Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

über die himmlische Perle.
totum corpus anim[i] hominis quaesita maxime placent.. Wir
schmücken uns und prangen mit dem was andere mit Leibs- und Le-
bens-Gefahr aus der Tieffe des Meers hohlen müssen, und worüber
so viele Menschen elendiglich verderben. Freylich hätte David wohl
keine Urinatores, Tuncker oder Perlen-Fischer gehalten, der das
Wasser aus dem Brunnen zu Bethlehem nicht wollte trincken, wel-
ches zu schöpffen die drey Helden ihr Leben gewagt a.

Das achte Capitel.
Vom geistlichen Perlen-Fang.

§. 1. Gleichfalls wird die edle, himmlische Perl nur an zweyenDie geist-
liche Perl,
so gleich-
falls nur
an 2 Or-
ten befind-
lich, muß
auch aus
dem Meer
geholet
werden.

Orten gefunden, nehmlich im Evangelio b und den Würckungen deß
Heiligen Geistes, welche beyde aber in dem einigen Meer der Gott-
heit verborgen sind, und ihre Krafft haben; es wird auch zu bestim-
ten Zeiten ausgeposaunet allen Völckern von Orient, die der Aufgang
aus der Höhe heimsucht und gehet der Schall aus in alle Land c, daß
die Perlen reiff, daß GOttes Rath-Schlüsse in ihre Erfüllung gehen
und nunmehr ihre Wunder ausgebähren wollen, wer also Christum in
sich wohnend und lebend haben wolle in allerseligster Vereinigung und
ewiger Schönheit, der solle seine Begierden nahe und genau halten
zum Evangelio und dem werthen Heil. Geist, solle auf den ersten Knall
der die Kirch aus der Welt beruffenden und das Gewissen andonne-
renden Buß-Stimm GOttes sich nacket ausziehen (wie JEsus nacket
ans Creutz gehefftet worden, ja der Seelen nach von allem Trost- und
Freuden-Liecht und himmlischen Vorzügen und Erquickungen, die ihme
als GOttes Sohn von rechtswegen gebürten, gantz und gar entblösset
in das grimmigste, bitterste Jammer-Meer und vollends in der Höllen-
Rachen wie Jonas ins Wallfisches Bauch sich hinunter gelassen, damit
er uns die aus Adams Händen entfallene und in Abgrund versunckene
Perl des Himmelreichs von dannen heraufholete. GOTT der beste
Liebhaber ists auch allein, der diese Perl verkauffen kan, dann nie-
mand kan uns JEsum geben als GOTT der Vatter bey dem man sich
auch allein anmelden muß und sprechen: Vatter unser der du

bist
a 1 Chron. XII.
b Rom. I. 16.
c Esai. LXII. 11.
J i i i i 3

uͤber die himmliſche Perle.
totum corpus anim[i] hominis quæſita maximè placent.. Wir
ſchmuͤcken uns und prangen mit dem was andere mit Leibs- und Le-
bens-Gefahr aus der Tieffe des Meers hohlen muͤſſen, und woruͤber
ſo viele Menſchen elendiglich verderben. Freylich haͤtte David wohl
keine Urinatores, Tuncker oder Perlen-Fiſcher gehalten, der das
Waſſer aus dem Brunnen zu Bethlehem nicht wollte trincken, wel-
ches zu ſchoͤpffen die drey Helden ihr Leben gewagt a.

Das achte Capitel.
Vom geiſtlichen Perlen-Fang.

§. 1. Gleichfalls wird die edle, himmliſche Perl nur an zweyenDie geiſt-
liche Perl,
ſo gleich-
falls nur
an 2 Or-
ten befind-
lich, muß
auch aus
dem Meer
geholet
werden.

Orten gefunden, nehmlich im Evangelio b und den Wuͤrckungen deß
Heiligen Geiſtes, welche beyde aber in dem einigen Meer der Gott-
heit verborgen ſind, und ihre Krafft haben; es wird auch zu beſtim-
ten Zeiten ausgepoſaunet allen Voͤlckern von Orient, die der Aufgang
aus der Hoͤhe heimſucht und gehet der Schall aus in alle Land c, daß
die Perlen reiff, daß GOttes Rath-Schluͤſſe in ihre Erfuͤllung gehen
und nunmehr ihre Wunder ausgebaͤhren wollen, wer alſo Chriſtum in
ſich wohnend und lebend haben wolle in allerſeligſter Vereinigung und
ewiger Schoͤnheit, der ſolle ſeine Begierden nahe und genau halten
zum Evangelio und dem werthen Heil. Geiſt, ſolle auf den erſten Knall
der die Kirch aus der Welt beruffenden und das Gewiſſen andonne-
renden Buß-Stimm GOttes ſich nacket ausziehen (wie JEſus nacket
ans Creutz gehefftet worden, ja der Seelen nach von allem Troſt- und
Freuden-Liecht und himmliſchen Vorzuͤgen und Erquickungen, die ihme
als GOttes Sohn von rechtswegen gebuͤrten, gantz und gar entbloͤſſet
in das grimmigſte, bitterſte Jammer-Meer und vollends in der Hoͤllen-
Rachen wie Jonas ins Wallfiſches Bauch ſich hinunter gelaſſen, damit
er uns die aus Adams Haͤnden entfallene und in Abgrund verſunckene
Perl des Himmelreichs von dannen heraufholete. GOTT der beſte
Liebhaber iſts auch allein, der dieſe Perl verkauffen kan, dann nie-
mand kan uns JEſum geben als GOTT der Vatter bey dem man ſich
auch allein anmelden muß und ſprechen: Vatter unſer der du

biſt
a 1 Chron. XII.
b Rom. I. 16.
c Eſai. LXII. 11.
J i i i i 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0901" n="805"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">u&#x0364;ber die himmli&#x017F;che Perle.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">totum corpus anim<supplied>i</supplied> hominis quæ&#x017F;ita maximè placent..</hi> Wir<lb/>
&#x017F;chmu&#x0364;cken uns und prangen mit dem was andere mit Leibs- und Le-<lb/>
bens-Gefahr aus der Tieffe des Meers hohlen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und woru&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;o viele Men&#x017F;chen elendiglich verderben. Freylich ha&#x0364;tte David wohl<lb/>
keine Urinatores, Tuncker oder Perlen-Fi&#x017F;cher gehalten, der das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er aus dem Brunnen zu Bethlehem nicht wollte trincken, wel-<lb/>
ches zu &#x017F;cho&#x0364;pffen die drey Helden ihr Leben gewagt <note place="foot" n="a">1 <hi rendition="#aq">Chron. XII.</hi></note>.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das achte Capitel.</hi><lb/> <hi rendition="#fr">Vom gei&#x017F;tlichen Perlen-Fang.</hi> </head><lb/>
          <p>§. 1. Gleichfalls wird die edle, himmli&#x017F;che Perl nur an zweyen<note place="right">Die gei&#x017F;t-<lb/>
liche Perl,<lb/>
&#x017F;o gleich-<lb/>
falls nur<lb/>
an 2 Or-<lb/>
ten befind-<lb/>
lich, muß<lb/>
auch aus<lb/>
dem Meer<lb/>
geholet<lb/>
werden.</note><lb/>
Orten gefunden, nehmlich im Evangelio <note place="foot" n="b"><hi rendition="#aq">Rom. I.</hi> 16.</note> und den Wu&#x0364;rckungen deß<lb/>
Heiligen Gei&#x017F;tes, welche beyde aber in dem einigen Meer der Gott-<lb/>
heit verborgen &#x017F;ind, und ihre Krafft haben; es wird auch zu be&#x017F;tim-<lb/>
ten Zeiten ausgepo&#x017F;aunet allen Vo&#x0364;lckern von Orient, die der Aufgang<lb/>
aus der Ho&#x0364;he heim&#x017F;ucht und gehet der Schall aus in alle Land <note place="foot" n="c"><hi rendition="#aq">E&#x017F;ai. LXII.</hi> 11.</note>, daß<lb/>
die Perlen reiff, daß GOttes Rath-Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e in ihre Erfu&#x0364;llung gehen<lb/>
und nunmehr ihre Wunder ausgeba&#x0364;hren wollen, wer al&#x017F;o Chri&#x017F;tum in<lb/>
&#x017F;ich wohnend und lebend haben wolle in aller&#x017F;elig&#x017F;ter Vereinigung und<lb/>
ewiger Scho&#x0364;nheit, der &#x017F;olle &#x017F;eine Begierden nahe und genau halten<lb/>
zum Evangelio und dem werthen Heil. Gei&#x017F;t, &#x017F;olle auf den er&#x017F;ten Knall<lb/>
der die Kirch aus der Welt beruffenden und das Gewi&#x017F;&#x017F;en andonne-<lb/>
renden Buß-Stimm GOttes &#x017F;ich nacket ausziehen (wie JE&#x017F;us nacket<lb/>
ans Creutz gehefftet worden, ja der Seelen nach von allem Tro&#x017F;t- und<lb/>
Freuden-Liecht und himmli&#x017F;chen Vorzu&#x0364;gen und Erquickungen, die ihme<lb/>
als GOttes Sohn von rechtswegen gebu&#x0364;rten, gantz und gar entblo&#x0364;&#x017F;&#x017F;et<lb/>
in das grimmig&#x017F;te, bitter&#x017F;te Jammer-Meer und vollends in der Ho&#x0364;llen-<lb/>
Rachen wie Jonas ins Wallfi&#x017F;ches Bauch &#x017F;ich hinunter gela&#x017F;&#x017F;en, damit<lb/>
er uns die aus Adams Ha&#x0364;nden entfallene und in Abgrund ver&#x017F;unckene<lb/>
Perl des Himmelreichs von dannen heraufholete. GOTT der be&#x017F;te<lb/>
Liebhaber i&#x017F;ts auch allein, der die&#x017F;e Perl verkauffen kan, dann nie-<lb/>
mand kan uns JE&#x017F;um geben als GOTT der Vatter bey dem man &#x017F;ich<lb/>
auch allein anmelden muß und &#x017F;prechen: <hi rendition="#fr">Vatter un&#x017F;er der du</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J i i i i 3</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">bi&#x017F;t</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[805/0901] uͤber die himmliſche Perle. totum corpus animi hominis quæſita maximè placent.. Wir ſchmuͤcken uns und prangen mit dem was andere mit Leibs- und Le- bens-Gefahr aus der Tieffe des Meers hohlen muͤſſen, und woruͤber ſo viele Menſchen elendiglich verderben. Freylich haͤtte David wohl keine Urinatores, Tuncker oder Perlen-Fiſcher gehalten, der das Waſſer aus dem Brunnen zu Bethlehem nicht wollte trincken, wel- ches zu ſchoͤpffen die drey Helden ihr Leben gewagt a. Das achte Capitel. Vom geiſtlichen Perlen-Fang. §. 1. Gleichfalls wird die edle, himmliſche Perl nur an zweyen Orten gefunden, nehmlich im Evangelio b und den Wuͤrckungen deß Heiligen Geiſtes, welche beyde aber in dem einigen Meer der Gott- heit verborgen ſind, und ihre Krafft haben; es wird auch zu beſtim- ten Zeiten ausgepoſaunet allen Voͤlckern von Orient, die der Aufgang aus der Hoͤhe heimſucht und gehet der Schall aus in alle Land c, daß die Perlen reiff, daß GOttes Rath-Schluͤſſe in ihre Erfuͤllung gehen und nunmehr ihre Wunder ausgebaͤhren wollen, wer alſo Chriſtum in ſich wohnend und lebend haben wolle in allerſeligſter Vereinigung und ewiger Schoͤnheit, der ſolle ſeine Begierden nahe und genau halten zum Evangelio und dem werthen Heil. Geiſt, ſolle auf den erſten Knall der die Kirch aus der Welt beruffenden und das Gewiſſen andonne- renden Buß-Stimm GOttes ſich nacket ausziehen (wie JEſus nacket ans Creutz gehefftet worden, ja der Seelen nach von allem Troſt- und Freuden-Liecht und himmliſchen Vorzuͤgen und Erquickungen, die ihme als GOttes Sohn von rechtswegen gebuͤrten, gantz und gar entbloͤſſet in das grimmigſte, bitterſte Jammer-Meer und vollends in der Hoͤllen- Rachen wie Jonas ins Wallfiſches Bauch ſich hinunter gelaſſen, damit er uns die aus Adams Haͤnden entfallene und in Abgrund verſunckene Perl des Himmelreichs von dannen heraufholete. GOTT der beſte Liebhaber iſts auch allein, der dieſe Perl verkauffen kan, dann nie- mand kan uns JEſum geben als GOTT der Vatter bey dem man ſich auch allein anmelden muß und ſprechen: Vatter unſer der du biſt Die geiſt- liche Perl, ſo gleich- falls nur an 2 Or- ten befind- lich, muß auch aus dem Meer geholet werden. a 1 Chron. XII. b Rom. I. 16. c Eſai. LXII. 11. J i i i i 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/901
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 805. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/901>, abgerufen am 22.11.2024.