Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.
Cap. 2. Von Begehungs-Sünden das erstemal Nachtmal gehalten hat? Wie hof-färtig wird ein Mädgen, wann es etwa von de- nen Großmüttern mit Feyertags-Kleidern zum Hei- ligen Abendmahl aufgeputzet wird? Da macht man das arme Kind zu einem heydnischen Greuel vor dem gecreutzigten Heyland, an dem geistlichen Seelen-Schmuck aber, an heisse Seuffzen, Ge- bet und Thränen wird wenig genug gedacht, und eben so wenig, ja offt kein Wörtgen geredet von denen grossen Vorrechten und Herrlichkeiten der Kindern GOttes, und wie dieses eines sündhaff- ten Menschen grösseste Ehre seye, die Sünde mit allen ihren Versuchungen als Schlangen und Scorpionen zu zertreten, den Sinn Christi anzu- ziehen, von dem Heiligen Geist, als ein Uberwin- der der Welt und der Höllen, in den Orden der Creutz-Ritter des Heylands und ewigen Königs aufgenommen zu werden. Jtem, welch eine hohe Ehre es seye vor allen heiligen Engeln, Creutz, Armuth, Schaden am Zeitlichen, Schmach und Schande mit williger Seelen zu erdulden, Böses mit Gutem zu vergelten, sich zu freuen über das, was die alte Natur betrübet, und hingegen sich zu betrüben über das, was dieser so angenehm und er- quicklich ist: Ach ja! von dieser Ehre in dem Himmel und in den Augen aller Gläubigen hören Kinder wohl gar nichts von ihren Eltern. §. 10. Und so ist auch das Land-Volck bisfalls offt
Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden das erſtemal Nachtmal gehalten hat? Wie hof-faͤrtig wird ein Maͤdgen, wann es etwa von de- nen Großmuͤttern mit Feyertags-Kleidern zum Hei- ligen Abendmahl aufgeputzet wird? Da macht man das arme Kind zu einem heydniſchen Greuel vor dem gecreutzigten Heyland, an dem geiſtlichen Seelen-Schmuck aber, an heiſſe Seuffzen, Ge- bet und Thraͤnen wird wenig genug gedacht, und eben ſo wenig, ja offt kein Woͤrtgen geredet von denen groſſen Vorrechten und Herrlichkeiten der Kindern GOttes, und wie dieſes eines ſuͤndhaff- ten Menſchen groͤſſeſte Ehre ſeye, die Suͤnde mit allen ihren Verſuchungen als Schlangen und Scorpionen zu zertreten, den Sinn Chriſti anzu- ziehen, von dem Heiligen Geiſt, als ein Uberwin- der der Welt und der Hoͤllen, in den Orden der Creutz-Ritter des Heylands und ewigen Koͤnigs aufgenommen zu werden. Jtem, welch eine hohe Ehre es ſeye vor allen heiligen Engeln, Creutz, Armuth, Schaden am Zeitlichen, Schmach und Schande mit williger Seelen zu erdulden, Boͤſes mit Gutem zu vergelten, ſich zu freuen uͤber das, was die alte Natur betruͤbet, und hingegen ſich zu betruͤben uͤber das, was dieſer ſo angenehm und er- quicklich iſt: Ach ja! von dieſer Ehre in dem Himmel und in den Augen aller Glaͤubigen hoͤren Kinder wohl gar nichts von ihren Eltern. §. 10. Und ſo iſt auch das Land-Volck bisfalls offt
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0170" n="152"/><fw place="top" type="header">Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden</fw><lb/> das erſtemal Nachtmal gehalten hat? Wie hof-<lb/> faͤrtig wird ein Maͤdgen, wann es etwa von de-<lb/> nen Großmuͤttern mit Feyertags-Kleidern zum Hei-<lb/> ligen Abendmahl aufgeputzet wird? Da macht<lb/> man das arme Kind zu einem heydniſchen Greuel<lb/> vor dem gecreutzigten Heyland, an dem geiſtlichen<lb/> Seelen-Schmuck aber, an heiſſe Seuffzen, Ge-<lb/> bet und Thraͤnen wird wenig genug gedacht, und<lb/> eben ſo wenig, ja offt kein Woͤrtgen geredet von<lb/> denen groſſen Vorrechten und Herrlichkeiten der<lb/> Kindern GOttes, und wie dieſes eines ſuͤndhaff-<lb/> ten Menſchen groͤſſeſte Ehre ſeye, die Suͤnde mit<lb/> allen ihren Verſuchungen als Schlangen und<lb/> Scorpionen zu zertreten, den Sinn Chriſti anzu-<lb/> ziehen, von dem Heiligen Geiſt, als ein Uberwin-<lb/> der der Welt und der Hoͤllen, in den Orden der<lb/> Creutz-Ritter des Heylands und ewigen Koͤnigs<lb/> aufgenommen zu werden. Jtem, welch eine hohe<lb/> Ehre es ſeye vor allen heiligen Engeln, Creutz,<lb/> Armuth, Schaden am Zeitlichen, Schmach und<lb/> Schande mit williger Seelen zu erdulden, Boͤſes<lb/> mit Gutem zu vergelten, ſich zu freuen uͤber das,<lb/> was die alte Natur betruͤbet, und hingegen ſich zu<lb/> betruͤben uͤber das, was dieſer ſo angenehm und er-<lb/> quicklich iſt: Ach ja! von dieſer Ehre in dem<lb/> Himmel und in den Augen aller Glaͤubigen hoͤren<lb/> Kinder wohl gar nichts von ihren Eltern.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 10.</head><lb/> <p>Und ſo iſt auch das <hi rendition="#fr">Land-Volck</hi> bisfalls<lb/> nicht beſſer geſinnet. Ja der Bauren-Stoltz mag<lb/> <fw place="bottom" type="catch">offt</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [152/0170]
Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden
das erſtemal Nachtmal gehalten hat? Wie hof-
faͤrtig wird ein Maͤdgen, wann es etwa von de-
nen Großmuͤttern mit Feyertags-Kleidern zum Hei-
ligen Abendmahl aufgeputzet wird? Da macht
man das arme Kind zu einem heydniſchen Greuel
vor dem gecreutzigten Heyland, an dem geiſtlichen
Seelen-Schmuck aber, an heiſſe Seuffzen, Ge-
bet und Thraͤnen wird wenig genug gedacht, und
eben ſo wenig, ja offt kein Woͤrtgen geredet von
denen groſſen Vorrechten und Herrlichkeiten der
Kindern GOttes, und wie dieſes eines ſuͤndhaff-
ten Menſchen groͤſſeſte Ehre ſeye, die Suͤnde mit
allen ihren Verſuchungen als Schlangen und
Scorpionen zu zertreten, den Sinn Chriſti anzu-
ziehen, von dem Heiligen Geiſt, als ein Uberwin-
der der Welt und der Hoͤllen, in den Orden der
Creutz-Ritter des Heylands und ewigen Koͤnigs
aufgenommen zu werden. Jtem, welch eine hohe
Ehre es ſeye vor allen heiligen Engeln, Creutz,
Armuth, Schaden am Zeitlichen, Schmach und
Schande mit williger Seelen zu erdulden, Boͤſes
mit Gutem zu vergelten, ſich zu freuen uͤber das,
was die alte Natur betruͤbet, und hingegen ſich zu
betruͤben uͤber das, was dieſer ſo angenehm und er-
quicklich iſt: Ach ja! von dieſer Ehre in dem
Himmel und in den Augen aller Glaͤubigen hoͤren
Kinder wohl gar nichts von ihren Eltern.
§. 10.
Und ſo iſt auch das Land-Volck bisfalls
nicht beſſer geſinnet. Ja der Bauren-Stoltz mag
offt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/170 |
| Zitationshilfe: | Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/170>, abgerufen am 11.05.2024. |
