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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Zuschrifft.
seinem Reich und Herrlichkeit a, und man also nicht voll Glaubens
und H. Geistes worden ist b?

derohal-
ben muß
man sich
wohl über
die Grund-
Reglen
des Chri-
stenthums
prüffen.

§. 7. Darum lernet euch wohl erkennen, prüffet euch im Licht des
Angesichts GOttes, ob nicht Altäre in euch seyen, die da sollten
umgerissen werden c, eigene Würdigkeit, Meriten und Verdienste?
Säulen, die da sollten zerbrochen werden, eigene Ehre und Selbst-
Gefallen? Götzen-Wälde, die da sollten abgehauen werden, eigene
Frommkeit, eigen Würcken, Krafft und Vermögen? Oder verste-
het ihr auch wohl, wovon ich schreibe? Jst euch diß Evangelium
nicht noch verdeckt d? Habt ihr von GOtt dem Vatter gehöret und
gelernet, wie die Seele mit Schrecken vor GOttes Sinai tief be-
schämet sich dargeben müsse als Höll-würdig, unrein und besudlet e,
und lebendig fühlen wie blind, thumm, stumm, aussätzig und lahm f
sie seye am Reich der Gnaden, wann ihr jemahls solle von JEsu ge-
holffen werden zum rechten Leben? Beschauet doch euern Glauben
wohl, sintemahl an dessen Wahrheit oder Falschheit ewig Wohl und
Weh hanget g; Sehet, obs nicht etwann nur ein selbstgemachter,
erlernter, eingeschwätzter Glaub sey, der euch alle Freyheit gönne,
nach dem Fleisch zu leben, euch der Welt gleich zu stellen und mit-
zumachen, der eueren Willen, Gedancken, Begierden nicht gar zu
genau einschräncke, sondern bey der Welt als reputierliche, from-
me, weise, manierliche Leute in Ruhm und Ansehen bringe! Wel-
cher Land-übliche Glaub mich eben an die Kälber Jeroboams mah-
net h, der die Cherubim im Tempel nachbildete; Er wollte einmahl
auch Cherubim und Tempel haben, (wie viele unter uns Glauben
und Liebe,) hatte aber einen hertzlichen Abscheu ab den wahren von
GOtt verordneten Cherubim zu Jerusalem, aus Beysorge, diesel-
ben möchten ihn von seinem Königlichen Gewalt, und Cron, und
Leben bringen. Jch setze hieher die Wort der vor 10. Jahren zu
Basel über die Epistel an die Galater gedruckten Vorred, die also
lautet: "So machts der Heidnische Nam-Christ, er will einmahl
"nicht ohne Glauben seyn, dann der Himmel möcht ihm sonst zuletzt
"entgehen; Aber er will sich auch nicht mit unabläßigem Gebett zu
"GOtt kehren, den wahren Göttlichen im Evangelio entworffenen

"Glau-
a Thess. II. 12.
b Joh. VII. 38.
c Hos. X. 11.
d Joh. VI. 45.
e Luc. XV. 18.
f Luc. XIV. 21.
g Joh. III 36.
h 1 Reg. XII. 26.

Zuſchrifft.
ſeinem Reich und Herrlichkeit a, und man alſo nicht voll Glaubens
und H. Geiſtes worden iſt b?

derohal-
ben muß
man ſich
wohl uͤber
die Grund-
Reglen
des Chri-
ſtenthums
pruͤffen.

§. 7. Darum lernet euch wohl erkennen, pruͤffet euch im Licht des
Angeſichts GOttes, ob nicht Altaͤre in euch ſeyen, die da ſollten
umgeriſſen werden c, eigene Wuͤrdigkeit, Meriten und Verdienſte?
Saͤulen, die da ſollten zerbrochen werden, eigene Ehre und Selbſt-
Gefallen? Goͤtzen-Waͤlde, die da ſollten abgehauen werden, eigene
Frommkeit, eigen Wuͤrcken, Krafft und Vermoͤgen? Oder verſte-
het ihr auch wohl, wovon ich ſchreibe? Jſt euch diß Evangelium
nicht noch verdeckt d? Habt ihr von GOtt dem Vatter gehoͤret und
gelernet, wie die Seele mit Schrecken vor GOttes Sinai tief be-
ſchaͤmet ſich dargeben muͤſſe als Hoͤll-wuͤrdig, unrein und beſudlet e,
und lebendig fuͤhlen wie blind, thumm, ſtumm, ausſaͤtzig und lahm f
ſie ſeye am Reich der Gnaden, wann ihr jemahls ſolle von JEſu ge-
holffen werden zum rechten Leben? Beſchauet doch euern Glauben
wohl, ſintemahl an deſſen Wahrheit oder Falſchheit ewig Wohl und
Weh hanget g; Sehet, obs nicht etwann nur ein ſelbſtgemachter,
erlernter, eingeſchwaͤtzter Glaub ſey, der euch alle Freyheit goͤnne,
nach dem Fleiſch zu leben, euch der Welt gleich zu ſtellen und mit-
zumachen, der eueren Willen, Gedancken, Begierden nicht gar zu
genau einſchraͤncke, ſondern bey der Welt als reputierliche, from-
me, weiſe, manierliche Leute in Ruhm und Anſehen bringe! Wel-
cher Land-uͤbliche Glaub mich eben an die Kaͤlber Jeroboams mah-
net h, der die Cherubim im Tempel nachbildete; Er wollte einmahl
auch Cherubim und Tempel haben, (wie viele unter uns Glauben
und Liebe,) hatte aber einen hertzlichen Abſcheu ab den wahren von
GOtt verordneten Cherubim zu Jeruſalem, aus Beyſorge, dieſel-
ben moͤchten ihn von ſeinem Koͤniglichen Gewalt, und Cron, und
Leben bringen. Jch ſetze hieher die Wort der vor 10. Jahren zu
Baſel uͤber die Epiſtel an die Galater gedruckten Vorred, die alſo
lautet: „So machts der Heidniſche Nam-Chriſt, er will einmahl
„nicht ohne Glauben ſeyn, dann der Himmel moͤcht ihm ſonſt zuletzt
„entgehen; Aber er will ſich auch nicht mit unablaͤßigem Gebett zu
„GOtt kehren, den wahren Goͤttlichen im Evangelio entworffenen

„Glau-
a Theſſ. II. 12.
b Joh. VII. 38.
c Hoſ. X. 11.
d Joh. VI. 45.
e Luc. XV. 18.
f Luc. XIV. 21.
g Joh. III 36.
h 1 Reg. XII. 26.
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[572/0668] Zuſchrifft. ſeinem Reich und Herrlichkeit a, und man alſo nicht voll Glaubens und H. Geiſtes worden iſt b? §. 7. Darum lernet euch wohl erkennen, pruͤffet euch im Licht des Angeſichts GOttes, ob nicht Altaͤre in euch ſeyen, die da ſollten umgeriſſen werden c, eigene Wuͤrdigkeit, Meriten und Verdienſte? Saͤulen, die da ſollten zerbrochen werden, eigene Ehre und Selbſt- Gefallen? Goͤtzen-Waͤlde, die da ſollten abgehauen werden, eigene Frommkeit, eigen Wuͤrcken, Krafft und Vermoͤgen? Oder verſte- het ihr auch wohl, wovon ich ſchreibe? Jſt euch diß Evangelium nicht noch verdeckt d? Habt ihr von GOtt dem Vatter gehoͤret und gelernet, wie die Seele mit Schrecken vor GOttes Sinai tief be- ſchaͤmet ſich dargeben muͤſſe als Hoͤll-wuͤrdig, unrein und beſudlet e, und lebendig fuͤhlen wie blind, thumm, ſtumm, ausſaͤtzig und lahm f ſie ſeye am Reich der Gnaden, wann ihr jemahls ſolle von JEſu ge- holffen werden zum rechten Leben? Beſchauet doch euern Glauben wohl, ſintemahl an deſſen Wahrheit oder Falſchheit ewig Wohl und Weh hanget g; Sehet, obs nicht etwann nur ein ſelbſtgemachter, erlernter, eingeſchwaͤtzter Glaub ſey, der euch alle Freyheit goͤnne, nach dem Fleiſch zu leben, euch der Welt gleich zu ſtellen und mit- zumachen, der eueren Willen, Gedancken, Begierden nicht gar zu genau einſchraͤncke, ſondern bey der Welt als reputierliche, from- me, weiſe, manierliche Leute in Ruhm und Anſehen bringe! Wel- cher Land-uͤbliche Glaub mich eben an die Kaͤlber Jeroboams mah- net h, der die Cherubim im Tempel nachbildete; Er wollte einmahl auch Cherubim und Tempel haben, (wie viele unter uns Glauben und Liebe,) hatte aber einen hertzlichen Abſcheu ab den wahren von GOtt verordneten Cherubim zu Jeruſalem, aus Beyſorge, dieſel- ben moͤchten ihn von ſeinem Koͤniglichen Gewalt, und Cron, und Leben bringen. Jch ſetze hieher die Wort der vor 10. Jahren zu Baſel uͤber die Epiſtel an die Galater gedruckten Vorred, die alſo lautet: „So machts der Heidniſche Nam-Chriſt, er will einmahl „nicht ohne Glauben ſeyn, dann der Himmel moͤcht ihm ſonſt zuletzt „entgehen; Aber er will ſich auch nicht mit unablaͤßigem Gebett zu „GOtt kehren, den wahren Goͤttlichen im Evangelio entworffenen „Glau- a Theſſ. II. 12. b Joh. VII. 38. c Hoſ. X. 11. d Joh. VI. 45. e Luc. XV. 18. f Luc. XIV. 21. g Joh. III 36. h 1 Reg. XII. 26.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 572. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/668>, abgerufen am 22.11.2024.