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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Der unter den Stech-Disteln
rum solltest du nicht gantz deinem König ergeben seyn? Ach was vor
eine Ursach mag auch wichtig gnug seyn, daß du dich denen wolltest
gleich stellen, die vom Satan getaufft, in dessen wütenden, greuli-
chen Sinn eingetaucht, des Höllen-Mörders Kinder, des Seelen-
Würgers, des Welt-Geistes Jünger, Feinde des Creutzes Christi
und alles dessen sind, was dem alten Adam wehe thut; und wolltest
denen gleichen, die nicht Christi, sondern ihr selbst Eigenthum
sind?

Die Ding
damit ein
Christ in
Heil.
Schrifft
verglichen
wird.

§. 9. Du bist deines HErren JESU glatte Perl: Warum woll-
test du dich stellen wie ein Jgel mit boßhafften Stichel-Worten? Du
bist sein mit theurem Blut erkaufftes und mit dem heiligen Geist ge-
wässertes Land-Gut: Warum wolltest du ein wüst Gesträuch und wil-
de Heide seyn, und nicht Apfel und Biren samt anderen zarten
Früchten der liebreichesten Leutseeligkeit hervor bringen zur Freud dei-
nes Seeligmachers? Du bist JESU sanffte Lilien, schöner geklei-
det als Salomon in aller seiner Herrlichkeit, eine Lilien unter den
Dornen; nun weist du wohl, daß eine Lilien nicht wieder sticht,
wann sie von den groben stachlichten Distel-Köpfen geritzt wird. Du
bist Christi Braut unter dem Panier, in der Sänffte seiner Liebe;
du begehest eine Untreu und befleckest dich, so bald du nur auf einen
Blick dein Tauben-Aug abwendest von dem, der sein Leben vor dich
gelassen, und kehrest es um zu schauen, wer und wie man dich be-
leidiget. Glaube es einem armen Schaaf, welches dieses mehrmah-
len mit mercklichem Schaden an sich selbst erfahren, und in viele Jr-
weg gerathen aus GOttes liebes Verhängnuß, damit es andere de-
sto nachtrucklicher davor warne. O du hochtheure Seel, hege doch
wider keinen sterblichen Menschen nichts bitteres in deinem Hertzen,
und rede nichts vergalletes mit deinem Mund; dann dein Hertz soll
seyn ein verschlossener Garten, und eine versiglete Quelle, wie die
klare Teiche Salomons am Berg Libanon, und deine Lippen wie
eine Scharlach-rothe Schnur, sehr lieblich niemanden zu verletzen,
vielmehr den Feinden, wie die Schnur Rahabs, durch das verklä-
rende Blut JEsu vom geistlichen und ewigen Tod zu helffen. Du
bist ein Tempel, Pallast und Lust-Garten des allerheiligsten Königs,
allwo alles vom Gold der reinen Liebe GOttes und der Menschen
gläntzen soll; warum wolltest du doch neidige, beißige Hunde, zän-
ckische Katzen, gifftige Natern, höllisch-quälende Basilisken dahin-

ein

Der unter den Stech-Diſteln
rum ſollteſt du nicht gantz deinem Koͤnig ergeben ſeyn? Ach was vor
eine Urſach mag auch wichtig gnug ſeyn, daß du dich denen wollteſt
gleich ſtellen, die vom Satan getaufft, in deſſen wuͤtenden, greuli-
chen Sinn eingetaucht, des Hoͤllen-Moͤrders Kinder, des Seelen-
Wuͤrgers, des Welt-Geiſtes Juͤnger, Feinde des Creutzes Chriſti
und alles deſſen ſind, was dem alten Adam wehe thut; und wollteſt
denen gleichen, die nicht Chriſti, ſondern ihr ſelbſt Eigenthum
ſind?

Die Ding
damit ein
Chriſt in
Heil.
Schrifft
verglichen
wird.

§. 9. Du biſt deines HErren JESU glatte Perl: Warum woll-
teſt du dich ſtellen wie ein Jgel mit boßhafften Stichel-Worten? Du
biſt ſein mit theurem Blut erkaufftes und mit dem heiligen Geiſt ge-
waͤſſertes Land-Gut: Warum wollteſt du ein wuͤſt Geſtraͤuch und wil-
de Heide ſeyn, und nicht Apfel und Biren ſamt anderen zarten
Fruͤchten der liebreicheſten Leutſeeligkeit hervor bringen zur Freud dei-
nes Seeligmachers? Du biſt JESU ſanffte Lilien, ſchoͤner geklei-
det als Salomon in aller ſeiner Herrlichkeit, eine Lilien unter den
Dornen; nun weiſt du wohl, daß eine Lilien nicht wieder ſticht,
wann ſie von den groben ſtachlichten Diſtel-Koͤpfen geritzt wird. Du
biſt Chriſti Braut unter dem Panier, in der Saͤnffte ſeiner Liebe;
du begeheſt eine Untreu und befleckeſt dich, ſo bald du nur auf einen
Blick dein Tauben-Aug abwendeſt von dem, der ſein Leben vor dich
gelaſſen, und kehreſt es um zu ſchauen, wer und wie man dich be-
leidiget. Glaube es einem armen Schaaf, welches dieſes mehrmah-
len mit mercklichem Schaden an ſich ſelbſt erfahren, und in viele Jr-
weg gerathen aus GOttes liebes Verhaͤngnuß, damit es andere de-
ſto nachtrucklicher davor warne. O du hochtheure Seel, hege doch
wider keinen ſterblichen Menſchen nichts bitteres in deinem Hertzen,
und rede nichts vergalletes mit deinem Mund; dann dein Hertz ſoll
ſeyn ein verſchloſſener Garten, und eine verſiglete Quelle, wie die
klare Teiche Salomons am Berg Libanon, und deine Lippen wie
eine Scharlach-rothe Schnur, ſehr lieblich niemanden zu verletzen,
vielmehr den Feinden, wie die Schnur Rahabs, durch das verklaͤ-
rende Blut JEſu vom geiſtlichen und ewigen Tod zu helffen. Du
biſt ein Tempel, Pallaſt und Luſt-Garten des allerheiligſten Koͤnigs,
allwo alles vom Gold der reinen Liebe GOttes und der Menſchen
glaͤntzen ſoll; warum wollteſt du doch neidige, beißige Hunde, zaͤn-
ckiſche Katzen, gifftige Natern, hoͤlliſch-quaͤlende Baſilisken dahin-

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[710/0806] Der unter den Stech-Diſteln rum ſollteſt du nicht gantz deinem Koͤnig ergeben ſeyn? Ach was vor eine Urſach mag auch wichtig gnug ſeyn, daß du dich denen wollteſt gleich ſtellen, die vom Satan getaufft, in deſſen wuͤtenden, greuli- chen Sinn eingetaucht, des Hoͤllen-Moͤrders Kinder, des Seelen- Wuͤrgers, des Welt-Geiſtes Juͤnger, Feinde des Creutzes Chriſti und alles deſſen ſind, was dem alten Adam wehe thut; und wollteſt denen gleichen, die nicht Chriſti, ſondern ihr ſelbſt Eigenthum ſind? §. 9. Du biſt deines HErren JESU glatte Perl: Warum woll- teſt du dich ſtellen wie ein Jgel mit boßhafften Stichel-Worten? Du biſt ſein mit theurem Blut erkaufftes und mit dem heiligen Geiſt ge- waͤſſertes Land-Gut: Warum wollteſt du ein wuͤſt Geſtraͤuch und wil- de Heide ſeyn, und nicht Apfel und Biren ſamt anderen zarten Fruͤchten der liebreicheſten Leutſeeligkeit hervor bringen zur Freud dei- nes Seeligmachers? Du biſt JESU ſanffte Lilien, ſchoͤner geklei- det als Salomon in aller ſeiner Herrlichkeit, eine Lilien unter den Dornen; nun weiſt du wohl, daß eine Lilien nicht wieder ſticht, wann ſie von den groben ſtachlichten Diſtel-Koͤpfen geritzt wird. Du biſt Chriſti Braut unter dem Panier, in der Saͤnffte ſeiner Liebe; du begeheſt eine Untreu und befleckeſt dich, ſo bald du nur auf einen Blick dein Tauben-Aug abwendeſt von dem, der ſein Leben vor dich gelaſſen, und kehreſt es um zu ſchauen, wer und wie man dich be- leidiget. Glaube es einem armen Schaaf, welches dieſes mehrmah- len mit mercklichem Schaden an ſich ſelbſt erfahren, und in viele Jr- weg gerathen aus GOttes liebes Verhaͤngnuß, damit es andere de- ſto nachtrucklicher davor warne. O du hochtheure Seel, hege doch wider keinen ſterblichen Menſchen nichts bitteres in deinem Hertzen, und rede nichts vergalletes mit deinem Mund; dann dein Hertz ſoll ſeyn ein verſchloſſener Garten, und eine verſiglete Quelle, wie die klare Teiche Salomons am Berg Libanon, und deine Lippen wie eine Scharlach-rothe Schnur, ſehr lieblich niemanden zu verletzen, vielmehr den Feinden, wie die Schnur Rahabs, durch das verklaͤ- rende Blut JEſu vom geiſtlichen und ewigen Tod zu helffen. Du biſt ein Tempel, Pallaſt und Luſt-Garten des allerheiligſten Koͤnigs, allwo alles vom Gold der reinen Liebe GOttes und der Menſchen glaͤntzen ſoll; warum wollteſt du doch neidige, beißige Hunde, zaͤn- ckiſche Katzen, gifftige Natern, hoͤlliſch-quaͤlende Baſilisken dahin- ein

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 710. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/806>, abgerufen am 22.11.2024.