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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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über die himmlische Perle.

§. 5. Allhier fällt zugleich mit hinweg, der gar zu gemeine Ein-Die Perl
ist in diesen
unsern
letzten
Zeiten
eben so
wohl zu
finden, als
in den Ta-
gen des
ersten
Christen-
thums.

wurff der Unmöglichkeit der Evangelischen Selbs- und Welt-Ver-
laugnung, Aufopfferung an GOtt und der innigen, hertzlichen
Freundschafft und Umgangs mit Christo, als wann sich die Gott-
heit jemals dahin erklärt hätte, die vom H. Geist eingegebene und
aufgezeichnete Verheissung sollen nur so und so viel hundert Jahr
gültig seyn, hernach aber seyen sie verjahret, und könne und solle
sich Niemanden mehr darauf beruffen, auch werde Christi Mittler-
Amt nach Verlauff einer gewissen Zeit aus seyn, und von dar an,
da der Termin seiner Regierung und Amts-Verwaltung verflossen,
werde sich der JEsus der Sünder nicht mehr annehmen, keinen
Menschen mehr erleuchten, gerecht, heilig und seelig machen, als
ein Hirt weiden und zu GOtt führen; Sage mir doch lieber Freund!
Wo stehet diß geschrieben? heißt es nicht vielmehr? JEsus ist
gestern und heut eben derselbe auch in Ewigkeit
a?
Oder hat er sein Blut nur vor die ersten Christen vergossen und sol-
len wir kein Theil daran haben? Hat er den Heil. Geist nur vor je-
ne erworben, und nicht auch vor uns? Sind sein Blut und Geist
nicht mehr so frisch und lebendig in ihrer Krafft? Sind nicht die
herrlichsten Ding und die überfliessendesten Mittheilungen der Gott-
heit vor die letzten Zeiten aufgespart? Die Sonne, die fern, (ja
vor 5000. Jahren) und heur geschienen, wird auch übers Jahr
scheinen, und eben die Sonn, welche Asien und Africa fruchtbar
macht, scheinet auch und würcket ihre Wunder in Europa; Wie
thorecht wäre dann einer, der da sagen wolte, es sind vor 1500.
Jahren Birren, Kirsen, Trauben, Aepffel, Feigen auf Erden ge-
wachsen, aber man muß das in diesen Tagen nicht von unseren Bäu-
men forderen, es ist jetzt nicht mehr die Zeit: Wie schmähet doch
der Unglaub die ewige Sonne der Geister!

§. 6. Der Mangel dieser seeligsten Erfahrung von der unschätzba-Ursach der
heutigen
Unerfah-
renheit.

ren Perle entspringt daraus, daß man sich JEsum nicht unaufhör-
lich Weißheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung sein läßt;
sonst wurde sich seine Göttliche Natur in der Sünden-Noth und
Kampff mit heilen, reinigen trefflich beweisen, wie weit ihre grosse
Krafft hinreiche. Aber ach viele beruhen in blossem Wissen und Betrach-

ten:
a Hebr. XIII. 8.
X x x x x
uͤber die himmliſche Perle.

§. 5. Allhier faͤllt zugleich mit hinweg, der gar zu gemeine Ein-Die Perl
iſt in dieſen
unſern
letzten
Zeiten
eben ſo
wohl zu
finden, als
in den Ta-
gen des
erſten
Chriſten-
thums.

wurff der Unmoͤglichkeit der Evangeliſchen Selbs- und Welt-Ver-
laugnung, Aufopfferung an GOtt und der innigen, hertzlichen
Freundſchafft und Umgangs mit Chriſto, als wann ſich die Gott-
heit jemals dahin erklaͤrt haͤtte, die vom H. Geiſt eingegebene und
aufgezeichnete Verheiſſung ſollen nur ſo und ſo viel hundert Jahr
guͤltig ſeyn, hernach aber ſeyen ſie verjahret, und koͤnne und ſolle
ſich Niemanden mehr darauf beruffen, auch werde Chriſti Mittler-
Amt nach Verlauff einer gewiſſen Zeit aus ſeyn, und von dar an,
da der Termin ſeiner Regierung und Amts-Verwaltung verfloſſen,
werde ſich der JEſus der Suͤnder nicht mehr annehmen, keinen
Menſchen mehr erleuchten, gerecht, heilig und ſeelig machen, als
ein Hirt weiden und zu GOtt fuͤhren; Sage mir doch lieber Freund!
Wo ſtehet diß geſchrieben? heißt es nicht vielmehr? JEſus iſt
geſtern und heut eben derſelbe auch in Ewigkeit
a?
Oder hat er ſein Blut nur vor die erſten Chriſten vergoſſen und ſol-
len wir kein Theil daran haben? Hat er den Heil. Geiſt nur vor je-
ne erworben, und nicht auch vor uns? Sind ſein Blut und Geiſt
nicht mehr ſo friſch und lebendig in ihrer Krafft? Sind nicht die
herrlichſten Ding und die uͤberflieſſendeſten Mittheilungen der Gott-
heit vor die letzten Zeiten aufgeſpart? Die Sonne, die fern, (ja
vor 5000. Jahren) und heur geſchienen, wird auch uͤbers Jahr
ſcheinen, und eben die Sonn, welche Aſien und Africa fruchtbar
macht, ſcheinet auch und wuͤrcket ihre Wunder in Europa; Wie
thorecht waͤre dann einer, der da ſagen wolte, es ſind vor 1500.
Jahren Birren, Kirſen, Trauben, Aepffel, Feigen auf Erden ge-
wachſen, aber man muß das in dieſen Tagen nicht von unſeren Baͤu-
men forderen, es iſt jetzt nicht mehr die Zeit: Wie ſchmaͤhet doch
der Unglaub die ewige Sonne der Geiſter!

§. 6. Der Mangel dieſer ſeeligſten Erfahrung von der unſchaͤtzba-Urſach der
heutigen
Unerfah-
renheit.

ren Perle entſpringt daraus, daß man ſich JEſum nicht unaufhoͤr-
lich Weißheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Erloͤſung ſein laͤßt;
ſonſt wurde ſich ſeine Goͤttliche Natur in der Suͤnden-Noth und
Kampff mit heilen, reinigen trefflich beweiſen, wie weit ihre groſſe
Krafft hinreiche. Aber ach viele beruhen in bloſſem Wiſſen und Betrach-

ten:
a Hebr. XIII. 8.
X x x x x
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[897/0993] uͤber die himmliſche Perle. §. 5. Allhier faͤllt zugleich mit hinweg, der gar zu gemeine Ein- wurff der Unmoͤglichkeit der Evangeliſchen Selbs- und Welt-Ver- laugnung, Aufopfferung an GOtt und der innigen, hertzlichen Freundſchafft und Umgangs mit Chriſto, als wann ſich die Gott- heit jemals dahin erklaͤrt haͤtte, die vom H. Geiſt eingegebene und aufgezeichnete Verheiſſung ſollen nur ſo und ſo viel hundert Jahr guͤltig ſeyn, hernach aber ſeyen ſie verjahret, und koͤnne und ſolle ſich Niemanden mehr darauf beruffen, auch werde Chriſti Mittler- Amt nach Verlauff einer gewiſſen Zeit aus ſeyn, und von dar an, da der Termin ſeiner Regierung und Amts-Verwaltung verfloſſen, werde ſich der JEſus der Suͤnder nicht mehr annehmen, keinen Menſchen mehr erleuchten, gerecht, heilig und ſeelig machen, als ein Hirt weiden und zu GOtt fuͤhren; Sage mir doch lieber Freund! Wo ſtehet diß geſchrieben? heißt es nicht vielmehr? JEſus iſt geſtern und heut eben derſelbe auch in Ewigkeit a? Oder hat er ſein Blut nur vor die erſten Chriſten vergoſſen und ſol- len wir kein Theil daran haben? Hat er den Heil. Geiſt nur vor je- ne erworben, und nicht auch vor uns? Sind ſein Blut und Geiſt nicht mehr ſo friſch und lebendig in ihrer Krafft? Sind nicht die herrlichſten Ding und die uͤberflieſſendeſten Mittheilungen der Gott- heit vor die letzten Zeiten aufgeſpart? Die Sonne, die fern, (ja vor 5000. Jahren) und heur geſchienen, wird auch uͤbers Jahr ſcheinen, und eben die Sonn, welche Aſien und Africa fruchtbar macht, ſcheinet auch und wuͤrcket ihre Wunder in Europa; Wie thorecht waͤre dann einer, der da ſagen wolte, es ſind vor 1500. Jahren Birren, Kirſen, Trauben, Aepffel, Feigen auf Erden ge- wachſen, aber man muß das in dieſen Tagen nicht von unſeren Baͤu- men forderen, es iſt jetzt nicht mehr die Zeit: Wie ſchmaͤhet doch der Unglaub die ewige Sonne der Geiſter! Die Perl iſt in dieſen unſern letzten Zeiten eben ſo wohl zu finden, als in den Ta- gen des erſten Chriſten- thums. §. 6. Der Mangel dieſer ſeeligſten Erfahrung von der unſchaͤtzba- ren Perle entſpringt daraus, daß man ſich JEſum nicht unaufhoͤr- lich Weißheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Erloͤſung ſein laͤßt; ſonſt wurde ſich ſeine Goͤttliche Natur in der Suͤnden-Noth und Kampff mit heilen, reinigen trefflich beweiſen, wie weit ihre groſſe Krafft hinreiche. Aber ach viele beruhen in bloſſem Wiſſen und Betrach- ten: Urſach der heutigen Unerfah- renheit. a Hebr. XIII. 8. X x x x x

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 897. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/993>, abgerufen am 22.11.2024.