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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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und die Pforte des Himmels.
du also ohne Heiligung, so gewiß der Himmel ob deinem Haupt han-
get, so gewiß wurdest du verdammt werden. Wolan so mercket dann
heut auf die Stimme, die euch ruffet, rebellieret nicht länger wider
dieses aus dem Himmel euch entgegen scheinende Liecht, laßt euch
weisen von euerem himmlischen Vatter, der euch zu JESU Chri-
sto bringen will: Er wird euch gewiß an kein böß Ort führen, JE-
sus eintzig hat den wahren Balsam euere Wunden zu heylen, das
ist die Thür, da ihr hindurch müsset, sie ist zwar nieder und eng, und
streiffet alles alte und eigene Leben gar ab, aber da ist kein ander ge-
heimes Meisterstuck als euch zu dücken und zu vernichten, euch selbst
und die Welt ablegen und ausziehen.

§. 2. Nicodemus konnte nicht hinein, weil er voll Hochmuth undDie aus
Nicodemi
Schaden
solten klug
werden,

Welt-Liebe war. Nicodemus konnte nicht hinein, weil er den Welt-
Plunder der räucheligen Ehr und Reputation mit hinein karren woll-
te, die ihn so groß machte, daß sie ihn hinderten, JEsu niederträch-
tigen Sinn auch nur zu erkennen, will geschweigen anzunehmen; werdet
ab seinem Schaden witzig, lasset euch durch seine nachwerts über alle
Menschen-Forcht also herrlich siegende, und vor aller Welt so hell-
leuchtende Bekanntnuß zu seliger Folge reitzen, und leget allen Hoch-
muth, alles Jrrdische, alle anklebenden Beliebigkeiten, alle falsche
Weißheit, Eigenwillen, eigene Gerechtigkeit und eigene Kräffte auf
die Seiten, so werdet ihr in JESU Christo finden, so viel ihr
wünschen möget, und euer Lebenlang je begehren an Weißheit, Ge-
rechtigkeit, Heiligung und Seeligkeit. JEsus stehet noch unter der
offenen Porten, lang genug hat er euch eingeladen; O ihr arme
Taglöhner, und ihr arbeitselige Werck-Leute, heut, heut könnet ihr
noch Fürsten und Grafen werden, Könige und Baronen in einem ewi-
gen Reich.

§. 3. Die auf Erden wohnen, brüsten sich hoch, wann sie von Ed-Glückse-
ligkeit des
Wiederge-
bohrnen.

lem Stamm oder Fürstlichem Geblüt sind, da sie doch alle von un-
ten her aus Staub und Aeschen sind, ein Sünden-Klump: Aber
aus Christi Blut und Geist herkommen, GOTT zum Vatter,
den grossen Himmels-König zum Bruder haben, das heißt von Ed-
lem Geschlecht, von hohem Haus, von Königlichem ja Göttlichem
Stamm herspriessen. Was ist herrlichers? Aber was ist auch se-
ligers als aus GOTT leben? Wer lebt seliger als GOTT? Was
ist süssers als GOTT zum Vatter haben, dem man all sein Anli-

gen
J i

und die Pforte des Himmels.
du alſo ohne Heiligung, ſo gewiß der Himmel ob deinem Haupt han-
get, ſo gewiß wurdeſt du verdammt werden. Wolan ſo mercket dann
heut auf die Stimme, die euch ruffet, rebellieret nicht laͤnger wider
dieſes aus dem Himmel euch entgegen ſcheinende Liecht, laßt euch
weiſen von euerem himmliſchen Vatter, der euch zu JESU Chri-
ſto bringen will: Er wird euch gewiß an kein boͤß Ort fuͤhren, JE-
ſus eintzig hat den wahren Balſam euere Wunden zu heylen, das
iſt die Thuͤr, da ihr hindurch muͤſſet, ſie iſt zwar nieder und eng, und
ſtreiffet alles alte und eigene Leben gar ab, aber da iſt kein ander ge-
heimes Meiſterſtuck als euch zu duͤcken und zu vernichten, euch ſelbſt
und die Welt ablegen und ausziehen.

§. 2. Nicodemus konnte nicht hinein, weil er voll Hochmuth undDie aus
Nicodemi
Schaden
ſolten klug
werden,

Welt-Liebe war. Nicodemus konnte nicht hinein, weil er den Welt-
Plunder der raͤucheligen Ehr und Reputation mit hinein karren woll-
te, die ihn ſo groß machte, daß ſie ihn hinderten, JEſu niedertraͤch-
tigen Sinn auch nur zu erkennen, will geſchweigen anzunehmen; werdet
ab ſeinem Schaden witzig, laſſet euch durch ſeine nachwerts uͤber alle
Menſchen-Forcht alſo herrlich ſiegende, und vor aller Welt ſo hell-
leuchtende Bekanntnuß zu ſeliger Folge reitzen, und leget allen Hoch-
muth, alles Jrrdiſche, alle anklebenden Beliebigkeiten, alle falſche
Weißheit, Eigenwillen, eigene Gerechtigkeit und eigene Kraͤffte auf
die Seiten, ſo werdet ihr in JESU Chriſto finden, ſo viel ihr
wuͤnſchen moͤget, und euer Lebenlang je begehren an Weißheit, Ge-
rechtigkeit, Heiligung und Seeligkeit. JEſus ſtehet noch unter der
offenen Porten, lang genug hat er euch eingeladen; O ihr arme
Tagloͤhner, und ihr arbeitſelige Werck-Leute, heut, heut koͤnnet ihr
noch Fuͤrſten und Grafen werden, Koͤnige und Baronen in einem ewi-
gen Reich.

§. 3. Die auf Erden wohnen, bruͤſten ſich hoch, wann ſie von Ed-Gluͤckſe-
ligkeit des
Wiederge-
bohrnen.

lem Stamm oder Fuͤrſtlichem Gebluͤt ſind, da ſie doch alle von un-
ten her aus Staub und Aeſchen ſind, ein Suͤnden-Klump: Aber
aus Chriſti Blut und Geiſt herkommen, GOTT zum Vatter,
den groſſen Himmels-Koͤnig zum Bruder haben, das heißt von Ed-
lem Geſchlecht, von hohem Haus, von Koͤniglichem ja Goͤttlichem
Stamm herſprieſſen. Was iſt herrlichers? Aber was iſt auch ſe-
ligers als aus GOTT leben? Wer lebt ſeliger als GOTT? Was
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[249/0345] und die Pforte des Himmels. du alſo ohne Heiligung, ſo gewiß der Himmel ob deinem Haupt han- get, ſo gewiß wurdeſt du verdammt werden. Wolan ſo mercket dann heut auf die Stimme, die euch ruffet, rebellieret nicht laͤnger wider dieſes aus dem Himmel euch entgegen ſcheinende Liecht, laßt euch weiſen von euerem himmliſchen Vatter, der euch zu JESU Chri- ſto bringen will: Er wird euch gewiß an kein boͤß Ort fuͤhren, JE- ſus eintzig hat den wahren Balſam euere Wunden zu heylen, das iſt die Thuͤr, da ihr hindurch muͤſſet, ſie iſt zwar nieder und eng, und ſtreiffet alles alte und eigene Leben gar ab, aber da iſt kein ander ge- heimes Meiſterſtuck als euch zu duͤcken und zu vernichten, euch ſelbſt und die Welt ablegen und ausziehen. §. 2. Nicodemus konnte nicht hinein, weil er voll Hochmuth und Welt-Liebe war. Nicodemus konnte nicht hinein, weil er den Welt- Plunder der raͤucheligen Ehr und Reputation mit hinein karren woll- te, die ihn ſo groß machte, daß ſie ihn hinderten, JEſu niedertraͤch- tigen Sinn auch nur zu erkennen, will geſchweigen anzunehmen; werdet ab ſeinem Schaden witzig, laſſet euch durch ſeine nachwerts uͤber alle Menſchen-Forcht alſo herrlich ſiegende, und vor aller Welt ſo hell- leuchtende Bekanntnuß zu ſeliger Folge reitzen, und leget allen Hoch- muth, alles Jrrdiſche, alle anklebenden Beliebigkeiten, alle falſche Weißheit, Eigenwillen, eigene Gerechtigkeit und eigene Kraͤffte auf die Seiten, ſo werdet ihr in JESU Chriſto finden, ſo viel ihr wuͤnſchen moͤget, und euer Lebenlang je begehren an Weißheit, Ge- rechtigkeit, Heiligung und Seeligkeit. JEſus ſtehet noch unter der offenen Porten, lang genug hat er euch eingeladen; O ihr arme Tagloͤhner, und ihr arbeitſelige Werck-Leute, heut, heut koͤnnet ihr noch Fuͤrſten und Grafen werden, Koͤnige und Baronen in einem ewi- gen Reich. Die aus Nicodemi Schaden ſolten klug werden, §. 3. Die auf Erden wohnen, bruͤſten ſich hoch, wann ſie von Ed- lem Stamm oder Fuͤrſtlichem Gebluͤt ſind, da ſie doch alle von un- ten her aus Staub und Aeſchen ſind, ein Suͤnden-Klump: Aber aus Chriſti Blut und Geiſt herkommen, GOTT zum Vatter, den groſſen Himmels-Koͤnig zum Bruder haben, das heißt von Ed- lem Geſchlecht, von hohem Haus, von Koͤniglichem ja Goͤttlichem Stamm herſprieſſen. Was iſt herrlichers? Aber was iſt auch ſe- ligers als aus GOTT leben? Wer lebt ſeliger als GOTT? Was iſt ſuͤſſers als GOTT zum Vatter haben, dem man all ſein Anli- gen Gluͤckſe- ligkeit des Wiederge- bohrnen. J i

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/345>, abgerufen am 22.11.2024.