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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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sind nicht Crystall-lauteres stets fliessendes Strom-Wasser aus der
unsichtbaren, unerschöpflichen, tieff-verborgenen und unter GOttes
reinestem Thron hochliegenden Brunnquell, sondern nur ein gifftig,
in meinem Krotten-Gehirn, durch hören, lesen, speculiren gesamm-
letes und zum Maul heraus gelassenes Gespey.

Das dritte Capitel.
Von gesetzlichen Menschen und vom Gnaden-Stand.

Dißmahlen genug von denen zweyen Orden, wider welche diß
Buch als eine gewaltige Carthaunen gerichtet stehet, nemlich Hey-
den und Heuchler. Folget nun zu reden von denen, zu deren Gun-
sten es gemacht ist und das sind wieder zwey Orden; Erstlich unter
das Gesetz eingespannete, und dann durch den Glauben frey gemach-
te; Mit den ersten gehet es zu wie folget:

Auf Gebet
folgt Of-
fenbah-
rung des
Verder-
bens,

§. 1. Wann der Mensch vom Heuchel-Geist lange genug irr gefüh-
ret worden, und besorget, es werde endlich einen üblen Ausgang ge-
winnen, da bittet er ängstiglich, GOTT solle ihn doch prüffen, zu
recht bringen nach seiner unendlichen Erbarmung, er sey so verhür-
schet und verwickelt in der Einöde seines unfruchtbaren und falschen
Scheins, daß er keinen Ausgang nirgend wisse etc. Nun derjenige,
GOtt der Liebe, der geschwohren hat, er begehre nicht den Tod des
Sünders, sondern daß er sich bekehre und lebe, der verzeucht nicht
lang, sondern greifft sein Geschöpf an, der Sünder aber, der sich
gar nichts auf GOttes Wege verstehet, wehret sich anfangs, weil
er nicht weißt, daß es GOTT ist, der sein kläglich Gebett erhöret
habe, sondern meynet, es sey etwas anders, wohl gar ein Gespenst,
aber GOTT, dessen Gedult sehr groß, und seine Langmuth unend-
lich ist, lasset sich des armen Sünders Unverstand nicht abwendig
machen, sondern macht die Sach in seiner brennenden Liebe so scharff
und überzeugend, daß die Seel darüber fallen muß, GOtt sey da
im Geist, worüber sie dann von Hertzen erschrickt, stille wird und
zuhöret, was der Allmächtige mit ihr habe, da werden ihr dann ihre

Sün-

ſind nicht Cryſtall-lauteres ſtets flieſſendes Strom-Waſſer aus der
unſichtbaren, unerſchoͤpflichen, tieff-verborgenen und unter GOttes
reineſtem Thron hochliegenden Brunnquell, ſondern nur ein gifftig,
in meinem Krotten-Gehirn, durch hoͤren, leſen, ſpeculiren geſamm-
letes und zum Maul heraus gelaſſenes Geſpey.

Das dritte Capitel.
Von geſetzlichen Menſchen und vom Gnaden-Stand.

Dißmahlen genug von denen zweyen Orden, wider welche diß
Buch als eine gewaltige Carthaunen gerichtet ſtehet, nemlich Hey-
den und Heuchler. Folget nun zu reden von denen, zu deren Gun-
ſten es gemacht iſt und das ſind wieder zwey Orden; Erſtlich unter
das Geſetz eingeſpannete, und dann durch den Glauben frey gemach-
te; Mit den erſten gehet es zu wie folget:

Auf Gebet
folgt Of-
fenbah-
rung des
Verder-
bens,

§. 1. Wann der Menſch vom Heuchel-Geiſt lange genug irr gefuͤh-
ret worden, und beſorget, es werde endlich einen uͤblen Ausgang ge-
winnen, da bittet er aͤngſtiglich, GOTT ſolle ihn doch pruͤffen, zu
recht bringen nach ſeiner unendlichen Erbarmung, er ſey ſo verhuͤr-
ſchet und verwickelt in der Einoͤde ſeines unfruchtbaren und falſchen
Scheins, daß er keinen Ausgang nirgend wiſſe ꝛc. Nun derjenige,
GOtt der Liebe, der geſchwohren hat, er begehre nicht den Tod des
Suͤnders, ſondern daß er ſich bekehre und lebe, der verzeucht nicht
lang, ſondern greifft ſein Geſchoͤpf an, der Suͤnder aber, der ſich
gar nichts auf GOttes Wege verſtehet, wehret ſich anfangs, weil
er nicht weißt, daß es GOTT iſt, der ſein klaͤglich Gebett erhoͤret
habe, ſondern meynet, es ſey etwas anders, wohl gar ein Geſpenſt,
aber GOTT, deſſen Gedult ſehr groß, und ſeine Langmuth unend-
lich iſt, laſſet ſich des armen Suͤnders Unverſtand nicht abwendig
machen, ſondern macht die Sach in ſeiner brennenden Liebe ſo ſcharff
und uͤberzeugend, daß die Seel daruͤber fallen muß, GOtt ſey da
im Geiſt, woruͤber ſie dann von Hertzen erſchrickt, ſtille wird und
zuhoͤret, was der Allmaͤchtige mit ihr habe, da werden ihr dann ihre

Suͤn-
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[18/0074] ſind nicht Cryſtall-lauteres ſtets flieſſendes Strom-Waſſer aus der unſichtbaren, unerſchoͤpflichen, tieff-verborgenen und unter GOttes reineſtem Thron hochliegenden Brunnquell, ſondern nur ein gifftig, in meinem Krotten-Gehirn, durch hoͤren, leſen, ſpeculiren geſamm- letes und zum Maul heraus gelaſſenes Geſpey. Das dritte Capitel. Von geſetzlichen Menſchen und vom Gnaden-Stand. Dißmahlen genug von denen zweyen Orden, wider welche diß Buch als eine gewaltige Carthaunen gerichtet ſtehet, nemlich Hey- den und Heuchler. Folget nun zu reden von denen, zu deren Gun- ſten es gemacht iſt und das ſind wieder zwey Orden; Erſtlich unter das Geſetz eingeſpannete, und dann durch den Glauben frey gemach- te; Mit den erſten gehet es zu wie folget: §. 1. Wann der Menſch vom Heuchel-Geiſt lange genug irr gefuͤh- ret worden, und beſorget, es werde endlich einen uͤblen Ausgang ge- winnen, da bittet er aͤngſtiglich, GOTT ſolle ihn doch pruͤffen, zu recht bringen nach ſeiner unendlichen Erbarmung, er ſey ſo verhuͤr- ſchet und verwickelt in der Einoͤde ſeines unfruchtbaren und falſchen Scheins, daß er keinen Ausgang nirgend wiſſe ꝛc. Nun derjenige, GOtt der Liebe, der geſchwohren hat, er begehre nicht den Tod des Suͤnders, ſondern daß er ſich bekehre und lebe, der verzeucht nicht lang, ſondern greifft ſein Geſchoͤpf an, der Suͤnder aber, der ſich gar nichts auf GOttes Wege verſtehet, wehret ſich anfangs, weil er nicht weißt, daß es GOTT iſt, der ſein klaͤglich Gebett erhoͤret habe, ſondern meynet, es ſey etwas anders, wohl gar ein Geſpenſt, aber GOTT, deſſen Gedult ſehr groß, und ſeine Langmuth unend- lich iſt, laſſet ſich des armen Suͤnders Unverſtand nicht abwendig machen, ſondern macht die Sach in ſeiner brennenden Liebe ſo ſcharff und uͤberzeugend, daß die Seel daruͤber fallen muß, GOtt ſey da im Geiſt, woruͤber ſie dann von Hertzen erſchrickt, ſtille wird und zuhoͤret, was der Allmaͤchtige mit ihr habe, da werden ihr dann ihre Suͤn-

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/74>, abgerufen am 24.11.2024.