ein bringen unter dem Vorwand, der alte Drach habe in seinen fin- steren Mord-Nesteren, den Hertzen der Welt-Kinder, dergleichen Greuel auch? Das ist, warum willt du böß werden, hassen, zör- nen aus dem Grund, ein ander thue es auch, und hab den Zanck zu erst angefangen? Eine Hünden von Gilead ist ja anmuthiger als eine Hader-Katz.
§. 10. Bist du nicht ein Prophet: Wie ernstlich sollt du dann nichtJnsonder- heit wei- len ein Christ ein Prophet, allem Bösen widerstehen, und allem Dienst der Teuflen, in denen schandlichen Paßionen ihnen aufgebauet, und angerichtet, nieder- reissen; und allweil andere zancken und schreyen, du dagegen GOtt lobsingen, und verkündigen die Tugenden deß, der dich aus solchen Greulen der Finsterniß hinaus beruffen hat in sein wunderbahres Licht? Oder sollte des Gerechten Zung, die viele weidet, und ein guldener Becher ist, der im Heiligthum gebraucht wird, aus denen stinckenden Gall-Pfützen des Grimms schöpffen? Jch rede von Wor- ten der Zung, weilen sich der Zorn meist durch die Zung über den Nächsten ergiesset; der Faust wehret Meister Hanß, und Schläge hält man gar zu grob und bäurisch seyn; aber was Klauen, Zähne, Hörner, Angel, Schnäbel, an den Thieren sind, das ist eine bö- se Menschen-Zung alles zumahl, verbittert und verkürtzet manchem das Leben, und ist in allweg eine grausame Mörderin; der HERR bewahre dich vor solcher Boßheit!
§. 11. Ein Christ, als ein Priester hat GOTT zu seinem Antheil a,ein Prie- ster opfert ihm alles stets auf, hat einen geheimen, gemeinsamen Umgang mit ihme; ach was wollte er dann lang um Welt-eitelen Ehren-Dunst gelben und weissen Koth haderen, zürnen, rechten?
§. 12. Es ist um dich zu thun, daß du wahrlich ein König seyestund König geheissen wird. GOTT und dem Lamm, der aus Königlichem Geblüt erzeuget, mit edelmüthigem Geist, Welt, Satan und Sünd unter die Füß tret- te; alle sichtbare Ding viel zu verächtlich halte, als daß er um solche Kleinigkeiten sich erzürne, mit den Welt-Leuten sich drum rauffe und schlage, und die göttliche Liebe des Königs der Königen darob ein- büsse, und das allerköstlichste Ritter-Band der Vollkommenheit da- bey verwüste. Alles gegen JESU verschmähen und sich mit etwas schlechters als GOtt selbst nicht wollen vergnügen, das ist recht kö-
niglich;
a 1 Petr. II. 5.
hervor bluͤhende Lilien-Zweig.
ein bringen unter dem Vorwand, der alte Drach habe in ſeinen fin- ſteren Mord-Neſteren, den Hertzen der Welt-Kinder, dergleichen Greuel auch? Das iſt, warum willt du boͤß werden, haſſen, zoͤr- nen aus dem Grund, ein ander thue es auch, und hab den Zanck zu erſt angefangen? Eine Huͤnden von Gilead iſt ja anmuthiger als eine Hader-Katz.
§. 10. Biſt du nicht ein Prophet: Wie ernſtlich ſollt du dann nichtJnſonder- heit wei- len ein Chriſt ein Prophet, allem Boͤſen widerſtehen, und allem Dienſt der Teuflen, in denen ſchandlichen Paßionen ihnen aufgebauet, und angerichtet, nieder- reiſſen; und allweil andere zancken und ſchreyen, du dagegen GOtt lobſingen, und verkuͤndigen die Tugenden deß, der dich aus ſolchen Greulen der Finſterniß hinaus beruffen hat in ſein wunderbahres Licht? Oder ſollte des Gerechten Zung, die viele weidet, und ein guldener Becher iſt, der im Heiligthum gebraucht wird, aus denen ſtinckenden Gall-Pfuͤtzen des Grimms ſchoͤpffen? Jch rede von Wor- ten der Zung, weilen ſich der Zorn meiſt durch die Zung uͤber den Naͤchſten ergieſſet; der Fauſt wehret Meiſter Hanß, und Schlaͤge haͤlt man gar zu grob und baͤuriſch ſeyn; aber was Klauen, Zaͤhne, Hoͤrner, Angel, Schnaͤbel, an den Thieren ſind, das iſt eine boͤ- ſe Menſchen-Zung alles zumahl, verbittert und verkuͤrtzet manchem das Leben, und iſt in allweg eine grauſame Moͤrderin; der HERR bewahre dich vor ſolcher Boßheit!
§. 11. Ein Chriſt, als ein Prieſter hat GOTT zu ſeinem Antheil a,ein Prie- ſter opfert ihm alles ſtets auf, hat einen geheimen, gemeinſamen Umgang mit ihme; ach was wollte er dann lang um Welt-eitelen Ehren-Dunſt gelben und weiſſen Koth haderen, zuͤrnen, rechten?
§. 12. Es iſt um dich zu thun, daß du wahrlich ein Koͤnig ſeyeſtund Koͤnig geheiſſen wird. GOTT und dem Lamm, der aus Koͤniglichem Gebluͤt erzeuget, mit edelmuͤthigem Geiſt, Welt, Satan und Suͤnd unter die Fuͤß tret- te; alle ſichtbare Ding viel zu veraͤchtlich halte, als daß er um ſolche Kleinigkeiten ſich erzuͤrne, mit den Welt-Leuten ſich drum rauffe und ſchlage, und die goͤttliche Liebe des Koͤnigs der Koͤnigen darob ein- buͤſſe, und das allerkoͤſtlichſte Ritter-Band der Vollkommenheit da- bey verwuͤſte. Alles gegen JESU verſchmaͤhen und ſich mit etwas ſchlechters als GOtt ſelbſt nicht wollen vergnuͤgen, das iſt recht koͤ-
niglich;
a 1 Petr. II. 5.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0807"n="711"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">hervor bluͤhende Lilien-Zweig.</hi></fw><lb/>
ein bringen unter dem Vorwand, der alte Drach habe in ſeinen fin-<lb/>ſteren Mord-Neſteren, den Hertzen der Welt-Kinder, dergleichen<lb/>
Greuel auch? Das iſt, warum willt du boͤß werden, haſſen, zoͤr-<lb/>
nen aus dem Grund, ein ander thue es auch, und hab den Zanck<lb/>
zu erſt angefangen? Eine Huͤnden von Gilead iſt ja anmuthiger als<lb/>
eine Hader-Katz.</p><lb/><p>§. 10. Biſt du nicht ein <hirendition="#fr">Prophet:</hi> Wie ernſtlich ſollt du dann nicht<noteplace="right">Jnſonder-<lb/>
heit wei-<lb/>
len ein<lb/>
Chriſt ein<lb/>
Prophet,</note><lb/>
allem Boͤſen widerſtehen, und allem Dienſt der Teuflen, in denen<lb/>ſchandlichen Paßionen ihnen aufgebauet, und angerichtet, nieder-<lb/>
reiſſen; und allweil andere zancken und ſchreyen, du dagegen GOtt<lb/>
lobſingen, und verkuͤndigen die Tugenden deß, der dich aus ſolchen<lb/>
Greulen der Finſterniß hinaus beruffen hat in ſein wunderbahres<lb/>
Licht? Oder ſollte des Gerechten Zung, die viele weidet, und ein<lb/>
guldener Becher iſt, der im Heiligthum gebraucht wird, aus denen<lb/>ſtinckenden Gall-Pfuͤtzen des Grimms ſchoͤpffen? Jch rede von Wor-<lb/>
ten der Zung, weilen ſich der Zorn meiſt durch die Zung uͤber den<lb/>
Naͤchſten ergieſſet; der Fauſt wehret Meiſter Hanß, und Schlaͤge<lb/>
haͤlt man gar zu grob und baͤuriſch ſeyn; aber was Klauen, Zaͤhne,<lb/>
Hoͤrner, Angel, Schnaͤbel, an den Thieren ſind, das iſt eine boͤ-<lb/>ſe Menſchen-Zung alles zumahl, verbittert und verkuͤrtzet manchem<lb/>
das Leben, und iſt in allweg eine grauſame Moͤrderin; der HERR<lb/>
bewahre dich vor ſolcher Boßheit!</p><lb/><p>§. 11. Ein Chriſt, als ein <hirendition="#fr">Prieſter</hi> hat GOTT zu ſeinem Antheil <noteplace="foot"n="a">1 <hirendition="#aq">Petr. II.</hi> 5.</note>,<noteplace="right">ein Prie-<lb/>ſter</note><lb/>
opfert ihm alles ſtets auf, hat einen geheimen, gemeinſamen Umgang<lb/>
mit ihme; ach was wollte er dann lang um Welt-eitelen Ehren-Dunſt<lb/>
gelben und weiſſen Koth haderen, zuͤrnen, rechten?</p><lb/><p>§. 12. Es iſt um dich zu thun, daß du wahrlich <hirendition="#fr">ein Koͤnig</hi>ſeyeſt<noteplace="right">und Koͤnig<lb/>
geheiſſen<lb/>
wird.</note><lb/>
GOTT und dem Lamm, der aus Koͤniglichem Gebluͤt erzeuget, mit<lb/>
edelmuͤthigem Geiſt, Welt, Satan und Suͤnd unter die Fuͤß tret-<lb/>
te; alle ſichtbare Ding viel zu veraͤchtlich halte, als daß er um ſolche<lb/>
Kleinigkeiten ſich erzuͤrne, mit den Welt-Leuten ſich drum rauffe und<lb/>ſchlage, und die goͤttliche Liebe des Koͤnigs der Koͤnigen darob ein-<lb/>
buͤſſe, und das allerkoͤſtlichſte Ritter-Band der Vollkommenheit da-<lb/>
bey verwuͤſte. Alles gegen JESU verſchmaͤhen und ſich mit etwas<lb/>ſchlechters als GOtt ſelbſt nicht wollen vergnuͤgen, das iſt recht koͤ-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">niglich;</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[711/0807]
hervor bluͤhende Lilien-Zweig.
ein bringen unter dem Vorwand, der alte Drach habe in ſeinen fin-
ſteren Mord-Neſteren, den Hertzen der Welt-Kinder, dergleichen
Greuel auch? Das iſt, warum willt du boͤß werden, haſſen, zoͤr-
nen aus dem Grund, ein ander thue es auch, und hab den Zanck
zu erſt angefangen? Eine Huͤnden von Gilead iſt ja anmuthiger als
eine Hader-Katz.
§. 10. Biſt du nicht ein Prophet: Wie ernſtlich ſollt du dann nicht
allem Boͤſen widerſtehen, und allem Dienſt der Teuflen, in denen
ſchandlichen Paßionen ihnen aufgebauet, und angerichtet, nieder-
reiſſen; und allweil andere zancken und ſchreyen, du dagegen GOtt
lobſingen, und verkuͤndigen die Tugenden deß, der dich aus ſolchen
Greulen der Finſterniß hinaus beruffen hat in ſein wunderbahres
Licht? Oder ſollte des Gerechten Zung, die viele weidet, und ein
guldener Becher iſt, der im Heiligthum gebraucht wird, aus denen
ſtinckenden Gall-Pfuͤtzen des Grimms ſchoͤpffen? Jch rede von Wor-
ten der Zung, weilen ſich der Zorn meiſt durch die Zung uͤber den
Naͤchſten ergieſſet; der Fauſt wehret Meiſter Hanß, und Schlaͤge
haͤlt man gar zu grob und baͤuriſch ſeyn; aber was Klauen, Zaͤhne,
Hoͤrner, Angel, Schnaͤbel, an den Thieren ſind, das iſt eine boͤ-
ſe Menſchen-Zung alles zumahl, verbittert und verkuͤrtzet manchem
das Leben, und iſt in allweg eine grauſame Moͤrderin; der HERR
bewahre dich vor ſolcher Boßheit!
Jnſonder-
heit wei-
len ein
Chriſt ein
Prophet,
§. 11. Ein Chriſt, als ein Prieſter hat GOTT zu ſeinem Antheil a,
opfert ihm alles ſtets auf, hat einen geheimen, gemeinſamen Umgang
mit ihme; ach was wollte er dann lang um Welt-eitelen Ehren-Dunſt
gelben und weiſſen Koth haderen, zuͤrnen, rechten?
ein Prie-
ſter
§. 12. Es iſt um dich zu thun, daß du wahrlich ein Koͤnig ſeyeſt
GOTT und dem Lamm, der aus Koͤniglichem Gebluͤt erzeuget, mit
edelmuͤthigem Geiſt, Welt, Satan und Suͤnd unter die Fuͤß tret-
te; alle ſichtbare Ding viel zu veraͤchtlich halte, als daß er um ſolche
Kleinigkeiten ſich erzuͤrne, mit den Welt-Leuten ſich drum rauffe und
ſchlage, und die goͤttliche Liebe des Koͤnigs der Koͤnigen darob ein-
buͤſſe, und das allerkoͤſtlichſte Ritter-Band der Vollkommenheit da-
bey verwuͤſte. Alles gegen JESU verſchmaͤhen und ſich mit etwas
ſchlechters als GOtt ſelbſt nicht wollen vergnuͤgen, das iſt recht koͤ-
niglich;
und Koͤnig
geheiſſen
wird.
a 1 Petr. II. 5.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 711. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/807>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.