man heget, wie die Schlang im Busen, mit wahrem Ernst anzu- gr eiffen, dem Himmelreich Gewalt anzuthun a, und so lange mit GOtt im Gebett zu ringen, biß uns GOtt seinen Sohn offenbahre b; Ja du bist noch wohl gemuth, ungeachtet dich alles überzeugen könnte, daß Gottes Sohn mit seiner Gerechtigkeit, Heiligung und Stärcke, nicht in dir wohne und lebe; Deine Begierden sind kalt, deine Vorsätz ver- schwinden bald; Und wisse, arme Seele! daß, o! wie viel tausend in der Hölle sind, die weit mehr angewendet haben, seelig zu werden, als aber du; und es wird auch bald an dir seyn, ja bälder, als du dir einbilden wirst; dann O Mensch, O Mensch! der Richter ist nahe.
Diese sol- len sich vorstellen, was am Jüngsten Tag vor- gehen werde, und zwar,
§. 3. Aber bedencke doch, was es dann seye, ohne JEsu in Tod, in eine gantz unbekannte Welt der Geister hinzureisen, und dann am Jüngsten Tag JEsum, das Lamm, zu einem erzörnten Richter zu haben, und zu hören den erschröcklich donnerenden Ausspruch des sonst sanfftmüthigen JEsu: Gehet von mir/ ihr Verfluchte, ins ewige Feuer, das den Teufflen und seinen Engeln bereitet ist; Ja bedencke was es sey, JEsu in dieser Welt die Augen mißgönnt, und die Ohren vor ihm gestopfft zu haben; Bedencke was es sey, lieber die Welt angesehen, der Sünd lieber Gehör gegeben, lieber dem garstigen Hund, dem Teuffel, als dem liebreichen, und auf eine so freundliche Weiß dich einladenden JEsu, dem Richter der Welt, gefolgt zu haben.
wie und was ihnen JEsus als der Rich- ter;
§. 4. Gedencke! was dorten für eine entsetzliche Angst, was für ein Zittern und Schrecken in dir entstehen werde, wann du vor dem Richterstuhl desjenigen stehen wirst, den du hier wenig, ja für nichts geachtet; Ach wie wirst du erblassen und dich schämen! wie wirst du dich entsetzen, wann dich der sonst liebliche JEsus wird anfahren: O Mensch! weilen du meine Stimm nicht hast hören wollen, da ich dir so lang lieblich zugeruffen: Wende dich zu mir, es wird dich nicht gereuen, du wirst den grösten Nutzen davon haben; Aber, da wird dein JEsus in deinem Gewissen dich anklagen: Weist du nicht, wie du nichts mit Mir hast zu thun haben wollen? weist du nicht, wie du von Mir abgewichen, ja Mich gar verachtet? Besinnest du dich nicht, wie du deine Gedancken, deine Begierden nur auf die Welt gerichtet, deine Ohren nur ihro eröffnet, hingegen Meinen Reden von aussen und innen nicht lang nachgedacht? derowegen
wirds
aMatth. II. 12.
bGal. I. 16.
Geiſtliche Sonnen-Wende
man heget, wie die Schlang im Buſen, mit wahrem Ernſt anzu- gr eiffen, dem Himmelreich Gewalt anzuthun a, und ſo lange mit GOtt im Gebett zu ringen, biß uns GOtt ſeinen Sohn offenbahre b; Ja du biſt noch wohl gemuth, ungeachtet dich alles uͤberzeugen koͤnnte, daß Gottes Sohn mit ſeiner Gerechtigkeit, Heiligung und Staͤrcke, nicht in dir wohne und lebe; Deine Begierden ſind kalt, deine Vorſaͤtz ver- ſchwinden bald; Und wiſſe, arme Seele! daß, o! wie viel tauſend in der Hoͤlle ſind, die weit mehr angewendet haben, ſeelig zu werden, als aber du; und es wird auch bald an dir ſeyn, ja baͤlder, als du dir einbilden wirſt; dann O Menſch, O Menſch! der Richter iſt nahe.
Dieſe ſol- len ſich vorſtellen, was am Juͤngſten Tag vor- gehen werde, und zwar,
§. 3. Aber bedencke doch, was es dann ſeye, ohne JEſu in Tod, in eine gantz unbekannte Welt der Geiſter hinzureiſen, und dann am Juͤngſten Tag JEſum, das Lamm, zu einem erzoͤrnten Richter zu haben, und zu hoͤren den erſchroͤcklich donnerenden Ausſpruch des ſonſt ſanfftmuͤthigen JEſu: Gehet von mir/ ihr Verfluchte, ins ewige Feuer, das den Teufflen und ſeinen Engeln bereitet iſt; Ja bedencke was es ſey, JEſu in dieſer Welt die Augen mißgoͤnnt, und die Ohren vor ihm geſtopfft zu haben; Bedencke was es ſey, lieber die Welt angeſehen, der Suͤnd lieber Gehoͤr gegeben, lieber dem garſtigen Hund, dem Teuffel, als dem liebreichen, und auf eine ſo freundliche Weiß dich einladenden JEſu, dem Richter der Welt, gefolgt zu haben.
wie und was ihnen JEſus als der Rich- ter;
§. 4. Gedencke! was dorten fuͤr eine entſetzliche Angſt, was fuͤr ein Zittern und Schrecken in dir entſtehen werde, wann du vor dem Richterſtuhl desjenigen ſtehen wirſt, den du hier wenig, ja fuͤr nichts geachtet; Ach wie wirſt du erblaſſen und dich ſchaͤmen! wie wirſt du dich entſetzen, wann dich der ſonſt liebliche JEſus wird anfahren: O Menſch! weilen du meine Stimm nicht haſt hoͤren wollen, da ich dir ſo lang lieblich zugeruffen: Wende dich zu mir, es wird dich nicht gereuen, du wirſt den groͤſten Nutzen davon haben; Aber, da wird dein JEſus in deinem Gewiſſen dich anklagen: Weiſt du nicht, wie du nichts mit Mir haſt zu thun haben wollen? weiſt du nicht, wie du von Mir abgewichen, ja Mich gar verachtet? Beſinneſt du dich nicht, wie du deine Gedancken, deine Begierden nur auf die Welt gerichtet, deine Ohren nur ihro eroͤffnet, hingegen Meinen Reden von auſſen und innen nicht lang nachgedacht? derowegen
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aMatth. II. 12.
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Geiſtliche Sonnen-Wende
man heget, wie die Schlang im Buſen, mit wahrem Ernſt anzu-
gr eiffen, dem Himmelreich Gewalt anzuthun a, und ſo lange mit GOtt
im Gebett zu ringen, biß uns GOtt ſeinen Sohn offenbahre b; Ja du
biſt noch wohl gemuth, ungeachtet dich alles uͤberzeugen koͤnnte, daß
Gottes Sohn mit ſeiner Gerechtigkeit, Heiligung und Staͤrcke, nicht
in dir wohne und lebe; Deine Begierden ſind kalt, deine Vorſaͤtz ver-
ſchwinden bald; Und wiſſe, arme Seele! daß, o! wie viel tauſend in
der Hoͤlle ſind, die weit mehr angewendet haben, ſeelig zu werden,
als aber du; und es wird auch bald an dir ſeyn, ja baͤlder, als du dir
einbilden wirſt; dann O Menſch, O Menſch! der Richter iſt nahe.
§. 3. Aber bedencke doch, was es dann ſeye, ohne JEſu in Tod,
in eine gantz unbekannte Welt der Geiſter hinzureiſen, und dann am
Juͤngſten Tag JEſum, das Lamm, zu einem erzoͤrnten Richter zu
haben, und zu hoͤren den erſchroͤcklich donnerenden Ausſpruch des
ſonſt ſanfftmuͤthigen JEſu: Gehet von mir/ ihr Verfluchte, ins
ewige Feuer, das den Teufflen und ſeinen Engeln bereitet iſt; Ja
bedencke was es ſey, JEſu in dieſer Welt die Augen mißgoͤnnt, und
die Ohren vor ihm geſtopfft zu haben; Bedencke was es ſey, lieber
die Welt angeſehen, der Suͤnd lieber Gehoͤr gegeben, lieber dem
garſtigen Hund, dem Teuffel, als dem liebreichen, und auf eine ſo
freundliche Weiß dich einladenden JEſu, dem Richter der Welt,
gefolgt zu haben.
§. 4. Gedencke! was dorten fuͤr eine entſetzliche Angſt, was fuͤr
ein Zittern und Schrecken in dir entſtehen werde, wann du vor dem
Richterſtuhl desjenigen ſtehen wirſt, den du hier wenig, ja fuͤr nichts
geachtet; Ach wie wirſt du erblaſſen und dich ſchaͤmen! wie wirſt du
dich entſetzen, wann dich der ſonſt liebliche JEſus wird anfahren:
O Menſch! weilen du meine Stimm nicht haſt hoͤren wollen, da
ich dir ſo lang lieblich zugeruffen: Wende dich zu mir, es wird dich
nicht gereuen, du wirſt den groͤſten Nutzen davon haben; Aber, da
wird dein JEſus in deinem Gewiſſen dich anklagen: Weiſt du nicht,
wie du nichts mit Mir haſt zu thun haben wollen? weiſt du nicht, wie
du von Mir abgewichen, ja Mich gar verachtet? Beſinneſt du
dich nicht, wie du deine Gedancken, deine Begierden nur auf die
Welt gerichtet, deine Ohren nur ihro eroͤffnet, hingegen Meinen
Reden von auſſen und innen nicht lang nachgedacht? derowegen
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a Matth. II. 12.
b Gal. I. 16.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/222>, abgerufen am 21.11.2024.
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