Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Der unter den Stech-Disteln
Abmah-
nung von
Ungebult
Zorn und
Rachgier.

§. 6. Das ist ein NB. auf einander mahl, erwehle Sanfftmuth
und H. Liebe aus JEsu Schooß, und laß Zorn und Ungedult, Rach-
gier bleiben wo sie sind, ins Teufels und der Höllen-Rachen, habe
nichts mit zu schaffen, rühre sie nicht an; dann wo der HErr kommt
und findet dich bloß vom Hochzeit-Kleid der Sanfftmuth dem Lieb-
vollen, gelassenen, leidsamen, Lammes-Sinn, so wird er dich in
Feuer-Osen werffen, und sollt wissen, daß daselbst Heu-
len und Zähnhlappen ist; wovon deine in der Gnaden-Zeit offt
verspürte Hertzens-Angst ein deutlicher Vorgeschmack zu nennen.
Seelig, wo du dich rüstest zum Leiden und Sterben, und den Weg
ins Heiligthum eingehest! Jch gestehe dir, daß es wehe thut; dann
hier streitet das Fleisch und will sich seine Ehr, Gelt und Gemächlich-
keit nicht nehmen lassen; darwider erhebet sich die Krafft des Geistes
und strebet sehr nach GOttes Ehr, herrlicher Unsterblichkeit, nach
dem Reichthum der Gnaden, und nach der Ruh der Heiligen in dem
lauteren Willen Christi: Zu diesem Gefecht kommt Paulus herbey,
und weissaget dir mit derben Worten, das Trachten des Fleisches ist
der Tod, das Trachten aber des Geistes ist Leben und Fried a.
Hierzu must du dich schicken, daß der Geist Meister im Hauß bleibe.

Man muß
sich mit ei-
nem rech-
ten Ver-
trauen
und Glau-
ben an
GOTT
wassnen.

§. 7. Frag. Wie gehet aber das auf dieser Welt zu? Antw. Du
must dich vor allen Dingen mit einem starcken Glauben an GOTT
versehen, und dich überzeugen lassen, GOtt sey dein bester Freund,
und dagegen sey dein Eigenwill dein ärgster Feind, und darzu so gar tumm,
daß er gantz nicht verstehe, was eigentlich wahre Heiligung sey; dann er
meint Heiligung sey auf Thabor Hütten bauen, mit Christo Osterlamm es-
sen und Freuden-Wein trincken. Hierzu verführt ihn der verkehrte Ver-
stand der Sprüchen, die von einer stäten Freud reden, das, meint er,
seye im Faul-Bett ligen, verzuckerte Mandlen lecken, in himmlisch
süssen Empfindungen baden, wie muthwillige Kinder im Bach flät-
schen; wollte gern in Elim seine Lägerstätt fest setzen b. Dannenher
kommt Mißtrauen und Unmuth gegen GOtt und Menschen, wann
dieses Wohlseyn unterbrochen wird; da heißts, man werde immer in
allem Guten verstört, weil man den Wachsthum im Guten an den
Empfindungen abmisset. Du aber lasse deinen getreuen weisen Vat-
ter und Berather mit dir machen an Leib und Seel in Zeit und Ewig-

keit,
a Rom. VIII. 5-8.
b Exod. XV. 27.
Der unter den Stech-Diſteln
Abmah-
nung von
Ungebult
Zorn und
Rachgier.

§. 6. Das iſt ein NB. auf einander mahl, erwehle Sanfftmuth
und H. Liebe aus JEſu Schooß, und laß Zorn und Ungedult, Rach-
gier bleiben wo ſie ſind, ins Teufels und der Hoͤllen-Rachen, habe
nichts mit zu ſchaffen, ruͤhre ſie nicht an; dann wo der HErr kommt
und findet dich bloß vom Hochzeit-Kleid der Sanfftmuth dem Lieb-
vollen, gelaſſenen, leidſamen, Lammes-Sinn, ſo wird er dich in
Feuer-Oſen werffen, und ſollt wiſſen, daß daſelbſt Heu-
len und Zaͤhnhlappen iſt; wovon deine in der Gnaden-Zeit offt
verſpuͤrte Hertzens-Angſt ein deutlicher Vorgeſchmack zu nennen.
Seelig, wo du dich ruͤſteſt zum Leiden und Sterben, und den Weg
ins Heiligthum eingeheſt! Jch geſtehe dir, daß es wehe thut; dann
hier ſtreitet das Fleiſch und will ſich ſeine Ehr, Gelt und Gemaͤchlich-
keit nicht nehmen laſſen; darwider erhebet ſich die Krafft des Geiſtes
und ſtrebet ſehr nach GOttes Ehr, herrlicher Unſterblichkeit, nach
dem Reichthum der Gnaden, und nach der Ruh der Heiligen in dem
lauteren Willen Chriſti: Zu dieſem Gefecht kommt Paulus herbey,
und weiſſaget dir mit derben Worten, das Trachten des Fleiſches iſt
der Tod, das Trachten aber des Geiſtes iſt Leben und Fried a.
Hierzu muſt du dich ſchicken, daß der Geiſt Meiſter im Hauß bleibe.

Man muß
ſich mit ei-
nem rech-
ten Ver-
trauen
und Glau-
ben an
GOTT
waſſnen.

§. 7. Frag. Wie gehet aber das auf dieſer Welt zu? Antw. Du
muſt dich vor allen Dingen mit einem ſtarcken Glauben an GOTT
verſehen, und dich uͤberzeugen laſſen, GOtt ſey dein beſter Freund,
und dagegen ſey dein Eigenwill dein aͤrgſter Feind, und darzu ſo gar tum̃,
daß er gantz nicht verſtehe, was eigentlich wahre Heiligung ſey; dann er
meint Heiligung ſey auf Thabor Huͤtten bauen, mit Chriſto Oſterlam̃ eſ-
ſen und Freuden-Wein trincken. Hierzu verfuͤhrt ihn der verkehrte Ver-
ſtand der Spruͤchen, die von einer ſtaͤten Freud reden, das, meint er,
ſeye im Faul-Bett ligen, verzuckerte Mandlen lecken, in himmliſch
ſuͤſſen Empfindungen baden, wie muthwillige Kinder im Bach flaͤt-
ſchen; wollte gern in Elim ſeine Laͤgerſtaͤtt feſt ſetzen b. Dannenher
kommt Mißtrauen und Unmuth gegen GOtt und Menſchen, wann
dieſes Wohlſeyn unterbrochen wird; da heißts, man werde immer in
allem Guten verſtoͤrt, weil man den Wachsthum im Guten an den
Empfindungen abmiſſet. Du aber laſſe deinen getreuen weiſen Vat-
ter und Berather mit dir machen an Leib und Seel in Zeit und Ewig-

keit,
a Rom. VIII. 5-8.
b Exod. XV. 27.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0792" n="696"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der unter den Stech-Di&#x017F;teln</hi> </fw><lb/>
          <note place="left">Abmah-<lb/>
nung von<lb/>
Ungebult<lb/>
Zorn und<lb/>
Rachgier.</note>
          <p>§. 6. Das i&#x017F;t ein <hi rendition="#aq">NB.</hi> auf einander mahl, erwehle Sanfftmuth<lb/>
und H. Liebe aus JE&#x017F;u Schooß, und laß Zorn und Ungedult, Rach-<lb/>
gier bleiben wo &#x017F;ie &#x017F;ind, ins Teufels und der Ho&#x0364;llen-Rachen, habe<lb/>
nichts mit zu &#x017F;chaffen, ru&#x0364;hre &#x017F;ie nicht an; dann wo der HErr kommt<lb/>
und findet dich bloß vom Hochzeit-Kleid der Sanfftmuth dem Lieb-<lb/>
vollen, gela&#x017F;&#x017F;enen, leid&#x017F;amen, Lammes-Sinn, &#x017F;o wird er dich in<lb/>
Feuer-O&#x017F;en werffen, und &#x017F;ollt wi&#x017F;&#x017F;en, daß da&#x017F;elb&#x017F;t Heu-<lb/>
len und Za&#x0364;hnhlappen i&#x017F;t; wovon deine in der Gnaden-Zeit offt<lb/>
ver&#x017F;pu&#x0364;rte Hertzens-Ang&#x017F;t ein deutlicher Vorge&#x017F;chmack zu nennen.<lb/>
Seelig, wo du dich ru&#x0364;&#x017F;te&#x017F;t zum Leiden und Sterben, und den Weg<lb/>
ins Heiligthum eingehe&#x017F;t! Jch ge&#x017F;tehe dir, daß es wehe thut; dann<lb/>
hier &#x017F;treitet das Flei&#x017F;ch und will &#x017F;ich &#x017F;eine Ehr, Gelt und Gema&#x0364;chlich-<lb/>
keit nicht nehmen la&#x017F;&#x017F;en; darwider erhebet &#x017F;ich die Krafft des Gei&#x017F;tes<lb/>
und &#x017F;trebet &#x017F;ehr nach GOttes Ehr, herrlicher Un&#x017F;terblichkeit, nach<lb/>
dem Reichthum der Gnaden, und nach der Ruh der Heiligen in dem<lb/>
lauteren Willen Chri&#x017F;ti: Zu die&#x017F;em Gefecht kommt Paulus herbey,<lb/>
und wei&#x017F;&#x017F;aget dir mit derben Worten, das Trachten des Flei&#x017F;ches i&#x017F;t<lb/>
der Tod, das Trachten aber des Gei&#x017F;tes i&#x017F;t Leben und Fried <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">Rom. VIII.</hi> 5-8.</note>.<lb/>
Hierzu mu&#x017F;t du dich &#x017F;chicken, daß der Gei&#x017F;t Mei&#x017F;ter im Hauß bleibe.</p><lb/>
          <note place="left">Man muß<lb/>
&#x017F;ich mit ei-<lb/>
nem rech-<lb/>
ten Ver-<lb/>
trauen<lb/>
und Glau-<lb/>
ben an<lb/>
GOTT<lb/>
wa&#x017F;&#x017F;nen.</note>
          <p>§. 7. <hi rendition="#fr">Frag.</hi> Wie gehet aber das auf die&#x017F;er Welt zu? <hi rendition="#fr">Antw.</hi> Du<lb/>
mu&#x017F;t dich vor allen Dingen mit einem &#x017F;tarcken Glauben an GOTT<lb/>
ver&#x017F;ehen, und dich u&#x0364;berzeugen la&#x017F;&#x017F;en, GOtt &#x017F;ey dein be&#x017F;ter Freund,<lb/>
und dagegen &#x017F;ey dein Eigenwill dein a&#x0364;rg&#x017F;ter Feind, und darzu &#x017F;o gar tum&#x0303;,<lb/>
daß er gantz nicht ver&#x017F;tehe, was eigentlich wahre Heiligung &#x017F;ey; dann er<lb/>
meint Heiligung &#x017F;ey auf Thabor Hu&#x0364;tten bauen, mit Chri&#x017F;to O&#x017F;terlam&#x0303; e&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en und Freuden-Wein trincken. Hierzu verfu&#x0364;hrt ihn der verkehrte Ver-<lb/>
&#x017F;tand der Spru&#x0364;chen, die von einer &#x017F;ta&#x0364;ten Freud reden, das, meint er,<lb/>
&#x017F;eye im Faul-Bett ligen, verzuckerte Mandlen lecken, in himmli&#x017F;ch<lb/>
&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Empfindungen baden, wie muthwillige Kinder im Bach fla&#x0364;t-<lb/>
&#x017F;chen; wollte gern in Elim &#x017F;eine La&#x0364;ger&#x017F;ta&#x0364;tt fe&#x017F;t &#x017F;etzen <note place="foot" n="b"><hi rendition="#aq">Exod. XV.</hi> 27.</note>. Dannenher<lb/>
kommt Mißtrauen und Unmuth gegen GOtt und Men&#x017F;chen, wann<lb/>
die&#x017F;es Wohl&#x017F;eyn unterbrochen wird; da heißts, man werde immer in<lb/>
allem Guten ver&#x017F;to&#x0364;rt, weil man den Wachsthum im Guten an den<lb/>
Empfindungen abmi&#x017F;&#x017F;et. Du aber la&#x017F;&#x017F;e deinen getreuen wei&#x017F;en Vat-<lb/>
ter und Berather mit dir machen an Leib und Seel in Zeit und Ewig-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">keit,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[696/0792] Der unter den Stech-Diſteln §. 6. Das iſt ein NB. auf einander mahl, erwehle Sanfftmuth und H. Liebe aus JEſu Schooß, und laß Zorn und Ungedult, Rach- gier bleiben wo ſie ſind, ins Teufels und der Hoͤllen-Rachen, habe nichts mit zu ſchaffen, ruͤhre ſie nicht an; dann wo der HErr kommt und findet dich bloß vom Hochzeit-Kleid der Sanfftmuth dem Lieb- vollen, gelaſſenen, leidſamen, Lammes-Sinn, ſo wird er dich in Feuer-Oſen werffen, und ſollt wiſſen, daß daſelbſt Heu- len und Zaͤhnhlappen iſt; wovon deine in der Gnaden-Zeit offt verſpuͤrte Hertzens-Angſt ein deutlicher Vorgeſchmack zu nennen. Seelig, wo du dich ruͤſteſt zum Leiden und Sterben, und den Weg ins Heiligthum eingeheſt! Jch geſtehe dir, daß es wehe thut; dann hier ſtreitet das Fleiſch und will ſich ſeine Ehr, Gelt und Gemaͤchlich- keit nicht nehmen laſſen; darwider erhebet ſich die Krafft des Geiſtes und ſtrebet ſehr nach GOttes Ehr, herrlicher Unſterblichkeit, nach dem Reichthum der Gnaden, und nach der Ruh der Heiligen in dem lauteren Willen Chriſti: Zu dieſem Gefecht kommt Paulus herbey, und weiſſaget dir mit derben Worten, das Trachten des Fleiſches iſt der Tod, das Trachten aber des Geiſtes iſt Leben und Fried a. Hierzu muſt du dich ſchicken, daß der Geiſt Meiſter im Hauß bleibe. §. 7. Frag. Wie gehet aber das auf dieſer Welt zu? Antw. Du muſt dich vor allen Dingen mit einem ſtarcken Glauben an GOTT verſehen, und dich uͤberzeugen laſſen, GOtt ſey dein beſter Freund, und dagegen ſey dein Eigenwill dein aͤrgſter Feind, und darzu ſo gar tum̃, daß er gantz nicht verſtehe, was eigentlich wahre Heiligung ſey; dann er meint Heiligung ſey auf Thabor Huͤtten bauen, mit Chriſto Oſterlam̃ eſ- ſen und Freuden-Wein trincken. Hierzu verfuͤhrt ihn der verkehrte Ver- ſtand der Spruͤchen, die von einer ſtaͤten Freud reden, das, meint er, ſeye im Faul-Bett ligen, verzuckerte Mandlen lecken, in himmliſch ſuͤſſen Empfindungen baden, wie muthwillige Kinder im Bach flaͤt- ſchen; wollte gern in Elim ſeine Laͤgerſtaͤtt feſt ſetzen b. Dannenher kommt Mißtrauen und Unmuth gegen GOtt und Menſchen, wann dieſes Wohlſeyn unterbrochen wird; da heißts, man werde immer in allem Guten verſtoͤrt, weil man den Wachsthum im Guten an den Empfindungen abmiſſet. Du aber laſſe deinen getreuen weiſen Vat- ter und Berather mit dir machen an Leib und Seel in Zeit und Ewig- keit, a Rom. VIII. 5-8. b Exod. XV. 27.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/792
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 696. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/792>, abgerufen am 01.07.2024.