terstul will lassen erscheinen, noch etwas von so grosser Seeligkeit ver- absaumen und deßwegen die Angst Peitsche faßt dich in Gang zu brin- gen. Oder
Dardurch wird man gereinigt.
§. 10. (2.) Willt du mit falschem Schein-Gold und verrüffter Müntz in die Ewigkeit tretten und vor des Königs Angesicht, in sei- nem Pallast zu Schanden werden. Jsts nicht sicherer, daß deine Sachen jetzt in Zeiten wohl untersucht, Holtz, Heu, Stoppeln im Rauch aufgehe; damit du, ehe du abgefordert wirst, noch könnest dich nach fein Gold, Perlen, Silber, Edelgestein umsehen, bewer- ben, daß du Freude habest, wann dein Werck aus GOtt in Christo ist.
JEsus ist eben die- sen Weg gegangen.
§. 11. Oder (3.) scheuest du den Weg zu betretten, welchen Christus hingegangen ist zu dem Vatter, da seine Liebe in der allerheissesten, unausdencklichen, schrecklichen Angst-Höll bewährt erfunden ward; da er eine Zeitlang von GOtt, Engeln, Menschen und allen Creatu- ren verlassen, ja seinen ärgsten Feinden und allen Teufeln Preiß gege- ben und zum Schieß-Mahl gestellt war und so jämmerlich zugerichtet, daß er mehr einem zerfleischten, ängstlichen Blut-Wurm als einem Menschen glieche. Nachdem er aber die allerhöchste Prob seiner un- überwindlichen unvergleichlichen Liebe abgelegt, hat sich die höllische Angst-Finsterniß verzogen, der gantze Himmel aufgeklärt und hat der Vatter seinen Sohn mit der Offenbahrung seiner allerhöchsten Liebe umfangen; wie viel nun die Seele herrlicher und auch empfindlicher ist als der Leib, so viel ist ein geistlicher Märtyrer herrlicher als nur ein leiblicher.
Es ist nutzlicher diese Aengsten eher als später zu erfahren,
§. 12. Oder (4.) willt du lieber erst im Tod-Bett und am jüngsten Tag die Eitelkeit alles dessen, so unter dem Himmel ist, erfahren, als es jetzt in Anfechtungen erlernen und sie in Zeiten verläugnen nach der heil- samsten Lehre Christi: Willt du warten, biß dein nacketer roher Geist nach seiner Ausfahrt aus diesem Leben ins Gedräng und Gefecht mit den Teufeln gerathe ohne Wehr und Waffen, ohne Trost und Hülff; ists nicht tausendmahl richtiger, jetzt in deinen Seelen-Aengsten den Teufel und seine Schuppen kennen lernen, was für verzweiffelt böse, grimmige Gäste sie seyen, dich als ein tapfferer Streiter durch sie hindurch schlagen, allweil du so großmächtige Hülff und Beystand um dich her hast, das Heer der H. Engeln, die Vorbitte der Glau- bigen, Christi Krafft und Gegenwart, GOttes Aug, Hand und Hertz, den Geist der Gnaden und des Gebetts, die H. Schrifft, den Glauben, Liebe und Hoffnung, dieses alles darffst du jetzt umsonst
erbet-
Gedancken von den Seelen-Aengſten.
terſtul will laſſen erſcheinen, noch etwas von ſo groſſer Seeligkeit ver- abſaumen und deßwegen die Angſt Peitſche faßt dich in Gang zu brin- gen. Oder
Dardurch wird man gereinigt.
§. 10. (2.) Willt du mit falſchem Schein-Gold und verruͤffter Muͤntz in die Ewigkeit tretten und vor des Koͤnigs Angeſicht, in ſei- nem Pallaſt zu Schanden werden. Jſts nicht ſicherer, daß deine Sachen jetzt in Zeiten wohl unterſucht, Holtz, Heu, Stoppeln im Rauch aufgehe; damit du, ehe du abgefordert wirſt, noch koͤnneſt dich nach fein Gold, Perlen, Silber, Edelgeſtein umſehen, bewer- ben, daß du Freude habeſt, wann dein Werck aus GOtt in Chriſto iſt.
JEſus iſt eben die- ſen Weg gegangen.
§. 11. Oder (3.) ſcheueſt du den Weg zu betretten, welchen Chriſtus hingegangen iſt zu dem Vatter, da ſeine Liebe in der allerheiſſeſten, unausdencklichen, ſchrecklichen Angſt-Hoͤll bewaͤhrt erfunden ward; da er eine Zeitlang von GOtt, Engeln, Menſchen und allen Creatu- ren verlaſſen, ja ſeinen aͤrgſten Feinden und allen Teufeln Preiß gege- ben und zum Schieß-Mahl geſtellt war und ſo jaͤmmerlich zugerichtet, daß er mehr einem zerfleiſchten, aͤngſtlichen Blut-Wurm als einem Menſchen glieche. Nachdem er aber die allerhoͤchſte Prob ſeiner un- uͤberwindlichen unvergleichlichen Liebe abgelegt, hat ſich die hoͤlliſche Angſt-Finſterniß verzogen, der gantze Himmel aufgeklaͤrt und hat der Vatter ſeinen Sohn mit der Offenbahrung ſeiner allerhoͤchſten Liebe umfangen; wie viel nun die Seele herrlicher und auch empfindlicher iſt als der Leib, ſo viel iſt ein geiſtlicher Maͤrtyrer herrlicher als nur ein leiblicher.
Es iſt nutzlicher dieſe Aengſten eher als ſpaͤter zu erfahren,
§. 12. Oder (4.) willt du lieber erſt im Tod-Bett und am juͤngſten Tag die Eitelkeit alles deſſen, ſo unter dem Him̃el iſt, erfahren, als es jetzt in Anfechtungen erlernen und ſie in Zeiten verlaͤugnen nach der heil- ſamſten Lehre Chriſti: Willt du warten, biß dein nacketer roher Geiſt nach ſeiner Ausfahrt aus dieſem Leben ins Gedraͤng und Gefecht mit den Teufeln gerathe ohne Wehr und Waffen, ohne Troſt und Huͤlff; iſts nicht tauſendmahl richtiger, jetzt in deinen Seelen-Aengſten den Teufel und ſeine Schuppen kennen lernen, was fuͤr verzweiffelt boͤſe, grimmige Gaͤſte ſie ſeyen, dich als ein tapfferer Streiter durch ſie hindurch ſchlagen, allweil du ſo großmaͤchtige Huͤlff und Beyſtand um dich her haſt, das Heer der H. Engeln, die Vorbitte der Glau- bigen, Chriſti Krafft und Gegenwart, GOttes Aug, Hand und Hertz, den Geiſt der Gnaden und des Gebetts, die H. Schrifft, den Glauben, Liebe und Hoffnung, dieſes alles darffſt du jetzt umſonſt
erbet-
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Gedancken von den Seelen-Aengſten.
terſtul will laſſen erſcheinen, noch etwas von ſo groſſer Seeligkeit ver-
abſaumen und deßwegen die Angſt Peitſche faßt dich in Gang zu brin-
gen. Oder
§. 10. (2.) Willt du mit falſchem Schein-Gold und verruͤffter
Muͤntz in die Ewigkeit tretten und vor des Koͤnigs Angeſicht, in ſei-
nem Pallaſt zu Schanden werden. Jſts nicht ſicherer, daß deine
Sachen jetzt in Zeiten wohl unterſucht, Holtz, Heu, Stoppeln im
Rauch aufgehe; damit du, ehe du abgefordert wirſt, noch koͤnneſt
dich nach fein Gold, Perlen, Silber, Edelgeſtein umſehen, bewer-
ben, daß du Freude habeſt, wann dein Werck aus GOtt in Chriſto iſt.
§. 11. Oder (3.) ſcheueſt du den Weg zu betretten, welchen Chriſtus
hingegangen iſt zu dem Vatter, da ſeine Liebe in der allerheiſſeſten,
unausdencklichen, ſchrecklichen Angſt-Hoͤll bewaͤhrt erfunden ward;
da er eine Zeitlang von GOtt, Engeln, Menſchen und allen Creatu-
ren verlaſſen, ja ſeinen aͤrgſten Feinden und allen Teufeln Preiß gege-
ben und zum Schieß-Mahl geſtellt war und ſo jaͤmmerlich zugerichtet,
daß er mehr einem zerfleiſchten, aͤngſtlichen Blut-Wurm als einem
Menſchen glieche. Nachdem er aber die allerhoͤchſte Prob ſeiner un-
uͤberwindlichen unvergleichlichen Liebe abgelegt, hat ſich die hoͤlliſche
Angſt-Finſterniß verzogen, der gantze Himmel aufgeklaͤrt und hat der
Vatter ſeinen Sohn mit der Offenbahrung ſeiner allerhoͤchſten Liebe
umfangen; wie viel nun die Seele herrlicher und auch empfindlicher
iſt als der Leib, ſo viel iſt ein geiſtlicher Maͤrtyrer herrlicher als nur
ein leiblicher.
§. 12. Oder (4.) willt du lieber erſt im Tod-Bett und am juͤngſten
Tag die Eitelkeit alles deſſen, ſo unter dem Him̃el iſt, erfahren, als es jetzt
in Anfechtungen erlernen und ſie in Zeiten verlaͤugnen nach der heil-
ſamſten Lehre Chriſti: Willt du warten, biß dein nacketer roher Geiſt
nach ſeiner Ausfahrt aus dieſem Leben ins Gedraͤng und Gefecht mit
den Teufeln gerathe ohne Wehr und Waffen, ohne Troſt und Huͤlff;
iſts nicht tauſendmahl richtiger, jetzt in deinen Seelen-Aengſten den
Teufel und ſeine Schuppen kennen lernen, was fuͤr verzweiffelt boͤſe,
grimmige Gaͤſte ſie ſeyen, dich als ein tapfferer Streiter durch ſie
hindurch ſchlagen, allweil du ſo großmaͤchtige Huͤlff und Beyſtand
um dich her haſt, das Heer der H. Engeln, die Vorbitte der Glau-
bigen, Chriſti Krafft und Gegenwart, GOttes Aug, Hand und
Hertz, den Geiſt der Gnaden und des Gebetts, die H. Schrifft,
den Glauben, Liebe und Hoffnung, dieſes alles darffſt du jetzt umſonſt
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/604>, abgerufen am 22.11.2024.
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