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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Gedancken von den Seelen-Aengsten.
haben, das wurd ihn fürwahr besser abgekühlt haben, als ein Tropf
Wasser von Lazari Finger. Thue du es denn, weil du kanst, und
noch in der Gnaden-Zeit auf Erden wallest, Wercke der Gutthä-
tigkeit aus Hochachtung Christi in seinen Gliedern, rühren dem
GOtt aller Elenden das Hertz; also daß, wer einem Armen, dem
das Abend-Brod fehlet, einen Dreyer gibt, der ist GOttes Vica-
rius und Minister, nach Lutheri Philosophie, Ps. XI. 1-5. GOtt
erquickt ein solches Werckzeug seiner Güte nicht nur am Leib wie dem
armen Bruder gethan, sondern an der Seel, so mehr werth ist als
die gantze Welt.

§. 20. (5.) Klage über niemand, rede das beste vor die so dich be-Das zuge-
fügte Un-
recht mit
Gedult
ertrage.

leydigen, dencke nicht daß man dir unrecht thun könne: Unzufrie-
denheit gegen andere, sonderlich wo man in Wort und That aus-
bricht, erreget gleich das höllische Angst-Feuer, das ohne dem in
dir glimmet, daß es ebenfalls in Flammen ausbricht: Derowegen
laß Neid und Groll mit den sanfften Wassern der Gnad und Liebe
GOttes in dir abkühlen, so wird allezeit so viele Nahrung der inn-
wendigen Hertzens-Höll entzogen: Leg dich allen Creaturen zun Füs-
sen, freue dich heimlich aller Demüthigungen, achte dich aller Schan-
de werth, sey dermassen friedfertig und freundlich, daß du nicht wohl
freundlicher und niedriger seyn könntest. So werden dann die Ban-
gigkeiten mercklich abnehmen, du wirst der Freundlichkeit GOttes
allgemach genoß werden, und der Vatter wird dir die Missethaten
vergeben, wie du deinem Nächsten so hertzlich gern und mit Freuden
thust, also daß du froh bist, wenn du nur was zu vergeben hast.
GOtt wird dich erhöhen, nach dem du lange genug im Staub und
Koth gelegen, und dich aus dem Schweiß-Bad aufnehmen wann
du von den Bangigkeiten verursachenden Eigenheiten rein gewäschen
bist: Liebe dann die Widerwärtigen, gönne ihnen viel Gutes, laß
kein rauhes widerliches Wort aus deinem Munde fahren; zancke
auch nicht mit ihnen, auch nur etwa in den Gedancken, verklagst du
niemand weder vor GOtt noch vor den Menschen, so wird auch der
Ankläger aus deinem Hertzens-Himmel ausgeworffen, jedennoch ste-
het denen so auf Gerichts-Plätzen examiniert werden, das Warnen
anderer sehr wohl an, und ist eine Frucht hertzlicher Reu und Lie-
be: Worte so eine Seel rebe[t], die jetzund mit Feuer gesaltzen wird,
fliessen aus dem allerreinesten Hertzens-Grund, und lassen einen Sta-

chel
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Gedancken von den Seelen-Aengſten.
haben, das wurd ihn fuͤrwahr beſſer abgekuͤhlt haben, als ein Tropf
Waſſer von Lazari Finger. Thue du es denn, weil du kanſt, und
noch in der Gnaden-Zeit auf Erden walleſt, Wercke der Gutthaͤ-
tigkeit aus Hochachtung Chriſti in ſeinen Gliedern, ruͤhren dem
GOtt aller Elenden das Hertz; alſo daß, wer einem Armen, dem
das Abend-Brod fehlet, einen Dreyer gibt, der iſt GOttes Vica-
rius und Miniſter, nach Lutheri Philoſophie, Pſ. XI. 1-5. GOtt
erquickt ein ſolches Werckzeug ſeiner Guͤte nicht nur am Leib wie dem
armen Bruder gethan, ſondern an der Seel, ſo mehr werth iſt als
die gantze Welt.

§. 20. (5.) Klage uͤber niemand, rede das beſte vor die ſo dich be-Das zuge-
fuͤgte Un-
recht mit
Gedult
ertrage.

leydigen, dencke nicht daß man dir unrecht thun koͤnne: Unzufrie-
denheit gegen andere, ſonderlich wo man in Wort und That aus-
bricht, erreget gleich das hoͤlliſche Angſt-Feuer, das ohne dem in
dir glimmet, daß es ebenfalls in Flammen ausbricht: Derowegen
laß Neid und Groll mit den ſanfften Waſſern der Gnad und Liebe
GOttes in dir abkuͤhlen, ſo wird allezeit ſo viele Nahrung der inn-
wendigen Hertzens-Hoͤll entzogen: Leg dich allen Creaturen zun Fuͤſ-
ſen, freue dich heimlich aller Demuͤthigungen, achte dich aller Schan-
de werth, ſey dermaſſen friedfertig und freundlich, daß du nicht wohl
freundlicher und niedriger ſeyn koͤnnteſt. So werden dann die Ban-
gigkeiten mercklich abnehmen, du wirſt der Freundlichkeit GOttes
allgemach genoß werden, und der Vatter wird dir die Miſſethaten
vergeben, wie du deinem Naͤchſten ſo hertzlich gern und mit Freuden
thuſt, alſo daß du froh biſt, wenn du nur was zu vergeben haſt.
GOtt wird dich erhoͤhen, nach dem du lange genug im Staub und
Koth gelegen, und dich aus dem Schweiß-Bad aufnehmen wann
du von den Bangigkeiten verurſachenden Eigenheiten rein gewaͤſchen
biſt: Liebe dann die Widerwaͤrtigen, goͤnne ihnen viel Gutes, laß
kein rauhes widerliches Wort aus deinem Munde fahren; zancke
auch nicht mit ihnen, auch nur etwa in den Gedancken, verklagſt du
niemand weder vor GOtt noch vor den Menſchen, ſo wird auch der
Anklaͤger aus deinem Hertzens-Himmel ausgeworffen, jedennoch ſte-
het denen ſo auf Gerichts-Plaͤtzen examiniert werden, das Warnen
anderer ſehr wohl an, und iſt eine Frucht hertzlicher Reu und Lie-
be: Worte ſo eine Seel rebe[t], die jetzund mit Feuer geſaltzen wird,
flieſſen aus dem allerreineſten Hertzens-Grund, und laſſen einen Sta-

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[423/0619] Gedancken von den Seelen-Aengſten. haben, das wurd ihn fuͤrwahr beſſer abgekuͤhlt haben, als ein Tropf Waſſer von Lazari Finger. Thue du es denn, weil du kanſt, und noch in der Gnaden-Zeit auf Erden walleſt, Wercke der Gutthaͤ- tigkeit aus Hochachtung Chriſti in ſeinen Gliedern, ruͤhren dem GOtt aller Elenden das Hertz; alſo daß, wer einem Armen, dem das Abend-Brod fehlet, einen Dreyer gibt, der iſt GOttes Vica- rius und Miniſter, nach Lutheri Philoſophie, Pſ. XI. 1-5. GOtt erquickt ein ſolches Werckzeug ſeiner Guͤte nicht nur am Leib wie dem armen Bruder gethan, ſondern an der Seel, ſo mehr werth iſt als die gantze Welt. §. 20. (5.) Klage uͤber niemand, rede das beſte vor die ſo dich be- leydigen, dencke nicht daß man dir unrecht thun koͤnne: Unzufrie- denheit gegen andere, ſonderlich wo man in Wort und That aus- bricht, erreget gleich das hoͤlliſche Angſt-Feuer, das ohne dem in dir glimmet, daß es ebenfalls in Flammen ausbricht: Derowegen laß Neid und Groll mit den ſanfften Waſſern der Gnad und Liebe GOttes in dir abkuͤhlen, ſo wird allezeit ſo viele Nahrung der inn- wendigen Hertzens-Hoͤll entzogen: Leg dich allen Creaturen zun Fuͤſ- ſen, freue dich heimlich aller Demuͤthigungen, achte dich aller Schan- de werth, ſey dermaſſen friedfertig und freundlich, daß du nicht wohl freundlicher und niedriger ſeyn koͤnnteſt. So werden dann die Ban- gigkeiten mercklich abnehmen, du wirſt der Freundlichkeit GOttes allgemach genoß werden, und der Vatter wird dir die Miſſethaten vergeben, wie du deinem Naͤchſten ſo hertzlich gern und mit Freuden thuſt, alſo daß du froh biſt, wenn du nur was zu vergeben haſt. GOtt wird dich erhoͤhen, nach dem du lange genug im Staub und Koth gelegen, und dich aus dem Schweiß-Bad aufnehmen wann du von den Bangigkeiten verurſachenden Eigenheiten rein gewaͤſchen biſt: Liebe dann die Widerwaͤrtigen, goͤnne ihnen viel Gutes, laß kein rauhes widerliches Wort aus deinem Munde fahren; zancke auch nicht mit ihnen, auch nur etwa in den Gedancken, verklagſt du niemand weder vor GOtt noch vor den Menſchen, ſo wird auch der Anklaͤger aus deinem Hertzens-Himmel ausgeworffen, jedennoch ſte- het denen ſo auf Gerichts-Plaͤtzen examiniert werden, das Warnen anderer ſehr wohl an, und iſt eine Frucht hertzlicher Reu und Lie- be: Worte ſo eine Seel rebet, die jetzund mit Feuer geſaltzen wird, flieſſen aus dem allerreineſten Hertzens-Grund, und laſſen einen Sta- chel Das zuge- fuͤgte Un- recht mit Gedult ertrage. U u u 2

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/619>, abgerufen am 22.11.2024.