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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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führet, dannenhero gedencken sie sich von denselben Wercken zu son-
dern, fangen ein gar scheinbarliche Veränderung ihres Wandels
an, meiden der Welt-Kinder Umgang, haben ein Eckel darab,
halten sich zu frommen Leuten, machen sich bey allen bekannt wo sie
nur können, lesen alle gute Bücher, so ihnen nur anrecommendiert
werden, fassen alle schöne Reden, so sie lesen und hören, auf, und
treiben Krämerey damit in Brieffen und Discursen, und was sie hö-
ren an anderen rühmen, das thun sie doppelt, geben reichliche Al-
mosen, habens auch nicht ungern wanns offenbahr wird, thut ih-
nen auch gar wohl, wann sie vernehmen, welch ein gut Zeugnuß
dieser und jener von ihnen abgelegt; sehen sie, wie GOtt durch an-
dere würcket zur Aufweckung und Bekehrung, so wollen sie es auch
versuchen, Seelen zu gewinnen, raffen zusammen was ihnen nur be-
weglich und durchdringend zu seyn duncket, bringens an mit so gros-
sem Eifer als immer möglich, betten auch wohl GOtt, er solls seg-
nen; ja sie wollens erzwingen, und meinen, JEsus solle ihren guten
Willen ansehen, wie gut sie es mit ihme meinen; indem sie ja sein
Reich zu erweiteren, und die Welt zur Seeligkeit zu bringen begeh-
ren; bringen einen Hauffen Gründ hervor, GOtt darzu zu vermö-
gen, und dencken bey sich selbst; wie wenig sind deren, die sich auch
um ihres Nächsten Heyl bekümmeren; du aber lassest dirs so saur
werden, und möchtest jedermann zum Himmelreich helffen, wann
dir nur die Leut folgen wollten; wann es nun nicht krachen will,
werden sie unwillig über GOtt, oder können sich sonst nicht darein
schicken, daß er solch Bekehrungs-Wunder durch sie nicht würcken
wolle, werden auch zornig über ihren armen Nächsten, schlagen auf
ihn zu als einen verstockten Höllen-Brand, mit Feur-Flammen,
Höll, Zorn, Fluch, und mahlen ihm seine künfftige Noth und Qual
so grausam vor als sie können; Geschicht es aber, daß die Leut wei-
nen, (welches auch natürlich geschehen kan, sonderlich wanns ihnen
etwan fremd und neu ist) so haben sie zimlichen Gefallen und Lust dar-
an, gedenckend, da sey wieder eine Seel gewonnen, mit deren sie an
jenem Tag prangen können; Sind sie aber durch vieler Ruckfall über-
zeuget, daß dergleichen sinnlichen Bewegungen nicht allemahl zu trau-
en, so schweben sie in stetem Unmuth und Unglauben daher; verste-
he dieses alles nicht nur von denen, die im Lehrstand sind, sondern
von allen vom Gesetz Erweckten, so eben nicht im Predig-Amt ste-

hen,

fuͤhret, dannenhero gedencken ſie ſich von denſelben Wercken zu ſon-
dern, fangen ein gar ſcheinbarliche Veraͤnderung ihres Wandels
an, meiden der Welt-Kinder Umgang, haben ein Eckel darab,
halten ſich zu frommen Leuten, machen ſich bey allen bekannt wo ſie
nur koͤnnen, leſen alle gute Buͤcher, ſo ihnen nur anrecommendiert
werden, faſſen alle ſchoͤne Reden, ſo ſie leſen und hoͤren, auf, und
treiben Kraͤmerey damit in Brieffen und Diſcurſen, und was ſie hoͤ-
ren an anderen ruͤhmen, das thun ſie doppelt, geben reichliche Al-
moſen, habens auch nicht ungern wanns offenbahr wird, thut ih-
nen auch gar wohl, wann ſie vernehmen, welch ein gut Zeugnuß
dieſer und jener von ihnen abgelegt; ſehen ſie, wie GOtt durch an-
dere wuͤrcket zur Aufweckung und Bekehrung, ſo wollen ſie es auch
verſuchen, Seelen zu gewinnen, raffen zuſammen was ihnen nur be-
weglich und durchdringend zu ſeyn duncket, bringens an mit ſo groſ-
ſem Eifer als immer moͤglich, betten auch wohl GOtt, er ſolls ſeg-
nen; ja ſie wollens erzwingen, und meinen, JEſus ſolle ihren guten
Willen anſehen, wie gut ſie es mit ihme meinen; indem ſie ja ſein
Reich zu erweiteren, und die Welt zur Seeligkeit zu bringen begeh-
ren; bringen einen Hauffen Gruͤnd hervor, GOtt darzu zu vermoͤ-
gen, und dencken bey ſich ſelbſt; wie wenig ſind deren, die ſich auch
um ihres Naͤchſten Heyl bekuͤmmeren; du aber laſſeſt dirs ſo ſaur
werden, und moͤchteſt jedermann zum Himmelreich helffen, wann
dir nur die Leut folgen wollten; wann es nun nicht krachen will,
werden ſie unwillig uͤber GOtt, oder koͤnnen ſich ſonſt nicht darein
ſchicken, daß er ſolch Bekehrungs-Wunder durch ſie nicht wuͤrcken
wolle, werden auch zornig uͤber ihren armen Naͤchſten, ſchlagen auf
ihn zu als einen verſtockten Hoͤllen-Brand, mit Feur-Flammen,
Hoͤll, Zorn, Fluch, und mahlen ihm ſeine kuͤnfftige Noth und Qual
ſo grauſam vor als ſie koͤnnen; Geſchicht es aber, daß die Leut wei-
nen, (welches auch natuͤrlich geſchehen kan, ſonderlich wanns ihnen
etwan fremd und neu iſt) ſo haben ſie zimlichen Gefallen und Luſt dar-
an, gedenckend, da ſey wieder eine Seel gewonnen, mit deren ſie an
jenem Tag prangen koͤnnen; Sind ſie aber durch vieler Ruckfall uͤber-
zeuget, daß dergleichen ſinnlichen Bewegungen nicht allemahl zu trau-
en, ſo ſchweben ſie in ſtetem Unmuth und Unglauben daher; verſte-
he dieſes alles nicht nur von denen, die im Lehrſtand ſind, ſondern
von allen vom Geſetz Erweckten, ſo eben nicht im Predig-Amt ſte-

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[12/0068] fuͤhret, dannenhero gedencken ſie ſich von denſelben Wercken zu ſon- dern, fangen ein gar ſcheinbarliche Veraͤnderung ihres Wandels an, meiden der Welt-Kinder Umgang, haben ein Eckel darab, halten ſich zu frommen Leuten, machen ſich bey allen bekannt wo ſie nur koͤnnen, leſen alle gute Buͤcher, ſo ihnen nur anrecommendiert werden, faſſen alle ſchoͤne Reden, ſo ſie leſen und hoͤren, auf, und treiben Kraͤmerey damit in Brieffen und Diſcurſen, und was ſie hoͤ- ren an anderen ruͤhmen, das thun ſie doppelt, geben reichliche Al- moſen, habens auch nicht ungern wanns offenbahr wird, thut ih- nen auch gar wohl, wann ſie vernehmen, welch ein gut Zeugnuß dieſer und jener von ihnen abgelegt; ſehen ſie, wie GOtt durch an- dere wuͤrcket zur Aufweckung und Bekehrung, ſo wollen ſie es auch verſuchen, Seelen zu gewinnen, raffen zuſammen was ihnen nur be- weglich und durchdringend zu ſeyn duncket, bringens an mit ſo groſ- ſem Eifer als immer moͤglich, betten auch wohl GOtt, er ſolls ſeg- nen; ja ſie wollens erzwingen, und meinen, JEſus ſolle ihren guten Willen anſehen, wie gut ſie es mit ihme meinen; indem ſie ja ſein Reich zu erweiteren, und die Welt zur Seeligkeit zu bringen begeh- ren; bringen einen Hauffen Gruͤnd hervor, GOtt darzu zu vermoͤ- gen, und dencken bey ſich ſelbſt; wie wenig ſind deren, die ſich auch um ihres Naͤchſten Heyl bekuͤmmeren; du aber laſſeſt dirs ſo ſaur werden, und moͤchteſt jedermann zum Himmelreich helffen, wann dir nur die Leut folgen wollten; wann es nun nicht krachen will, werden ſie unwillig uͤber GOtt, oder koͤnnen ſich ſonſt nicht darein ſchicken, daß er ſolch Bekehrungs-Wunder durch ſie nicht wuͤrcken wolle, werden auch zornig uͤber ihren armen Naͤchſten, ſchlagen auf ihn zu als einen verſtockten Hoͤllen-Brand, mit Feur-Flammen, Hoͤll, Zorn, Fluch, und mahlen ihm ſeine kuͤnfftige Noth und Qual ſo grauſam vor als ſie koͤnnen; Geſchicht es aber, daß die Leut wei- nen, (welches auch natuͤrlich geſchehen kan, ſonderlich wanns ihnen etwan fremd und neu iſt) ſo haben ſie zimlichen Gefallen und Luſt dar- an, gedenckend, da ſey wieder eine Seel gewonnen, mit deren ſie an jenem Tag prangen koͤnnen; Sind ſie aber durch vieler Ruckfall uͤber- zeuget, daß dergleichen ſinnlichen Bewegungen nicht allemahl zu trau- en, ſo ſchweben ſie in ſtetem Unmuth und Unglauben daher; verſte- he dieſes alles nicht nur von denen, die im Lehrſtand ſind, ſondern von allen vom Geſetz Erweckten, ſo eben nicht im Predig-Amt ſte- hen,

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/68>, abgerufen am 24.11.2024.