Rauch und Dunckelheit in die Gegend der Göttlichen Wonne und Sonne als die Erde sich aus den kalten Dämpffen heraus wicklen, und über die Wolcken empor schwingen kan, sie muß dieses Geschäfft gantz der Sonnen zertreibenden Glantz überlassen, der allein das Ge- müth aufklären und noch grössere Heiterkeit wiederbringen kan un- verhofft. Es scheinet freylich das Eiß und Schnee der Kaltsinnig- keit, Ungehorsam, Eigensinns und Ungedult liege so hoch und tieff auf einander, daß das Sehnen nach JEsu alles umsonst und ohne Nachdruck zu seyn scheinet, daß ein Hertz wohl meynen möchte, es möge in viel Jahr und Monat darvon nicht erlediget werden; je- doch zündet ein einiger Sonnen-Blick der Freundlichkeit GOttes bald wieder ein Freuden-Füncklen der seeligen Hoffnung im Jnner- sten an, es könne und werde anders werden, wiewohl es gar gemach zugehet, und man unterweilen meynt, es rücke fein überall nichts, so nimmt dennoch Licht und Krafft und Hitz von Tag zu Tag zu, ohnerachtet die Wärme durch einfallend stürmisch Wetter vor einige Tage zurück gehalten werden mag; so berührt der Gnaden-Schein JEsus einige Plätze in den tieffen Thäleren der Niedrigkeiten, und Demüthigungen, allwo sich gemeinlich der Frühling am ersten anmel- det.
Also daß der geistliche Winter wohl dreyerley seyn mag in drey Jm voll- kommenen Winter des Hey- denthumsStafflen.
§. 5. (1.) Ein vollkommener Winter, dergleichen vor der Verkündigung des Evangelii ware im Heydenthum, da die Sonne der Gerechtigkeit gantz und gar nicht schiene, eben wie es gehet an den Polarischen Ländern sie könnten wohl aus der Welt-Erschaffung des Schöpffers ewige Macht und Gottheit mercken und anschauen; allein der Meßias wa- re ihnen gar zu unbekannt, da offenbahrten sich auch keine Wercke in GOTT gethan, GOTT spricht zum Schnee: seye auf Erden, und versiglet damit die Hand aller Menschen a, daß sie auf dem Feld nicht arbeiten können, die Seelen sassen in einer tödtlichen Nacht, der unvergängliche Saamen des Worts GOttes ward nirgends ausge- säet, die Hertzen waren wie Eiß zusammen gefroren voll Haß und Abkehr von dem wahren GOTT, wußten ledig nichts von Buß und Heiligung, waren dahin gegeben in einen unachtsamen Sinn b, und
ware
aHiob XXXVII.
bRom. I. 28.
Der geiſtliche Fruͤhling.
Rauch und Dunckelheit in die Gegend der Goͤttlichen Wonne und Sonne als die Erde ſich aus den kalten Daͤmpffen heraus wicklen, und uͤber die Wolcken empor ſchwingen kan, ſie muß dieſes Geſchaͤfft gantz der Sonnen zertreibenden Glantz uͤberlaſſen, der allein das Ge- muͤth aufklaͤren und noch groͤſſere Heiterkeit wiederbringen kan un- verhofft. Es ſcheinet freylich das Eiß und Schnee der Kaltſinnig- keit, Ungehorſam, Eigenſinns und Ungedult liege ſo hoch und tieff auf einander, daß das Sehnen nach JEſu alles umſonſt und ohne Nachdruck zu ſeyn ſcheinet, daß ein Hertz wohl meynen moͤchte, es moͤge in viel Jahr und Monat darvon nicht erlediget werden; je- doch zuͤndet ein einiger Sonnen-Blick der Freundlichkeit GOttes bald wieder ein Freuden-Fuͤncklen der ſeeligen Hoffnung im Jnner- ſten an, es koͤnne und werde anders werden, wiewohl es gar gemach zugehet, und man unterweilen meynt, es ruͤcke fein uͤberall nichts, ſo nimmt dennoch Licht und Krafft und Hitz von Tag zu Tag zu, ohnerachtet die Waͤrme durch einfallend ſtuͤrmiſch Wetter vor einige Tage zuruͤck gehalten werden mag; ſo beruͤhrt der Gnaden-Schein JEſus einige Plaͤtze in den tieffen Thaͤleren der Niedrigkeiten, und Demuͤthigungen, allwo ſich gemeinlich der Fruͤhling am erſten anmel- det.
Alſo daß der geiſtliche Winter wohl dreyerley ſeyn mag in drey Jm voll- kommenen Winter des Hey- denthumsStafflen.
§. 5. (1.) Ein vollkom̃ener Winter, dergleichen vor der Verkuͤndigung des Evangelii ware im Heydenthum, da die Sonne der Gerechtigkeit gantz und gar nicht ſchiene, eben wie es gehet an den Polariſchen Laͤndern ſie koͤnnten wohl aus der Welt-Erſchaffung des Schoͤpffers ewige Macht und Gottheit mercken und anſchauen; allein der Meßias wa- re ihnen gar zu unbekannt, da offenbahrten ſich auch keine Wercke in GOTT gethan, GOTT ſpricht zum Schnee: ſeye auf Erden, und verſiglet damit die Hand aller Menſchen a, daß ſie auf dem Feld nicht arbeiten koͤnnen, die Seelen ſaſſen in einer toͤdtlichen Nacht, der unvergaͤngliche Saamen des Worts GOttes ward nirgends ausge- ſaͤet, die Hertzen waren wie Eiß zuſammen gefroren voll Haß und Abkehr von dem wahren GOTT, wußten ledig nichts von Buß und Heiligung, waren dahin gegeben in einen unachtſamen Sinn b, und
ware
aHiob XXXVII.
bRom. I. 28.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0388"n="292"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der geiſtliche Fruͤhling.</hi></fw><lb/>
Rauch und Dunckelheit in die Gegend der Goͤttlichen Wonne und<lb/>
Sonne als die Erde ſich aus den kalten Daͤmpffen heraus wicklen,<lb/>
und uͤber die Wolcken empor ſchwingen kan, ſie muß dieſes Geſchaͤfft<lb/>
gantz der Sonnen zertreibenden Glantz uͤberlaſſen, der allein das Ge-<lb/>
muͤth aufklaͤren und noch groͤſſere Heiterkeit wiederbringen kan un-<lb/>
verhofft. Es ſcheinet freylich das Eiß und Schnee der Kaltſinnig-<lb/>
keit, Ungehorſam, Eigenſinns und Ungedult liege ſo hoch und tieff<lb/>
auf einander, daß das Sehnen nach JEſu alles umſonſt und ohne<lb/>
Nachdruck zu ſeyn ſcheinet, daß ein Hertz wohl meynen moͤchte, es<lb/>
moͤge in viel Jahr und Monat darvon nicht erlediget werden; je-<lb/>
doch zuͤndet ein einiger Sonnen-Blick der Freundlichkeit GOttes<lb/>
bald wieder ein Freuden-Fuͤncklen der ſeeligen Hoffnung im Jnner-<lb/>ſten an, es koͤnne und werde anders werden, wiewohl es gar gemach<lb/>
zugehet, und man unterweilen meynt, es ruͤcke fein uͤberall nichts,<lb/>ſo nimmt dennoch Licht und Krafft und Hitz von Tag zu Tag zu,<lb/>
ohnerachtet die Waͤrme durch einfallend ſtuͤrmiſch Wetter vor einige<lb/>
Tage zuruͤck gehalten werden mag; ſo beruͤhrt der Gnaden-Schein<lb/>
JEſus einige Plaͤtze in den tieffen Thaͤleren der Niedrigkeiten, und<lb/>
Demuͤthigungen, allwo ſich gemeinlich der Fruͤhling am erſten anmel-<lb/>
det.</p><lb/><p>Alſo daß der geiſtliche Winter wohl dreyerley ſeyn mag in drey<lb/><noteplace="left">Jm voll-<lb/>
kommenen<lb/>
Winter<lb/>
des Hey-<lb/>
denthums</note>Stafflen.</p><lb/><p>§. 5. (1.) Ein vollkom̃ener Winter, dergleichen vor der Verkuͤndigung<lb/>
des Evangelii ware im Heydenthum, da die Sonne der Gerechtigkeit<lb/>
gantz und gar nicht ſchiene, eben wie es gehet an den Polariſchen Laͤndern<lb/>ſie koͤnnten wohl aus der Welt-Erſchaffung des Schoͤpffers ewige<lb/>
Macht und Gottheit mercken und anſchauen; allein der Meßias wa-<lb/>
re ihnen gar zu unbekannt, da offenbahrten ſich auch keine Wercke in<lb/>
GOTT gethan, GOTT ſpricht zum Schnee: ſeye auf Erden, und<lb/>
verſiglet damit die Hand aller Menſchen <noteplace="foot"n="a"><hirendition="#aq">Hiob XXXVII.</hi></note>, daß ſie auf dem Feld nicht<lb/>
arbeiten koͤnnen, die Seelen ſaſſen in einer toͤdtlichen Nacht, der<lb/>
unvergaͤngliche Saamen des Worts GOttes ward nirgends ausge-<lb/>ſaͤet, die Hertzen waren wie Eiß zuſammen gefroren voll Haß und<lb/>
Abkehr von dem wahren GOTT, wußten ledig nichts von Buß und<lb/>
Heiligung, waren dahin gegeben in einen unachtſamen Sinn <noteplace="foot"n="b"><hirendition="#aq">Rom. I.</hi> 28.</note>, und<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ware</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[292/0388]
Der geiſtliche Fruͤhling.
Rauch und Dunckelheit in die Gegend der Goͤttlichen Wonne und
Sonne als die Erde ſich aus den kalten Daͤmpffen heraus wicklen,
und uͤber die Wolcken empor ſchwingen kan, ſie muß dieſes Geſchaͤfft
gantz der Sonnen zertreibenden Glantz uͤberlaſſen, der allein das Ge-
muͤth aufklaͤren und noch groͤſſere Heiterkeit wiederbringen kan un-
verhofft. Es ſcheinet freylich das Eiß und Schnee der Kaltſinnig-
keit, Ungehorſam, Eigenſinns und Ungedult liege ſo hoch und tieff
auf einander, daß das Sehnen nach JEſu alles umſonſt und ohne
Nachdruck zu ſeyn ſcheinet, daß ein Hertz wohl meynen moͤchte, es
moͤge in viel Jahr und Monat darvon nicht erlediget werden; je-
doch zuͤndet ein einiger Sonnen-Blick der Freundlichkeit GOttes
bald wieder ein Freuden-Fuͤncklen der ſeeligen Hoffnung im Jnner-
ſten an, es koͤnne und werde anders werden, wiewohl es gar gemach
zugehet, und man unterweilen meynt, es ruͤcke fein uͤberall nichts,
ſo nimmt dennoch Licht und Krafft und Hitz von Tag zu Tag zu,
ohnerachtet die Waͤrme durch einfallend ſtuͤrmiſch Wetter vor einige
Tage zuruͤck gehalten werden mag; ſo beruͤhrt der Gnaden-Schein
JEſus einige Plaͤtze in den tieffen Thaͤleren der Niedrigkeiten, und
Demuͤthigungen, allwo ſich gemeinlich der Fruͤhling am erſten anmel-
det.
Alſo daß der geiſtliche Winter wohl dreyerley ſeyn mag in drey
Stafflen.
Jm voll-
kommenen
Winter
des Hey-
denthums
§. 5. (1.) Ein vollkom̃ener Winter, dergleichen vor der Verkuͤndigung
des Evangelii ware im Heydenthum, da die Sonne der Gerechtigkeit
gantz und gar nicht ſchiene, eben wie es gehet an den Polariſchen Laͤndern
ſie koͤnnten wohl aus der Welt-Erſchaffung des Schoͤpffers ewige
Macht und Gottheit mercken und anſchauen; allein der Meßias wa-
re ihnen gar zu unbekannt, da offenbahrten ſich auch keine Wercke in
GOTT gethan, GOTT ſpricht zum Schnee: ſeye auf Erden, und
verſiglet damit die Hand aller Menſchen a, daß ſie auf dem Feld nicht
arbeiten koͤnnen, die Seelen ſaſſen in einer toͤdtlichen Nacht, der
unvergaͤngliche Saamen des Worts GOttes ward nirgends ausge-
ſaͤet, die Hertzen waren wie Eiß zuſammen gefroren voll Haß und
Abkehr von dem wahren GOTT, wußten ledig nichts von Buß und
Heiligung, waren dahin gegeben in einen unachtſamen Sinn b, und
ware
a Hiob XXXVII.
b Rom. I. 28.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/388>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.