Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Der unter den Stech-Disteln
sundheit, als die Sachen werth sind? Er erzürnet sich um eines
Batzens willen, und muß zun Zeiten hernach so viele Ducaten vor
Artzneyen ausgeben. Mutemus tumorem in timorem; wir solten
vielmehr unsren Stoltz in Forcht GOttes wandeln, so wurde die
unleidsame Empfindlichkeit sich bald verliehren: Dann wer GOt-
tes verborgen, wohlverdient Urtheil über sich förchtet, wird nicht
schwülstig, sondern gantz geschmeidig und sanfft seyn.

Die Gäh-
zornige
welche
aber gleich
wieder zu
frieden
werden,
können
sich damit
nicht ent-
schuldigen.

§. 9. Es sind aber einige Gähzornige, die sich darmit schmeich-
len: es stehe nicht gefährlich um ihre Seel, weil sie gleich wider zu
frieden seyen; bedencken aber nicht daß sie vom Teufel betrogen und
er ihnen gar nahe sey, und sie einen verborgenen Zundel des Zorn-
Geistes im höllischen Schwefel-Grund in sich haben müssen, daß
es so geschwind angehet. Büchsen-Pulver brennet auch nicht lang,
richtet aber viel Böses an in schneller Zeit: Also kan einem ein
Wort im Gähzorn entfahren, das der Nächste biß in Tod nicht
verschmertzen kan. Es ist in allweg ein böß Zeichen, daß man nicht
fern von der Höll sey, wann man des Nächsten so wenig achtet,
und so schnell ist ihn zu betrüben; das hat JEsus unser Vorgän-
ger und Hertzog nicht gethan: O es wartet ein schröcklich Gericht
über die, welche um jedweder Kleinigkeit willen aufbrennen. Na-
tur entschuldiget niemand, daß man gar feurig sey, also daß auch
einem unterweilen im Zorn ein Flüchlein oder Schmächwort ent-
rinne; dann das ist heidnisch. JESUS Christus lebet in seinen
Christen, er ändert und erneuert ihre Natur aus sich selbs, machet
sie seinem heiligen Geist und Gnade unterthan, versetzt sie ins
Reich seiner Liebe, verwandlet sie durch den Glauben an Muth und
allen Kräfften, und gebieret sie aus GOTT, daß der Bösewicht
sie nicht so flugs antasten, und sein heilloses Affenspiel mit ihnen ha-
ben, noch sie über jedes nichts werthes Ding unwirsch, stutzig ma-
chen, von GOttes Gebott abreissen, und folglich die unsterbliche
Seel mörderlich verletzen, und in Sünden-Tod werffen kan. Ach
wann man eben so empfiendlich und wachbar wäre in dem, was
die theure Seel antrifft, als man ist in Dingen die den Leib
angehen, so wurde man schmertzlicher fühlen die Wunden, wel-

che

Der unter den Stech-Diſteln
ſundheit, als die Sachen werth ſind? Er erzuͤrnet ſich um eines
Batzens willen, und muß zun Zeiten hernach ſo viele Ducaten vor
Artzneyen ausgeben. Mutemus tumorem in timorem; wir ſolten
vielmehr unſren Stoltz in Forcht GOttes wandeln, ſo wurde die
unleidſame Empfindlichkeit ſich bald verliehren: Dann wer GOt-
tes verborgen, wohlverdient Urtheil uͤber ſich foͤrchtet, wird nicht
ſchwuͤlſtig, ſondern gantz geſchmeidig und ſanfft ſeyn.

Die Gaͤh-
zornige
welche
aber gleich
wieder zu
frieden
werden,
koͤnnen
ſich damit
nicht ent-
ſchuldigen.

§. 9. Es ſind aber einige Gaͤhzornige, die ſich darmit ſchmeich-
len: es ſtehe nicht gefaͤhrlich um ihre Seel, weil ſie gleich wider zu
frieden ſeyen; bedencken aber nicht daß ſie vom Teufel betrogen und
er ihnen gar nahe ſey, und ſie einen verborgenen Zundel des Zorn-
Geiſtes im hoͤlliſchen Schwefel-Grund in ſich haben muͤſſen, daß
es ſo geſchwind angehet. Buͤchſen-Pulver brennet auch nicht lang,
richtet aber viel Boͤſes an in ſchneller Zeit: Alſo kan einem ein
Wort im Gaͤhzorn entfahren, das der Naͤchſte biß in Tod nicht
verſchmertzen kan. Es iſt in allweg ein boͤß Zeichen, daß man nicht
fern von der Hoͤll ſey, wann man des Naͤchſten ſo wenig achtet,
und ſo ſchnell iſt ihn zu betruͤben; das hat JEſus unſer Vorgaͤn-
ger und Hertzog nicht gethan: O es wartet ein ſchroͤcklich Gericht
uͤber die, welche um jedweder Kleinigkeit willen aufbrennen. Na-
tur entſchuldiget niemand, daß man gar feurig ſey, alſo daß auch
einem unterweilen im Zorn ein Fluͤchlein oder Schmaͤchwort ent-
rinne; dann das iſt heidniſch. JESUS Chriſtus lebet in ſeinen
Chriſten, er aͤndert und erneuert ihre Natur aus ſich ſelbs, machet
ſie ſeinem heiligen Geiſt und Gnade unterthan, verſetzt ſie ins
Reich ſeiner Liebe, verwandlet ſie durch den Glauben an Muth und
allen Kraͤfften, und gebieret ſie aus GOTT, daß der Boͤſewicht
ſie nicht ſo flugs antaſten, und ſein heilloſes Affenſpiel mit ihnen ha-
ben, noch ſie uͤber jedes nichts werthes Ding unwirſch, ſtutzig ma-
chen, von GOttes Gebott abreiſſen, und folglich die unſterbliche
Seel moͤrderlich verletzen, und in Suͤnden-Tod werffen kan. Ach
wann man eben ſo empfiendlich und wachbar waͤre in dem, was
die theure Seel antrifft, als man iſt in Dingen die den Leib
angehen, ſo wurde man ſchmertzlicher fuͤhlen die Wunden, wel-

che
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0848" n="752"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der unter den Stech-Di&#x017F;teln</hi></fw><lb/>
&#x017F;undheit, als die Sachen werth &#x017F;ind? Er erzu&#x0364;rnet &#x017F;ich um eines<lb/>
Batzens willen, und muß zun Zeiten hernach &#x017F;o viele Ducaten vor<lb/>
Artzneyen ausgeben. <hi rendition="#aq">Mutemus tumorem in timorem;</hi> wir &#x017F;olten<lb/>
vielmehr un&#x017F;ren Stoltz in Forcht GOttes wandeln, &#x017F;o wurde die<lb/>
unleid&#x017F;ame Empfindlichkeit &#x017F;ich bald verliehren: Dann wer GOt-<lb/>
tes verborgen, wohlverdient Urtheil u&#x0364;ber &#x017F;ich fo&#x0364;rchtet, wird nicht<lb/>
&#x017F;chwu&#x0364;l&#x017F;tig, &#x017F;ondern gantz ge&#x017F;chmeidig und &#x017F;anfft &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <note place="left">Die Ga&#x0364;h-<lb/>
zornige<lb/>
welche<lb/>
aber gleich<lb/>
wieder zu<lb/>
frieden<lb/>
werden,<lb/>
ko&#x0364;nnen<lb/>
&#x017F;ich damit<lb/>
nicht ent-<lb/>
&#x017F;chuldigen.</note>
          <p>§. 9. Es &#x017F;ind aber einige Ga&#x0364;hzornige, die &#x017F;ich darmit &#x017F;chmeich-<lb/>
len: es &#x017F;tehe nicht gefa&#x0364;hrlich um ihre Seel, weil &#x017F;ie gleich wider zu<lb/>
frieden &#x017F;eyen; bedencken aber nicht daß &#x017F;ie vom Teufel betrogen und<lb/>
er ihnen gar nahe &#x017F;ey, und &#x017F;ie einen verborgenen Zundel des Zorn-<lb/>
Gei&#x017F;tes im ho&#x0364;lli&#x017F;chen Schwefel-Grund in &#x017F;ich haben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, daß<lb/>
es &#x017F;o ge&#x017F;chwind angehet. Bu&#x0364;ch&#x017F;en-Pulver brennet auch nicht lang,<lb/>
richtet aber viel Bo&#x0364;&#x017F;es an in &#x017F;chneller Zeit: Al&#x017F;o kan einem ein<lb/>
Wort im Ga&#x0364;hzorn entfahren, das der Na&#x0364;ch&#x017F;te biß in Tod nicht<lb/>
ver&#x017F;chmertzen kan. Es i&#x017F;t in allweg ein bo&#x0364;ß Zeichen, daß man nicht<lb/>
fern von der Ho&#x0364;ll &#x017F;ey, wann man des Na&#x0364;ch&#x017F;ten &#x017F;o wenig achtet,<lb/>
und &#x017F;o &#x017F;chnell i&#x017F;t ihn zu betru&#x0364;ben; das hat JE&#x017F;us un&#x017F;er Vorga&#x0364;n-<lb/>
ger und Hertzog nicht gethan: O es wartet ein &#x017F;chro&#x0364;cklich Gericht<lb/>
u&#x0364;ber die, welche um jedweder Kleinigkeit willen aufbrennen. Na-<lb/>
tur ent&#x017F;chuldiget niemand, daß man gar feurig &#x017F;ey, al&#x017F;o daß auch<lb/>
einem unterweilen im Zorn ein Flu&#x0364;chlein oder Schma&#x0364;chwort ent-<lb/>
rinne; dann das i&#x017F;t heidni&#x017F;ch. JESUS Chri&#x017F;tus lebet in &#x017F;einen<lb/>
Chri&#x017F;ten, er a&#x0364;ndert und erneuert ihre Natur aus &#x017F;ich &#x017F;elbs, machet<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;einem heiligen Gei&#x017F;t und Gnade unterthan, ver&#x017F;etzt &#x017F;ie ins<lb/>
Reich &#x017F;einer Liebe, verwandlet &#x017F;ie durch den Glauben an Muth und<lb/>
allen Kra&#x0364;fften, und gebieret &#x017F;ie aus GOTT, daß der Bo&#x0364;&#x017F;ewicht<lb/>
&#x017F;ie nicht &#x017F;o flugs anta&#x017F;ten, und &#x017F;ein heillo&#x017F;es Affen&#x017F;piel mit ihnen ha-<lb/>
ben, noch &#x017F;ie u&#x0364;ber jedes nichts werthes Ding unwir&#x017F;ch, &#x017F;tutzig ma-<lb/>
chen, von GOttes Gebott abrei&#x017F;&#x017F;en, und folglich die un&#x017F;terbliche<lb/>
Seel mo&#x0364;rderlich verletzen, und in Su&#x0364;nden-Tod werffen kan. Ach<lb/>
wann man eben &#x017F;o empfiendlich und wachbar wa&#x0364;re in dem, was<lb/>
die theure Seel antrifft, als man i&#x017F;t in Dingen die den Leib<lb/>
angehen, &#x017F;o wurde man &#x017F;chmertzlicher fu&#x0364;hlen die Wunden, wel-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">che</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[752/0848] Der unter den Stech-Diſteln ſundheit, als die Sachen werth ſind? Er erzuͤrnet ſich um eines Batzens willen, und muß zun Zeiten hernach ſo viele Ducaten vor Artzneyen ausgeben. Mutemus tumorem in timorem; wir ſolten vielmehr unſren Stoltz in Forcht GOttes wandeln, ſo wurde die unleidſame Empfindlichkeit ſich bald verliehren: Dann wer GOt- tes verborgen, wohlverdient Urtheil uͤber ſich foͤrchtet, wird nicht ſchwuͤlſtig, ſondern gantz geſchmeidig und ſanfft ſeyn. §. 9. Es ſind aber einige Gaͤhzornige, die ſich darmit ſchmeich- len: es ſtehe nicht gefaͤhrlich um ihre Seel, weil ſie gleich wider zu frieden ſeyen; bedencken aber nicht daß ſie vom Teufel betrogen und er ihnen gar nahe ſey, und ſie einen verborgenen Zundel des Zorn- Geiſtes im hoͤlliſchen Schwefel-Grund in ſich haben muͤſſen, daß es ſo geſchwind angehet. Buͤchſen-Pulver brennet auch nicht lang, richtet aber viel Boͤſes an in ſchneller Zeit: Alſo kan einem ein Wort im Gaͤhzorn entfahren, das der Naͤchſte biß in Tod nicht verſchmertzen kan. Es iſt in allweg ein boͤß Zeichen, daß man nicht fern von der Hoͤll ſey, wann man des Naͤchſten ſo wenig achtet, und ſo ſchnell iſt ihn zu betruͤben; das hat JEſus unſer Vorgaͤn- ger und Hertzog nicht gethan: O es wartet ein ſchroͤcklich Gericht uͤber die, welche um jedweder Kleinigkeit willen aufbrennen. Na- tur entſchuldiget niemand, daß man gar feurig ſey, alſo daß auch einem unterweilen im Zorn ein Fluͤchlein oder Schmaͤchwort ent- rinne; dann das iſt heidniſch. JESUS Chriſtus lebet in ſeinen Chriſten, er aͤndert und erneuert ihre Natur aus ſich ſelbs, machet ſie ſeinem heiligen Geiſt und Gnade unterthan, verſetzt ſie ins Reich ſeiner Liebe, verwandlet ſie durch den Glauben an Muth und allen Kraͤfften, und gebieret ſie aus GOTT, daß der Boͤſewicht ſie nicht ſo flugs antaſten, und ſein heilloſes Affenſpiel mit ihnen ha- ben, noch ſie uͤber jedes nichts werthes Ding unwirſch, ſtutzig ma- chen, von GOttes Gebott abreiſſen, und folglich die unſterbliche Seel moͤrderlich verletzen, und in Suͤnden-Tod werffen kan. Ach wann man eben ſo empfiendlich und wachbar waͤre in dem, was die theure Seel antrifft, als man iſt in Dingen die den Leib angehen, ſo wurde man ſchmertzlicher fuͤhlen die Wunden, wel- che

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/848
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 752. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/848>, abgerufen am 22.11.2024.