so könnte keine Blum hervor kommen, viel weniger mit ihrem Him- mel-hoch-anwachsenden Stengel bestehen: Der muß GOTT seyn, der es ausführen will, daß es trotz Teuffel, Sünd, Fleisch, Höll, Welt, endlich zu seiner Vollendung, Aufschliessung und Offenbah- rung komme im andern Leben, dahin die Heil. Schrifft den unge- stöhrten, unbetrübten und vollkommenen Genuß des Lebens, Hei- ligkeit, Seeligkeit und Herrlichkeit GOttes verschiebet, da dann der lebendige, heilige, herrliche GOTT aufs lauterste empfunden und genossen wird.
Jedennoch preiset der Heilige Geist an vielen Orten der Schrifft, die nach GOTT Sehnende bereits auf Erden selig.
§. 3. Diese angehende, und mit dem Aufschauen auf JEsum un-Theils of- fentlich und zeiget sich zertrennlich verknüpffte Seeligkeit bestehet:
1. Jn drey Gnaden-Gaben, als Glaub/ Liebe/ Hoffnung; 2. Jn drey Gnaden-Wercken, als Vergebung der Sünden-Kind- schafft/ Salbung und Versiglung des Heiligen Geistes. 3. Jn drey Gnaden-Früchten/ als Freymüthigkeit zu GOtt/ Wandel vor und mit GOtt, und Freud in GOtt.
§. 4. (I.) Erstlich sag ich, in den drey Gnaden-Gaben, alsin dreyen Gnaden- Gaben, Glaub, Liebe, Hoffnung. Einwurff beantwor- tet und ge- zeigt. Glaub, Liebe und Hoffnunga, dann wann diese drey Stuck der Seelen mitgetheilt werden, so fangt sie an ein himmlisches Wohl- seyn in sich zu gespühren b.
§. 5. Einwurff: Sagtest du aber nicht, daß durch das Aufse- hen auf JEsum, Glauben, Lieben, Hoffen angedeutet werde, als eben das Beding des Gnaden-Bunds: wie machest du jetzt aber ein Stuck der Seeligkeit daraus, so denen verheissen seye, welche die- ses Beding erfüllen?
§. 6. Antwort: Dieses alles hat seine Grad und Staffeln: DerDaß diese drey Ga- ben so lang man JEsum noch su- chet, zwar nur das Beding seye. Glaub ins gemein haltet dafür, es seye so unvergleichlich viel Gu- tes in JESU, daß wer JEsum habe, wohl zufrieden seyn könne, und alles dagegen für Koth und Schaden achten; aber es ist ein ängstlicher, suchender, hungerender Glaube, der sehr wünscht, daß es mit ihm also wohl stunde, daß er sagen könnte: Mein JEsus ist gantz mein, und ich bin auch gantz sein: wann er aber nur vor dem Geräusch seiner Feinden und dem Geschrey seiner Sünden darzu
kommen
a 1 Cor. XIII. 13.
bMatth. V. 3. &c.
einer glaubigen Seele nach JESU.
ſo koͤnnte keine Blum hervor kommen, viel weniger mit ihrem Him- mel-hoch-anwachſenden Stengel beſtehen: Der muß GOTT ſeyn, der es ausfuͤhren will, daß es trotz Teuffel, Suͤnd, Fleiſch, Hoͤll, Welt, endlich zu ſeiner Vollendung, Aufſchlieſſung und Offenbah- rung komme im andern Leben, dahin die Heil. Schrifft den unge- ſtoͤhrten, unbetruͤbten und vollkommenen Genuß des Lebens, Hei- ligkeit, Seeligkeit und Herrlichkeit GOttes verſchiebet, da dann der lebendige, heilige, herrliche GOTT aufs lauterſte empfunden und genoſſen wird.
Jedennoch preiſet der Heilige Geiſt an vielen Orten der Schrifft, die nach GOTT Sehnende bereits auf Erden ſelig.
§. 3. Dieſe angehende, und mit dem Aufſchauen auf JEſum un-Theils of- fentlich und zeiget ſich zertrennlich verknuͤpffte Seeligkeit beſtehet:
1. Jn drey Gnaden-Gaben, als Glaub/ Liebe/ Hoffnung; 2. Jn drey Gnaden-Wercken, als Vergebung der Suͤnden-Kind- ſchafft/ Salbung und Verſiglung des Heiligen Geiſtes. 3. Jn drey Gnaden-Fruͤchten/ als Freymuͤthigkeit zu GOtt/ Wandel vor und mit GOtt, und Freud in GOtt.
§. 4. (I.) Erſtlich ſag ich, in den drey Gnaden-Gaben, alsin dreyen Gnaden- Gaben, Glaub, Liebe, Hoffnung. Einwurff beantwor- tet und ge- zeigt. Glaub, Liebe und Hoffnunga, dann wann dieſe drey Stuck der Seelen mitgetheilt werden, ſo fangt ſie an ein himmliſches Wohl- ſeyn in ſich zu geſpuͤhren b.
§. 5. Einwurff: Sagteſt du aber nicht, daß durch das Aufſe- hen auf JEſum, Glauben, Lieben, Hoffen angedeutet werde, als eben das Beding des Gnaden-Bunds: wie macheſt du jetzt aber ein Stuck der Seeligkeit daraus, ſo denen verheiſſen ſeye, welche die- ſes Beding erfuͤllen?
§. 6. Antwort: Dieſes alles hat ſeine Grad und Staffeln: DerDaß dieſe drey Ga- ben ſo lang man JEſum noch ſu- chet, zwar nur das Beding ſeye. Glaub ins gemein haltet dafuͤr, es ſeye ſo unvergleichlich viel Gu- tes in JESU, daß wer JEſum habe, wohl zufrieden ſeyn koͤnne, und alles dagegen fuͤr Koth und Schaden achten; aber es iſt ein aͤngſtlicher, ſuchender, hungerender Glaube, der ſehr wuͤnſcht, daß es mit ihm alſo wohl ſtunde, daß er ſagen koͤnnte: Mein JEſus iſt gantz mein, und ich bin auch gantz ſein: wann er aber nur vor dem Geraͤuſch ſeiner Feinden und dem Geſchrey ſeiner Suͤnden darzu
kommen
a 1 Cor. XIII. 13.
bMatth. V. 3. &c.
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[103/0199]
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der es ausfuͤhren will, daß es trotz Teuffel, Suͤnd, Fleiſch, Hoͤll,
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rung komme im andern Leben, dahin die Heil. Schrifft den unge-
ſtoͤhrten, unbetruͤbten und vollkommenen Genuß des Lebens, Hei-
ligkeit, Seeligkeit und Herrlichkeit GOttes verſchiebet, da dann
der lebendige, heilige, herrliche GOTT aufs lauterſte empfunden
und genoſſen wird.
Jedennoch preiſet der Heilige Geiſt an vielen Orten der Schrifft,
die nach GOTT Sehnende bereits auf Erden ſelig.
§. 3. Dieſe angehende, und mit dem Aufſchauen auf JEſum un-
zertrennlich verknuͤpffte Seeligkeit beſtehet:
Theils of-
fentlich
und zeiget
ſich
1. Jn drey Gnaden-Gaben, als Glaub/ Liebe/ Hoffnung;
2. Jn drey Gnaden-Wercken, als Vergebung der Suͤnden-Kind-
ſchafft/ Salbung und Verſiglung des Heiligen Geiſtes. 3. Jn
drey Gnaden-Fruͤchten/ als Freymuͤthigkeit zu GOtt/ Wandel
vor und mit GOtt, und Freud in GOtt.
§. 4. (I.) Erſtlich ſag ich, in den drey Gnaden-Gaben, als
Glaub, Liebe und Hoffnung a, dann wann dieſe drey Stuck der
Seelen mitgetheilt werden, ſo fangt ſie an ein himmliſches Wohl-
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Gnaden-
Gaben,
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Liebe,
Hoffnung.
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beantwor-
tet und ge-
zeigt.
§. 5. Einwurff: Sagteſt du aber nicht, daß durch das Aufſe-
hen auf JEſum, Glauben, Lieben, Hoffen angedeutet werde, als
eben das Beding des Gnaden-Bunds: wie macheſt du jetzt aber ein
Stuck der Seeligkeit daraus, ſo denen verheiſſen ſeye, welche die-
ſes Beding erfuͤllen?
§. 6. Antwort: Dieſes alles hat ſeine Grad und Staffeln: Der
Glaub ins gemein haltet dafuͤr, es ſeye ſo unvergleichlich viel Gu-
tes in JESU, daß wer JEſum habe, wohl zufrieden ſeyn koͤnne,
und alles dagegen fuͤr Koth und Schaden achten; aber es iſt ein
aͤngſtlicher, ſuchender, hungerender Glaube, der ſehr wuͤnſcht, daß
es mit ihm alſo wohl ſtunde, daß er ſagen koͤnnte: Mein JEſus iſt
gantz mein, und ich bin auch gantz ſein: wann er aber nur vor dem
Geraͤuſch ſeiner Feinden und dem Geſchrey ſeiner Suͤnden darzu
kommen
Daß dieſe
drey Ga-
ben ſo
lang man
JEſum
noch ſu-
chet, zwar
nur das
Beding
ſeye.
a 1 Cor. XIII. 13.
b Matth. V. 3. &c.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/199>, abgerufen am 21.11.2024.
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