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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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hen, an welchen dann diese elendige Bekehrsucht desto sträfflicher ist.
Können sie aber das erhalten und behalten, daß sie im Rodel recht-
schaffener frommer Christen bleiben, vergnügen sie sich damit, gleis-
set aber ihre Untugend unter dem angenommenen Mantel der From-
keit hervor, so betten sie wohl mit Thränen um Vergebung und
Heiligung, greiffen aber die Sach niemahls rechtschaffen an, er-
schrecken auch nicht ab dem verwimmerten vermischten und verdrack-
ten Wesen in ihrem Hertzen, da alles von Neid, geistlichem Hof-
fart, Heucheley, Härtigkeit, Eigen-Liebe, Menschen-Forcht und
Gefälligkeit und andern unzählichen Greueln durch einander gefloch-
ten ist, ihr Gebett und Kampf darwider geschicht nur jucksweiß,
wanns gar zu grob hervor kommt, nicht anhaltend und beständig,
sie unterdruckens nur, daß es nicht ausbreche und Aergernuß anrich-
te, oder sie einsmahls um alle ihre Reputation und Ehr bringe,
daran sie so lang aufgebauet, aber das Ausgraben, Ausrotten kommt
sie zu sauer an; Jndessen liebkosen sie sich mit den Fehlern rechtschaf-
fener Christen, die sie in ihrem Umgang an ihnen mercken, und mit
Adlers-Augen darauf starren und dencken, habe ich diesen Gebre-
chen, so hat ein anderer einen anderen; und weil sie sich selbst mehr
lieben als GOtt, so kommt ihnen auch die Bestraffung von den Men-
schen schmertzlicher vor, als die allergetreuste, sanffte, liebreiche, in-
wendige Züchtigung des H. Geistes, so ein offenbar Zeichen, daß sie
nicht die Herrlichkeit aus GOtt, sondern aus den Menschen suchen,
darum sie, wie gesagt, zum Glauben untüchtig; Dann wann sie sich
schon vornehmen ihr Böses abzuthun, so geschichts meist darum, da-
mit sie nicht mehr zu schanden werden, sondern zu ihrem eignen Ver-
gnügen als untadenliche, unsträffliche GOttes Kinder vor Menschen
und Englen erscheinen können, und GOtt, der solche Argheit siehet,
lasset sie viele Jahr in ihrem Elend räblen und zablen.

Sie fühlen zwar ihr innwendig Hertzleyd, wären auch gern davon
ledig, weil es ihnen stets Angst und Verdammung verursachet, sie
auch beförchten müssen, sie werden entweder hier in der Zeit offen-
bar, wer sie seyen, oder doch in jener Welt mit ewiger Schmach
und Schand; Sie sehen gar wohl, (sintemahl GOttes Treu so
groß ist gegen uns, daß ers einem jeden bald zeiget, der nur ein we-
nig einkehrt in sein eigen Hertz, und seinem guten Geist losen und
horchen will) daß es mißlich um sie stehe, und ihr Sach gantz nicht

rich-
(b 3)

hen, an welchen dann dieſe elendige Bekehrſucht deſto ſtraͤfflicher iſt.
Koͤnnen ſie aber das erhalten und behalten, daß ſie im Rodel recht-
ſchaffener frommer Chriſten bleiben, vergnuͤgen ſie ſich damit, gleiſ-
ſet aber ihre Untugend unter dem angenommenen Mantel der From-
keit hervor, ſo betten ſie wohl mit Thraͤnen um Vergebung und
Heiligung, greiffen aber die Sach niemahls rechtſchaffen an, er-
ſchrecken auch nicht ab dem verwimmerten vermiſchten und verdrack-
ten Weſen in ihrem Hertzen, da alles von Neid, geiſtlichem Hof-
fart, Heucheley, Haͤrtigkeit, Eigen-Liebe, Menſchen-Forcht und
Gefaͤlligkeit und andern unzaͤhlichen Greueln durch einander gefloch-
ten iſt, ihr Gebett und Kampf darwider geſchicht nur jucksweiß,
wanns gar zu grob hervor kommt, nicht anhaltend und beſtaͤndig,
ſie unterdruckens nur, daß es nicht ausbreche und Aergernuß anrich-
te, oder ſie einsmahls um alle ihre Reputation und Ehr bringe,
daran ſie ſo lang aufgebauet, aber das Ausgraben, Ausrotten kom̃t
ſie zu ſauer an; Jndeſſen liebkoſen ſie ſich mit den Fehlern rechtſchaf-
fener Chriſten, die ſie in ihrem Umgang an ihnen mercken, und mit
Adlers-Augen darauf ſtarren und dencken, habe ich dieſen Gebre-
chen, ſo hat ein anderer einen anderen; und weil ſie ſich ſelbſt mehr
lieben als GOtt, ſo kommt ihnen auch die Beſtraffung von den Men-
ſchen ſchmertzlicher vor, als die allergetreuſte, ſanffte, liebreiche, in-
wendige Zuͤchtigung des H. Geiſtes, ſo ein offenbar Zeichen, daß ſie
nicht die Herrlichkeit aus GOtt, ſondern aus den Menſchen ſuchen,
darum ſie, wie geſagt, zum Glauben untuͤchtig; Dann wann ſie ſich
ſchon vornehmen ihr Boͤſes abzuthun, ſo geſchichts meiſt darum, da-
mit ſie nicht mehr zu ſchanden werden, ſondern zu ihrem eignen Ver-
gnuͤgen als untadenliche, unſtraͤffliche GOttes Kinder vor Menſchen
und Englen erſcheinen koͤnnen, und GOtt, der ſolche Argheit ſiehet,
laſſet ſie viele Jahr in ihrem Elend raͤblen und zablen.

Sie fuͤhlen zwar ihr innwendig Hertzleyd, waͤren auch gern davon
ledig, weil es ihnen ſtets Angſt und Verdammung verurſachet, ſie
auch befoͤrchten muͤſſen, ſie werden entweder hier in der Zeit offen-
bar, wer ſie ſeyen, oder doch in jener Welt mit ewiger Schmach
und Schand; Sie ſehen gar wohl, (ſintemahl GOttes Treu ſo
groß iſt gegen uns, daß ers einem jeden bald zeiget, der nur ein we-
nig einkehrt in ſein eigen Hertz, und ſeinem guten Geiſt loſen und
horchen will) daß es mißlich um ſie ſtehe, und ihr Sach gantz nicht

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(b 3)
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[13/0069] hen, an welchen dann dieſe elendige Bekehrſucht deſto ſtraͤfflicher iſt. Koͤnnen ſie aber das erhalten und behalten, daß ſie im Rodel recht- ſchaffener frommer Chriſten bleiben, vergnuͤgen ſie ſich damit, gleiſ- ſet aber ihre Untugend unter dem angenommenen Mantel der From- keit hervor, ſo betten ſie wohl mit Thraͤnen um Vergebung und Heiligung, greiffen aber die Sach niemahls rechtſchaffen an, er- ſchrecken auch nicht ab dem verwimmerten vermiſchten und verdrack- ten Weſen in ihrem Hertzen, da alles von Neid, geiſtlichem Hof- fart, Heucheley, Haͤrtigkeit, Eigen-Liebe, Menſchen-Forcht und Gefaͤlligkeit und andern unzaͤhlichen Greueln durch einander gefloch- ten iſt, ihr Gebett und Kampf darwider geſchicht nur jucksweiß, wanns gar zu grob hervor kommt, nicht anhaltend und beſtaͤndig, ſie unterdruckens nur, daß es nicht ausbreche und Aergernuß anrich- te, oder ſie einsmahls um alle ihre Reputation und Ehr bringe, daran ſie ſo lang aufgebauet, aber das Ausgraben, Ausrotten kom̃t ſie zu ſauer an; Jndeſſen liebkoſen ſie ſich mit den Fehlern rechtſchaf- fener Chriſten, die ſie in ihrem Umgang an ihnen mercken, und mit Adlers-Augen darauf ſtarren und dencken, habe ich dieſen Gebre- chen, ſo hat ein anderer einen anderen; und weil ſie ſich ſelbſt mehr lieben als GOtt, ſo kommt ihnen auch die Beſtraffung von den Men- ſchen ſchmertzlicher vor, als die allergetreuſte, ſanffte, liebreiche, in- wendige Zuͤchtigung des H. Geiſtes, ſo ein offenbar Zeichen, daß ſie nicht die Herrlichkeit aus GOtt, ſondern aus den Menſchen ſuchen, darum ſie, wie geſagt, zum Glauben untuͤchtig; Dann wann ſie ſich ſchon vornehmen ihr Boͤſes abzuthun, ſo geſchichts meiſt darum, da- mit ſie nicht mehr zu ſchanden werden, ſondern zu ihrem eignen Ver- gnuͤgen als untadenliche, unſtraͤffliche GOttes Kinder vor Menſchen und Englen erſcheinen koͤnnen, und GOtt, der ſolche Argheit ſiehet, laſſet ſie viele Jahr in ihrem Elend raͤblen und zablen. Sie fuͤhlen zwar ihr innwendig Hertzleyd, waͤren auch gern davon ledig, weil es ihnen ſtets Angſt und Verdammung verurſachet, ſie auch befoͤrchten muͤſſen, ſie werden entweder hier in der Zeit offen- bar, wer ſie ſeyen, oder doch in jener Welt mit ewiger Schmach und Schand; Sie ſehen gar wohl, (ſintemahl GOttes Treu ſo groß iſt gegen uns, daß ers einem jeden bald zeiget, der nur ein we- nig einkehrt in ſein eigen Hertz, und ſeinem guten Geiſt loſen und horchen will) daß es mißlich um ſie ſtehe, und ihr Sach gantz nicht rich- (b 3)

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/69>, abgerufen am 24.11.2024.