Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

hervor blühende Lilien-Zweig.
ein bringen unter dem Vorwand, der alte Drach habe in seinen fin-
steren Mord-Nesteren, den Hertzen der Welt-Kinder, dergleichen
Greuel auch? Das ist, warum willt du böß werden, hassen, zör-
nen aus dem Grund, ein ander thue es auch, und hab den Zanck
zu erst angefangen? Eine Hünden von Gilead ist ja anmuthiger als
eine Hader-Katz.

§. 10. Bist du nicht ein Prophet: Wie ernstlich sollt du dann nichtJnsonder-
heit wei-
len ein
Christ ein
Prophet,

allem Bösen widerstehen, und allem Dienst der Teuflen, in denen
schandlichen Paßionen ihnen aufgebauet, und angerichtet, nieder-
reissen; und allweil andere zancken und schreyen, du dagegen GOtt
lobsingen, und verkündigen die Tugenden deß, der dich aus solchen
Greulen der Finsterniß hinaus beruffen hat in sein wunderbahres
Licht? Oder sollte des Gerechten Zung, die viele weidet, und ein
guldener Becher ist, der im Heiligthum gebraucht wird, aus denen
stinckenden Gall-Pfützen des Grimms schöpffen? Jch rede von Wor-
ten der Zung, weilen sich der Zorn meist durch die Zung über den
Nächsten ergiesset; der Faust wehret Meister Hanß, und Schläge
hält man gar zu grob und bäurisch seyn; aber was Klauen, Zähne,
Hörner, Angel, Schnäbel, an den Thieren sind, das ist eine bö-
se Menschen-Zung alles zumahl, verbittert und verkürtzet manchem
das Leben, und ist in allweg eine grausame Mörderin; der HERR
bewahre dich vor solcher Boßheit!

§. 11. Ein Christ, als ein Priester hat GOTT zu seinem Antheil a,ein Prie-
ster

opfert ihm alles stets auf, hat einen geheimen, gemeinsamen Umgang
mit ihme; ach was wollte er dann lang um Welt-eitelen Ehren-Dunst
gelben und weissen Koth haderen, zürnen, rechten?

§. 12. Es ist um dich zu thun, daß du wahrlich ein König seyestund König
geheissen
wird.

GOTT und dem Lamm, der aus Königlichem Geblüt erzeuget, mit
edelmüthigem Geist, Welt, Satan und Sünd unter die Füß tret-
te; alle sichtbare Ding viel zu verächtlich halte, als daß er um solche
Kleinigkeiten sich erzürne, mit den Welt-Leuten sich drum rauffe und
schlage, und die göttliche Liebe des Königs der Königen darob ein-
büsse, und das allerköstlichste Ritter-Band der Vollkommenheit da-
bey verwüste. Alles gegen JESU verschmähen und sich mit etwas
schlechters als GOtt selbst nicht wollen vergnügen, das ist recht kö-

niglich;
a 1 Petr. II. 5.

hervor bluͤhende Lilien-Zweig.
ein bringen unter dem Vorwand, der alte Drach habe in ſeinen fin-
ſteren Mord-Neſteren, den Hertzen der Welt-Kinder, dergleichen
Greuel auch? Das iſt, warum willt du boͤß werden, haſſen, zoͤr-
nen aus dem Grund, ein ander thue es auch, und hab den Zanck
zu erſt angefangen? Eine Huͤnden von Gilead iſt ja anmuthiger als
eine Hader-Katz.

§. 10. Biſt du nicht ein Prophet: Wie ernſtlich ſollt du dann nichtJnſonder-
heit wei-
len ein
Chriſt ein
Prophet,

allem Boͤſen widerſtehen, und allem Dienſt der Teuflen, in denen
ſchandlichen Paßionen ihnen aufgebauet, und angerichtet, nieder-
reiſſen; und allweil andere zancken und ſchreyen, du dagegen GOtt
lobſingen, und verkuͤndigen die Tugenden deß, der dich aus ſolchen
Greulen der Finſterniß hinaus beruffen hat in ſein wunderbahres
Licht? Oder ſollte des Gerechten Zung, die viele weidet, und ein
guldener Becher iſt, der im Heiligthum gebraucht wird, aus denen
ſtinckenden Gall-Pfuͤtzen des Grimms ſchoͤpffen? Jch rede von Wor-
ten der Zung, weilen ſich der Zorn meiſt durch die Zung uͤber den
Naͤchſten ergieſſet; der Fauſt wehret Meiſter Hanß, und Schlaͤge
haͤlt man gar zu grob und baͤuriſch ſeyn; aber was Klauen, Zaͤhne,
Hoͤrner, Angel, Schnaͤbel, an den Thieren ſind, das iſt eine boͤ-
ſe Menſchen-Zung alles zumahl, verbittert und verkuͤrtzet manchem
das Leben, und iſt in allweg eine grauſame Moͤrderin; der HERR
bewahre dich vor ſolcher Boßheit!

§. 11. Ein Chriſt, als ein Prieſter hat GOTT zu ſeinem Antheil a,ein Prie-
ſter

opfert ihm alles ſtets auf, hat einen geheimen, gemeinſamen Umgang
mit ihme; ach was wollte er dann lang um Welt-eitelen Ehren-Dunſt
gelben und weiſſen Koth haderen, zuͤrnen, rechten?

§. 12. Es iſt um dich zu thun, daß du wahrlich ein Koͤnig ſeyeſtund Koͤnig
geheiſſen
wird.

GOTT und dem Lamm, der aus Koͤniglichem Gebluͤt erzeuget, mit
edelmuͤthigem Geiſt, Welt, Satan und Suͤnd unter die Fuͤß tret-
te; alle ſichtbare Ding viel zu veraͤchtlich halte, als daß er um ſolche
Kleinigkeiten ſich erzuͤrne, mit den Welt-Leuten ſich drum rauffe und
ſchlage, und die goͤttliche Liebe des Koͤnigs der Koͤnigen darob ein-
buͤſſe, und das allerkoͤſtlichſte Ritter-Band der Vollkommenheit da-
bey verwuͤſte. Alles gegen JESU verſchmaͤhen und ſich mit etwas
ſchlechters als GOtt ſelbſt nicht wollen vergnuͤgen, das iſt recht koͤ-

niglich;
a 1 Petr. II. 5.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0807" n="711"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">hervor blu&#x0364;hende Lilien-Zweig.</hi></fw><lb/>
ein bringen unter dem Vorwand, der alte Drach habe in &#x017F;einen fin-<lb/>
&#x017F;teren Mord-Ne&#x017F;teren, den Hertzen der Welt-Kinder, dergleichen<lb/>
Greuel auch? Das i&#x017F;t, warum willt du bo&#x0364;ß werden, ha&#x017F;&#x017F;en, zo&#x0364;r-<lb/>
nen aus dem Grund, ein ander thue es auch, und hab den Zanck<lb/>
zu er&#x017F;t angefangen? Eine Hu&#x0364;nden von Gilead i&#x017F;t ja anmuthiger als<lb/>
eine Hader-Katz.</p><lb/>
          <p>§. 10. Bi&#x017F;t du nicht ein <hi rendition="#fr">Prophet:</hi> Wie ern&#x017F;tlich &#x017F;ollt du dann nicht<note place="right">Jn&#x017F;onder-<lb/>
heit wei-<lb/>
len ein<lb/>
Chri&#x017F;t ein<lb/>
Prophet,</note><lb/>
allem Bo&#x0364;&#x017F;en wider&#x017F;tehen, und allem Dien&#x017F;t der Teuflen, in denen<lb/>
&#x017F;chandlichen Paßionen ihnen aufgebauet, und angerichtet, nieder-<lb/>
rei&#x017F;&#x017F;en; und allweil andere zancken und &#x017F;chreyen, du dagegen GOtt<lb/>
lob&#x017F;ingen, und verku&#x0364;ndigen die Tugenden deß, der dich aus &#x017F;olchen<lb/>
Greulen der Fin&#x017F;terniß hinaus beruffen hat in &#x017F;ein wunderbahres<lb/>
Licht? Oder &#x017F;ollte des Gerechten Zung, die viele weidet, und ein<lb/>
guldener Becher i&#x017F;t, der im Heiligthum gebraucht wird, aus denen<lb/>
&#x017F;tinckenden Gall-Pfu&#x0364;tzen des Grimms &#x017F;cho&#x0364;pffen? Jch rede von Wor-<lb/>
ten der Zung, weilen &#x017F;ich der Zorn mei&#x017F;t durch die Zung u&#x0364;ber den<lb/>
Na&#x0364;ch&#x017F;ten ergie&#x017F;&#x017F;et; der Fau&#x017F;t wehret Mei&#x017F;ter Hanß, und Schla&#x0364;ge<lb/>
ha&#x0364;lt man gar zu grob und ba&#x0364;uri&#x017F;ch &#x017F;eyn; aber was Klauen, Za&#x0364;hne,<lb/>
Ho&#x0364;rner, Angel, Schna&#x0364;bel, an den Thieren &#x017F;ind, das i&#x017F;t eine bo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;e Men&#x017F;chen-Zung alles zumahl, verbittert und verku&#x0364;rtzet manchem<lb/>
das Leben, und i&#x017F;t in allweg eine grau&#x017F;ame Mo&#x0364;rderin; der HERR<lb/>
bewahre dich vor &#x017F;olcher Boßheit!</p><lb/>
          <p>§. 11. Ein Chri&#x017F;t, als ein <hi rendition="#fr">Prie&#x017F;ter</hi> hat GOTT zu &#x017F;einem Antheil <note place="foot" n="a">1 <hi rendition="#aq">Petr. II.</hi> 5.</note>,<note place="right">ein Prie-<lb/>
&#x017F;ter</note><lb/>
opfert ihm alles &#x017F;tets auf, hat einen geheimen, gemein&#x017F;amen Umgang<lb/>
mit ihme; ach was wollte er dann lang um Welt-eitelen Ehren-Dun&#x017F;t<lb/>
gelben und wei&#x017F;&#x017F;en Koth haderen, zu&#x0364;rnen, rechten?</p><lb/>
          <p>§. 12. Es i&#x017F;t um dich zu thun, daß du wahrlich <hi rendition="#fr">ein Ko&#x0364;nig</hi> &#x017F;eye&#x017F;t<note place="right">und Ko&#x0364;nig<lb/>
gehei&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wird.</note><lb/>
GOTT und dem Lamm, der aus Ko&#x0364;niglichem Geblu&#x0364;t erzeuget, mit<lb/>
edelmu&#x0364;thigem Gei&#x017F;t, Welt, Satan und Su&#x0364;nd unter die Fu&#x0364;ß tret-<lb/>
te; alle &#x017F;ichtbare Ding viel zu vera&#x0364;chtlich halte, als daß er um &#x017F;olche<lb/>
Kleinigkeiten &#x017F;ich erzu&#x0364;rne, mit den Welt-Leuten &#x017F;ich drum rauffe und<lb/>
&#x017F;chlage, und die go&#x0364;ttliche Liebe des Ko&#x0364;nigs der Ko&#x0364;nigen darob ein-<lb/>
bu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, und das allerko&#x0364;&#x017F;tlich&#x017F;te Ritter-Band der Vollkommenheit da-<lb/>
bey verwu&#x0364;&#x017F;te. Alles gegen JESU ver&#x017F;chma&#x0364;hen und &#x017F;ich mit etwas<lb/>
&#x017F;chlechters als GOtt &#x017F;elb&#x017F;t nicht wollen vergnu&#x0364;gen, das i&#x017F;t recht ko&#x0364;-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">niglich;</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[711/0807] hervor bluͤhende Lilien-Zweig. ein bringen unter dem Vorwand, der alte Drach habe in ſeinen fin- ſteren Mord-Neſteren, den Hertzen der Welt-Kinder, dergleichen Greuel auch? Das iſt, warum willt du boͤß werden, haſſen, zoͤr- nen aus dem Grund, ein ander thue es auch, und hab den Zanck zu erſt angefangen? Eine Huͤnden von Gilead iſt ja anmuthiger als eine Hader-Katz. §. 10. Biſt du nicht ein Prophet: Wie ernſtlich ſollt du dann nicht allem Boͤſen widerſtehen, und allem Dienſt der Teuflen, in denen ſchandlichen Paßionen ihnen aufgebauet, und angerichtet, nieder- reiſſen; und allweil andere zancken und ſchreyen, du dagegen GOtt lobſingen, und verkuͤndigen die Tugenden deß, der dich aus ſolchen Greulen der Finſterniß hinaus beruffen hat in ſein wunderbahres Licht? Oder ſollte des Gerechten Zung, die viele weidet, und ein guldener Becher iſt, der im Heiligthum gebraucht wird, aus denen ſtinckenden Gall-Pfuͤtzen des Grimms ſchoͤpffen? Jch rede von Wor- ten der Zung, weilen ſich der Zorn meiſt durch die Zung uͤber den Naͤchſten ergieſſet; der Fauſt wehret Meiſter Hanß, und Schlaͤge haͤlt man gar zu grob und baͤuriſch ſeyn; aber was Klauen, Zaͤhne, Hoͤrner, Angel, Schnaͤbel, an den Thieren ſind, das iſt eine boͤ- ſe Menſchen-Zung alles zumahl, verbittert und verkuͤrtzet manchem das Leben, und iſt in allweg eine grauſame Moͤrderin; der HERR bewahre dich vor ſolcher Boßheit! Jnſonder- heit wei- len ein Chriſt ein Prophet, §. 11. Ein Chriſt, als ein Prieſter hat GOTT zu ſeinem Antheil a, opfert ihm alles ſtets auf, hat einen geheimen, gemeinſamen Umgang mit ihme; ach was wollte er dann lang um Welt-eitelen Ehren-Dunſt gelben und weiſſen Koth haderen, zuͤrnen, rechten? ein Prie- ſter §. 12. Es iſt um dich zu thun, daß du wahrlich ein Koͤnig ſeyeſt GOTT und dem Lamm, der aus Koͤniglichem Gebluͤt erzeuget, mit edelmuͤthigem Geiſt, Welt, Satan und Suͤnd unter die Fuͤß tret- te; alle ſichtbare Ding viel zu veraͤchtlich halte, als daß er um ſolche Kleinigkeiten ſich erzuͤrne, mit den Welt-Leuten ſich drum rauffe und ſchlage, und die goͤttliche Liebe des Koͤnigs der Koͤnigen darob ein- buͤſſe, und das allerkoͤſtlichſte Ritter-Band der Vollkommenheit da- bey verwuͤſte. Alles gegen JESU verſchmaͤhen und ſich mit etwas ſchlechters als GOtt ſelbſt nicht wollen vergnuͤgen, das iſt recht koͤ- niglich; und Koͤnig geheiſſen wird. a 1 Petr. II. 5.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/807
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 711. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/807>, abgerufen am 22.11.2024.