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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Betrachtungen
ist noch mit vieler Erden, Schlacken und fremden Materie vermengt,
und muß derowegen gewaltig geschmeltzt, erlesen, geläutert wer-
den; ja wer muß nicht gestehen daß das anfänglich in der Protesti-
renden Kirchen, schön schimmerende Gold, zu Schaum und Mes-
sing worden. Einmahl verweiset JESUS der Sardischen Ge-
meind, sie habe den Nahmen daß sie lebe, und seye doch todt, und
ihre Wercke habe er nicht völlig erfunden vor GOTT a. Jst eben
so viel als sagte JESUS du meinest du habest einen Schatz von
Silber, der reinesten Wahrheit, Weißheit und Gottseligkeit, und
ist nur Zinn, einer geist und krafftlosen Scheinfrommkeit; nur ver-
güldet von aussen, mit einiger scheinenden Heiligkeit überzogen, aber
nicht massiv durchaus, vom Gnaden-reichen Leben GOttes durch-
trungen; darum dauret auch die Freude über dein Christenthum
nicht länger, als biß eine Hitze der Anfechtung kommt, da erfähret
ein todter Sarder, wie wenig wahren Göttlichen Liechts, Kraffts,
Glauben und Liebe er in sich habe, darff sich nicht zu JESU gesel-
len, muß sich förchten vor dem anderen Tod, und der ängstlichen
Ewigkeit, und wird ihm sein innwendiger Mangel an wahrer Gna-
de bey jeder Versuchung offenbahr, also daß er sich vor GOTT und
Menschen schämen muß, und hat er schon etwan was wesentlich köst-
liches, so ist gar viel unlauteres darneben, daß er nicht recht mit
ins Liecht darff, und erschrickt vor dem Tag der Prüffung GOttes,
gleicher weise als einer, der zwar ein schön weiß Kleid angezogen,
aber selbiges unachtsamer Weise besudlet, dem macht der helle Son-
nenschein in volck-reicher Versammlung keine Freude.

Hingegen vergleichet JEsus die Philadelphische Gemeinde b ei-
ner untadenlichen Perle; dannenhero er auch gar keine Klag wider
sie führet, sondern es scheinet vielmehr als der Heilige,
da man bey Aufgang der Reformation sonderbahr auf die Recht-
fertigung durch den puren Glauben getrungen, so suchet man bey
diesem Philadelphischen Frühling vornehmlich den Zweck zu errei-
chen den sich JESUS vorgesetzt, nehmlich eine Braut zu haben,
die da keine Kuntzel oder Flecken habe, oder deß
etwas,
die also gar heilig und unsträfflich seye, das ist die schö-
ne Blüthe und Frucht von der ins Hertz gepflantzten Gerechtigkeit

Christi
a Offenb. III. 1.
b Offenb. III. 7 12.

Betrachtungen
iſt noch mit vieler Erden, Schlacken und fremden Materie vermengt,
und muß derowegen gewaltig geſchmeltzt, erleſen, gelaͤutert wer-
den; ja wer muß nicht geſtehen daß das anfaͤnglich in der Proteſti-
renden Kirchen, ſchoͤn ſchimmerende Gold, zu Schaum und Meſ-
ſing worden. Einmahl verweiſet JESUS der Sardiſchen Ge-
meind, ſie habe den Nahmen daß ſie lebe, und ſeye doch todt, und
ihre Wercke habe er nicht voͤllig erfunden vor GOTT a. Jſt eben
ſo viel als ſagte JESUS du meineſt du habeſt einen Schatz von
Silber, der reineſten Wahrheit, Weißheit und Gottſeligkeit, und
iſt nur Zinn, einer geiſt und krafftloſen Scheinfrommkeit; nur ver-
guͤldet von auſſen, mit einiger ſcheinenden Heiligkeit uͤberzogen, aber
nicht maſſiv durchaus, vom Gnaden-reichen Leben GOttes durch-
trungen; darum dauret auch die Freude uͤber dein Chriſtenthum
nicht laͤnger, als biß eine Hitze der Anfechtung kommt, da erfaͤhret
ein todter Sarder, wie wenig wahren Goͤttlichen Liechts, Kraffts,
Glauben und Liebe er in ſich habe, darff ſich nicht zu JESU geſel-
len, muß ſich foͤrchten vor dem anderen Tod, und der aͤngſtlichen
Ewigkeit, und wird ihm ſein innwendiger Mangel an wahrer Gna-
de bey jeder Verſuchung offenbahr, alſo daß er ſich vor GOTT und
Menſchen ſchaͤmen muß, und hat er ſchon etwan was weſentlich koͤſt-
liches, ſo iſt gar viel unlauteres darneben, daß er nicht recht mit
ins Liecht darff, und erſchrickt vor dem Tag der Pruͤffung GOttes,
gleicher weiſe als einer, der zwar ein ſchoͤn weiß Kleid angezogen,
aber ſelbiges unachtſamer Weiſe beſudlet, dem macht der helle Son-
nenſchein in volck-reicher Verſammlung keine Freude.

Hingegen vergleichet JEſus die Philadelphiſche Gemeinde b ei-
ner untadenlichen Perle; dannenhero er auch gar keine Klag wider
ſie fuͤhret, ſondern es ſcheinet vielmehr als der Heilige,
da man bey Aufgang der Reformation ſonderbahr auf die Recht-
fertigung durch den puren Glauben getrungen, ſo ſuchet man bey
dieſem Philadelphiſchen Fruͤhling vornehmlich den Zweck zu errei-
chen den ſich JESUS vorgeſetzt, nehmlich eine Braut zu haben,
die da keine Kuntzel oder Flecken habe, oder deß
etwas,
die alſo gar heilig und unſtraͤfflich ſeye, das iſt die ſchoͤ-
ne Bluͤthe und Frucht von der ins Hertz gepflantzten Gerechtigkeit

Chriſti
a Offenb. III. 1.
b Offenb. III. 7 12.
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[782/0878] Betrachtungen iſt noch mit vieler Erden, Schlacken und fremden Materie vermengt, und muß derowegen gewaltig geſchmeltzt, erleſen, gelaͤutert wer- den; ja wer muß nicht geſtehen daß das anfaͤnglich in der Proteſti- renden Kirchen, ſchoͤn ſchimmerende Gold, zu Schaum und Meſ- ſing worden. Einmahl verweiſet JESUS der Sardiſchen Ge- meind, ſie habe den Nahmen daß ſie lebe, und ſeye doch todt, und ihre Wercke habe er nicht voͤllig erfunden vor GOTT a. Jſt eben ſo viel als ſagte JESUS du meineſt du habeſt einen Schatz von Silber, der reineſten Wahrheit, Weißheit und Gottſeligkeit, und iſt nur Zinn, einer geiſt und krafftloſen Scheinfrommkeit; nur ver- guͤldet von auſſen, mit einiger ſcheinenden Heiligkeit uͤberzogen, aber nicht maſſiv durchaus, vom Gnaden-reichen Leben GOttes durch- trungen; darum dauret auch die Freude uͤber dein Chriſtenthum nicht laͤnger, als biß eine Hitze der Anfechtung kommt, da erfaͤhret ein todter Sarder, wie wenig wahren Goͤttlichen Liechts, Kraffts, Glauben und Liebe er in ſich habe, darff ſich nicht zu JESU geſel- len, muß ſich foͤrchten vor dem anderen Tod, und der aͤngſtlichen Ewigkeit, und wird ihm ſein innwendiger Mangel an wahrer Gna- de bey jeder Verſuchung offenbahr, alſo daß er ſich vor GOTT und Menſchen ſchaͤmen muß, und hat er ſchon etwan was weſentlich koͤſt- liches, ſo iſt gar viel unlauteres darneben, daß er nicht recht mit ins Liecht darff, und erſchrickt vor dem Tag der Pruͤffung GOttes, gleicher weiſe als einer, der zwar ein ſchoͤn weiß Kleid angezogen, aber ſelbiges unachtſamer Weiſe beſudlet, dem macht der helle Son- nenſchein in volck-reicher Verſammlung keine Freude. Hingegen vergleichet JEſus die Philadelphiſche Gemeinde b ei- ner untadenlichen Perle; dannenhero er auch gar keine Klag wider ſie fuͤhret, ſondern es ſcheinet vielmehr als der Heilige, da man bey Aufgang der Reformation ſonderbahr auf die Recht- fertigung durch den puren Glauben getrungen, ſo ſuchet man bey dieſem Philadelphiſchen Fruͤhling vornehmlich den Zweck zu errei- chen den ſich JESUS vorgeſetzt, nehmlich eine Braut zu haben, die da keine Kuntzel oder Flecken habe, oder deß etwas, die alſo gar heilig und unſtraͤfflich ſeye, das iſt die ſchoͤ- ne Bluͤthe und Frucht von der ins Hertz gepflantzten Gerechtigkeit Chriſti a Offenb. III. 1. b Offenb. III. 7 12.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 782. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/878>, abgerufen am 22.11.2024.