seyn. Das fallt ab, wie im Herbst die Blätter ab den Bäumen, wie schön auch alles zu blühen scheinet, der Wind der Anfechtung führet das Blust hinweg, und lasset ein Gefiser an den Zweigen da- hinden; Der vorige Muth zu lesen und betten verlieret sich, alle Freud, Eifer und Ernst verschwindet, die böse Lüste, so zuvor ertödtet schie- nen, regen sich wieder; Da schreyet der Teuffel in die Ohren: Du siehest wohl, du bist verlohren/ und gehörst GOTT nicht an. Hier muß es von fornen angefangen seyn, dann obschon die Gnad et- was im Menschen vorgenommen, so ist doch schier kein gut Erdreich, oder Hertz fürhanden, darum hat es keinen Bestand, es verdorret alles wieder; Nachdem aber der Mensch um den Hertz reinigenden Glauben gekämpft und gerungen, und man also JEsum wahrhafftig gefunden, da gehts an ein Lobsingen, Springen und Klingen, da wallet alles von Freude, der Glaub ist der Seel eine stäte Lebens- Quell, sie triumphieret in Liebe, und jubilieret wie eine Nachtigall! O! Wie wohl ist mir bey meinem JESU! Wie selig und überselig bin ich! Daß mir GOtt meine Sünden verziehen um meines Bräu- tigams willen, der sein Leben für mich gelassen, und aus seinem theur- sten GOttes-Blüth ein Bad zubereitet, meine Seel von aller Un- sauberkeit der Sünden schnee-weiß zu wäschen. Ehre sey GOtt in der Höhe, der mich so hoch geliebet, daß ich seyn soll sein Kind und Erb! Halleluja, dem der mir seinen eigenen Heil. Geist schencket, mich mit Freud und Fried zu erfüllen, mich zu allem Guten stäts anzutrei- ben, zu leiten auf den so gar verirrlichen Weg der Ewigkeit und mir grosse Gewißheit des Göttlichen Wohlgefallens in meinen Sa- chen zu geben. O wie wohl ists mir, daß ich eigentlich weiß wo ich ewig bleiben soll, ich habe den Vorgeschmack deß ewigen Lebens, ich esse die Trauben aus dem himmlischen Canaan, ich werde wohnen in den Pallästen meines Königs ewiglich, und darvon tragen das End deß Glaubens meiner Seelen Seeligkeit, und meine Leibes-Verklä- rung am Jüngsten Tag, drum sing ich und bin froh in dulci ju- bilo.
Diß ist die 2te Staffel, der Glaub da man gern allen Leuten an- rühmen möchte, wie gut mans habe, das sind die Vögelein, die sich zu den Städten und Dörfferen nahen, alles mit ihrer lobsingenden Kähle zu ermunteren; Da redt man viel mit anderen von der Lieblichkeit JEsu und seines Reichs, wird aber nach und nach stiller eingekehr- ter, und kommt zum 3. Staffel
§. 3. Das
Der geiſtliche Fruͤhling.
ſeyn. Das fallt ab, wie im Herbſt die Blaͤtter ab den Baͤumen, wie ſchoͤn auch alles zu bluͤhen ſcheinet, der Wind der Anfechtung fuͤhret das Bluſt hinweg, und laſſet ein Gefiſer an den Zweigen da- hinden; Der vorige Muth zu leſen und betten verlieret ſich, alle Freud, Eifer und Ernſt verſchwindet, die boͤſe Luͤſte, ſo zuvor ertoͤdtet ſchie- nen, regen ſich wieder; Da ſchreyet der Teuffel in die Ohren: Du ſieheſt wohl, du biſt verlohren/ und gehoͤrſt GOTT nicht an. Hier muß es von fornen angefangen ſeyn, dann obſchon die Gnad et- was im Menſchen vorgenommen, ſo iſt doch ſchier kein gut Erdreich, oder Hertz fuͤrhanden, darum hat es keinen Beſtand, es verdorret alles wieder; Nachdem aber der Menſch um den Hertz reinigenden Glauben gekaͤmpft und gerungen, und man alſo JEſum wahrhafftig gefunden, da gehts an ein Lobſingen, Springen und Klingen, da wallet alles von Freude, der Glaub iſt der Seel eine ſtaͤte Lebens- Quell, ſie triumphieret in Liebe, und jubilieret wie eine Nachtigall! O! Wie wohl iſt mir bey meinem JESU! Wie ſelig und uͤberſelig bin ich! Daß mir GOtt meine Suͤnden verziehen um meines Braͤu- tigams willen, der ſein Leben fuͤr mich gelaſſen, und aus ſeinem theur- ſten GOttes-Bluͤth ein Bad zubereitet, meine Seel von aller Un- ſauberkeit der Suͤnden ſchnee-weiß zu waͤſchen. Ehre ſey GOtt in der Hoͤhe, der mich ſo hoch geliebet, daß ich ſeyn ſoll ſein Kind und Erb! Halleluja, dem der mir ſeinen eigenen Heil. Geiſt ſchencket, mich mit Freud und Fried zu erfuͤllen, mich zu allem Guten ſtaͤts anzutrei- ben, zu leiten auf den ſo gar verirrlichen Weg der Ewigkeit und mir groſſe Gewißheit des Goͤttlichen Wohlgefallens in meinen Sa- chen zu geben. O wie wohl iſts mir, daß ich eigentlich weiß wo ich ewig bleiben ſoll, ich habe den Vorgeſchmack deß ewigen Lebens, ich eſſe die Trauben aus dem himmliſchen Canaan, ich werde wohnen in den Pallaͤſten meines Koͤnigs ewiglich, und darvon tragen das End deß Glaubens meiner Seelen Seeligkeit, und meine Leibes-Verklaͤ- rung am Juͤngſten Tag, drum ſing ich und bin froh in dulci ju- bilo.
Diß iſt die 2te Staffel, der Glaub da man gern allen Leuten an- ruͤhmen moͤchte, wie gut mans habe, das ſind die Voͤgelein, die ſich zu den Staͤdten und Doͤrfferen nahen, alles mit ihrer lobſingenden Kaͤhle zu ermunteren; Da redt man viel mit anderen von der Lieblichkeit JEſu und ſeines Reichs, wird aber nach und nach ſtiller eingekehr- ter, und kommt zum 3. Staffel
§. 3. Das
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0406"n="310"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der geiſtliche Fruͤhling.</hi></fw><lb/>ſeyn. Das fallt ab, wie im Herbſt die Blaͤtter ab den Baͤumen,<lb/>
wie ſchoͤn auch alles zu bluͤhen ſcheinet, der Wind der Anfechtung<lb/>
fuͤhret das Bluſt hinweg, und laſſet ein Gefiſer an den Zweigen da-<lb/>
hinden; Der vorige Muth zu leſen und betten verlieret ſich, alle Freud,<lb/>
Eifer und Ernſt verſchwindet, die boͤſe Luͤſte, ſo zuvor ertoͤdtet ſchie-<lb/>
nen, regen ſich wieder; Da ſchreyet der Teuffel in die Ohren: <hirendition="#fr">Du<lb/>ſieheſt wohl, du biſt verlohren/ und gehoͤrſt GOTT nicht an.</hi><lb/>
Hier muß es von fornen angefangen ſeyn, dann obſchon die Gnad et-<lb/>
was im Menſchen vorgenommen, ſo iſt doch ſchier kein gut Erdreich,<lb/>
oder Hertz fuͤrhanden, darum hat es keinen Beſtand, es verdorret<lb/>
alles wieder; Nachdem aber der Menſch um den Hertz reinigenden<lb/>
Glauben gekaͤmpft und gerungen, und man alſo JEſum wahrhafftig<lb/>
gefunden, da gehts an ein Lobſingen, Springen und Klingen, da<lb/>
wallet alles von Freude, der Glaub iſt der Seel eine ſtaͤte Lebens-<lb/>
Quell, ſie triumphieret in Liebe, und jubilieret wie eine Nachtigall!<lb/>
O! Wie wohl iſt mir bey meinem JESU! Wie ſelig und uͤberſelig<lb/>
bin ich! Daß mir GOtt meine Suͤnden verziehen um meines Braͤu-<lb/>
tigams willen, der ſein Leben fuͤr mich gelaſſen, und aus ſeinem theur-<lb/>ſten GOttes-Bluͤth ein Bad zubereitet, meine Seel von aller Un-<lb/>ſauberkeit der Suͤnden ſchnee-weiß zu waͤſchen. Ehre ſey GOtt in<lb/>
der Hoͤhe, der mich ſo hoch geliebet, daß ich ſeyn ſoll ſein Kind und<lb/>
Erb! Halleluja, dem der mir ſeinen eigenen Heil. Geiſt ſchencket, mich<lb/>
mit Freud und Fried zu erfuͤllen, mich zu allem Guten ſtaͤts anzutrei-<lb/>
ben, zu leiten auf den ſo gar verirrlichen Weg der Ewigkeit und<lb/>
mir groſſe Gewißheit des Goͤttlichen Wohlgefallens in meinen Sa-<lb/>
chen zu geben. O wie wohl iſts mir, daß ich eigentlich weiß wo ich<lb/>
ewig bleiben ſoll, ich habe den Vorgeſchmack deß ewigen Lebens, ich<lb/>
eſſe die Trauben aus dem himmliſchen Canaan, ich werde wohnen<lb/>
in den Pallaͤſten meines Koͤnigs ewiglich, und darvon tragen das End<lb/>
deß Glaubens meiner Seelen Seeligkeit, und meine Leibes-Verklaͤ-<lb/>
rung am Juͤngſten Tag, drum ſing ich und bin froh <hirendition="#aq">in dulci ju-<lb/>
bilo.</hi></p><lb/><p>Diß iſt die 2te Staffel, der Glaub da man gern allen Leuten an-<lb/>
ruͤhmen moͤchte, wie gut mans habe, das ſind die Voͤgelein, die ſich zu<lb/>
den Staͤdten und Doͤrfferen nahen, alles mit ihrer lobſingenden Kaͤhle<lb/>
zu ermunteren; Da redt man viel mit anderen von der Lieblichkeit<lb/>
JEſu und ſeines Reichs, wird aber nach und nach ſtiller eingekehr-<lb/>
ter, und kommt zum 3. Staffel</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">§. 3. Das</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[310/0406]
Der geiſtliche Fruͤhling.
ſeyn. Das fallt ab, wie im Herbſt die Blaͤtter ab den Baͤumen,
wie ſchoͤn auch alles zu bluͤhen ſcheinet, der Wind der Anfechtung
fuͤhret das Bluſt hinweg, und laſſet ein Gefiſer an den Zweigen da-
hinden; Der vorige Muth zu leſen und betten verlieret ſich, alle Freud,
Eifer und Ernſt verſchwindet, die boͤſe Luͤſte, ſo zuvor ertoͤdtet ſchie-
nen, regen ſich wieder; Da ſchreyet der Teuffel in die Ohren: Du
ſieheſt wohl, du biſt verlohren/ und gehoͤrſt GOTT nicht an.
Hier muß es von fornen angefangen ſeyn, dann obſchon die Gnad et-
was im Menſchen vorgenommen, ſo iſt doch ſchier kein gut Erdreich,
oder Hertz fuͤrhanden, darum hat es keinen Beſtand, es verdorret
alles wieder; Nachdem aber der Menſch um den Hertz reinigenden
Glauben gekaͤmpft und gerungen, und man alſo JEſum wahrhafftig
gefunden, da gehts an ein Lobſingen, Springen und Klingen, da
wallet alles von Freude, der Glaub iſt der Seel eine ſtaͤte Lebens-
Quell, ſie triumphieret in Liebe, und jubilieret wie eine Nachtigall!
O! Wie wohl iſt mir bey meinem JESU! Wie ſelig und uͤberſelig
bin ich! Daß mir GOtt meine Suͤnden verziehen um meines Braͤu-
tigams willen, der ſein Leben fuͤr mich gelaſſen, und aus ſeinem theur-
ſten GOttes-Bluͤth ein Bad zubereitet, meine Seel von aller Un-
ſauberkeit der Suͤnden ſchnee-weiß zu waͤſchen. Ehre ſey GOtt in
der Hoͤhe, der mich ſo hoch geliebet, daß ich ſeyn ſoll ſein Kind und
Erb! Halleluja, dem der mir ſeinen eigenen Heil. Geiſt ſchencket, mich
mit Freud und Fried zu erfuͤllen, mich zu allem Guten ſtaͤts anzutrei-
ben, zu leiten auf den ſo gar verirrlichen Weg der Ewigkeit und
mir groſſe Gewißheit des Goͤttlichen Wohlgefallens in meinen Sa-
chen zu geben. O wie wohl iſts mir, daß ich eigentlich weiß wo ich
ewig bleiben ſoll, ich habe den Vorgeſchmack deß ewigen Lebens, ich
eſſe die Trauben aus dem himmliſchen Canaan, ich werde wohnen
in den Pallaͤſten meines Koͤnigs ewiglich, und darvon tragen das End
deß Glaubens meiner Seelen Seeligkeit, und meine Leibes-Verklaͤ-
rung am Juͤngſten Tag, drum ſing ich und bin froh in dulci ju-
bilo.
Diß iſt die 2te Staffel, der Glaub da man gern allen Leuten an-
ruͤhmen moͤchte, wie gut mans habe, das ſind die Voͤgelein, die ſich zu
den Staͤdten und Doͤrfferen nahen, alles mit ihrer lobſingenden Kaͤhle
zu ermunteren; Da redt man viel mit anderen von der Lieblichkeit
JEſu und ſeines Reichs, wird aber nach und nach ſtiller eingekehr-
ter, und kommt zum 3. Staffel
§. 3. Das
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/406>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.