halten a, sehet zuerst nach denen Früchten, die sich in euerem Wan- del erzeigen, ob es solche seyen, dergleichen die Natur keineswegs vorbringen könne, sondern die einen höheren Ursprung beweisen: dann es gar zu erbärmlich ist, sich viele Jahr nacheinander traumen lassen, man seye bekehrt, und werde nach und nach als ein neues Gewächs zum himmlischen Paradieß zugerüstet, und man dann erst beym Abdrucken mit unsäglicher Angst die Ausrottung an sich erfah- ren muß, als eine Pflantze, die der himmlische Vatter nicht gepflan- tzet hat b; wie so viele tausende in diesen Zeiten von der höllischen Schlangen belogen und betrogen werden.
§. 6. Es scheint wohl, es seye unter euch eine Begierde aufgegan-Man schmei- chelt sich manch- mahlen man habe die rechte und be- treugt sich, gen nach frommen, eiferigen Pfarreren; aber hat nicht auch Hero- des Johannem gern gehört c, und in vielem gefolget, darbey aber ein gar arger Fuchs und Wollüstler geblieben? Höret ihr demnach die stets zurecht weisende Hirten-Stimm JEsu d nicht in euerer Seelen Grund, so werdet ihr nur eine desto schwehrere Straff zu gewarten haben, je deutlicher und ernstlicher euch der Rath GOt- tes verkündiget wird e. Wie wenige mögen noch wohl jetzt im Frie- den und in der Freude des H. Geistes stehen f; sintemahl die aus Christi Opffer am Creutz fliessende, und durch einen in Liebe thäti- gen Glauben zur Heiligung eingegossene Gerechtigkeit an so wenigen leuchtet! Es ist bald gesagt, man sey fertig zum Sterben; allein wann man aus der Zeit in die Ewigkeit nunmehr tretten soll, so überzeuget die innerliche Gewissens-Bangigkeit die vom Leib schei- dende Seel starck genug, daß Christus nicht ihr Leben gewesen seye, und ihr das Sterben folglich kein Gewinn seyn könne g; Daß man sich aus Hochmuth zum Schein also resolut gestellt und nicht mit der Sprach heraus dörffe, wie es einem zu Muth seye, und daß man in Sorgen stehe, die Erde nicht mit dem Himmel sondern mit der Höll zu vertauschen. Dann ach! mit was Zuversicht wollet ihr dem König entgegen gehen, und euerem Richter unter Augen tretten, wann ihr seinem Willen nicht nachgelebet h und würdiglich gewand- let dem Evangelio, wie sichs geziemt dem, der uns beruffen hat zu
seinem
aJoh. XV.
bMatth. XV. 13.
cMarc. VI. 20.
dJoh. X. 27.
eHeb. XII. 25.
fRom. XIV. 17.
gPhil. I. 21.
hLuc. XII. 47.
C c c c 2
Zuſchrifft.
halten a, ſehet zuerſt nach denen Fruͤchten, die ſich in euerem Wan- del erzeigen, ob es ſolche ſeyen, dergleichen die Natur keineswegs vorbringen koͤnne, ſondern die einen hoͤheren Urſprung beweiſen: dann es gar zu erbaͤrmlich iſt, ſich viele Jahr nacheinander traumen laſſen, man ſeye bekehrt, und werde nach und nach als ein neues Gewaͤchs zum himmliſchen Paradieß zugeruͤſtet, und man dann erſt beym Abdrucken mit unſaͤglicher Angſt die Ausrottung an ſich erfah- ren muß, als eine Pflantze, die der himmliſche Vatter nicht gepflan- tzet hat b; wie ſo viele tauſende in dieſen Zeiten von der hoͤlliſchen Schlangen belogen und betrogen werden.
§. 6. Es ſcheint wohl, es ſeye unter euch eine Begierde aufgegan-Man ſchmei- chelt ſich manch- mahlen man habe die rechte und be- treugt ſich, gen nach frommen, eiferigen Pfarreren; aber hat nicht auch Hero- des Johannem gern gehoͤrt c, und in vielem gefolget, darbey aber ein gar arger Fuchs und Wolluͤſtler geblieben? Hoͤret ihr demnach die ſtets zurecht weiſende Hirten-Stimm JEſu d nicht in euerer Seelen Grund, ſo werdet ihr nur eine deſto ſchwehrere Straff zu gewarten haben, je deutlicher und ernſtlicher euch der Rath GOt- tes verkuͤndiget wird e. Wie wenige moͤgen noch wohl jetzt im Frie- den und in der Freude des H. Geiſtes ſtehen f; ſintemahl die aus Chriſti Opffer am Creutz flieſſende, und durch einen in Liebe thaͤti- gen Glauben zur Heiligung eingegoſſene Gerechtigkeit an ſo wenigen leuchtet! Es iſt bald geſagt, man ſey fertig zum Sterben; allein wann man aus der Zeit in die Ewigkeit nunmehr tretten ſoll, ſo uͤberzeuget die innerliche Gewiſſens-Bangigkeit die vom Leib ſchei- dende Seel ſtarck genug, daß Chriſtus nicht ihr Leben geweſen ſeye, und ihr das Sterben folglich kein Gewinn ſeyn koͤnne g; Daß man ſich aus Hochmuth zum Schein alſo reſolut geſtellt und nicht mit der Sprach heraus doͤrffe, wie es einem zu Muth ſeye, und daß man in Sorgen ſtehe, die Erde nicht mit dem Himmel ſondern mit der Hoͤll zu vertauſchen. Dann ach! mit was Zuverſicht wollet ihr dem Koͤnig entgegen gehen, und euerem Richter unter Augen tretten, wann ihr ſeinem Willen nicht nachgelebet h und wuͤrdiglich gewand- let dem Evangelio, wie ſichs geziemt dem, der uns beruffen hat zu
ſeinem
aJoh. XV.
bMatth. XV. 13.
cMarc. VI. 20.
dJoh. X. 27.
eHeb. XII. 25.
fRom. XIV. 17.
gPhil. I. 21.
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Zuſchrifft.
halten a, ſehet zuerſt nach denen Fruͤchten, die ſich in euerem Wan-
del erzeigen, ob es ſolche ſeyen, dergleichen die Natur keineswegs
vorbringen koͤnne, ſondern die einen hoͤheren Urſprung beweiſen:
dann es gar zu erbaͤrmlich iſt, ſich viele Jahr nacheinander traumen
laſſen, man ſeye bekehrt, und werde nach und nach als ein neues
Gewaͤchs zum himmliſchen Paradieß zugeruͤſtet, und man dann erſt
beym Abdrucken mit unſaͤglicher Angſt die Ausrottung an ſich erfah-
ren muß, als eine Pflantze, die der himmliſche Vatter nicht gepflan-
tzet hat b; wie ſo viele tauſende in dieſen Zeiten von der hoͤlliſchen
Schlangen belogen und betrogen werden.
§. 6. Es ſcheint wohl, es ſeye unter euch eine Begierde aufgegan-
gen nach frommen, eiferigen Pfarreren; aber hat nicht auch Hero-
des Johannem gern gehoͤrt c, und in vielem gefolget, darbey aber
ein gar arger Fuchs und Wolluͤſtler geblieben? Hoͤret ihr demnach
die ſtets zurecht weiſende Hirten-Stimm JEſu d nicht in euerer
Seelen Grund, ſo werdet ihr nur eine deſto ſchwehrere Straff zu
gewarten haben, je deutlicher und ernſtlicher euch der Rath GOt-
tes verkuͤndiget wird e. Wie wenige moͤgen noch wohl jetzt im Frie-
den und in der Freude des H. Geiſtes ſtehen f; ſintemahl die aus
Chriſti Opffer am Creutz flieſſende, und durch einen in Liebe thaͤti-
gen Glauben zur Heiligung eingegoſſene Gerechtigkeit an ſo wenigen
leuchtet! Es iſt bald geſagt, man ſey fertig zum Sterben; allein
wann man aus der Zeit in die Ewigkeit nunmehr tretten ſoll, ſo
uͤberzeuget die innerliche Gewiſſens-Bangigkeit die vom Leib ſchei-
dende Seel ſtarck genug, daß Chriſtus nicht ihr Leben geweſen ſeye,
und ihr das Sterben folglich kein Gewinn ſeyn koͤnne g; Daß man
ſich aus Hochmuth zum Schein alſo reſolut geſtellt und nicht mit der
Sprach heraus doͤrffe, wie es einem zu Muth ſeye, und daß man
in Sorgen ſtehe, die Erde nicht mit dem Himmel ſondern mit der
Hoͤll zu vertauſchen. Dann ach! mit was Zuverſicht wollet ihr dem
Koͤnig entgegen gehen, und euerem Richter unter Augen tretten,
wann ihr ſeinem Willen nicht nachgelebet h und wuͤrdiglich gewand-
let dem Evangelio, wie ſichs geziemt dem, der uns beruffen hat zu
ſeinem
Man
ſchmei-
chelt ſich
manch-
mahlen
man habe
die rechte
und be-
treugt
ſich,
a Joh. XV.
b Matth. XV. 13.
c Marc. VI. 20.
d Joh. X. 27.
e Heb. XII. 25.
f Rom. XIV. 17.
g Phil. I. 21.
h Luc. XII.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/667>, abgerufen am 22.11.2024.
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