sum, dir den Himmel auf ein frisches Zuschliessen und Hinfahren in der Höllen-Schlund! O wie unsinnig bist du! Wann sich einer für den anderen lebendig verbrennen liesse, und der andere lieber diese Straff leyden wollte, als gegen seinem Erlöser erkänntlich seyn, wurde er nicht vor aller Welt für einen Narren gehalten? Wie ernst- lich hat JEsus gebetten aus dem tieffsten Abgrund zu GOtt seinem Vatter! und rufft uns nun zu sich; und wir sollten ihne nicht wol- len erhören! Er hat Blut geschwitzet, daß Er dir den kalten Todes- Schweiß abwüsche; o wie froh wirst du seyn im Tod-Bett, wann du diese Glaubens-Gewißheit in deinem Hertzen haben kanst, daß JEsus die Sünd und Tod durch sein Leiden weggenommen, damit du nicht ewig in der Höllen schwitzen müssest, sondern noch könnest erfrischet werden aus den frischen Bächen, welche durch das obere Jerusalem daher rauschen.
§. 10. Kan dich dann diese Liebe nicht dahin bringen, daß du dichDann son- sten wird einem die uner- trägliche Höllen- Pein ge- wiß zu Theil wer- den. Christo ergebest! willt du lieber, wie bißher, in Sünden sicher fort- fahren, und alle Göttliche Liebes-Botten vergebens schreyen, und dir zuruffen lassen: was du JEsu nachfragest? O arme Seel! soll man so einen Schertz treiben mit GOtt dem verzehrenden Feur? Wie offt hat dich das Evangelium und dein eigen Gewissen überzeu- get! du werdest gewiß den ewigen Quaalen des Abgrunds an- heim fallen, wo du in deinem natürlichen Zustand bleibest? Aber du lassest um dich her, und in dir reden, und ist dir kein Ernst deiner Seelen Seeligkeit recht zu suchen! ich weiß nicht, was du gedenckest; ich frage dich noch einmahl im Namen JEsu Christi, ob du mit Hassung und Verlassung alles dessen, was mit diesem allersee- ligsten Lebens-Bild nicht überein stimmt, dich Christo deinem Her- tzogen ergeben, unter seiner Anführung dem Himmelreich Gewalt anthun, und wider alle deine Sünden und Neigungen unermüdet streiten wollest? oder aber, ob du GOtt und den Himmel muthwil- lig verwerffen, und Christi für ein und alle mahl nichts wollest, und also lieber in deinen Sünden sterben, von GOtt ewig verworffen, und den höllischen Henckeren überliefert werden wollest? entschliesse dich? Oder wie! meynest du dann, du wolltest die ewige Straf wohl erleiden können? siehe hier! der Fels des Heyls zitteret und zerschmel- tzet vor GOttes Zorn, wie willt du bestehen? wird dich die ewige Angst leicht ankommen, darinn GOttes Sohn vonnöthen hatte von einem
Engel
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liegende Wein-Trauben.
ſum, dir den Himmel auf ein friſches Zuſchlieſſen und Hinfahren in der Hoͤllen-Schlund! O wie unſinnig biſt du! Wann ſich einer fuͤr den anderen lebendig verbrennen lieſſe, und der andere lieber dieſe Straff leyden wollte, als gegen ſeinem Erloͤſer erkaͤnntlich ſeyn, wurde er nicht vor aller Welt fuͤr einen Narren gehalten? Wie ernſt- lich hat JEſus gebetten aus dem tieffſten Abgrund zu GOtt ſeinem Vatter! und rufft uns nun zu ſich; und wir ſollten ihne nicht wol- len erhoͤren! Er hat Blut geſchwitzet, daß Er dir den kalten Todes- Schweiß abwuͤſche; o wie froh wirſt du ſeyn im Tod-Bett, wann du dieſe Glaubens-Gewißheit in deinem Hertzen haben kanſt, daß JEſus die Suͤnd und Tod durch ſein Leiden weggenommen, damit du nicht ewig in der Hoͤllen ſchwitzen muͤſſeſt, ſondern noch koͤnneſt erfriſchet werden aus den friſchen Baͤchen, welche durch das obere Jeruſalem daher rauſchen.
§. 10. Kan dich dann dieſe Liebe nicht dahin bringen, daß du dichDann ſon- ſten wird einem die uner- traͤgliche Hoͤllen- Pein ge- wiß zu Theil wer- den. Chriſto ergebeſt! willt du lieber, wie bißher, in Suͤnden ſicher fort- fahren, und alle Goͤttliche Liebes-Botten vergebens ſchreyen, und dir zuruffen laſſen: was du JEſu nachfrageſt? O arme Seel! ſoll man ſo einen Schertz treiben mit GOtt dem verzehrenden Feur? Wie offt hat dich das Evangelium und dein eigen Gewiſſen uͤberzeu- get! du werdeſt gewiß den ewigen Quaalen des Abgrunds an- heim fallen, wo du in deinem natuͤrlichen Zuſtand bleibeſt? Aber du laſſeſt um dich her, und in dir reden, und iſt dir kein Ernſt deiner Seelen Seeligkeit recht zu ſuchen! ich weiß nicht, was du gedenckeſt; ich frage dich noch einmahl im Namen JEſu Chriſti, ob du mit Haſſung und Verlaſſung alles deſſen, was mit dieſem allerſee- ligſten Lebens-Bild nicht uͤberein ſtimmt, dich Chriſto deinem Her- tzogen ergeben, unter ſeiner Anfuͤhrung dem Himmelreich Gewalt anthun, und wider alle deine Suͤnden und Neigungen unermuͤdet ſtreiten wolleſt? oder aber, ob du GOtt und den Himmel muthwil- lig verwerffen, und Chriſti fuͤr ein und alle mahl nichts wolleſt, und alſo lieber in deinen Suͤnden ſterben, von GOtt ewig verworffen, und den hoͤlliſchen Henckeren uͤberliefert werden wolleſt? entſchlieſſe dich? Oder wie! meyneſt du dann, du wollteſt die ewige Straf wohl erleiden koͤnnen? ſiehe hier! der Fels des Heyls zitteret und zerſchmel- tzet vor GOttes Zorn, wie willt du beſtehen? wird dich die ewige Angſt leicht ankommen, darinn GOttes Sohn vonnoͤthen hatte von einem
Engel
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liegende Wein-Trauben.
ſum, dir den Himmel auf ein friſches Zuſchlieſſen und Hinfahren in
der Hoͤllen-Schlund! O wie unſinnig biſt du! Wann ſich einer fuͤr
den anderen lebendig verbrennen lieſſe, und der andere lieber dieſe
Straff leyden wollte, als gegen ſeinem Erloͤſer erkaͤnntlich ſeyn,
wurde er nicht vor aller Welt fuͤr einen Narren gehalten? Wie ernſt-
lich hat JEſus gebetten aus dem tieffſten Abgrund zu GOtt ſeinem
Vatter! und rufft uns nun zu ſich; und wir ſollten ihne nicht wol-
len erhoͤren! Er hat Blut geſchwitzet, daß Er dir den kalten Todes-
Schweiß abwuͤſche; o wie froh wirſt du ſeyn im Tod-Bett, wann
du dieſe Glaubens-Gewißheit in deinem Hertzen haben kanſt, daß
JEſus die Suͤnd und Tod durch ſein Leiden weggenommen, damit
du nicht ewig in der Hoͤllen ſchwitzen muͤſſeſt, ſondern noch koͤnneſt
erfriſchet werden aus den friſchen Baͤchen, welche durch das obere
Jeruſalem daher rauſchen.
§. 10. Kan dich dann dieſe Liebe nicht dahin bringen, daß du dich
Chriſto ergebeſt! willt du lieber, wie bißher, in Suͤnden ſicher fort-
fahren, und alle Goͤttliche Liebes-Botten vergebens ſchreyen, und
dir zuruffen laſſen: was du JEſu nachfrageſt? O arme Seel! ſoll
man ſo einen Schertz treiben mit GOtt dem verzehrenden Feur?
Wie offt hat dich das Evangelium und dein eigen Gewiſſen uͤberzeu-
get! du werdeſt gewiß den ewigen Quaalen des Abgrunds an-
heim fallen, wo du in deinem natuͤrlichen Zuſtand bleibeſt? Aber du
laſſeſt um dich her, und in dir reden, und iſt dir kein Ernſt deiner
Seelen Seeligkeit recht zu ſuchen! ich weiß nicht, was du gedenckeſt;
ich frage dich noch einmahl im Namen JEſu Chriſti, ob du mit
Haſſung und Verlaſſung alles deſſen, was mit dieſem allerſee-
ligſten Lebens-Bild nicht uͤberein ſtimmt, dich Chriſto deinem Her-
tzogen ergeben, unter ſeiner Anfuͤhrung dem Himmelreich Gewalt
anthun, und wider alle deine Suͤnden und Neigungen unermuͤdet
ſtreiten wolleſt? oder aber, ob du GOtt und den Himmel muthwil-
lig verwerffen, und Chriſti fuͤr ein und alle mahl nichts wolleſt, und
alſo lieber in deinen Suͤnden ſterben, von GOtt ewig verworffen,
und den hoͤlliſchen Henckeren uͤberliefert werden wolleſt? entſchlieſſe
dich? Oder wie! meyneſt du dann, du wollteſt die ewige Straf wohl
erleiden koͤnnen? ſiehe hier! der Fels des Heyls zitteret und zerſchmel-
tzet vor GOttes Zorn, wie willt du beſtehen? wird dich die ewige Angſt
leicht ankommen, darinn GOttes Sohn vonnoͤthen hatte von einem
Engel
Dann ſon-
ſten wird
einem
die uner-
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/549>, abgerufen am 22.11.2024.
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