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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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hervor blühende Lilien-Zweig.
haben; und du solltest es aufgeben dich zu wehren, der du den all-
mächtigen Sohn GOttes vor dir an der Spitze hast zu streiten?

§. 14. Man besinnet sich auch wohl offt, ob man wolle böse wer-und der
Empfind-
lichkeit kei-
nen Platz
gönnen,

den, und so bald man die Thür des Willens dem Zorn-Thier auf-
thut, so ists im Garten und hauset übel; Hierzu hilfft die Vernunfft
abermahl, welche gar spitzfindig und sinnreich ist die Seel zu marte-
ren, indem sie die geringsten Umständ überlegt, wie es der Nächste
so boßhafft und närrisch angestellet, denck allem tieff nach, sonder-
lich dem Schaden, der dem Leib und Gesundheit daraus erwachsen.

§. 15. Durch welches thörichte Verhalten Ubel nur ärger wird;
an statt daß man in Abgrund der Demuth versincken sollte, sich wür-dann son-
sten wird
aus Ubel
ärger.

dig haltend, daß alle Geschöpffe über einen herlauffen, und ihm gar
keines zum Trost und Freude werde: Dann so würde man bey allen
Anlässen köstliche Früchte der Gedult und Langmüthigkeit seinem JE-
su bringen. Eben wie die Erdbeere alle Jahr wohl gerathen, weil
sie niedrig und eben deßwegen dem Ungewitter nicht so unterworffen
sind, wie hohe Bäum, die nun und dann Fehl-Jahre haben, und
von kalten Winden mehr berührt werden. Darum willt du Ruhe
haben, so wirff dich allen Menschen unter die Füß, auch deinen Un-
tergebnen: Diese Unterwerffung aber, gehet innerlich vor im Geist,
im Hertzen, ohne daß es andere von aussen mercken, als nur an ei-
nem überaus sanfften Betragen; indem man mit tieffer Beschämung
wehmüthig nachsinnet, wie untreu, böß, ungehorsam man gegen
GOTT sey, und wie wenig man seine allerhöchste Majestät in Eh-
ren halte.

§. 16. Es ist dem Menschen auch gut, daß er sich vorstelle einenMan muß
sich die H.
Engel als
Zuschauer
vorstellen,

H. Engel, einen von Licht und Eifer im Willen GOttes brennenden
Cherubim und Seraphim als Zeugen und Zuschauer seines Streits,
wie sie würcklich gegenwärtig sind; laut heiliger Schrifft und über-
aus grosse Freude haben am Glaubens-Gehorsam gegen das Liebes-
Gebott Christi a, sie hinterbringen auch dem König die harte Un-
barmhertzigkeit der Menschen gegen ihre Mit-Christen; O Mensch,
es wird dir alles aufgeschrieben auf das Gericht!

§. 17. Wann einem Verdammten gestattet würde, wieder aufauch be-
dencken,
daß man
durch diese

den Erdboden zu kommen, er liesse sich gern von jedem Lotter-Buhen

auf
a Matth. XVIII. 10. 31.
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hervor bluͤhende Lilien-Zweig.
haben; und du ſollteſt es aufgeben dich zu wehren, der du den all-
maͤchtigen Sohn GOttes vor dir an der Spitze haſt zu ſtreiten?

§. 14. Man beſinnet ſich auch wohl offt, ob man wolle boͤſe wer-und der
Empfind-
lichkeit kei-
nen Platz
goͤnnen,

den, und ſo bald man die Thuͤr des Willens dem Zorn-Thier auf-
thut, ſo iſts im Garten und hauſet uͤbel; Hierzu hilfft die Vernunfft
abermahl, welche gar ſpitzfindig und ſinnreich iſt die Seel zu marte-
ren, indem ſie die geringſten Umſtaͤnd uͤberlegt, wie es der Naͤchſte
ſo boßhafft und naͤrriſch angeſtellet, denck allem tieff nach, ſonder-
lich dem Schaden, der dem Leib und Geſundheit daraus erwachſen.

§. 15. Durch welches thoͤrichte Verhalten Ubel nur aͤrger wird;
an ſtatt daß man in Abgrund der Demuth verſincken ſollte, ſich wuͤr-dann ſon-
ſten wird
aus Ubel
aͤrger.

dig haltend, daß alle Geſchoͤpffe uͤber einen herlauffen, und ihm gar
keines zum Troſt und Freude werde: Dann ſo wuͤrde man bey allen
Anlaͤſſen koͤſtliche Fruͤchte der Gedult und Langmuͤthigkeit ſeinem JE-
ſu bringen. Eben wie die Erdbeere alle Jahr wohl gerathen, weil
ſie niedrig und eben deßwegen dem Ungewitter nicht ſo unterworffen
ſind, wie hohe Baͤum, die nun und dann Fehl-Jahre haben, und
von kalten Winden mehr beruͤhrt werden. Darum willt du Ruhe
haben, ſo wirff dich allen Menſchen unter die Fuͤß, auch deinen Un-
tergebnen: Dieſe Unterwerffung aber, gehet innerlich vor im Geiſt,
im Hertzen, ohne daß es andere von auſſen mercken, als nur an ei-
nem uͤberaus ſanfften Betragen; indem man mit tieffer Beſchaͤmung
wehmuͤthig nachſinnet, wie untreu, boͤß, ungehorſam man gegen
GOTT ſey, und wie wenig man ſeine allerhoͤchſte Majeſtaͤt in Eh-
ren halte.

§. 16. Es iſt dem Menſchen auch gut, daß er ſich vorſtelle einenMan muß
ſich die H.
Engel als
Zuſchauer
vorſtellen,

H. Engel, einen von Licht und Eifer im Willen GOttes brennenden
Cherubim und Seraphim als Zeugen und Zuſchauer ſeines Streits,
wie ſie wuͤrcklich gegenwaͤrtig ſind; laut heiliger Schrifft und uͤber-
aus groſſe Freude haben am Glaubens-Gehorſam gegen das Liebes-
Gebott Chriſti a, ſie hinterbringen auch dem Koͤnig die harte Un-
barmhertzigkeit der Menſchen gegen ihre Mit-Chriſten; O Menſch,
es wird dir alles aufgeſchrieben auf das Gericht!

§. 17. Wann einem Verdammten geſtattet wuͤrde, wieder aufauch be-
dencken,
daß man
durch dieſe

den Erdboden zu kommen, er lieſſe ſich gern von jedem Lotter-Buhen

auf
a Matth. XVIII. 10. 31.
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[713/0809] hervor bluͤhende Lilien-Zweig. haben; und du ſollteſt es aufgeben dich zu wehren, der du den all- maͤchtigen Sohn GOttes vor dir an der Spitze haſt zu ſtreiten? §. 14. Man beſinnet ſich auch wohl offt, ob man wolle boͤſe wer- den, und ſo bald man die Thuͤr des Willens dem Zorn-Thier auf- thut, ſo iſts im Garten und hauſet uͤbel; Hierzu hilfft die Vernunfft abermahl, welche gar ſpitzfindig und ſinnreich iſt die Seel zu marte- ren, indem ſie die geringſten Umſtaͤnd uͤberlegt, wie es der Naͤchſte ſo boßhafft und naͤrriſch angeſtellet, denck allem tieff nach, ſonder- lich dem Schaden, der dem Leib und Geſundheit daraus erwachſen. und der Empfind- lichkeit kei- nen Platz goͤnnen, §. 15. Durch welches thoͤrichte Verhalten Ubel nur aͤrger wird; an ſtatt daß man in Abgrund der Demuth verſincken ſollte, ſich wuͤr- dig haltend, daß alle Geſchoͤpffe uͤber einen herlauffen, und ihm gar keines zum Troſt und Freude werde: Dann ſo wuͤrde man bey allen Anlaͤſſen koͤſtliche Fruͤchte der Gedult und Langmuͤthigkeit ſeinem JE- ſu bringen. Eben wie die Erdbeere alle Jahr wohl gerathen, weil ſie niedrig und eben deßwegen dem Ungewitter nicht ſo unterworffen ſind, wie hohe Baͤum, die nun und dann Fehl-Jahre haben, und von kalten Winden mehr beruͤhrt werden. Darum willt du Ruhe haben, ſo wirff dich allen Menſchen unter die Fuͤß, auch deinen Un- tergebnen: Dieſe Unterwerffung aber, gehet innerlich vor im Geiſt, im Hertzen, ohne daß es andere von auſſen mercken, als nur an ei- nem uͤberaus ſanfften Betragen; indem man mit tieffer Beſchaͤmung wehmuͤthig nachſinnet, wie untreu, boͤß, ungehorſam man gegen GOTT ſey, und wie wenig man ſeine allerhoͤchſte Majeſtaͤt in Eh- ren halte. dann ſon- ſten wird aus Ubel aͤrger. §. 16. Es iſt dem Menſchen auch gut, daß er ſich vorſtelle einen H. Engel, einen von Licht und Eifer im Willen GOttes brennenden Cherubim und Seraphim als Zeugen und Zuſchauer ſeines Streits, wie ſie wuͤrcklich gegenwaͤrtig ſind; laut heiliger Schrifft und uͤber- aus groſſe Freude haben am Glaubens-Gehorſam gegen das Liebes- Gebott Chriſti a, ſie hinterbringen auch dem Koͤnig die harte Un- barmhertzigkeit der Menſchen gegen ihre Mit-Chriſten; O Menſch, es wird dir alles aufgeſchrieben auf das Gericht! Man muß ſich die H. Engel als Zuſchauer vorſtellen, §. 17. Wann einem Verdammten geſtattet wuͤrde, wieder auf den Erdboden zu kommen, er lieſſe ſich gern von jedem Lotter-Buhen auf auch be- dencken, daß man durch dieſe a Matth. XVIII. 10. 31. X x x x

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 713. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/809>, abgerufen am 22.11.2024.