugreiffen wissen, so gehe er zu einem erfahrnen und geübten Christen oder Prediger, der JEsum liebet, und in solcher Liebe seine Schaafe weydet, es
wird
aPsal. CXXXIX. 23. 24.
JESUS das Horn des Heyls
gebettet: O GOtt nimm weg das ſteinerne Hertz/ und gieb ein beugſames weiches fleiſchernes Hertz?
Ob man recht be- gierig ſeye heiliglich zu leben?
§. 6. Jſt dir dein GOtt auch recht lieb worden. Begehreſt du ſtets bey ihme zu ſeyn, mit und vor GOtt zu wandlen wie Enoch/ ihme in allen Dingen zu gefallen wie David/ und in ſeiner Liebe zu brennen wie Paulus und Johannes/ ihme nichts zu leyd, ſondern alles zu lieb thun, daß keine Buſen-Suͤnde, die du nicht fuͤr deine aͤrgſte Tod-Feinde achteſt, kein Gebott welches du nicht vollkomm- lich zu erfuͤllen verlangeſt? Jſt es dir frey? O daß ich meinem See- ligmacher fuͤr eine ſo unſchaͤtzbare Gnad danckbar ſeyn, und ihme zur Ehr leben koͤnnte, einen ſo exemplariſchen Wandel fuͤhren, das waͤ- re mir uͤber alles, haltet dich dieſe Begierd an zum Wachen, daß du dich huͤteſt JEſum zu beleydigen, gegen alle deine Suͤnden ſtrei- teſt und GOttes Huͤlff anfleheſt, daß er dich gantz und gar heilige durch und durch?
Dieſe Wiſ- ſenſchafft erlanget man, wann man ſich zu GOtt ins Gebett begiebet,
§. 7. Hieraus kan ein jeder ſeinen Zuſtand wohl mercken, dann waͤre jemand ſchon von Jugend auf bekehrt geweſen, welches doch in dieſen Zeiten gar rar iſt, ſo haͤtte er doch das letzt beſchriebene, nemlich JE- ſum als ſeine Heiligung in einem weit fuͤrtrefflicheren Grad. Es iſt zwar wahr, daß die Wege GOttes ungleich ſind, und daß er eben nicht eine Seel fuͤhret wie die andere, ſtehet hiemit jemand in Sor- gen, wie ſein Chriſtenthum vor GOtt ausſehe, und ob es die Prob halten werde vor GOttes Richterſtuhl, der gehe ehe noch die Mit- ternacht einbricht, und der Braͤutigam bereits da iſt, zu GOTT ſelbſt, der ihms ja am beſten offenbahren kan, ob er ihm JEſum ſeinen Sohn zum vollkommenen Heyl und Leben geſchencket habe, oder nicht, und alſo laſſe er nicht ab mit Ringen und Flehen, biß er davon richtige Gewißheit im Hertzen hat, und JEſus es ihm in eige- ner hoher Perſon zeigt, wie ſeine Waar beſchaffen, ob gut oder falſch, wie David gethan a
und ſich bey in GOttes Wegen geuͤbten Raths er- hohlet.
§. 8. Oder weil ſolcher innwendige Gebetts-Kampff aus Mangel rechten Ernſts zu ſaur ankommt, Heyls-Begierige den mehrentheil darinn ſehr ungeuͤbt, daß ſie es nirgends recht anzugreiffen wiſſen, ſo gehe er zu einem erfahrnen und geuͤbten Chriſten oder Prediger, der JEſum liebet, und in ſolcher Liebe ſeine Schaafe weydet, es
wird
aPſal. CXXXIX. 23. 24.
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JESUS das Horn des Heyls
gebettet: O GOtt nimm weg das ſteinerne Hertz/ und gieb ein
beugſames weiches fleiſchernes Hertz?
§. 6. Jſt dir dein GOtt auch recht lieb worden. Begehreſt du
ſtets bey ihme zu ſeyn, mit und vor GOtt zu wandlen wie Enoch/
ihme in allen Dingen zu gefallen wie David/ und in ſeiner Liebe zu
brennen wie Paulus und Johannes/ ihme nichts zu leyd, ſondern
alles zu lieb thun, daß keine Buſen-Suͤnde, die du nicht fuͤr deine
aͤrgſte Tod-Feinde achteſt, kein Gebott welches du nicht vollkomm-
lich zu erfuͤllen verlangeſt? Jſt es dir frey? O daß ich meinem See-
ligmacher fuͤr eine ſo unſchaͤtzbare Gnad danckbar ſeyn, und ihme zur
Ehr leben koͤnnte, einen ſo exemplariſchen Wandel fuͤhren, das waͤ-
re mir uͤber alles, haltet dich dieſe Begierd an zum Wachen, daß
du dich huͤteſt JEſum zu beleydigen, gegen alle deine Suͤnden ſtrei-
teſt und GOttes Huͤlff anfleheſt, daß er dich gantz und gar heilige
durch und durch?
§. 7. Hieraus kan ein jeder ſeinen Zuſtand wohl mercken, dann waͤre
jemand ſchon von Jugend auf bekehrt geweſen, welches doch in dieſen
Zeiten gar rar iſt, ſo haͤtte er doch das letzt beſchriebene, nemlich JE-
ſum als ſeine Heiligung in einem weit fuͤrtrefflicheren Grad. Es iſt
zwar wahr, daß die Wege GOttes ungleich ſind, und daß er eben
nicht eine Seel fuͤhret wie die andere, ſtehet hiemit jemand in Sor-
gen, wie ſein Chriſtenthum vor GOtt ausſehe, und ob es die Prob
halten werde vor GOttes Richterſtuhl, der gehe ehe noch die Mit-
ternacht einbricht, und der Braͤutigam bereits da iſt, zu GOTT
ſelbſt, der ihms ja am beſten offenbahren kan, ob er ihm JEſum
ſeinen Sohn zum vollkommenen Heyl und Leben geſchencket habe,
oder nicht, und alſo laſſe er nicht ab mit Ringen und Flehen, biß er
davon richtige Gewißheit im Hertzen hat, und JEſus es ihm in eige-
ner hoher Perſon zeigt, wie ſeine Waar beſchaffen, ob gut oder
falſch, wie David gethan a
§. 8. Oder weil ſolcher innwendige Gebetts-Kampff aus Mangel
rechten Ernſts zu ſaur ankommt, Heyls-Begierige den mehrentheil
darinn ſehr ungeuͤbt, daß ſie es nirgends recht anzugreiffen wiſſen,
ſo gehe er zu einem erfahrnen und geuͤbten Chriſten oder Prediger,
der JEſum liebet, und in ſolcher Liebe ſeine Schaafe weydet, es
wird
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/182>, abgerufen am 21.11.2024.
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