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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Der geistliche Frühling.
ten-Aas sich weyden, der verwesenden und verderbenden Lust, so in
der Welt ist, die immer in einem schreyen Cras, Cras, Morgen,
Morgen will ich mich bekehren, jetzund wäre es allzufrüh, will von
erst meine beste Jahr dem Satan aufopferen, ey welch ein greßlich
Geheul, der Nacht-Eulen, der Kinder der Finsternuß, denen der
Sonnen-Glantz der Wahrheit JEsu unleidenlich; Wie laden doch
die Raben einander ein zum Welt-Aas.

von den
Vöglen
zu Schan-
den gema-
chet wer-
den.

§. 2. Ach wo sind die geistlichen Nachtigal, Distel-Vögelein und
Lerchen? machen wir JEsu ein so liebliche Melodie als wie uns JE-
sus macht in der Natur, nein höret doch wie sie bey aufgehender
Sonne ihre thon- und liederreiche Schnäbel eröffnen, wie ihre klei-
ne Kählen gurglen, und Wald, Berg und Thal erfüllen, sie schlüpf-
fen durch Laub und Blätter, sie springen von Zweig auf Zweig,
sie locken, pfeiffen, singen, ob wir mit ihnen JEsu Güte danckbar-
lich erheben wollen; Das Zeißlein, Wachtlen, Amslen, Schwal-
ben, alles girret, jauchzet und thönet, was sich in Lüfften reget;
Ach wo ist die Himmels-steigende, in der reinen Lufft des sanfftwe-
henden Pfingst-Windes sich wohlgemuth aufschwingende, muntere
Lerch! Exaltata cano.

Je höher ich mich schwinge,
Je lieblicher ich singe.

Die lobsingende gläubige Seel, die sich im Geist immer weiter von
der Welt entfernet, und dem unwandelbahren Himmelreich und des-
sen lobenden und danckenden Chören sich nähert, und unterdessen die
untere Welt mit freudenreichen jubilieren zu jener überhimmlischen
Welt hinan locket; Ach wie still ist alles von dergleichen Himmel-
anthönenden Lobgesängern! Die Lerch auf Erden sitzend singet nicht;
Also ein von der Welt, Natur und Creatur Abgescheiden Hertz kan
allein ein hellklingendes Seitenspiel des H. Geistes seyn und bleiben
ewiglich. Ach wie stumm sind die Christen zum allerinnigsten, süs-
sesten, holdreichesten, allerschuldigsten Lobe JEsu auch zu der Zeit,
da alles um und um, Welt, Himmel und die Natur selbst lebet,
singet, musicieret. Wo muß ich hingehen, ein Nachtigall zu hö-
ren, eine Seel, die auch in sinsteren Trübsals-Nächten das grosse
Heyl GOttes in Christo preiset und ihrem JEsu tausend Danck-Lie-
der im tieffsten Grund des Hertzens singet, eine Seel, die alle Ma-
nier und Melodeyen gelernet, jedwedes Liebe-Wunder GOttes mit

sonder-

Der geiſtliche Fruͤhling.
ten-Aas ſich weyden, der verweſenden und verderbenden Luſt, ſo in
der Welt iſt, die immer in einem ſchreyen Cras, Cras, Morgen,
Morgen will ich mich bekehren, jetzund waͤre es allzufruͤh, will von
erſt meine beſte Jahr dem Satan aufopferen, ey welch ein greßlich
Geheul, der Nacht-Eulen, der Kinder der Finſternuß, denen der
Sonnen-Glantz der Wahrheit JEſu unleidenlich; Wie laden doch
die Raben einander ein zum Welt-Aas.

von den
Voͤglen
zu Schan-
den gema-
chet wer-
den.

§. 2. Ach wo ſind die geiſtlichen Nachtigal, Diſtel-Voͤgelein und
Lerchen? machen wir JEſu ein ſo liebliche Melodie als wie uns JE-
ſus macht in der Natur, nein hoͤret doch wie ſie bey aufgehender
Sonne ihre thon- und liederreiche Schnaͤbel eroͤffnen, wie ihre klei-
ne Kaͤhlen gurglen, und Wald, Berg und Thal erfuͤllen, ſie ſchluͤpf-
fen durch Laub und Blaͤtter, ſie ſpringen von Zweig auf Zweig,
ſie locken, pfeiffen, ſingen, ob wir mit ihnen JEſu Guͤte danckbar-
lich erheben wollen; Das Zeißlein, Wachtlen, Amslen, Schwal-
ben, alles girret, jauchzet und thoͤnet, was ſich in Luͤfften reget;
Ach wo iſt die Himmels-ſteigende, in der reinen Lufft des ſanfftwe-
henden Pfingſt-Windes ſich wohlgemuth aufſchwingende, muntere
Lerch! Exaltata cano.

Je hoͤher ich mich ſchwinge,
Je lieblicher ich ſinge.

Die lobſingende glaͤubige Seel, die ſich im Geiſt immer weiter von
der Welt entfernet, und dem unwandelbahren Himmelreich und deſ-
ſen lobenden und danckenden Choͤren ſich naͤhert, und unterdeſſen die
untere Welt mit freudenreichen jubilieren zu jener uͤberhimmliſchen
Welt hinan locket; Ach wie ſtill iſt alles von dergleichen Himmel-
anthoͤnenden Lobgeſaͤngern! Die Lerch auf Erden ſitzend ſinget nicht;
Alſo ein von der Welt, Natur und Creatur Abgeſcheiden Hertz kan
allein ein hellklingendes Seitenſpiel des H. Geiſtes ſeyn und bleiben
ewiglich. Ach wie ſtumm ſind die Chriſten zum allerinnigſten, ſuͤſ-
ſeſten, holdreicheſten, allerſchuldigſten Lobe JEſu auch zu der Zeit,
da alles um und um, Welt, Himmel und die Natur ſelbſt lebet,
ſinget, muſicieret. Wo muß ich hingehen, ein Nachtigall zu hoͤ-
ren, eine Seel, die auch in ſinſteren Truͤbſals-Naͤchten das groſſe
Heyl GOttes in Chriſto preiſet und ihrem JEſu tauſend Danck-Lie-
der im tieffſten Grund des Hertzens ſinget, eine Seel, die alle Ma-
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[362/0458] Der geiſtliche Fruͤhling. ten-Aas ſich weyden, der verweſenden und verderbenden Luſt, ſo in der Welt iſt, die immer in einem ſchreyen Cras, Cras, Morgen, Morgen will ich mich bekehren, jetzund waͤre es allzufruͤh, will von erſt meine beſte Jahr dem Satan aufopferen, ey welch ein greßlich Geheul, der Nacht-Eulen, der Kinder der Finſternuß, denen der Sonnen-Glantz der Wahrheit JEſu unleidenlich; Wie laden doch die Raben einander ein zum Welt-Aas. §. 2. Ach wo ſind die geiſtlichen Nachtigal, Diſtel-Voͤgelein und Lerchen? machen wir JEſu ein ſo liebliche Melodie als wie uns JE- ſus macht in der Natur, nein hoͤret doch wie ſie bey aufgehender Sonne ihre thon- und liederreiche Schnaͤbel eroͤffnen, wie ihre klei- ne Kaͤhlen gurglen, und Wald, Berg und Thal erfuͤllen, ſie ſchluͤpf- fen durch Laub und Blaͤtter, ſie ſpringen von Zweig auf Zweig, ſie locken, pfeiffen, ſingen, ob wir mit ihnen JEſu Guͤte danckbar- lich erheben wollen; Das Zeißlein, Wachtlen, Amslen, Schwal- ben, alles girret, jauchzet und thoͤnet, was ſich in Luͤfften reget; Ach wo iſt die Himmels-ſteigende, in der reinen Lufft des ſanfftwe- henden Pfingſt-Windes ſich wohlgemuth aufſchwingende, muntere Lerch! Exaltata cano. Je hoͤher ich mich ſchwinge, Je lieblicher ich ſinge. Die lobſingende glaͤubige Seel, die ſich im Geiſt immer weiter von der Welt entfernet, und dem unwandelbahren Himmelreich und deſ- ſen lobenden und danckenden Choͤren ſich naͤhert, und unterdeſſen die untere Welt mit freudenreichen jubilieren zu jener uͤberhimmliſchen Welt hinan locket; Ach wie ſtill iſt alles von dergleichen Himmel- anthoͤnenden Lobgeſaͤngern! Die Lerch auf Erden ſitzend ſinget nicht; Alſo ein von der Welt, Natur und Creatur Abgeſcheiden Hertz kan allein ein hellklingendes Seitenſpiel des H. Geiſtes ſeyn und bleiben ewiglich. Ach wie ſtumm ſind die Chriſten zum allerinnigſten, ſuͤſ- ſeſten, holdreicheſten, allerſchuldigſten Lobe JEſu auch zu der Zeit, da alles um und um, Welt, Himmel und die Natur ſelbſt lebet, ſinget, muſicieret. Wo muß ich hingehen, ein Nachtigall zu hoͤ- ren, eine Seel, die auch in ſinſteren Truͤbſals-Naͤchten das groſſe Heyl GOttes in Chriſto preiſet und ihrem JEſu tauſend Danck-Lie- der im tieffſten Grund des Hertzens ſinget, eine Seel, die alle Ma- nier und Melodeyen gelernet, jedwedes Liebe-Wunder GOttes mit ſonder-

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/458>, abgerufen am 25.11.2024.