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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Weyhnachts-Gedancken.
gedenckest, und des Menschen-Kind daß du dich seiner so hoch an-
nimmest a?

welche
aber kom-
men muß
aus dem
Heiligen
Geist im
Glauben,

§. 11. Ey wie ists? Empfindest du wohl solche Freude in dir, die
nicht sinnlich, sondern aus dem Heiligen Geist sey im Glauben? Jst
dir himmlisch-wohl, wann du diese Menschen-Liebe deines GOttes
in denen Evangelischen Gnaden-Lehren schmecken, und dieses Kind
darinn, als in Windlen eingewickelt, geistlich, aber wesentlich, auf
deine Arme nehmen, und an dein Hertz trucken kanst? Kommt dir
die allerheiligste Menschheit JEsu vor wie ein Becher von Diaman-
ten, Smaragden und Rubinen schimmernd, voll himmlischen Weins
der Freuden im Heiligen Geist b, dabey du aller deiner Sünden-
Schulden und Hertzens-Angst vergessest c, muthig und starck werdest
alles auszustehen und zu leyden, voller Lust und Liebe zu GOtt d?
Uberwigt und zerschmeltzt die Freude an dem Weyhnachts-Kindlein
alles Hertzenleid, Schmach und Schaden, so dir die Sünd, Teufel
und Welt anthun? Kan dich nichts also hoch bekümmeren, daß die
Freude über diesem theuren Hertzens-Brüderlein, das dich also hoch
liebet, nicht alles weit überwinde e?

Kennst du auch diesen Sohn in seiner Majestät f? Schaust du ih-
ne an mit auffgedecktem Angesicht g, daß es dir gehe wie einem der
eine Weile in die helle Sonne siehet, daß er davon geblendet nichts
mehr um sich herum erkennen kan? Wie jener, da er einen Blick in
die Herrlichkeit des eingebohrnen Sohns gethan, ausrieffe: clau-
dimini! claudimini Oculi mei, nil enim pulchrius videbitis.
Das
ist: Schliesset euch zu ihr meine Augen immerhin, dann es wird euch
doch nimmer was schöners zu Gesicht kommen. Jst auch nach vie-
lem Streit und ernstem Vorsatz nach GOttes Willen und Regie-
rung zu leben und nach vielem Bitten und Sehnen, der Glaub in
dir auffgegangen, wie eine rothe Rosen, daß du eben so wohl als
Esaias mit Freuden sagen könnest: Das Kind ist mir gebohren, der
Sohn ist mir gegeben h? Kanst du vor dem Angesicht GOttes sagen,
daß der Heilige Geist dich neu geschaffen, wiedergebohren zum ewi-
gen Himmelreich in Christi Erkanntniß und Liebe i? Hat sich das
Engel-Heer k über deine geistliche Geburt erfreut mit Gesang und

Reyen?
a Ps. VIII. 5.
b Zach. IX. 15. 17.
c Jes. LIV. 8. & XL. 31.
d Hebr. XI. 35-40.
e Jes. XXIX. 19. Rom. VIII. 37.
f Joh. I. 14.
g 2 Cor.
III.
18.
h Jos. XXXV. 1. 2.
i Joh. III. 6.
k Luc. II. 13. 14.

Weyhnachts-Gedancken.
gedenckeſt, und des Menſchen-Kind daß du dich ſeiner ſo hoch an-
nimmeſt a?

welche
aber kom-
men muß
aus dem
Heiligen
Geiſt im
Glauben,

§. 11. Ey wie iſts? Empfindeſt du wohl ſolche Freude in dir, die
nicht ſinnlich, ſondern aus dem Heiligen Geiſt ſey im Glauben? Jſt
dir himmliſch-wohl, wann du dieſe Menſchen-Liebe deines GOttes
in denen Evangeliſchen Gnaden-Lehren ſchmecken, und dieſes Kind
darinn, als in Windlen eingewickelt, geiſtlich, aber weſentlich, auf
deine Arme nehmen, und an dein Hertz trucken kanſt? Kommt dir
die allerheiligſte Menſchheit JEſu vor wie ein Becher von Diaman-
ten, Smaragden und Rubinen ſchimmernd, voll himmliſchen Weins
der Freuden im Heiligen Geiſt b, dabey du aller deiner Suͤnden-
Schulden und Hertzens-Angſt vergeſſeſt c, muthig und ſtarck werdeſt
alles auszuſtehen und zu leyden, voller Luſt und Liebe zu GOtt d?
Uberwigt und zerſchmeltzt die Freude an dem Weyhnachts-Kindlein
alles Hertzenleid, Schmach und Schaden, ſo dir die Suͤnd, Teufel
und Welt anthun? Kan dich nichts alſo hoch bekuͤmmeren, daß die
Freude uͤber dieſem theuren Hertzens-Bruͤderlein, das dich alſo hoch
liebet, nicht alles weit uͤberwinde e?

Kennſt du auch dieſen Sohn in ſeiner Majeſtaͤt f? Schauſt du ih-
ne an mit auffgedecktem Angeſicht g, daß es dir gehe wie einem der
eine Weile in die helle Sonne ſiehet, daß er davon geblendet nichts
mehr um ſich herum erkennen kan? Wie jener, da er einen Blick in
die Herrlichkeit des eingebohrnen Sohns gethan, ausrieffe: clau-
dimini! claudimini Oculi mei, nil enim pulchrius videbitis.
Das
iſt: Schlieſſet euch zu ihr meine Augen immerhin, dann es wird euch
doch nimmer was ſchoͤners zu Geſicht kommen. Jſt auch nach vie-
lem Streit und ernſtem Vorſatz nach GOttes Willen und Regie-
rung zu leben und nach vielem Bitten und Sehnen, der Glaub in
dir auffgegangen, wie eine rothe Roſen, daß du eben ſo wohl als
Eſaias mit Freuden ſagen koͤnneſt: Das Kind iſt mir gebohren, der
Sohn iſt mir gegeben h? Kanſt du vor dem Angeſicht GOttes ſagen,
daß der Heilige Geiſt dich neu geſchaffen, wiedergebohren zum ewi-
gen Himmelreich in Chriſti Erkanntniß und Liebe i? Hat ſich das
Engel-Heer k uͤber deine geiſtliche Geburt erfreut mit Geſang und

Reyen?
a Pſ. VIII. 5.
b Zach. IX. 15. 17.
c Jeſ. LIV. 8. & XL. 31.
d Hebr. XI. 35-40.
e Jeſ. XXIX. 19. Rom. VIII. 37.
f Joh. I. 14.
g 2 Cor.
III.
18.
h Joſ. XXXV. 1. 2.
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k Luc. II. 13. 14.
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[622/0718] Weyhnachts-Gedancken. gedenckeſt, und des Menſchen-Kind daß du dich ſeiner ſo hoch an- nimmeſt a? §. 11. Ey wie iſts? Empfindeſt du wohl ſolche Freude in dir, die nicht ſinnlich, ſondern aus dem Heiligen Geiſt ſey im Glauben? Jſt dir himmliſch-wohl, wann du dieſe Menſchen-Liebe deines GOttes in denen Evangeliſchen Gnaden-Lehren ſchmecken, und dieſes Kind darinn, als in Windlen eingewickelt, geiſtlich, aber weſentlich, auf deine Arme nehmen, und an dein Hertz trucken kanſt? Kommt dir die allerheiligſte Menſchheit JEſu vor wie ein Becher von Diaman- ten, Smaragden und Rubinen ſchimmernd, voll himmliſchen Weins der Freuden im Heiligen Geiſt b, dabey du aller deiner Suͤnden- Schulden und Hertzens-Angſt vergeſſeſt c, muthig und ſtarck werdeſt alles auszuſtehen und zu leyden, voller Luſt und Liebe zu GOtt d? Uberwigt und zerſchmeltzt die Freude an dem Weyhnachts-Kindlein alles Hertzenleid, Schmach und Schaden, ſo dir die Suͤnd, Teufel und Welt anthun? Kan dich nichts alſo hoch bekuͤmmeren, daß die Freude uͤber dieſem theuren Hertzens-Bruͤderlein, das dich alſo hoch liebet, nicht alles weit uͤberwinde e? Kennſt du auch dieſen Sohn in ſeiner Majeſtaͤt f? Schauſt du ih- ne an mit auffgedecktem Angeſicht g, daß es dir gehe wie einem der eine Weile in die helle Sonne ſiehet, daß er davon geblendet nichts mehr um ſich herum erkennen kan? Wie jener, da er einen Blick in die Herrlichkeit des eingebohrnen Sohns gethan, ausrieffe: clau- dimini! claudimini Oculi mei, nil enim pulchrius videbitis. Das iſt: Schlieſſet euch zu ihr meine Augen immerhin, dann es wird euch doch nimmer was ſchoͤners zu Geſicht kommen. Jſt auch nach vie- lem Streit und ernſtem Vorſatz nach GOttes Willen und Regie- rung zu leben und nach vielem Bitten und Sehnen, der Glaub in dir auffgegangen, wie eine rothe Roſen, daß du eben ſo wohl als Eſaias mit Freuden ſagen koͤnneſt: Das Kind iſt mir gebohren, der Sohn iſt mir gegeben h? Kanſt du vor dem Angeſicht GOttes ſagen, daß der Heilige Geiſt dich neu geſchaffen, wiedergebohren zum ewi- gen Himmelreich in Chriſti Erkanntniß und Liebe i? Hat ſich das Engel-Heer k uͤber deine geiſtliche Geburt erfreut mit Geſang und Reyen? a Pſ. VIII. 5. b Zach. IX. 15. 17. c Jeſ. LIV. 8. & XL. 31. d Hebr. XI. 35-40. e Jeſ. XXIX. 19. Rom. VIII. 37. f Joh. I. 14. g 2 Cor. III. 18. h Joſ. XXXV. 1. 2. i Joh. III. 6. k Luc. II. 13. 14.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 622. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/718>, abgerufen am 22.11.2024.